Hooksiel/Wilhelmshaven (8.1.2023) – Chlor und Biozide oder Ultraschallwellen? Was ist für das Ökosystem Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer schädlicher? Dieser Frage wirft eine amerikanische Studie auf, über die die „Wilhelmshavener Zeitung“ (Samstag-Ausgabe) berichtet hat. Denn das Ultraschall-Antifoulingsystem der Kieler Firma Hasytec Electronics wird von Naturschützern als sinnvolle Alternative zu dem chlorbasierten Verfahren gehandelt, das dem Regasifizierungsschiff „Höegh Esperanza“ den Anwurf eingetragen hat, eine „Dreckschleuder“ zu sein.
Die „Esperanza“ erwärmt das von Tankschiffen angelieferte tiefgekühlte Flüssigerdgas (LNG). Damit die Rohre an Bord des Schiffes vor dem Befall von Seepocken, Muscheln und Algen geschützt werden, wird Chlor eingesetzt. Im Abwasser gelangen so täglich bis zu 120 Kilogramm Biozide in die Jade. Gesetzliche Grenzwerte werden dabei zwar eingehalten. Aber Umweltschützer befürchten trotz der erheblichen Verdünnungseffekte Beeinträchtigungen des Öko-Systems der Jade.
Ultraschallwellen-Verfahren arbeiten ohne Chor und Biozide. Allerdings, so die an der Universität San Diego (Kalifornien) erstellte Studie, besteht der Verdacht, dass die Ultraschallwellen das Orientierungssystem von Walen beeinträchtigen. Die Wissenschaftler haben Untersuchungen nahe Guadeloupe vorgenommen, wo Ultraschall-Antifoulingsysteme unter anderem dafür eingesetzt werden, die Rümpfe von Booten und großen Kreuzfahrtschiffen zu reinigen.
Die Ultraschallgeräte arbeiten im selben Frequenzband, in dem Wale kommunizieren. Solange die Geräte intensiv eingesetzt wurden, seien die Wal-Signale zurückgegangen. In der Corona-Kreuzfahrer-Pause stieg dann die Zahl der Wale in dem Seegebiet wieder deutlich an.
Mit Blick auf Wilhelmshaven stellt sich die Frage, ob der Einsatt von Ultraschalltechnik an der „Esperanza“ die Schweinswal beeinträchtigen würden, für die die Jade eine Art Kinderstube ist. Jan Kelling, Geschäftsführer von Hasytec, hält die Gefahr für nicht gegeben. Die US-Studie sei ihm bekannt. Zum einen seien dort Ultraschallgeräte älterer Bauart untersucht worden. Zum anderen sei für die Frage, ob die Kommunikation von Tieren gestört werden kann, entscheidend, wo der Schallgeber eingebaut ist. Dass das Ultraschallsystem zur Reinigung der Rohrleitungen der „Esperanza“ innerhalb des Schiffsrumpfes eingebaut würde, gebe es „keinerlei Auswirkungen an der Außenhaut oder gar im Wasser“, so Kelling. „Der Ultraschall reicht ganz einfach nich dorthin.“
Das Land Niedersachsen hat im Rahmen der Genehmigung ein enges Monitoring angekündigt. Über Messungen im Wasser soll festgestellt werden, ob die Biozide in der Praxis doch Auswirkungen auf den Nationalpark oder die Wasserqualität am Hooksieler Badestrand haben. Sollten Beeinträchtigungen festgestellt werden, wird das LNG-Terminal umgehend stillgelegt, hatte Wirtschaftsminister Olaf Lies kürzlich versichert.
Sollte sich bestätigen, dass das Ultraschallverfahren keinen Auswirkungen auf die Schweinswale haben kann, kommt auch eine Umrüstung der „Esperanza“ in Frage, etwa auf das Hasytec-System. Laut Kelling würde eine solche Umrüstung neun Monate dauern – von der Auftragserteilung bis zur Installation. Der energiewirtschaftlich notwendige LNG-Import würde aber kaum darunter leiden. „Die reine Installationsdauer an Bord würde etwa zwei Wochen betragen“, so Kelling. Eine Dockung des Schiffes wäre dafür nicht erforderlich. „Das Schiff kann also bis dahin mit dem aktuell genutzten, veralteten Chlortechnik betrieben werden.“