Zwischen himmlischer Faszination und dreckiger Erkenntnis am Strand

Hooksiel (2. 10. 2023) – Stephanie Hüllmann ist der Faszination des Wangerlandes erlegen. Diesen Eindruck erweckte die Künstlerin jedenfalls bei ihrem Werkstatt-Gespräch im Hooksieler Künstlerhaus. Die Stipendiatin der Gemeinde Wangerland hat in den vergangenen fünf Wochen die Strände, das Watt und die Museen der Region erkundet, meist zu Fuß oder mit dem Fahrrad – immer auf der Suche nach spannenden Details.

Stephanie Hillmann
Stephanie Hüllmann präsentiert ihre Fundstücke vom Hooksieler Strand. Foto: Hol

Sie ist fündig geworden. Zum Beispiel bei der Begegnung mit der klassischen Fliesenmalerei, einer aus Holland auch nach Friesland getragenen Tradition. Die blauen Motive auf weißen Fliesen, mit denen früher Sockel an Wänden oderKüchenzeilen beklebt wurden, waren meist der damaligen Lebensrealität entnommen. Sie zeigen Mühlen, Hörner oder auch ganze Ochsen. 

Neue Motive für die Fliesenmalerei

Der Impuls für Stephanie Hüllmann: Warum nicht Motive auf Fliesen malen, die aus dem heutigen Leben kommen? Das WLan-Zeichen etwa, oder die Symbole von Automarken. Gedacht, getan. In ihren Hooksieler Tagen hat die Künstlerin erste Motive auf kleine „Kacheln“ aus Pappe genäht. 

Ähnlich kreativ endete eine Spaziergang am Hooksieler Strand. Nach vier Stunden hatte die 58-Jährger so viele Utensilien zusammen, die – in stundenlanger, filigraner Arbeit auf eine Leinwand aufgenäht – ihre Kunstwerk-Reihe „Ein Tag am Strand“ fortsetzen. Mit besonderen Effekten. Wer sich das Werk genauer ansieht, entdeckt – neben Muscheln, Schnecken und Steinchen – vieles, was nicht an einen Strand gehört: Hundebeutel, Plastikdeckel, ein Feuerzeug, Reste eines Protestaufklebers, Knochen … „Früher sahen Strände anders aus“, ist Stephanie Hüllmann überzeugt.

Erinnerungen an St. Peter-Ording

Die Künstlerin schildert in dem von Kunsthallen-Leiterin Renate Janßen-Niemann moderierten Gespräch, dass sie zum Teil in St. Peter-Ording aufgewachsen sei. Das Watt in Hooksiel, der unendlich weite Himmel – das seien auch Begegnungen mit ihrer eigenen Jugend gewesen. Voller Gegensätze, voller Veränderungen im Detail, Weite und Nähe. 

Der Blick in den Himmel vom Wangerland und das Sammeln einzelner Sandkörner am Hooksieler Strand. Beides wird Stephanie Hüllmann von ihrem Stipendiat in Erinnerung behalten – und vielleicht in Kunstwerke umsetzen. Sie hat eine ganze Reihe von Skizzen gemacht, die in den nächsten Wochen und Monaten bearbeitet werden wollen. Mit der Friesenmalerei werde sie sich auf jeden Fall weiter beschäftigen. Gern würde sie ihre Motive auf echten Fliesen verewigen. Ein Traum wäre es, wenn damit einmal eine Wand in einem friesischen Museum tapeziert werden würde. Als Dokument für Kunst im Wandel der Zeit.

„Ich bin nicht fleißig!“

In Erinnerung bleiben werden auch die vielen Gespräche mit Menschen, die ihre Ausstellung im Künstlerhaus besucht haben. So eng und intensiv habe sie das noch nie erlebt. Nachdenklich habe sie das Lob einer Besucherin gemacht. „Sie sind aber fleißig!“ Zwar arbeite sie gern einmal 30 Stunden am Stück oder mache die Nacht zum Tag, wenn sie Hunderte Kleinstteile annähe und zu einem Werk kombiniere. „Die Kraft dafür kommt aber von innen“, sagt Stephanie Hüllmann und stellt dazu ultimativ fest: „Ich bin nicht fleißig!“ 

Die Ausstellung „zeit.lupe“ ergänzt um die in Hooksiel entstandenen Skizzen und Werke ist noch bis Sonntag, 8. Oktober, im Künstlerhaus zu sehen.