Hooksiel (24. 11. 2023) – Die Gemeinde Wangerland und das Netzwerk Energiedrehscheibe, ein Bündnis aus 17 Klima- und Umweltschutzverbänden, laden gemeinsam unter dem Titel „Saubere See – Chloreinleitung in die Jade“ zu einer Informations-Veranstaltung ins Gästehaus Hooksiel ein. Am Donnerstag, 30. November, werden dazu auch Jan Kelling vom Ultraschallanbieter Hasytec Electronics AG (Kiel) sowie Christian Kopp, Schiffsexperte vom NABU Bundesverband, als Referenten erwartet. Bürgermeister Mario Szlezak wird ein Grußwort sprechen.
Ziel der Veranstaltung ist es, die Bevölkerung über die Sorgen bezüglich des Wattenmeeres, der Wasserqualität und der zukünftigen Schiffsbewegungen in der Jade zu informieren. Insbesondere wird die Frage diskutiert, ob eine zweite Saison mit Chlor-Einleitungen vom LNG-Terminal droht und wie der Schweinswal mit der Belästigung durch Lärm und Ultraschall umgeht.
Die Veranstaltung bietet die Möglichkeit, in den Austausch mit Fachleuten zu kommen und gemeinsam zu diskutieren. Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr (Einlass 17.30 Uhr) und ist kostenfrei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Hooksiel (22. 10. 2023) – Die „Basis“ ruft – und keiner kommt. Zumindest keiner der geladenen Fach-Referenten. Entsprechend enttäuscht zeigte sich am Samstag Roger Staves, Vorsitzender des Kreisverbandes Küste-Jade der „Basisdemokratischen Partei Deutschland“.
Immerhin waren gut 50 Basis-Mitglieder aus ganz Niedersachsen nach Hooksiel gereist, um sich hier in einer Informationstagung eine Meinung zum Einsatz der „Höegh Esperanza“ zu bilden. Über das Industrieschiff, das seit Ende 2022 vor dem Hooksieler Hafen am LNG-Terminal Wilhelmshaven liegt, wird Flüssigerdgas (LNG), vornehmlich aus den USA, importiert und regasifiziert – als Teil-Ersatz für den Ausfall russischen Pipelinegases, das seit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Zerstörung der Ostseepipeline Nordstream 1 zumindest offiziell nicht mehr nach Deutschland importiert wird.
Staves hatte 22 Referentinnen und Referenten von Behörden, Firmen, Umwelt- und Fischereiverbänden eingeladen, die auf der von Kreis- und Landesverband der Partei organisierten Veranstaltung ihre Positionen darlegen sollten. Gekommen war mit Volker Eyssen lediglich ein Referent, der für Kernkraftwerke der 5. Generation (Dual-Fluid-Reaktor) als CO2-freier Energiequelle warb.
Die Absagen seien alle mit dem Hinweis begründet worden, man wolle mit der „Basis“ nichts zu tun haben, sagte Staves, selbst Amerikaner, der sich seit Jahrzehnten als Meeresbiologe um den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer kümmert. Die als rechtslastig eingestufte „Basis“ ist während der Corona-Pandemie unter anderem aus Kreisen der „Querdenker“ gegründet worden, die die Impfpolitik ablehnten. Staves beteuert hingegen: „Wir kommen aus der Mitte der Gesellschaft.“
An der Basis-Tagung in Hooksiel trugen Roger Staves, die Landesvorsitzende Iris Günther und Matthias Heine selbst recherchierte Fakten und Kritikpunkte zur nationalen Gasmangellage, zum Einsatz der „Esperanza“ samt den Risiken fürs Weltnaturerbe Wattenmeer und zu den Belastungen für die Steuerzahler vor. Die vom Bund gemietete LNG-Fabrik entspreche nicht dem Stand der Technik und koste 120.000 Euro Miete am Tag, sagte Staves. Wie viele Meereslebewesen durch den Einsatz von Chlor an Bord geschädigt oder getötet werden, sei nicht bekannt.
Iris Günther und Matthias Heine verwiesen auf geopolitische Zusammenhänge. Eine These: Eigentlich sei der Verzicht auf russisches Erdgas gar nicht nötig, da Russland weiterhin bereit wäre, Deutschland über einen unbeschädigten Strang der Nordstream 2 zu beliefern. Als Kronzeuge für dieses Angebot trat Ralph T. Niemeyer, Ex-Ehemann von Sahra Wagenknecht und einst Bundestagskandidat der Linken in Wilhelmshaven, per Video auf. Ob die von ihm angeblich vertretene „Energiehanse“ eine seriöse Quelle sei, war eine der Fragen in der anschließenden Debatte, die nach strengen Diskursregeln geführt wurde: Nicht persönlich werden, den anderen ausreden lassen, keine allgemeinen Phrasen …
Nach mehrstündiger Tagung ging die Runde auf See. Begleitet von einem Boot der Wasserschutzpolizei begutachtete man von Deck eines Ausflugsschiffes aus die „Höegh Esperanza“. Und welche Position vertritt die Basis jetzt zu den LNG-Importen? Roger Staves: „Das steht noch nicht fest. Die Tagung war nur Grundlage für die anstehende Meinungsbildung.“
Hooksiel (28. 8. 2023) – Ob und inwieweit Chlor-Rückstände im Wasser die Muschelaufzucht in der Jade beeinträchtigen, ist noch nicht absehbar. „Bislang haben wir noch keine Auswirkungen auf die Muschelkollektoren festgestellt“, sagte Manuela Melle, Sprecherin der Niedersächsischen Muschelfischer GbR, gegenüber der Netzzeitung „hooksiel-life.de“.
Aber Grund zur Entwarnung gibt es noch keineswegs. Das seit Ende 2022 am LNG-Terminal Wilhelmshaven vor Hooksiel liegende schwimmende Regasifizierungsschiff „Höegh Esperanza“ arbeitet erst seit Anfang August im so genannten „offenen Kreislauf“. Das heißt: Meerwasser aus der Jade wird angesaugt, um über ein Rohrsystem das mit minus 162 Grad angelieferte Flüssigerdgas (LNG) zu erwärmen und dadurch zu regasifizieren.
Das Arbeitsschiff „Janne“ an den Muschel-Kollektoren in der Jade. Archiv-Foto: Dietmar Bökhaus
Das Rohrsystem an Bord wird über eine Elektrochlorierung vor dem Befall von Muscheln, Algen oder Seepocken freigehalten. Von den dabei über das Abwasser ins Meer zurückgeleiteten Chloriden befürchten Umweltschützer und Fischer negative Auswirkungen auf Flora und Fauna im Umfeld des Schiffes und im nahe gelegenen Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer.
Erst vor wenigen Tagen hatte der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) einen ersten offiziellen Messbericht zur Gewässerbelastung veröffentlich. Die Botschaft: Alle zulässigen Schadstoff-Werte wurden eingehalten. Allerdings: Im Zeitraum der Messungen (bis Ende Juni) war noch gar kein Meerwasser für die Erwärmung des LNG verwendet worden.
Chlor-Rückstände könnten die Muschelsaat belasten
Spannend werden erst die Messwerte der nächsten Monate. Laut Betriebsgenehmigung dürfen über das Prozesswasser der „Höegh Esperanza“ bis zu 35 Tonnen (!) Chlor im Jahr in die Jade eingeleitet werden. Und: In einem Abstand von nur 450 Metern befinden sich die ersten Landleinen-Kulturen von Miesmuscheln, über deren Kollektoren die Muschelfischer Saatmuscheln gewinnen. Die Kollektoren dienen zum Ansiedeln der Jungmuscheln als umweltverträgliche nachhaltige Nutzung und wurden in einer Pilotstudie mit Unterstützung von Umweltministerium erforscht. Die Saatmuscheln werden geerntet und dann auf entfernten Brutflächen ausgebracht.
Die größte Sorge der Muschelfischer: Die Chlorrückstände könnten auch die Saatmuscheln abtöten oder sich als Schadstoff in der Muschel ansammeln. Für beide Szenarien gibt es bislang keine Belege. Aber beruhigt ist Manuela Melle noch keineswegs. „Wir werden Muschelproben nehmen und diese auf Schadstoffe untersuchen lassen.“
Keine Kompensation für wirtschaftlichen Schaden
Die Muschelfischer GbR, die die Interessen der nur noch vier niedersächsischen Muschelfischer-Betriebe vertritt, hatte frühzeitig ihre Bedenken gegen den Betrieb der „Höegh Esperanza“ angemeldet und das Gespräch mit Politik und Behörden gesucht. „Unsere Bedenken wurde im Hinblick auf die nationalen Interessen abgebügelt“, sagt Manuela Melle. Der Tonfall in den Gesprächen sei freundlich und verständnisvoll gewesen. Eine Kompensation für mögliche wirtschaftliche Schäden habe man den Muschelfischern aber nicht in Aussicht gestellt. LNG gilt als unverzichtbarer Ersatz für russisches Pipelinegas, das bekanntlich nicht mehr nach Deutschland fließt.
Die Muschelfischer verzichteten auf einen Klage, legten aber Widerspruch gegen den Genehmigungsbescheid für die „Höegh Esperanza“ ein. Bislang habe man dazu noch nichts wieder gehört, so Manuela Melle. Derzeit warte man gespannt darauf, mit welchem technischen Verfahren künftig die Chlor-Einträge de LNG-Fabrikschiffes verringert werden soll. Vorschläge zum „Minimierungsgebot“ sollen bis Ende August vorliegen. Gegen eine Stoßchlorierung, die als Alternative zur Prozesswasser-Behandlung untersucht wurde, habe man noch größere Bedenken, da dabei in kurzen Zeiträumen noch mehr Chlor und Chlor-Nebenproduke ins Wasser gelangen, sagt Manuela Melle. „Die Ultraschall-Methode würden wir befürworten.“
Ob schon die Chlor-Debatte dem Image der niedersächsischen Miesmuschel geschadet hat, wird sich erst in Kürze zeigen. Die heimischen Muschel werden über eine Auktion in den Niederlanden vermarktet.
Dieses Jahr noch keine Hoosksieler Muscheln im Handel
„In diesem jahr werden wir keinen Muscheln aus dem Jadegebiet verkaufen“, sagt Manuela Melle. Die Saatmuscheln von den Kollektoren in der Jade würden erst im Herbst geerntet und zu den Bodenkulturen gebracht, wo sie in etwa zwei Jahren Konsumgröße erreicht haben werden. Da Muscheln veterinärrechtlich intensiv überwacht werden, so Manuela Melle, bestehe aber ohnehin keine Gefahr, das schadstoffbelastete Muscheln in den Handel gelangen.
Sollte es also zu einer zügigen Umrüstung der „Höegh Esperanza“ auf ein chlorfreies Antifouling-Verfahren kommen, könnte die Muschelfischer mit einem blauen Auge davon kommen. Zumindest was die „Höegh Esperanza“ betrifft. Allerdings, so warnen die Fische, werde ja bereits am zweiten LNG-Terminal an der Jade gearbeitet.
Für den Schiffsanlage müssten dann rund 1,2 Millionen Kubikmeter Sand und Schlick auf der Jade gebaggert und abtransportiert werden. Zusammen mit den zu erwartenden Strömungsveränderungen sei das – auch ohne weitere Chlor-Einträge – erneut ein „schwerwiegender Eingriff in den Naturhaushalt“ – mit ungewissen Folgen für Flora und Fauna in der Jade.
Über die FSRU „Höegh Esperanza“ wird am Voslapper Groden Flüssigerdgas (LNG) nach Deutschland importiert. Damit soll russisches Pipelinegas ersetzt werden. Foto: hol
Hooksiel (4. 5. 2023) – Das schwimmende LNG-Terminal „Höegh Esperanza“ arbeitet nach Auskunft des niedersächsischen Umweltministeriums am Voslapper Groden noch immer im so genannten „Closed-Loop“. Das heißt: Für die Erwärmung des minus 162 Grad kalten Flüssigerdgases wird noch kein Seewasser genutzt. Und das heißt auch: Das genehmigte Volumen von chlorierten Abwässern in die Jade wird aktuell bei weitem nicht ausgeschöpft.
Umweltschützer warnen seit der Inbetriebnahme des Terminals im Dezember 2022 davor, dass durch große Mengen von Chloridverbindungen im Abwasser des Schiffes Flora und Fauna im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, gegebenenfalls sogar Menschen am Hooksieler Badestrand, geschädigt werden könnten. Chlor wird an Bord der „Floating Storage and Regasification Unit“ (FSRU) vor allem dazu benötigt, das Rohrleitungssystem an Bord für die Durchleitung von Seewasser vor Muschel- und Seepockenbefall zu schützen.
Behördliche Kontrollen einmal monatlich
Wie ein Sprecher des Umweltministerium in Hannover auf Anfrage von „Hooksiel-Life“ beteuert, werden die übrigen Abwässer der „Höegh Esperanza“ seit Beginn des Betriebes der FSRU regelmäßig beprobt. Grundlage dafür sei die wasserrechtliche Erlaubnis, die der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) am 16. Dezember 2022 erteilt hat. Danach werden die Einleitungen des Schiffes einmal im Monat behördlich kontrolliert.
Zudem seien die Betreiber der FSRU im Rahmen der Eigenüberwachung dazu verpflichtet, täglich Wasserproben an den jeweils aktiven Seewasser-Auslässen zu ziehen und zu untersuchen. „Darüber hinaus finden monatliche Messungen im Nahbereich sowie im Umfeld der FSRU im Rahmen eines Beweissicherungs-Monitorings statt“, teilt das Ministerium mit. Es könne also gar keine Rede davon sein, dass die Abwasser-Einleitungen nur von der Besatzung der „Höegh Esperanza“ selbst kontrolliert würden.
Das NLWKN als zuständige Überwachungsbehörde werde zeitnah über die Ergebnisse aller Messungen informiert. Die Betreiber seien dazu verpflichtet, die Behörde „unverzüglich“ zu benachrichtigen, wenn die festgelegten Grenzwerte nicht eingehalten werden können. Das sei bisher aber noch nicht vorgekommen. „Die Messergebnisse lagen bislang deutlich unterhalb der in den wasserrechtlichen Einleitungserlaubnis festgelegten Grenzwerte“, heißt es aus dem Ministerium.
Keine Bromverbindungen nachgewiesen
Eine Information des Naturschutzbundes Nabu, Kreisgruppe Wilhelmshaven, wonach im Nahbereich der „Höegh Esperanza“ Proben mit hochgiftigen Bromverbindungen nachgewiesen worden sein sollen, dementiert das Ministerium gegenüber „Hooksiel-Life“. „Bislang lagen alle Messwerte der im Beweissicherungs-Monitoring untersuchten Bromverbindungen unterhalb der analytischen Nachweisgrenze.“ Das bedeute: „Es konnten keine schädlichen Bromverbindungen nachgewiesen werden.“
Den Betreibern sei ohnehin in der Einleitererlaubnis ins Stammbuch geschrieben worden, den Biozideinsatz im Betrieb der FSRU zu minimieren. Bis Ende August soll dafür ein entsprechendes Konzept vorliegen. Als alternative Antifoulingverfahren würden unter anderem ein Ultraschallverfahren sowie eine mögliche Stroßchlorierung untersucht.
Fische sollen vor Ansaugstutzen vergrämt werden
Erkenntnisse dazu, wie viele Fisch und andere Meeresbewohner durch das Ansaugen von Seewasser an der FSRU zu Schaden kommen, hat das Umweltministerium nicht. Für die Entnahme von Seewasser aus der Jade als Prozesswasser bedürfe es keiner Erlaubnis. Im Rahmen seiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung habe das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt (GAA) Oldenburg, die Betreiber allerdings verpflichtet, die technischen Möglichkeiten zur Vergrämung der Fische vor den Ansaugstutzen zu prüfen. Ein entsprechender Bericht soll bis Ende Juni vorliegen.
TES-Manager Frank Albers stellt die Investitionspläne des Unternehmens vor. Fotos: TES/Lübbe
Hooksiel/Wilhelmshaven (28. 4. 2023) – Noch mehr Schiffe auf der Jade, wird da nicht die Luft verpestet? Was bedeutet ein weiteres LNG-Importterminal für den Nationalpark Wattenmeer und für Hooksiel? Wo soll das ganze Wasser herkommen, das für die Wasserstoffproduktion benötigt wird?
Über einen Mangel an kritischen Fragen brauchten sich TES-Manager Frank Albers und die zahlreich erschienenen Fachleute des Energie-Konzerns im Gästehaus Hooksiel nicht zu beklagen. Obwohl: Mit rund 50 Bürgerinnen und Bürgern, die der Einladung des Unternehmens zu einer Informationsveranstaltung für den TES „Green Energy Hub“ Wilhelmshaven gefolgt waren, war das Interesse nicht überragend.
Zu den Gästen von TES (Tree Energie Solutions) gehörten auch Wangerlands Bürgermeister Mario Szlezak, Frieslands Landrat Sven Ambrosy sowie eine Reihe von Ratsmitgliedern. Schon daraus lässt sich ableiten, dass das für den Voslapper Groden in Wilhelmshaven geplante Milliarden-Projekt auch auf die Nachbargemeinde ausstrahlen wird.
Aus keinen Fall aber dürfe der Tourismus im Wangerland gefährdet werden, sagte Szlezak. „Wir brauchen auch Wertschöpfung in unserer Gemeinde“, so der Bürgermeister. Man habe eine Reihe von Baustellen: von der notwendigen Sandaufspülung am Strand bis hin zur Sanierung des Hallenwellenbades in Hooksiel. Eine Mindestanforderung an die TES: „Wir gehen davon aus, dass es am geplanten LNG-Terminal keine Biozid-Einträge geben wird.“
Im Kern geht es beim Green Energy Hub um den Import von „grünem“ Wasserstoff, der im Sonnengürtel dieser Welt – etwa im Nahen Osten, Afrika, den USA oder Australien – aus Sonnenenergie hergestellt werden soll. Die Herstellung von regenerativer Energie per Photovoltaik koste dort etwa 10 Euro je Megawattstunde, sagte Albers. Das sei erheblich günstiger als geschätzt 65 Euro/MWh für Strom von Offshore-Windparks in der Nordsee. Auf diese Preisdifferenz baue die TES ihr Geschäftsmodell auf – müsse aber natürlich erhebliche Kosten für Logistik, Umwandlung und Transport des Wasserstoffes abdecken, räumte Albers ein.
CO2-Kreislauf mit den Sonnenländern im Süden
Bei der Verbrennung von Wasserstoff (H2) entsteht kein klimaschädliches Kohlendioxid (CO2). Aber: H2 ist per Schiff kaum transportfähig. Deshalb, so erläuterte Albers, werde es am Herstellungsort in „grünen“ Methan (CH4), auch eNG, umgewandelt. Der Import von eNG soll 2027 anlaufen. In Wilhelmshaven werde das CH4 dann entweder wieder in Wasserstoff zurückverwandelt, direkt als eNG ins Fernleitungsnetz eingespeist oder als Brennstoff für ein Kraftwerk genutzt, das Strom liefert, wenn Wind- und Sonnenenergie einmal nicht zur Verfügung stehen.
Das bei der Umwandlung von Methan in Wasserstoff anfallende CO2 soll in einem Kreislauf zurück die Sonnenländer gebracht werden, wo es für die H2-Elektrolyse benötigt wird. Zudem plane TES zusammen mit dem Oldenburger Energieversorger EWE für 2028 den Bau von zwei Elektrolyse-Anlagen mit einer Kapazität von jeweils 500 Megawatt, um auch vor Ort selbst Wasserstoff erzeugen zu können.
Für fünf Jahre weiteres schwimmendes LNG-Terminal
Unabhängig von den Wasserstoff-Plänen sei ein LNG-Projekt, was TES auf Bitten der Bundesregierung umsetzen werde, so Albers. Am künftigen, noch zu bauenden Wasserstoff-Importterminal mit sechs Anlegern (direkt neben dem vorhandenen LNG-Terminal) sollen ab Winter 2023 Tanker mit Flüssigerdgas festmachen. Dafür werde man – auf fünf Jahre befristet – eine schwimmende FSRU (Floating Storage and Regasification Unit) chartern, über die das verflüssigte Erdgas wieder gasförmig gemacht wird.
Ziel sei es, so Albers, die Regasifizierung ohne Beeinträchtigung der Umwelt vorzunehmen. So soll die FSRU mit Ultraschall arbeiten, um das Festsetzen von Muscheln und Algen im Röhrensystem des Schiffes zu vermeiden. Derzeit werde noch untersucht, ob die Schallwellen niemanden im Wattenmeer schädigen. Durch das Verfahren, so die Hoffnungen, kann Einsatz von Chlor und damit Chlorverbindungen im Abwasser verhindert werden.
Ob mehr Schiffe auf der Jade als Belastung oder als touristische Attraktion wahrgenommen würden, sei unklar. Und um den Wasserbedarf der geplanten H2-Produktion in der Region kümmere sich bereits eine Arbeitsgruppe der betroffenen Firmen und der Wasserversorger. Klar sei dabei, dass die Trinkwasserversorgung der Region nicht gefährdet werden dürfe.
Hooksiel (23. 3. 2023) – Das LNG-Regasfizierungsschiff „Höegh Esperanza“ arbeitet noch im geschlossenen Betriebsmodus („closed loop“). Die Umstellung des Betriebes auf den kombinierten Kreislauf („combined loop“) ist nach Angaben von Terminalbetreiber Uniper erst ab einer konstanten Wassertemperatur in der Jade von sechs bis sieben Grad geplant. Temperatur am heutigen Freitag: Sechs Grad.
Im kombinierten Kreislauf wird Seewasser zur Erwärmung des minus 162 Grad kalten Flüssigerdgases eingesetzt. Mit dem Abwasser fließen dann große Mengen Biozide in die Jade. Im geschlossenen Verfahren stellen erdgasbetriebene Dampferzeuger die nötige Wärme zur Umwandlung des LNG in den gasförmigen Zustand bereit.
Das LNG-Regasifizierungsschiff „Höegh Esperanza“ soll auch nach dem Willen des Bundestages durch den Verzicht auf den Einsatz von Chlor umweltverträglicher werden. Foto: Dietmar Böckhaus
Gerade die vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) genehmigte Dauerchlorierung zum Schutz des Rohrleitungssystem des Schiffes vor dem Bewuchs durch Muscheln und Seepocken sorgt seit Betriebsaufnahme der FSRU (Floating Storage and Regasification Unit) für Proteste. Die Sorge: Biozide schon in geringer Dosierung könnten Mikroorganismen und damit Flora und Fauna im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer schädigen.
Mit entsprechender Erleichterung war die zuerst auf „Hooksiel-Life“ veröffentlichte Ankündigung von Uniper aufgenommen worden, dass man aktuell nach chlorfreien Antifouling-Methoden sucht. Im Rahmen des in der Betriebsgenehmigung enthalten „Minimierungsgebots“ werden bis zum dritten Quartals Alternativen geprüft – unter anderem eine von Umweltschützern favorisierte Ultraschall-Methode.
Bund finanziert Umrüstung des LNG-Frachters
Der Bund als Auftraggeber der LNG-Importe hat zugesagt, die Kosten für die notwendige Umrüstung der „Höegh Esperanza“ übernehmen zu wollen. Mehr noch: Nach Informationen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) fordern die Mitglieder des Haushaltsausschusses des Bundestages ausdrücklich das Ende der Biozid-Einleitungen in die Jade.
Allerdings gelangen auch schon im geschlossenen Betriebsmodus von der am Anleger am Voslapper Groden liegenden FSRU Biozide in die Jade. Uniper verweist gegenüber „Hooksiel-Life“ auf die „wasserrechtliche Erlaubnis des NLWKN“ vom 16. Dezember 2022. Seit Aufnahme des Betriebes werde danach „durch Elektrolyse von Seewasser erzeugtes Natriumhypochlorit in die Jade eingeleitet“. Die Chlordosierung bewege sich im Rahmen der Genehmigung, also von 0,1 bzw. 0,2 Milligramm/Liter. Wie andere Frachtschiffe auch benötigt die „Höegh Esperanza“ Seewasser auch für ihr Kühlsystem, als Lösch- und Ballastwasser, das ebenfalls im chloriert wird. „Im ,closed loop‘-Modus werden etwa 6500 Kubikmeter/Stunde eingeleitet“, bestätigt Uniper.
Monitoring läuft schon seit Dezember 2022
Das Monitoring, mit dem etwaige Auswirkungen der Elektrochlorierung an Bord der FSRU auf die Jade festgestellt werden sollen, laufe bereits seit Dezember 2022 – gemäß der Auflagen der wasserrechtlichen Erlaubnis in Abstimmung mit der Überwachungsbehörde, so Uniper. „Ergebnisse sollen veröffentlicht werden, sobald komplette Messreihen über einen längeren Zeitraum für alle Betriebsweisen vorliegen.“ Die bisher gemessenen Daten würden laufend an die Überwachungsbehörde übermittelt.
Auch wenn ein Ende der Dauerchlorierung für die LNG-Regasifizierung absehbar ist: Umweltschutzverbände wie die DUH, der BUND und der Nabu sehen den Aufbau einer aus ihrer Sicht überdimensionierten Import-Infrastruktur für Flüssigerdgas, für den der Bund über zehn Milliarden Euro bereitstellt, skeptisch. Ein Kritikpunkt: Die Abhängigkeit vom russischen Pipelinegas werde in gewissem Umfang durch eine Abhängigkeit von LNG-Importen aus den USA abgelöst.
Anne Rolfes, Umweltaktivistin aus New Orleans (2. von links,) verschaffte sich in Hooksiel mit Vertretern des örtlichen „Netzwerk Energiedrehscheibe“ einen Eindruck vom LNG-Terminal Wilhelmshaven. Auf dem Bild (von links) Andy Gheorghiu, die Wangerländer Ratsherren Hedde Hobbie und Dieter Schäfermeier (beide Pro Wangerland), Stefanie Eilers (Nabu-Vorsitzende) und Britta Moosmann. Foto: hol
In den Vereinigten Staaten wird das Gas durch die umweltschädliche Fracking-Methode gewonnen. Auch bei seiner Umwandlung in LNG und dessen Verschiffung werden die Anwohner, Umwelt und lokale Wirtschaft am Golf von Mexiko im US-Bundesstaat Louisiana massiv belastet. Einen Eindruck davon vermittelte in dieser Woche Anne Rolfes, Direktorin der Umweltschutzorganisation Louisiana Bucket Brigade. Die Aktivistin aus New Orleans war auf Einladung der Sprecherin der „Netzwerk Energiedrehscheibe“, Stefanie Eilers (Nabu Wilhelmshaven), an die Jade gekommen.
Amerikanerin berichtet von Öko-Schäden
Vom Hooksieler Außenhafen aus warf Anne Rolfs einen Blick auf das erste deutsche LNG-Terminal. Nach einem Besuch der Gasspeicherkavernen in Etzel (Friedeburg) sprach sie in Wilhelmshaven über die Auswirkungen der LNG-Exporte auf ihre Heimatregion. Der Schiffsverkehr zu und der Bau von bis zu zehn LNG-Exportterminals beeinträchtige die Küstenfischerei massiv. Durch das Abfackeln von Gas würden Unmengen von klimaschädlichem Methan freigesetzt und die Anwohner etwa durch krebserregende Benzole bedroht. An der Finanzierung dieser Industrien seien auch deutsche Banken beteiligt. Rolfes bezweifelt ebenso wie das „Netzwerk Energiedrehscheibe“, dass die deutschen und die globalen Klimaziele mit der Umrüstung auf LNG zu erreichen sind.
Zu weiteren Sorgen und Bedenken von Umweltschützern zum Wilhelmshavener LNG-Terminal hat Uniper gegenüber „Hooksiel-Life“ Stellung bezogen. Unzutreffend sei der Verdacht, dass die Seewasser-Ansaugklappen der „Höegh Esperanza“ nicht vergittert seien. „Vor den Öffnungen zu den Einlassbecken befinden sich Gitter“, beteuert eine Uniper-Sprecherin.
Fische werden von Ansaugstutzen vergrämt
Wie viele Meeresbewohner durch den Ansaugprozess getötet werden, wisse man nicht genau. Dazu seien auch in den Umweltgutachten im Rahmen des Antragsverfahrens nur Schätzungen, beruhend auf groben Annahmen und begrenzter Datengrundlage, vorgelegt worden. Als Vergleich seien zum Beispiel die Organismenverluste an den den Ansaug-Vorrichtungen der Kraftwerke an der Jade herangezogen worden.
Auf Grundlage der Gutachten habe Uniper „eine entsprechende Kompensation geleistet, mit der adäquate Ausgleichsmaßnahmen für die Verluste realisiert werden können“. Die Betreiber seien zudem verpflichtet worden, „die technischen Möglichkeiten zur Vergrämung von Fischen weitergehender zu prüfen und im Hinblick auf die FSRU darzulegen“. „Die Untersuchungen der Umweltexperten hierzu laufen“, sagte die Uniper-Sprecherin gegenüber „Hooksiel-Life“. Kleinstlebewesen, die durch die Einlassgitter gelangen, würden im Seewasser vor den Filtern aufgefangen. „Das anfallende Biomaterial wird fachgerecht an Land entsorgt.“
Hooksiel/Wilhelmshaven/Oldenburg (27. 3. 2023) – Ende 2026 soll in Wilhelmshaven das zweite Terminal für die Anlandung von verflüssigten Gasen fertig sein. Das sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) heute auf der Jahrespressekonferenz der landeseigenen Hafengesellschaft NPorts in Oldenburg. Die konkrete Planungsphase für das Projekt wird nach den Worten von NPorts-Geschäftsführer Holger Banik im Mai beginnen.
Das LNG-Terminal Wilhelmshaven: Links ein LNG-Frachter, der das Gas an das Regasifizierungsschiff „Höegh Esperanza“ abgibt, von dem das Erdgas an Land gepumpt wird. Ein weiterer Anleger soll bis Ende 2026 unmittelbar angrenzend (in Richtung Wilhelmshaven) gebaut werden. Foto Scheer
Der neue „Anleger für allgemein verflüssigte Gase in Wilhelmshaven“ (AVG Wilhelmshaven) soll unmittelbar neben dem Ende 2020 in Betrieb genommenen LNG-Terminal in Sichtweite von Hooksiel entstehen, allerdings mit einer Länge von 1,9 Kilometern deutlich größer werden. Das Investitionsvolumen wird auf rund 600 Millionen Euro geschätzt. Das sei nicht von NPorts und auch nicht vom Land Niedersachsen allein zu finanzieren, sagte Lies. Gefordert seien hier neben den Energiekonzernen Uniper und TES als Projektpartner auch der Bund, so der Minister. Schließlich sollen über das Terminal die „grünen Gase“ für die Dekarbonisierung der Industrie in ganz Deutschland fließen.
Derzeit ist die Finanzierung noch nicht gesichert. Banik geht davon aus, dass das Planfeststellungsverfahren für das Mega-Projekt an der Jade in 2025 abgeschlossen werden kann. „Wenn alles glatt läuft, wird der Anlage dann zwischen Ende 2026/Ende 2027 fertig sein.“
Lies: Potenzial für gute Industriearbeitsplätze
Minister Lies pocht auf Ende 2026. „Die Importmöglichkeiten sind Voraussetzung dafür, dass wir unsere Klimaziele erreichen.“ Methan (CH4) und Ammoniak (NH3) könnten künftig in Anlagen in Wilhelmshaven in Wasserstoff umgewandelt werden. Hierdurch würden gute Industriearbeitsplätze entstehen, so die Erwartung von Lies. Die niedersächsischen Seehäfen „werden das Tor sein für saubere Energie für ganz Deutschland“, sei es bei der Anlandung von grüner Energie in Form von Strom oder Gas oder beim Ausbau von Offshore-Windkapazitäten.
Die LNG-Infrastruktur sei auch für den Import „grüner Gase“ weitgehend nutzbar. Aber auch Gase fossilen Ursprungs, wie LNG, werden nach Ansicht von Lies auf dem Weg zur Klimaneutralität noch bis 2040 in abnehmender Menge importiert werden müssen. Deutschland sollte sich aber eine eigene Tankschiff-Flotte zulegen, um bei Transporten nicht auf die Verfügbarkeit von Gastankern auf dem Markt abhängig zu sein.
Sanierung der Hooksieler Schleuse schreitet voran
Die NPorts-Niederlassung Wilhelmshaven bewirtschaftet auch den Hooksieler Hafen. Hier schreite die Sanierung der Schleuse voran. Im Januar hatte NPorts die Trockenlegung der Schleuse veranlasst, um eine umfangreiche Bestandsaufnahme des baulichen und technischen Zustands der Schleuse vornehmen zu können. „Die abschließenden Ergebnisse werden in den kommenden Wochen erwartet“, so Banik. „Hieraus werden sich die weiteren Modernisierungsschritte ableiten.“
Hooksiel/Wilhelmshaven (27. 3. 2023) – Was haben Umweltzerstörungen im US-Bundesstaat Louisiana mit Wilhelmshaven zu tun? Nichts? Das sieht das „Netzwerk Energiedrehscheibe“, ein Zusammenschluss von Umweltschützern aus Wilhelmshaven und Friesland, ganz anders. Aufgezeigt werden sollen die Verbindungen in „Transatlantischen Gesprächen“, zu denen das Bündnis für Morgen, Dienstag, 28. März, einlädt.
Als Gast erwartet wird Anne Rolfes, Master für internationale Entwicklung von der Bucket Brigade, einer Umweltschutzorganisation in den USA. Sie wird über die Entwicklung der Gaswirtschaft im US-Bundesstaat Louisiana informieren. Konkret: Über das Fördern von Erdgas mit der aus ökologischer Sicht höchst-umstrittenen Fracking-Methode. Das Gas wird dann in tiefgekühltem Zustand als Flüssigerdgas (LNG) nach Deutschland exportiert, wo es nach dem Ausfall russischen Pipelinegases eine Energiekreise abwenden soll.
Im Rahmen der Veranstaltung besichtigen die Umweltschützer ab etwa 13.30 Uhr das LNG-Terminal Wilhelmshaven – und zwar vom Hooksieler Außenhafen aus. Danach fährt man zu den Speicherkavernen in Etzel. Gegen 16 Uhr findet dann im Lokal „Kulturversorgerin Else“, Grenzstraße 16 in Wilhelmshaven, das eigentliche Gespräch über den Ausbau der LNG-Förderung und samt Verschiffung in den USA statt. Die Folgen für Flora und Fauna sowie die Menschen in Louisiana sowie fürs (weltweite) Klima seien dramatisch.
Hooksiel (16.3. 2023) – Die Sorgen um Flora und Fauna in der Jade durch den Betrieb von schwimmenden LNG-Terminalschiffen in Wilhelmshaven könnten sich schon bald erledigt haben. Der Hooksieler Ratsherr Dieter Schäfermeier (WPW) geht fest davon aus, dass der Uniper-Konzern als Betreiber des Flüssigerdgas-Terminals nahe des Hooksieler Strandes den Umbau der „Höegh Esperanza“ in Kürze auf den Weg bringen wird.
Sturmfluten und Strömung nagen am Sandstrand von Hooksiel. Das Strandhaus 1 steht bei Flut bereits regelmäßig im Wasser. Foto: hol
Schäfermeier verwies auf der Jahreshauptversammlung des Seebadevereins Hooksiel am Mittwochabend auf Gespräche mit Uniper, Niedersachsens Umweltministerium Christian Meyer (Grüne) und der Firma Hasytec (Kiel). Hasytec setzt bei der Bekämpfung von Muscheln, Schnecken und Algen, die sich in Rohrleitungen festsetzen können, auf Ultraschall. Zur Erwärmung und damit zur Regasifizieung von tiefgekühltem Flüssigerdgas (minus 162 Grad) wird an Bord der „Höegh Esperanza“ Jadewasser genutzt, das durch ein Rohrsystem geleitet wird, das mit Chlor sauber gehalten wird. Das dabei entstehende Abwasser ist mit Bioziden belastet.
Schäfermeier hatte zusammen mit verschiedenen Umweltschutzorganisationen davor gewarnt, dass die Biozide Kleinstlebewesen und Pflanzen im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer schädigen könnten. Das vergleichsweise kalte Abwasser würde Blasen bilden, in denen die Schadstoff-Konzentration vergleichsweise hoch wäre.
Zum Durchbruch bei den Überlegungen zur Nachrüstung der „Höegh Esperanza“ könnte das zweite Regasifizierungsschiff sein, die FSRU „Excelsior“, die im Herbst ebenfalls am in Wilhelmshaven festmachen soll. Das Schiff kommt ohne Chlor aus. Bekanntlich plant das Unternehmen TES ebenfalls den Import von LNG.
Die Arbeiten an einem zweien LNG-Terminal sollen demnächst beginnen. Sie könnten nach Ansicht von Schäfermeier eine Chance sein, Sand am Hooksieler Badestrand aufzuspülen. Eine entsprechende Zusage habe im vergangenen Jahr der damalige Umweltminister Olaf Lies (SPD) dem Wangerländer Rat gemacht. Im Zuge von laufenden Baggerarbeiten in der Nachbarschaft wäre der Aufwand für Sandaufspülungen überschaubar. „Nach meiner Kostenberechnung würde die notwendige Aufspülung sonst rund 12 bis 14 Millionen Euro kosten“, sagte Schäfermeier. „Das kann ja niemand bezahlen.“
Vorschlag: Neuer Strand mit Dünen und Lagune
Sturmfluten und Strömung haben seit Jahrzehnten am Hooksieler Strand genagt. Das Strandhaus 1 am Hauptbadestrand steht bei Flut schon jetzt im Wasser. Alt-Bürgermeister Dietrich Gabbey bezweifelte vor diesem Hintergrund, ob es sinnvoll sei, den zusätzlichen Sand dort anzuspülen, wo er ohnehin wieder abgetragen werde. Sinnvoller sei es, an einer schon vorhandenen Landzunge in Höhe des Hundestrandes einen neuen Hauptstrand, möglichst mit Dünen und Badelagune, anzulegen. Ein solcher Strand wäre ein Alleinstellungsmerkmal und damit ein guter Grund für einen Hooksiel Urlaub.
Bei der Finanzierung eines solchen Vorhabens müssten das Land und möglicherweise auch die neuen Industriebetriebe auf dem Voslapper Groden der Gemeinde Wangerland beziehungsweise der Wangerland Touristik GmbH unter die Arme greifen, forderte Seebadevereins-Vorsitzender Erwin Abels.
Hooksiel/Wilhelmshaven/Stade (2. 2. 2023) – Der Streit um den Bau weiterer LNG-Terminals an den deutschen Küsten spitzt sich zu. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wirft dem Bund und den Küstenländern vor, bewusst Überkapazitäten für den Import von Flüssigerdgas sowie – darauf basierend – ein überdimensioniertes Gasleitungsnetz aufzubauen. Dadurch werde die Erdgas-Lobby gestärkt und der Verbrauch klimaschädlicher fossiler Brennstoffe länger als nötig festgeschrieben.
„Wir brauchen die geplanten LNG-Terminals, um uns weiter unabhängig von russischen Gas zu machen“, hält Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, dagegen. Deshalb unterstütze die Agentur den Ausbau der Terminals mit allen Kräften. Im Kern geht der Streit also darum, ob LNG tatsächlich nur als Not-Lösung eingesetzt oder ob es dauerhaft als Ersatz für das Pipeline-Gas genutzt werden soll. Besonders kritisch sehen Klimaschützer dabei die Pläne, an Land – wie auch in Wilhelmshaven geplant – feste LNG-Terminals zu bauen und damit eine Infrastruktur zu schaffen, die über Jahrzehnte Bestand haben wird.
Am 20. Januar in Stade: Stade, (von links) Wirtschaftsminister Olaf Lies, der Geschäftsführer von Niedersachsen Ports Holger Banik und Umweltminister Christian Meyer geben das Startsignal für den Bau eines weiteren LNG-Terminals im Land. Foto: Andreas Burmann
Das erste LNG-Terminal speist bekanntlich seit dem 17. Dezember 2022 in Wilhelmshaven Gas ins Netz ein. Inzwischen haben auch in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) und Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) LNG-Termnal mit schwimmenden Regasfizierungsschiffen, so genannte Floating Storage an Regasification Units (FSRU), ihren Betreib aufgenommen. In Stade wurde vor wenigen Tagen der erste Rammschlag für einen weiteren Flüssigerdgas-Anleger gesetzt. Invest: 300 Millionen Euro. Er soll in einem Jahr betriebsbereit sein. Eine fünfte FRSU ist für Wilhelmshaven geplant.
Die DUH befürchtet LNG-Terminal-Kapazitäten im Volumen von 182 Gigawatt. Damit könnte weit mehr Gas importiert werden als durch den russischen Exportstopp im September 2022 weggefallen sind. Dieses Volumen lasse außen vor, dass der Gasbedarf durch Energieeffizienz-Maßnahmen und den Ausbau von regenerativen Energien verringert werden könnte. Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die LNG-Kapazitäten müssen sich am realen Bedarf und den Klimazielen orientieren.“
Genau das, so beteuert die Bundesnetzagentur, passiere aber auch. Aufgrund des sehr milden Winters sei derzeit zwar keine Gasmangellage in Sicht und die Gasspeicher seien gut gefüllt (Stand 31. Januar: 79,26 %). Aber: „Wir werden im Sommer die Speicher für den Winter 2023/2024 wieder auffüllen müssen“, betont Klaus Müller. „Das wird ohne Flüssiggas und zusätzliche Importe nicht gelingen. Und wenn es im Winter sehr kalt ist, werden die Terminals auch ausgelastet sein.“ Dabei müsse sich das Land auch darauf vorbereiten, dass ein Terminal oder eine Pipeline ausfallen. Deutschland habe zudem eine Gas-Transitfunktion für Nachbar-Länder, die über keine Küsten verfügen.
Deutschland hat 2022 nach Angaben der Bundesnetzagentur rund 1450 Terawattstunden (TWh) Gas importiert. Davon seien aber 501 TWh (2021: 749 TWh) wieder exportiert worden. Der verringerte Export habe dazu geführt, dass im vergangenen Jahr auch nach dem Ausfall des Lieferungen aus Russland in Deutschland mehr Erdgas vorhanden war als im Vorjahr – nämlich ein Volumen von 948 TWh. Das Einsparvolumen beim Verbrauch von Erdgas in Deutschland lag bei rund 125 TWh und damit bei rund 20 Prozent der ausgefallenen Nord-Stream-Kapazität.
„Die LNG-Terminals dienen primär der Versorgungssicherheit“, beteuert die Bundesnetzagentur. „Durch sie wird es ermöglicht, dem Risiko einer Gasmangellage entgegenzutreten.“ Die DUH warnt hingegen vor einer überhasteten Planung. Der Verband fordert die Politik zu einer Denkpause auf, um Planung und Bau von LNG-Terminals mit den zu erwartenden Gasverbräuchen abzugleichen. Bislang sei unter anderem falsch eingeschätzt worden, wie viel LNG über bereits bestehende Terminals in Nachbarländern importiert werden könnte. Vor allem warnt die DUH davor, neue Gaspipelines ebenfalls nach den (abgespeckten) Beteiligungs-Regeln des LNG-Beschleunigungsgesetzes („Deutschland-Geschwindigkeit“) zu ermöglichen.
Die Klimaschützer verweisen zudem auf neue Studien, die ergeben hätten, dass die Klimabelastungen durch die Förderung von Erdgas – auch für die LNG-Produktion – in vielen Förderländern deutlich höher seien als bislang angenommen. In Fracking-Feldern in den USA würden teils Methan-Verluste von über zehn Prozent auftreten. Methan gilt als 83 Mal klimaschädlicher als CO2. Im Vergleich: Bei Pipelinegas aus Norwegen etwa geht man von Methan-Emissionen von 0,02 Prozent aus, bei Förderungen in Nigeria oder Algerien von über 6 Prozent.
Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) und Umweltminister Christian Meyer (Grüne) halten der DUH-Kritik entgegen, dass der Bau neuer Importterminals neben kurzfristiger Energiesicherheit mittelfristig den Weg für den Import von grünen, klimaneutralen Gasen ebne, da die LNG-Infrastruktur dafür genutzt werden könne. Meyer in Stade: „Je schneller wir den Turbo bei den Erneuerbaren Energien starten und den Import grüner Gase ermöglichen, desto eher erreichen wir die Klimaziele und schaffen eine saubere und unabhängige Energieversorgung.“
Lies warnte am Rande der Veranstaltung davor, sich darauf zu verlassen, dass auch der nächste Winter einen milden Verlauf nehme. Das wäre „eine fahrlässige Wette gegen unseren Industriestandort“. Mit zusätzlichen Importkapazitäten für LNG werde auch die Voraussetzung für den Import grüner Gase geschaffen. „So kann diese Infrastruktur zum Sprungbrett für die Energiewende werden.“