Der Jade-Weser-Port – Wilhelmshavens Tor zur Welt

Jade-Weser-Port 2022
Immer mehr Container-Linien steuern den Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven an. Foto: JWP-R

Wer vom Badestrand oder von Hooksiels Außenhafen auf die Jade blickt, sieht sie regelmäßig vorbeiziehen: Riesige Containerfrachter auf dem Weg zum oder vom Jade-Weser-Port, Deutschlands einzigen Tiefwasserhafen. 400 Meter lang, 60 Meter breit und – vollbeladen mit 20 000 Standartcontainern (TEU) – mit an die 18 Meter Tiefgang.

Keinen anderen deutscher Seehafen können diese gigantischen Maultiere der Globalisierung unabhängig von der Tide ansteuern. Trotz Elbvertiefung. Dennoch wurde der Jade-Weser-Port in den vergangenen Jahren immer wieder als „Geisterhafen“ verspottet. Die Umschlagzahlen stiegen zwar, liegen aber noch deutlich hinter einstigen Prognosen zurück. Erst in den vergangenen Monaten zeigt sich, dass der Hafen tatsächlich das werden kann, wofür er gebaut wurde: Deutschlands maritimes Tor zur Welt, vor allem nach Südostasien, nach China.

Überlegungen, an der Jade einen Container-Tiefwasserhafen zu bauen, gab es schon vor Jahrzehnten. Die Wilhelmshavener Hafenwirtschafts-Vereinigung (WHV) trieb das Projekt voran, was 1998 in eine Potenzialanalyse und im Jahr 2000 zu einer Machbarkeitsstudie mündete.

Die Länder Niedersachsen und Bremen (Hamburg stieg wieder aus) gründeten eine JWP-Realisierungsgesellschaft, die die Planungen für das Mega-Projekt vorantrieb. Im April 2006 erhielt der Bremer Terminalbetreiber Eurogate den Zuschlag, den JadeWeserPort für 30 Jahre zu betreiben.

Im Frühjahr 2008 begann die Sandaufspülung für die Terminalflächen und das geplante Güterverkehrszentrum (GVZ). Im Januar 2011 wurde der erste Bauabschnitt mit 1000 Meter Metern Kajenlänge an Eurogate übergeben. Im April 2012 startete der Probebetrieb, am 21. September 2012, also vor gut zehn Jahren, fand die feierliche Eröffnung statt. „Die ersten zehn Jahre seit Inbetriebnahme des Hafens haben deutlich gezeigt, dass es strategisch richtig und klug gewesen ist, Wilhelmshaven mit seiner tideunabhängigen 18 Meter Wassertiefe und der kurzen Revierfahrt zur Nordsee als neuen Hub für Großcontainerschiffe zu entwickeln“, sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) zum kleinen Jubiläum. 

Dabei verlief die Entwicklung der Umschlagzahlen längst nicht so dynamisch wie noch zur Jahrtausendwende erwartet. Die Weltwirtschaftskrise der Jahre 2008/2009 bremste den globalen Warentransfer. Viele Reeder taten sich zunächst schwer, ihre Linien umzustellen. Dennoch, so stellte Althusmann fest: „Aktuell laufen mehrere Nordeuropa-Asien-Liniendienste der drei großen Reedereiallianzen und mehrere Feeder-Linien in den Ostseeraum den Jade-Weser-Port an. Rund 75 Prozent der Ansiedlungsflächen im angrenzenden GVZ des JWP sind vermarktet, über 1000 direkte Arbeitsplätze geschaffen und Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe durch private Unternehmen getätigt.

In Schifffahrtskreisen wird insbesondere die Beteiligung der Hamburger Container-Reederei Hapag-Lloyd AG an der Betreibergesellschaft des JWP als Erfolgsgarant gewertet. Die Reederei hat mehrere Riesen-Containerfrachter in Auftrag geben, die dann in Wilhelmshaven abgefertigt werden sollen. Seit April 2023 gehört der JadeWeserPort in Wilhelmshaven als Teil des Services FE2 zur regelmäßigen Rotation im Fahrplan der THE Alliance Partner (Hapag-Lloyd, Ocean Network Express, Yang Ming und Hyundai Merchant Marine). Am 13. Juni 2023 machte mit der fast 20.000 TEU fassenden „Al Zubara“ erstmals ein eigenes Containerschiff von Hapag-Lloyd am CTW fest.

Hapag-Lloyd hält seit 2022 einen 30-prozentigen Anteil am CTW. Auch die Bahnverbindung Rail Terminal Wilhelmshaven (RTW), an der Hapag-Lloyd zu 50 Prozent beteiligt ist, wurde elektrifiziert und zweigleisig ausgebaut. Derzeit wird in die Infrastruktur des Containerterminals investiert: Die ursprünglichen acht Containerbrücken wurden um elf Meter erhöht, damit 24.000 TEU-Schiffe optimal abgefertigt werden können. Zwei weitere, 98,4 Meter hohe, kabinenlose Brücken werden seit Oktober 2023 installiert. Sie sollen im April 2024 in Betreib gehen. Die neuen Brücken werden von Büro-Arbeitsplätzen aus gesteuert. Die Automatisierung des Betriebs ist in Vorbereitung. 

Der JWP ist für ein Umschlagvolumen von rund 2,7 Millionen TEU ausgelegt. Im bisherigen Rekordjahr 2021 wurden knapp 720.000 TEU umgeschlagen, Tendenz steigend – trotz eines Dämpfers im Jahr 2023. Der Umschlag sank von 683.395 in 2022 auf 531.637 TEU (minus 22,2 %). Als Gründe dafür werden die schlechte Konjunktur und internationale Spannungen angenommen.

2024 oder 2025, so erwarten optimistische Fachleute, könnte im Jahresumschlag die Millionen-Grenze geknackt werden. Falls die Konjunktur wieder anspringt. Das könnte dann das Signal für die Landesregierung in Hannover sein, die Planung für eine Erweiterung des Containerhafens in Richtung Hooksieler Außenhafen nachzudenken. Hoffnungen auf steigende Umschlagsvolumina werden auch durch eine Ankündigung von Hapag-Lloyd genährt. Die Reederei will den Jade-Weser-Port ab Januar 2024 in seine Amerikalinie „America Loop 4“ einbinden. Damit hätte das Container-Terminal erstmals eine transatlantische Anbindung.

Erweiterung Jade-Weser-port
Der Jade-Weser-Port mit dem Güterverkehrszentrum und der von der WHV geforderten Erweiterungsfläche (oben links). Grafik: WHV

Die Wilhelmshavener Hafenwirtschafts-Vereinigung drängt die neue rot-grüne Landesregierung, sich ernsthaft mit der Umsetzung der zweiten Baustufe des JWP zu befassen. Die letzte, positiv ausgefallene Machbarkeitsstudie „JadeWeserPort 2“ sei mehr als sechs Jahre alt. Sie müsse dringend den aktuellen Entwicklungen angepasst werden. Inzwischen seien Schiffe mit einer Ladekapazität von 24 000 Standardcontainern (TEU) in Fahrt. Auf diese Container-Riesen setze auch die Reederei „Hapag Lloyd“, die sich in den JWP eingekauft hat.

Die WHV weist darauf hin, dass die Gewerbeflächen im GVZ zu fast zu 100 Prozent vergeben bzw. Ansiedlungsvorhaben in konkreter Verhandlung seien, so dass eine Erweiterung der Flächen Voraussetzung für die weitere positive Entwicklung des Güterverkehszentrums sei. Hinzu komme, dass die Häfen Rotterdam und Antwerpen immer mehr deutsche Importe abwickeln und sich die „Elbvertiefung“ bis nach Hamburg als Misserfolg erwiesen habe. „Der Schiffsstau vor den deutschen Nordseehäfen wächst weiter“, stellt die WHV fest.

Es sei daher allerhöchste Zeit, dass das Land Niedersachsen sich um den weiteren Ausbau des JWP kümmert. Angesichts der derzeit noch langen Genehmigungszeiten von sieben bis zehn Jahren sollten jetzt die die Planungen für die zweite Baustufe wieder aufgenommen werden, um spätestens 2030 mit der Erweiterung am Start zu sein.