Touristiker setzen auf Datenerfassung und auf künstliche Intelligenz

Strand
Es gibt Urlauber, die gehen bei jedem Wetter an den Strand. Die meisten Badegäste und Tagesgäste warten aber auf Hochwasser bei Sonnenschein. Archiv-Foto: Bildwerfer

Wangerland/Hooksiel (31. 8. 2023) – Die Wangerland Touristik setzt auf künstliche Intelligenz. Das Potenzial einer umfassenden Datenerhebung und deren Verknüpfung erläuterte Tim Schönfeld, Datenmanager der gemeindeeigenen WTG, am Mittwoch dem Tourismusausschuss des Rates. „Aber wir stehen noch ganz am Anfang“, sagte WTG-Geschäftsführer Armin Kanning. Ziel sei es, die Angebote effizienter auszurichten und den Aufenthaltswert im Wangerland zu erhöhen. 

Die Reiselust der Deutschen ist nach Erkenntnissen aus Umfragen ungebrochen. Allerdings: Nach dem Ende der Einschränkungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie reisen viele Bürgerinnen und Bürger 2023 wieder gern in südliche Gefilde. Alle klassischen Urlaubsziel von Portugal über Mallorca bis in die Türkei verbuchen ein Plus bei den Buchungen.

Minus von 6 Prozent bei den Übernachtungszahlen

Deutschland hingegen weist ein Minus von 9 Prozent auf. Da stehe man im Wangerland mit einem Minus von 6 Prozent noch ganz gut da, stellte Schönfeld in seiner Saisonbilanz fest. Zumal man berücksichtigen müsse, dass einige große Leistungsanbieter (wie die Hotels Dorf Wangerland und das Upstalsboom Schillig) aktuell nicht am Markt sind. Im Ergebnis bedeute das niedrigere Umsätze bei Gastronomie und Einzelhandel.

Nach Auswertung der Zugriffsdaten auf die Internetseite der WTG (www.wangerland.de) ist Schönfeld überzeugt, dass die Nachfrage in der Vor- und der Nachsaison sogar gestiegen ist. „Das Problem war der schlechte Sommer. Im Juli und August hat es sieben Mal mehr geregnet als 2019, dem letzten Vor-Corona-Jahr.“ 

Die Datenerfassung der WTG dokumentiert das Verhalten der Urlauber. Bei Regen sinkt die Nachfrage an Kurztrips an die Küste, die Strände bleiben leer. Auch wenn viele Urlauber unabhängig vom Wetter ihre „Hunderunde“ am Strand drehen. Hinzu kommt die Tide. Strandbesuche hängen von Ebbe und Flut ab. 

Dienstplan in der Gastronomie nach der Tide?

Nach dem Bad im Meer gehen viele Gäste in den Ort. Auf Grundlage von vielen, vielen Daten und deren Auswertung durch Künstliche Intelligenz (KI) ließen sich Umsatz-Prognosen erstellen, die die Wertschöpfung etwa in der Gastronomie erhöhen können. Schönfelder: „Dann können etwa Teilzeitkräfte je nach Tide mal von 11 bis 15 Uhr und am nächsten Tag vielleicht von 12 bis 16 Uhr eingesetzt werden.“

Kanning lobte das Engagement und das Fachwissen seines Datenmanagers, der sich bundesweit einen Namen gemacht habe. Ein Beleg dafür: Die WTG und die Daten aus dem Wangerland werden in zwei Forschungsprojekte eingebunden. Dabei gehe es zum einen um Management-Strategien für das Wattenmeer, zum anderen um eine bedarfsgerechte Optimierung von Buslinien.

Gästebeitrag für Infrastruktur unverzichtbar

Kritischer hinterfragt als früher wurde in diesem Sommer von Urlaubern der Gästebeitrag (früher Kurbeitrag). Dessen gesetzliche Grundlage – nämlich die Beteiligung an den Kosten von touristischen Pflichtaufgaben – sei längst nicht jedem bekannt, sagte WTG-Marketingchefin Larissa Strangmann. Auf die Frage von Urlaubern „Was habe ich denn vom Gästebeitrag?“ hätten die Vermieter über Jahre nur geantwortet: „Freien Strandeintritt“. Ein Fehler, wie sich jetzt nach der Aufhebung des Strandeintritts zeigte. 

Larissa Strangmann stellte den Ausschussmitglieder das umfassende Paket an Aufgaben der WTG-vor, die vom Gästebeitrag mitfinanziert werden: die Tourist-Informationen, die Schwimmbäder, die Büchereien, das Veranstaltungsprogramm, die Kinderspielhäuser. WTG-Mitarbeiter müssen allein sieben Kilometer Strand, 50 Gebäude und 850 Stromkästen pflegen und betreuen. Hinzu kämen eine Reihe von Ermäßigungen für Gästekarten-Inhaber: unter anderem freier Eintritt im Nationalpark-Haus Minsen, kostenlose Nutzung der Elektroautos „Nordseeflitzer“, Salzwiesenwanderungen sowie Ermäßigungen auch in Wilhelmshaven und Bremerhaven. 

Der Katalog mit den Vergünstigungen werde stets aktualisiert auf der Homepage der WTG und über den „digitalen Reiseführer“ ausgespielt. Dabei seien die Rabatte aber nur eine Zusatzleistung. Larissa Strangmann: „Es muss doch jedem klar sein, dass eine Gemeinde mit unter 10.000 Einwohnern nicht die nötige Infrastruktur für 300.000 Gäste im Jahr allein finanzieren kann.“