Wilhelmshaven/Hooksiel (2. 11. 2023) – Die hohen Energiepreise in Deutschland gefährden Tausende Arbeitsplätze und etliche Unternehmens-Standorte der chemischen Industrie. Allein im Wilhelmshavener Vynova-Werk, direkt hinter der Ortsgrenze von Hooksiel, seien 388 Arbeitsplätze von direkten Mitarbeitern sowie 200 weitere bei am Standort tätigen Fremdfirmen und Lieferanten in Gefahr, sagte Betriebsratsvorsitzender Volker Neumann, heute auf einer Demonstration auf dem Werksgelände.
Zu der Protestaktion hatten Arbeitgeber Vynova, der Betriebsrat und die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) gemeinsam aufgerufen. Sie wollten damit Druck machen für die Einführung eines „Brückenstrompreises“. Die befristete Subvention solle den Strompreis „auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau“ drücken, sagte der Standortleiter von Vynova Wilhelmshaven, Dr. Benno Krüger.
Aktuell produziere ein Partnerwerk in Frankreich Kunststoffprodukte fast 50 Prozent günstiger. „Das ist bereits innerhalb des europäischen Marktes ein erheblicher Nachteil“, so Krüger. „Wir wollen nicht zur Pharmaindustrie 2.0 werden.“ Viele Pharma-Hersteller sind mit Blick auf die hohen Energiekosten ins Ausland abgewandter, zum Beispiel in die USA. Die zeitlich befristete Absenkung des Strompreises solle den energieintensiven Industriebetrieben Zeit für die Transformation in die Energieversorgung der Zukunft geben. „Sonst gehen hier am Standort bald die Lichter aus“, mahnte Krüg
Die chemische Industrie verlange keine Dauersubventionen. „Der Brückenstrompreis muss befristet sein, bis es in Deutschland genügend erneuerbare Energie zu konkurrenzfähigen Preisen gibt“, forderte Betriebsrat Neumann bei strömendem Regen vor etlichen seiner Kolleginnen und Kollegen. „Uns steht das Wasser bis zum Hals“, sagte das IGBCE-Mitglied – und meinte damit nicht das Wetter.
Unterstützt wurde die Aktion von der Landtagsabgeordneten Katharina Jensen (Wangerland). Wie war als einzige Politikerin der Einladung von Vynova zu der Kundgebung gefolgt. Nach Ansicht der CDU-Politikerin gehöre neben dem Strompreis auch das Steuerrecht auf den Prüfstand, um den Industriestandort Deutschland abzusichern.
Um den Ernst der Lage zu verdeutlichen, begruben die Protestierenden einen Sarg auf dem Betriebsgelände – als Symbol für den drohenden Untergang der chemischen Industrie in Deutschland.