Wilhelmshaven/Hooksiel (17. 12. 2022) – Bundeskanzler Olaf Scholz und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (beide SPD) haben heute in Wilhelmshaven das erste deutsche LNG-Terminal in Betrieb genommen. Über das Terminal sollen große Mengen Flüssigerdgas (LNG) importiert werden und die Energieversorgung Deutschlands sicherstellen.
Gleichzeitig sei in Wilhelmshaven eine Infrastruktur für klimaneutrale grüne Gase, hergestellt aus Erneuerbaren Energien, geschaffen worden, betonte Weil. Damit könne das Land weiter schrittweise unabhängig von fossilen Energien gemacht werden.
Scholz und Weil betonten, dass die Umrüstung des LNG-Terminals und der Anbindungspipeline zum Kavernenfeld in Etzel (Friedeburg) gezeigt habe, dass in Deutschland auch große Infrastrukturprojekte in einer enormen Geschwindigkeit geplant und realisiert werden können. Scholz: „Es geht. Unser Land kann Aufbruch und Tempo.“ Der Ukraine-Krieg habe dabei als Katalysator gewirkt, so Scholz, „als Beschleuniger bei dem, was ohnehin getan werden musste“.
Mit der „Höegh Esperanza“ hatte am Freitag zum ersten Mal ein mit Flüssigerdgas gefülltes Schiff an dem Terminal festgemacht. Künftig soll es als FSRU (Floating Storage and Regasification Unit) dienen, als Regasifizierungseinheit, die von anderen Frachtern angeliefertes, verflüssigtes Gas erwärmt und damit wieder gasförmig macht. Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Christian Meyer (Grüne) betonte erneut, dass für die Genehmigung und den Betrieb dieser und weiterer FSRUs hohe Umwelt- und Sicherheitsstandards zum Schutz des Gewässers, der Umwelt und der Bevölkerung verpflichtend seien. „Es gibt keinen Umweltrabatt“, so Meyer. Mit der Genehmigung für Einleitungen von Chlorbioziden von der FSRU in die Jade, bei denen alle gültigen Grenzwerte eingehalten würden, sei den Betreibern ein Minimierungskonzept auferlegt worden, denn, so Meyer, „wir befinden uns am Weltnaturerbe Wattenmeer“.
Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) betont neben der Leistung bei Planung, Genehmigung und Bau der notwendigen Infrastruktur die Bedeutung für den Industrie- und Energiestandort Niedersachsen. Man habe damit eine Blaupause dafür geliefert, wie die für Energiewende und Transformation der Wirtschaft notwendige Infrastruktur deutlich schneller gebaut werden kann. Lies„Deutschland braucht mehr Wilhelmshaven. Und gleichzeitig stärken wir den Industrie- und Energiestandort Wilhelmshaven, denn Industrie folgt Energie. Die Investitionen, die hier getätigt werden, sorgen dafür, dass sich auch weitere Industrie am Standort ansiedelt.“
Während Politik und Wirtschaft auf der Jade die -Inbetriebnahme des LNG-Terminals feierten, kündige die Deutsche Umwelthilfe (DUH) rechtliche Schritte gegen die genehmigte Biozid-Einleitung, die unbefristete Betriebsgenehmigung und gegen die Schaffung unnötiger Überkapazitäten für den LNG-Import an. DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner: „Klimakrise und Energiekrise dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Die Terminals müssen sich an alle Umweltgesetze halten und dürfen nur befristetet genehmigt werden. Das werden wir notfalls auch mit rechtlichen Mitteln durchsetzen.“
Die DUH geht davon aus, dass beim Betrieb der „Höegh Esperanza“ ohne jegliche Befristung die Einhaltung des Klimaerwärmungs-Limits von 1,5-Grad nicht zu schaffen ist. Der deutsche Ausstieg aus Erdgas müsse bereits jetzt geplant werden. Die Einleitung großer Mengen Biozide in direkter Nachbarschaft zum Unesco-Weltnaturerbe Wattenmeer hätte nicht gestattet werden dürfen, da es technische Alternativen für die Reinhaltung der Wasserentnahme- und Einleitungsrohre der FSRU gebe. Müller Kraenner: „Nötig ist eine Befristung des Betriebs in Einklang mit den Klimazielen und ein Verbot für den Einsatz von Biozid. Das werden wir notfalls auch mit rechtlichen Mitteln durchsetzen.“
Die DUH fordert vor der Genehmigung weiterer Projekte eine „Denkpause“, in der das Bundeswirtschaftsministerium ein schlüssiges Gesamtkonzept erstellen soll. Daraus müsse hervorgehen, wie LNG-Überkapazitäten vermieden und die Vereinbarkeit mit den Klimazielen sichergestellt werden können. Bei ihrer Mengen-Analyse geht die Umwelthilfe von insgesamt acht Terminalschiffen und drei festen LNG-Terminals an Land in Deutschland aus. Aus den insgesamt elf Projekten ergebe sich eine zusätzliche Importkapazität von insgesamt über 120 Milliarden Kubikmeter Erdgas. „Damit überschreiten die geplanten Kapazitäten sogar den gesamten jährlichen Gasverbrauch aus der Vorkriegszeit von 90 Milliarden Kubikmeter“, so die DUH. Damit drohe eine „krasse fossile Überkapazität“.
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