Hooksiel (20. 3. 2024) – Dr. Peter Ahmels ist verhalten optimistisch. Wenn es gelingt, in den kommenden Jahren jeweils Windkraftanlage mit einer Leistung von zehn Gigawatt zu installieren, sind die Ausbauziele der Bundesregierung bis 2030 noch zu schaffen. Dazu beitragen würde auch das Repowering von Altanlagen in der Gemeinde Wangerland.
Ahmels ist einer der Pioniere der Windkraft-Nutzung in Deutschland. Herbert Ulfers begrüßte den promovierten Physiker aus Oldeborg bei Wüppels als Referent beim Männerkreis der ev-luth. Kirchengemeinde Wangerland im Walter-Spitta-Haus in Hooksiel. Vor gut 30 Jahren habe er als aktiver Landwirt seine erste Windmühle aufgestellt, sagte Ahmels. Damals sei es noch nicht um Energiewende oder Klimawandel gegangen. „Die Lage im Ackerbau war schwierig. Wir haben uns für eine andere Agrarpolitik eingesetzt und nach zusätzlichen Einkommensquellen gesucht.“
Wertschöpfung durch Energieerzeugung
Einnahmen für Landwirte und Windmüller bedeuten Wertschöpfung im ländlichen Raum. Die größte Wertschöpfung sei immer da erfolgt, wo Energie erzeugt wurde. Das Ruhrgebiet hatte den Kohlebergbau, Süddeutschland die Atomkraft. „Aus heutiger Sicht müssen wir uns fragen, warum wir nicht schon viel früher auf die Idee gekommen sind, den Wind für uns im Norden zu nutzen.“
Daran, dass sich das geändert hat, hat Ahmels einen maßgeblichen Anteil. Der promovierte Physiker stand von 1997 bis 2007 als Präsident an der Spitze des Bundesverbandes Windenergie und erkämpfte feste Einspeisevergütungen für Windstrom. Im Anschluss engagierte er sich bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH) unter anderem beim Bürgerdialog zu Planung und Bau von Hochspannungs-Stromleitungen. Aktuell ist der Wangerländer als Vorstandsvorsitzender der Fachagentur Wind und Solar in der Politikberatung unterwegs.
Ahmels verschaffte der Männerrunde einen Einblick in die Herausforderungen der Energiewende, bei der die Stromerzeugung aus regenerativen Energiequellen einen Schlüsselrolle spielt. In Deutschland werden rund 2000 Terrawatt Energie verbraucht. Die Hälfte davon für Wärmeerzeugung und jeweils ein Viertel für Verkehr und Strom. Gut 51 Prozent des Stroms werden inzwischen aus erneuerbaren Energien (Wind, Solar, Biomasse) erzeugt. Bei der Wärme liege der Anteil bei 18,8 Prozent, im Verkehr bei lediglich gut 7 Prozent.
Bis 2030, so das Ziel, soll 80 Prozent des Stroms mit erneuerbaren Energien erzeugt werden. Dafür müssten jährliche zehn Gigawatt zusätzliche Windkraft-Leistung installiert werden. 2024 werden nach bisheriger Planung voraussichtlich Konverter mit fünf Gigawatt Leistung neu installiert. Ahmels: „Das ist längst noch nicht ausreichend.“
Erneuerung von alten Windrädern geplant
Um die Geschwindigkeit zu erhöhen, habe die Politik das Windflächen-Beschleunigungsgesetz beschlossen. Damit legt der Staat fest, wie hoch der Anteil von Flächen ist, die für Windkrafterzeugung zur Verfügung gestellt werden müssen. Im Wangerland gibt es vier Windparks (Bassens, Haddien, bei Hohenkirchen und Tettens) mit einer installierten Leistung von zusammen 80 Megawatt. Hinzu kommen etliche Einzelanlagen mit einer Leitung von rund 20 Megawatt.
Weitere Windparks seien zurzeit in der Gemeinde nicht geplant, so Ahmels. Aber die neue Rechtslage ermögliche das Repowern von Einzelanlagen, wenn keine Lärm- oder Vogelschutzgründe dagegen sprechen. Viele der hiesigen Anlagen sind 30 und mehr Jahre alt. Moderne Konverter seien deutlich größer und effizienter. „Die Leistung an den Standorten wird sich um den Faktor zehn erhöhen“, schätzt Ahmels. Also auf 200 statt 20 Megawatt, wenn alle Anlagen erneuert werden würden.
Die Erzeugung von Windenergie stärkt nach Überzeugung von Ahmels den ländlichen Raum. Laut einer Studie der Deutschen Windguard GmbH (Varel) zieht ein Megawatt installierte Leistung eine Wertschöpfung von 14.000 Euro im Jahr nach sich. Eine weitere Kennzahl: die Gewerbesteuer. Von den rund 15 Millionen Euro Steuereinnahmen der Gemeinde Wangerland im Jahr entfallen 27 Prozent auf Gewerbesteuern. Rund ein Viertel davon gehe auf die Erzeugung von erneuerbaren Energien zurück. Beim weiteren Ausbau der Windenergie würden die Kommunen zudem von einer freiwilligen Abgabe in Höhe von 0,2 Cent je Kilowattstunde erzeugtem Strom profitieren, die die Betreiber an die Gemeinde abführen sollen. „Und die Schnecke bewegt sich doch“, sagte Ahmels mit Blick auf die Wirtschaftsförder-Effekte für die ländlichen Räume.
Strombedarf wird weiter steigen
Trotz aller Einsparbemühungen wird der Strombedarf vermutlich weiter steigen. Gründe dafür sind die teilweise Elektrifizierung von Mobilität (E-Autos) und Wärmeerzeugung (Wärmepumpen). Ahmels schätzt den künftigen Bedarf in Deutschlang auf 800 bis 900 Terrawatt. Um so wichtiger seien leistungsfähige Stromnetze und Wärmespeicher. So genannte „Aquifers-Wämespeicher“ seien grundsätzlich auch in Wasser führenden Schichten unter dem Wangerland möglich. Möglicherweise wäre das ein Thema für eine weitere Männerrunde.