Schutzgemeinschaft warnt vor CO2-Pipeline durch Wattenmeer und Nordsee

Friesland/Wangerland (29. 9. 2024) – Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e. V. (SDN) warnt davor, die Nordsee zur Müllkippe verkommen zu lassen. Der 1973 gegründete Umweltschutzverein mit Sitz in Varel, dem über 200 Kommunen, Landkreise und Verbände angehören, hält insbesondere die Überlegungen, CO₂ unter dem Meeresgrund zu verpressen, für einen Irrweg. 

Hintergrund ist die Debatte im Bundestag über Pläne, das Kohlendioxidspeicherungs- und transportgesetzes (KspTG) zu ändern. „Mit der Absicht, CO₂ zukünftig unter der Nordsee
deponieren zu wollen, bahnt sich, neben der Verklappung von Baggergut, noch eine weitere Art der Müllbeseitigung in dem maritimen Lebensraum an. Ganz im Sinne von ,Aus den Augen, aus dem Sinn’“, befürchtet SDN -Vorsitzender Gerd-Christian Wagner, zugleich Bürgermeister der Stadt Varel.

Teuer und risikoreich

Bei der SDN ist man überzeugt, dass Deutschland ohne die so genannte CCS-Verpressungstechnik Treibhausgas-neutral werden kann. Dazu reiche schon die Nutzung natürlicher CO2-Senken wie Wälder sowie eine nachhaltige Holzwirtschaft vollständig aus. „Wir müssen viel mehr die immer weiter steigende CO₂-Produktion bekämpfen”, so Wagner. Es gelte, die Entstehung von Klimagasen zu vermindern, und nicht, sie für Generationen kosten- und energieintensiv und zudem unsicher einzulagern. 

Durch CCS-Technologie werde der CO₂-Ausstoß um kein Gramm verringert. Das Abscheiden des Gases, sein risikohafter Transport durch Pipelines, per Schiff, Schiene oder über die Straße zum Speicherort und das Verpressen im Untergrund erzeuge zusätzlichen Energieaufwand (laut Umweltbundesamt ca. 40 Prozent) und hohe Kosten. Zudem würden für Abscheidungsanlagen, Pipelines, Zwischenspeicher, Umladestationen und in Häfen riesige Flächen benötigt. Hinzu komme das Leckage-Risiko. 

Industrieinteressen vor Klimaschutz?

Dass sich immer mehr Konzerne aus dem Energiesektor mit Blick auf große deutsche und EU-Klimaschutz-Fördertöpfe mit milliardenschweren Investitionsideen zur CO₂-Verpressung zu Worte melden, beruhige ihn nicht, so der SDN-Vorsitzende. Man sehe hier offensichtlich einen Markt mit hohen Wachstumsraten. So sei etwa eine rund 900 Kilometer lange Pipeline durch die Nordsee nach Norwegen geplant, die noch vor 2032 in Betrieb gehen soll und über Wilhelmshaven jährlich mit 20 bis 40 Millionen Tonnen CO₂ etwa 20 Prozent der gesamten deutschen Industrieemissionen transportieren könnte. 

„Der Bau neuer Unterwasser-Pipelines würde die Nordsee und das Wattenmeer mit 
Flächenverbrauch, Lärmbelastung sowie Leckagengefahr noch ein Stück mehr 
zum lebensfeindlichen Industriegebiet degradieren,“ so Wagner. Der SDN-Vorsitzende warnt davor, dass Industrieinteressen die Entscheidungen in der Klimapolitik überlagern. Sinnvoller wäre es, die für CCS in Aussicht gestellten immensen Fördergelder zum Beispiel für Energieeinsparungen im Gebäudebereich, Energiemanagement der Industrie, Kreislaufwirtschaft, Ressourcen-Verbrauchsminderung, Substitution sowie die Dekarbonisierung zu verwenden.“