Erdmann mahnt zur Nachsicht: Im Alter steigen die Risiken im Straßenverkehr

Hooksiel (15. 1. 2025) – Selbstbestimmte Mobilität ist ein Stück Lebensqualität. Gerade auch im Alter – und auch im ländlichen Raum. Hier ist vielerorts mit Blick auf den immer noch spärlich ausgebauten öffentlichen Personen-Nahverkehr ein eigenes Auto unverzichtbar. Allerdings, so warnt Verkehrssicherheitsberater Karl Erdmann: „Mit zunehmendem Alter nimmt die Leistungsfähigkeit ab. Etwa ab dem 65. Lebensjahr erhöhen sich die Risiken im Straßenverkehr.“

Karl Erdmann

Erdmann (Foto) war in seiner Funktion als Berater des Deutschen Verkehrs-Sicherheitsrates (DVR) Gast beim Männerkreis der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Wangerland. Im Walter-Spitta-Haus in Hooksiel begrüßte Organisator Herbert Ulfers neben dem Referenten über ein Dutzend Interessierte. Ziel des DRV sei es, so Polizeihauptkommissar i. R. Erdmann, durch Aufklärung die Zahl der Verkehrstoten auf Null zu senken. Ob das gelingen kann? Da ist der ehemalige Leiter der Polizeistation Schortens, der in Dunum lebt, eher skeptisch. 

Aber zumindest eine weitere Senkung der Todeszellen sollte möglich sein. Bis zur Einführung der Gurtpflicht 1976 starben in Deutschland jedes Jahr um die 13.000 Menschen bei Verkehrsunfällen. Heute liegt die (stagnierende) Zahl bei 2800. 

Reaktionsfähigkeit nimmt ab

Gemeinsam erarbeitete die Runde die Faktoren, die für Senioren zu erhöhten Risiken im Straßenverkehr führen: Abnehmende Reaktionsfähigkeit, erhöhte Blendempfindlichkeit der Augen, Überforderung durch komplexe Verkehrslagen, insbesondere beim Einfahren in Kreuzungen. Senioren sind überproportional an schweren Unfällen beteiligt und häufig daran auch schuld, etwa bei Abbiege- und Vorfahrts-Unfällen.

Eine besondere Rolle spielen hierbei Elektro-Fahrräder, so Erdmann. „Nach meiner Meinung wird es noch 50 Jahre dauern, bis die Autofahrer die höhere Geschwindigkeit der E-Bikes von 25 Stundenkilometern richtig einschätzen können.“ – Ach, ein Fahrrad vor mir. Schnell noch überholen, dann rechts abbiegen – und schon knallt es. Das E-Bike war viel schneller an der Einmündung als der Autofahrer gedacht hat. An E-Bike-Unfälle sind ältere Personen aber nicht nur als Autofahrer, sondern auch als Radfahrer in hoher Zahl beteiligt.

Technik hilf nicht immer

Moderne Technik im Auto hilft nicht immer, das Unfallrisiko zu verringern. Telefonieren am Steuer. Einstellen des Navi während der Fahrt. Eine Fülle von Schaltern und Hebeln für alle möglichen Einstellungen am Lenkrad. Mancher Senior fühlt sich überfordert, zumal dann, wenn er neuere Verkehrsregeln nicht 100-prozentig beherrscht. Auch hier versuchte Erdmann, Aufklärungsarbeit zu leisten. Wie verhält man sich am Hooksieler Kreisverkehr richtig? Wie sind die Vorfahrtsregeln in Tempo-30-Zonen? Und wie in verkehrsberuhigten Bereichen? 

In der munteren Debatte wurden viele Fragen aus der Männerrunde geklärt. Die Sicherheits-Empfehlung von Erdmann: „Mehr Gelassenheit und Nachsicht im Verkehr!“ Etwa wenn ein Senior sich nicht traut, einen Traktor zu überholen oder lieber mit Tempo 60 statt den zulässigen 80 fährt. „Akzeptieren Sie das. Vor ihren fährt vielleicht ein Senior in seiner Wohlfühl-Geschwindigkeit.“