Hooksiel/Wilhelmshaven (5. 11. 2024) –Die Ergebnisse der jährlichen Seehundzählung für das laufende Jahr liegen vor. Nach Einschätzung der trilateralen Expertengruppe für Meeressäuger aus Deutschland, Niederlande und Dänemark bestätigen sie den Trend: Nach einem stetigen Wachstum von 2003 bis 2012 und stagnierenden Zahlen bis 2020 ist der Seehundbestand in 2024 niedriger als noch vor zehn Jahren.
Die Seehunde, eine Ikone des Wattenmeeres, werden jedes Jahr im grenzüberschreitenden Weltnaturerbe Wattenmeer und auf der Insel Helgoland gezählt. Im Juni 2024 wurden insgesamt 8.230 Seehundjungtiere gezählt, ein Rückgang von 12 Prozent gegenüber 2023, als noch 9.334 Jungtiere registriert wurden.
Dieser Trend bestätigte sich in den meisten Regionen: Schleswig-Holstein verzeichnete mit 19 % den stärksten Rückgang, während Dänemark eine Zunahme um 14 % verzeichnete. In den Niederlanden sank die Zahl der Jungtiere um 15 %, in Niedersachsen und Hamburg um 2 %. Auf Helgoland wurden erneut keine Jungtiere gezählt.
Die niedrigeren Geburtenzahlen könnten nach Einschätzung der Fachleute mit einem Rückgang fortpflanzungsfähiger Weibchen, verursacht durch eine reduzierte Überlebensrate der Jungtiere in den letzten Jahren, zusammenhängen. 2024 sei bereits das vierte Jahr in Folge mit rückläufigen Seehundbeständen.
Mehrere Ursachen für den Rückgang werden diskutiert. Während Migration und Krankheiten als Hauptfaktoren ausgeschlossen werden konnten, könnten andere Belastungen wie Nahrungskonkurrent und menschliche Aktivitäten in der Nordsee, einem zentralen Nahrungsgebiet der Seehunde, eine Rolle spielen. Die langfristigen Auswirkungen dieser Faktoren sind noch unklar.
„Wir brauchen fundierte Kenntnisse über das Überleben und Verhalten einzelner Seehunde, um die Mechanismen der Bestandsveränderungen besser zu verstehen und geeignete Schutzmaßnahmen zu erarbeiten“, erklärt Dr. Anders Galatius von der Universität Aarhus.
Seehunde zählen zu den größten Meeresraubtieren im Wattenmeer. Sie sind durch das Abkommen zur Erhaltung der Seehunde im Wattenmeer (Agreement on the Conservation of Seals in the Wadden Sea; WSSA) unter der Schirmherrschaft des UN-Übereinkommens zur Erhaltung wandernder wild lebender Tierarten (CMS) trilateral geschützt.