Wangerland (15. 5. 2023) – Genau vor 400 Jahren, am 17. Mai 1623, wurde auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Wangerland eine bemerkenswerte Schlacht geschlagen. Einer Schar Jeverländern gelang es, in Altgarmssiel eine 500 Mann starke Dragoner-Truppe des Grafen Ernst von Mansfeld zu vertreiben. Dabei wurden 150 Feinde festgesetzt.
Die Schlacht bei Altgarmssiel, bis heute weitgehend in Vergessenheit geraten, war ein Schauplatz im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Historiker sehen in den drei Kriegs-Jahrzehnten vier aufeinander folgende Kriege. Auslöser war der „Prager Fenstersturz“ (1618), Endpunkt der „Westfälische Frieden“ (1648) zu Münster. Bei dem Konflikt, der als Religionskrieg begannt, ging es um die Vorherrschaft im Herzen Europas.
Unter anderem standen sich der Habsburger Kaiser samt Katholischer Liga und eine Protestantische Union gegenüber. Nahezu alle europäischen Mächte waren phasenweise in die Auseinandersetzungen verwickelt, bei denen allein in Deutschland nach Schätzungen von Historikern drei bis neun Millionen von seinerzeit 15 bis 20 Millionen Einwohnern starben. Politikwissenschaftler vergleichen in der Rückschau die damalige religiös-politischen Wirren mit der Gemengelage im Krieg in Syrien. Die verschiedenen Truppen zogen wie Heuschrecken durchs Land, plünderten und malträtierten die Bevölkerung, die zudem unter der Pest und anderen Seuchen litt.
Plünderungen und Vergewaltigungen auch in Hooksiel
Im Mai 1623 hatten rund 500 Dragoner des Grafen Ernst von Mansfeld die damals unabhängige Herrlichkeit Knip- und Innhausen annektiert. In Mitleidenschaft gezogen wurden nach Darstellung des 2018 verstorbenen Journalisten Klaus Dede (Nordenham) damals auch Hooksiel, Horumersiel und Altgarmssiel. Die Soldateska soll etliche Häuser geplündert und Frauen vergewaltigt haben.
Mansfeld war ein privater Kriegsunternehmer, der Söldner anwarb, die er zwischen 1620 und 1626 (aus wirtschaftlichen Gründen) für die Protestantische Union gegen den habsburgischen Kaiser und dessen Verbündete (Spanien, Bayern und die Katholische Liga) ins Feld führte. Die Mansfelder waren nach Niederlagen in der Pfalz Richtung Norden gezogen und hatten die Grafschaft Ostfriesland besetzt. Von hieraus rückten sie nach der Darstellung des 1965 verstorbenen Sillensteder Pastors Carl Woebcken („Jeverland – Gewesenes und Gebliebenes“, Heft 8 der Mitteilungen des Jeverländischen Altertums und Heimatvereins) am 16. Mai 1623 in Altgarmssiel ein.
Erfolgreicher Widerstand gegen Söldnerheer
„Im Jeverland organisierte man sofort den Widerstand“, schreibt Dede. Einer Truppe von 1500 Bewaffneten gelang es am 17. Mai 1923, die Dragoner in Altgarmssiel einzuschließen. Altgarmssiel – heute eine eher unscheinbare Ortschaft zwischen Hohenkirchen und Carolinensiel – war damals ein wichtiger Umschlagplatz an der Mündung des Tettenser Tiefs in die Harlebucht, die seinerzeit noch nicht eingedeicht war.
Mansfelder und Jeverländer sollen sich zunächst gegenüber gestanden haben. Die Verhandlungen der Unterhändler hätten in einen heftigen Wortwechsel gemündet, schreibt Woebcken. Einer der Dragoner habe sich bedroht gefühlt, einen Schuss abgegeben und dadurch einen der Jeverländer getötet. „Wutentbrannt stürzten die Landsleute des Getöteten auf die Eingedrungenen und überwältigten sie“, schreibt Woebcken und weiter: „Der feindliche Oberst schlug sich durch, zwei Hauptleute und 150 Dragoner gaben sich gefangen, 60 Pferde und eine Menge Ausrüstungsgegenstände wurden erbeutet.“
Anton Günther sicherte sich Herrlichkeit Kniphausen
Die Gefangenen wurden nach Jever gebracht, als Unterpfand für die Verhandlungen mit Mansfeld. Der Heerführer erhielt letztlich seine Söldner und die Pferde und zusätzlich noch 12.000 Taler. Dafür musste er sich verpflichten, die Herrschaft Jever, die damals schon zur Grafschaft Oldenburg gehörte, künftig ungeschoren zu lassen und die Herrlichkeit Kniphausen zu räumen, die im November 1623 dann vom Oldenburger Graf Anton Günther annektiert wurde.
Die Mansfelder Truppen rückten am 8. August 1624 aus den Gemeinden Fedderwarden, Accum und Sengwarden ab. Anton Günther, lutherisch und kaisertreu zugleich, verfolgte in den Kriegswirren eine strikte Neutralitätslinie, die er durch großzügige Geschenke an alle Seiten absicherte. In der Herrlichkeit Kniphausen stand der Landesherr dann vor dem Problem, wie er, der Protestant, mit seinen neuen Untertanen, alles Calvinisten, umgehen sollte.
Ein bis heute sichtbares Relikt jener Tage ist evangelisch-reformierte Kirchengemeinde in Accum. An die erfolgreiche Schlacht der Jeverländer in Altgarmssiel erinnert heute kaum noch etwas – nicht einmal eine Gedenktafel am damaligen Schauplatz.
Für die Unterstützung bei der Recherche für diese Artele dankt „Hooksiel-Life“ der „Geschichtswerktstatt Wangerland e. V.“