40 Jahre Wald: Holland-Eichen, salzige Böden und eine Orchideen-Wiese

Berndt Kriebitzsch
Der ehemalige Leiter des Forstamtes Neuenburg, Berndt Kriebitzsch, hatte vor 40 Jahren maßgeblichen Anteil an der Anpflanzung des Hooksieler Waldes zwischen Hooksmeer und Industrie. Foto: hol

Hooksiel (29. 8. 2023) – Menschen feiern runde Geburtstage. Jubiläen von Gebäuden und Institutionen werden begangen. Aber Wälder? Wer weiß schon, wie alt ein Wald ist? Beim Hooksieler Wald ist klar. Der wächst seit genau 40 Jahren. 

Berndt Kriebitzsch, von 1981 bis 2006 Leiter des Forstamtes Neuenburg, kann das bezeugen. Er war in verantwortlicher Position, als seine Förster den Auftrag umsetzten, die „Schutzzone“ zwischen den geplanten Industrieansiedlungen auf dem aufgespülten Voslapper Groden und dem heutigen Hooksmeer zu bepflanzen.

Kriebitzsch besuchte jetzt auf Einladung der „Freunde des Neuenburger Holzes“ Hooksiel. Ein heftiges Gewitter und Hagel verhinderten zwar den geplanten Spaziergang durch den Wald, aber dafür blieb um so mehr Zeit, den Werdegang des ökologischen Kleinods bei Kaffee und Tee in der Gaststätte „Zur Brücke“ zu beleuchten.

Wald als Schutzzone gegen die Industrie

Ursprünglich habe die Universität Bochum einen Bepflanzungsplan für die rund 170 Hektar große Fläche erstellt. Veranschlagte Kosten: 5 Millionen D-Mark. Das sei dem Land zu teuer gewesen, vermutet Kriebitzsch – und schon ging der Auftrag ans Forstamt Neuenburg. „In fünf Jahren soll hier ein Wald stehen. Euch stehen dafür 1,5 Millionen D-Mark zur Verfügung.“

Schon 1978 war eine sechs Hektar große Versuchsfläche in Angriff genommen worden. 1981 wurde geplant, 1982 und 1983 gepflanzt. Dabei und auch noch danach mussten etliche Schwierigkeiten gemeistert werden. 

Die Fläche sei damals schon dicht bewachsen gewesen. Was tun? „Der Einsatz chemische Mittel kam nicht in Frage“, so Kriebitzsch. „Also haben wir den Bewuchs komplett untergemulcht.“ Die nächste Schwierigkeit: Der aus der Jade aufgespülte Sand hatte einen sehr hohen Salzgehalt. Welche Bäume vertragen salzige Böden? Und: Kann man Regenwasser einsetzen, um das Salz aus besonders belasteten Stellen herauszuspülen? Letztes Problem wurde durch Drainagen gelöst, die durch das Waldgebiet gezogen wurden.

Besondere Anforderungen an Baumarten

Kriebitzsch und seine Mitstreiter schauten sich ähnliche Aufforstungsprojekte in Schleswig-Holstein und in den Niederlanden an. Nadelbäume seien zunächst verpönt gewesen. Angestrebt wurde ein Mischwald, bei dem jeweils zwei unterschiedliche Arten auf zwei Hektar großen Teilstücken angepflanzt werden sollten. Unter anderem Pappeln, Weiden, Eschen, Erlen und Eichen. 

Der ursprüngliche Plan sah vor, den Wald in Richtung Industrie durch einen sieben Meter hohen Wall zu begrenzen. Der Wall sei schon teilweise bepflanzt gewesen, als die neue Anordnung kam: „Der Wall wird auf 15 Meter aufgespült.“ Damit war das Land einer Forderung der damaligen Hooksieler Bürgerinitiative nachgekommen.

Krumme Pappeln laden in Wunderwelt ein

„Für einen 15 Meter hohen Sanddamm brauchten wir Bäume, die sich gut im Sand verwurzeln können“, schilderte Kriebitsch. Die Wahl fiel auf die Holland-Eiche. „Die haben wir als zweijährige Sämlinge zusammen mit vielen Erlen angepflanzt. Die Eichen sehen heute wunderbar aus.“ Anders die Pappeln die von der Hooksieler Außenschleuse kommend am Eingang des Waldes stehen. „Die sind krumm und schief. Aber dadurch wird der Charakter eines Wunderwaldes unterstrichen.“

Die bearbeite Fläche einschließlich des Wegenetzes umfasst rund 170 Hektar. Davon wurden 120 Hektar auf dem terrassenförmig angelegten Gelände aufgeforstet: Im Durchschnitt mit 6500 Pflanzen je Hektar. Macht in der Summe rund 780.000 Bäume. In der Fläche wurden Pflanzmaschinen eingesetzt, die aber auf dem schluffigen und weichen Untergrund häufig versackten. Kriebitzsch: „Wir brauchten vor Ort immer zwei Schlepper, die sich gegenseitig aus dem Sand ziehen konnten.“

Eine weitere Herausforderung: 1980 bis 1984 waren ausgesprochene Trockenjahre. Viele Sämlinge hatten Wachstumsprobleme, die dadurch noch verstärkt wurden, dass nicht alle Bäume die sehr salzhaltige Luft an der Jade vertrugen. Die Lücken habe das Forstamt durch robuste Schwarzkiefern aus Österreich gefüllt. So kamen dann doch noch Nadelbäume im Hooksieler Wald zu Ehren.

Frettchen löste Polizei-Einsatz aus

Kriebitzsch berichtete von Kaninchenplagen, von großen Mengen Rebhühnern, von Rehwild und sogar von einer Orchideen-Wiese, die es einst im Hooksieler Wald gab. Und auch von kuriosen Begebenheiten. Als ein Jäger sein Frettchen aus einem Kaninchenbau befreien wollte, habe plötzlich die Polizei im Wald gestanden, der offenbar die vielen Bewaffneten und der am Boden liegende Mann ungewöhnlich vorkamen. „Wo ist der Tote?“

Tote hat es, soweit bekannt, im Hooksieler Wald bis heute nicht gegeben. Im Gegenteil. Der Wanderweg vom Alten Hafen zur Hooksieler Schleuse wird rege von Spaziergängern genutzt. Zudem wird der Wald wie jeder andere bewirtschaftet. Verantwortlich dafür ist die Försterei Upjever, die zum Forstamt Neuenburg gehört.

Wenn Berndt Kriebitzsch heute auf den Hooksieler Wald blickt, ist er stolz auf die gelungen Mischung von Bäumen, die einen gesunden Wald ausmacht. Stolz ist er auch darauf, dass er vor 40 Jahren seinen Auftrag punktgenau erfüllt hat. Mehr noch. Mit Blick in seine alten Aufzeichnungen beteuert der Forstamt-Leiter: „Wir haben nur 1,4 Millionen D-Mark gebraucht.“

Anmerkung: Wen der Verein „Freunde des Neuenburger Holzes“ interessiert, kann sich bei Jürgen Konrad oder Andrea Hicken (Telefon 04452/948606) melden.