Schlechte Saison für Hooksieler Fischer: Wittlinge fressen die Krabben weg

Fischer Sven Kaiser und Klaas Peters
Blicken auf das möglicherweise schlechteste Krabbenjahr überhaupt zurück: die Hooksieler Fischer Sven Kaiser (links) und Klaas Peters. Foto: hol

Hooksiel (27. 12. 2024) – Die Krabbenkutter „Odin“ und „Aggi“ liegen im Alten Hafen von Hooksiel. Und das schon seit Monaten. Üblicherweise würden sie von April bis Ende November fischen, schildern die Hooksieler Fischer Sven Kaiser und Klaas Peters im Gespräch mit „Hooksiel-Life“. In diesem Jahr hätten sie schon in der zweiten Oktoberhälfte die Fangsaison beendet.

Ein Grund dafür: Niedersachsen Ports (NPorts) hatte angekündigt, dass die Schleuse am Hooksieler Außenhafen saniert wird und damit auch für Schiffe eine gewisse Zeit gesperrt wird. Ein zweiter, viel wichtigerer Faktor: Es gab und gibt keine Krabben mehr.

Fangsaison früh beendet

„Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir schon mal so wenige Krabben hatten“, sagt Claas Peters, seit über vier Jahrzehnten auf See. Es habe immer schon mal schlechte Jahre gegeben, ja. „Aber wenn wir bislang gesagt haben, es war ein schlechter Fang, hatten wir immer noch 10 bis 15 Pfund in den Netzen.“ „In diesen Jahr konntest du die Krabben im Netz an manchen Tagen an zwei Händen abzählen …“, ergänzt Sven Kaiser. „Wirtschaftlich war das auf keinen Fall.“

2024 dürfte eines der schlechtesten Krabbenjahre in der Geschichte gewesen sein. Das zeichnete sich schon im Frühjahr ab und setzte sich durchs gesamte Jahr fort. Die Verbraucher haben das an stark gestiegenen Preisen gespürt. Der Erzeugerpreis lag selbst im Herbst noch über 6 Euro je Kilogramm. Mancherorts sollen Krabbenbrötchen bis zu 10 Euro gekostet haben.

Der Grund für den Mangel an Krabben schwimmt im Meer: Wittlinge. Überall Wittlinge. Tonnenweise. „Gefühlt schwimmt am Grund eine dicke Schicht von Wittlingen, die die Krabben wegfressen“, sagt Kaiser. „Zuletzt haben sich die Wittlinge schon gegenseitig angefressen.“ Auch in der Vergangenheit habe es immer wieder mal Jahre mit hoher Wittling-Popuplation gegeben. „Aber so etwa wie in diesem Jahr“, so Peters, „das habe ich noch nicht erlebt.“

Aber woher kommt die Flut von Wittlingen in den küstennahen Gewässern? Der Wittling gehört, wie der Kabeljau, zur Familie der Dorsche. Eigentlich lebt er in der offenen See mit Wassertiefen ab 30 Meter. Üblicherweise, so schildern Peters und Kaiser, würde der Kabeljau wohl 98 von 100 Wittlingen wegfressen. Doch dem Kabeljau wird es in der Nordsee offenbar zu warm. Er zieht nach Norden. Eine Folge des Klimawandels. 

Mit Konsequenzen für die Krabbenfischer. Der Wittling vermehrt sich massenhaft und dringt auf seiner Nahrungssuche bis in die Wattenmeere vor. „Noch so eine Saison werden viele Fischer nicht aushalten“, ist Klaas Peters überzeugt. Was tun? Guter Rat ist teuer. Aktuell vermag niemand einzuschätzen, wie sich die Zahl der Wittlinge und die der Krabben in den nächsten Jahren entwickelt.

Ruhepause für Krabben-Nachwuchs?

Angesichts der Dramatik der Lage nimmt das Gefühl zu, dass sich etwas ändern muss. Dirk Sander, Präsident des Deutschen Fischereiverbandes, schlägt eine dreimonatige Fangpause im Winter vor, damit sich die Krabben-Bestände erholen können. Vielleicht wäre auch eine weitere vierwöchige Pause im Sommer sinnvoll. Die Ruhezeit müsse dann aber von allen Fischern an der Nordseeküste eingehalten werden – auch von den Niederländern und den Dänen. Damit die Fischer die Ruhepausen wirtschaftlich überstehen, fordert Sander für sie einen finanziellen Ausgleich.

Der Hooksieler Krabbenfischer Nils Schröder geht einem anderen Weg. Er fischt weiter. Als Folge des Krabbenmangels in der Jade hat er seinen Kutter „Trotz“ auf Fischfangnetze umgerüstet. So kann er zumindest einen Teil der fehlenden Einnahme beim Krabbenfang ausgleichen.

Aber auch in den Fischernetzen wimmelt es vor Jung-Wittlingen. Die meisten von ihnen sind kleiner als 23 Zentimeter und dürfen nicht verwertet werden. Und ohnehin: Der Fisch, der es Frankreich unter dem Namen Merlan durchaus auf vielen Speisekarten schafft, ist in Deutschland wenig beliebt. „Das Fleisch des Wittlings hat kaum Eigengeschmack“, sagt Nils Schröder. „Mich holt der nicht ab.“