Katja Reiners: Morgens um 5 Uhr gehört mir Hooksiel ganz allein

Katja Reiners läuft
Geschafft. Katja Reiners beim Bremen Marathon, kurz vor dem Ziel im Weser-Stadion. Foto: privat

Hooksiel (11. 4. 2024) – Wer bei einem Marathon schnell sein will, sollte trainieren, langsam zu laufen. Aktuell beherzigt Katja Reiners diese Regel wieder besonders genau. Die Hooksielerin bereitet sich auf den Hamburg Marathon vor. 42,195 Kilometer durch die Hansestadt an der Elbe, vorbei an wunderschönen urbanen Kulissen und getragen vom Applaus des Publikums am Straßenrand.

Anstrengend, ja. Aber auch ein wunderbares Gefühl zwischen Entspannung und Euphorie, wenn die Ziellinie näher rückt. „Aber danach“, so schildert die 52-Jährige, „da können einem die Beine schon mal wegsacken.“ Sie benötige dann schon ein bis zwei Tage Erholung. Aber danach geht es wieder los mit dem Training fürs nächste Rennen.

Langstrecke für Kopf und Körper

Wie schafft man es, eine solch lange Strecke durchzuhalten? „Einfach nicht stehen bleiben“, rät die Hooksielerin. Ebenso wichtig wie die läuferische Vorbereitung sei die gute Verpflegung auf der Strecke. „Ich habe immer etwas zu trinken dabei und mein eigenes Energie-Gel. Aber wenn ich bei einem Marathon-Lauf eine Pause einlegen würde, würde ich gar nicht wieder in Gang kommen.“

Katja Reiners ist Hobbyläuferin. Als Kind gehörte ihr Herz dem Reitsport. Doch der wurde der Mutter von zwei inzwischen erwachsenen Kindern zu zeitaufwendig. Also laufen. Ein bis zwei Mal in der Woche quer durch Hooksiel. Mit einer Beziehungskrise wurde aus dem Hobby eine Leidenschaft. Die junge Frau schloss sich dem Läuferteam „Ge(h)zeiten“ in Jever an. Der erste offizielle Lauf war eine Etappe beim EWE-Lauf in Hooksiel, es folgten Mittelstrecken-Distanzen auf dem Fliegerhorst Upjever, die Teilnahme am „Friesencross“ im Watt vor Schillig („extrem anstrengend“).

Katja Reiners aus Hooksiel
Wenn das Wetter mal einen Trainingslauf im Freien gar nicht zulässt, steigt Katja Reiners auch gern einmal auf den Hometrainer. Foto: hol

Die gebürtige Hooksielerin läuft und läuft. Die Zeiten werden immer besser – über 10 Kilometer steht ihre Bestzeit bei 49 Minuten –, die Strecken immer länger. Selbst der Marathon setzt keine Grenzen. Beim Ottermeer-Lauf in Wiesmoor umrunden die Läufer den See so oft sie können. Die Hooksielerin war auf dem 2,3 Kilometer langen Rundkurs sechs Stunden lang unterwegs. Am Ende standen 47 Kilometer auf der Uhr. Beim Werder-See-Lauf, ein Rundkurs von 8,3 Kilometern, schafft sie gar 50 Kilometer.

Inzwischen trainiert sie vier bis fünf Mal in der Woche. Meistens zusammen mit ihrer Freundin Andrea aus Voslapp. Mal 15, mal 20 mal 30 Kilometer. Als Mitarbeiterin der Wangerland Touristik und einer Tierarztpraxis hat die Hooksielerin tagsüber dafür in der Regel keine Zeit. „Ich stehe in der Woche sehr früh auf“, schildert Katja Reiners. „Das ist wunderschön. Morgens um 5 Uhr gehört mir Hooksiel ganz allein.“

Schmerzen einfach weggelaufen

Beim Laufen geht es ihr nicht um Meisterschaften, Rekorde oder Bestzeiten. Es geht um den eigenen Kopf, den Körper, das gute Gefühl … Wenn andere gestehen, dass sie viel laufen, um Gewicht abzunehmen, kann Katja Reiners nur lächeln. „Ich laufe, um das essen zu können, was ich will.“ Der eigene Körper hat ihre bei ihrem Hobby bislang noch keinen Streich gespielt. Schwere Verletzungen sind ausgeblieben. Anfangs leichte Knieschmerzen. Ja. Diagnose: Arthrose. Na und? Später einmal: Fersensporn. Weiter geht’s. Katja Reiners hat die Schmerzen bislang immer weggelaufen. „Mit guten Laufschuhen geht das.“

Die Schmerzen stehen für sie in keinem Verhältnis zu den schönen Momenten, die sie beim Laufen erlebt. Etwa beim Bremen Marathon. Zieleinlauf im Fußballstadion von Werder Bremen. „Da musste ich an meinen verstorbenen Vater denken. Der war Werder-Bremen-Fan durch und durch – und selbst ein ehrgeiziger Sportler“, schildert Katja Reiners. „Da wusste ich, dass er sehr stolz auf mich gewesen wäre.“

Klare Kommandos beim Training weisen den Weg im Reitsport

Inge Martens, RuF Hooksiel
Verena Mennen (links) überreichte im Namen der Reiter-Eltern der Führzügel-Kinder des RuF Hooksiel an Reitlehrerin Inge Martens einen Präsentkorb zum Geburtstag. Foto: hol

Hooksiel (2. 2. 2024) – „Auf der ganzen Bahn wechseln“, „Auf dem Zirkel geritten“, „Anna, lass die Zügel länger“, „Setzt euch mal gerade hin!“ – Die Kommandos von Inge Martens sind klar und deutlich zu hören. 

Dienstagnachmittags gehört ihr die Reithalle in Oesterdieken. Die ehrenamtliche Reitlehrerin des Reit- und Fahrvereins Hooksiel unterrichtet dann bis zu vier Gruppen mit Reitanfängerinnen. Und es könnten noch deutlich mehr sein. „Wir haben eine lange Warteliste“, sagt die Wangerländerin. „Aber wir müssten dann dafür auch genug Pferde und entsprechend viele Reitlehrer haben.“

Der RuF Hooksiel ist bekannt für seine engagierte Nachwuchsarbeit. In der Führzügelklasse für Kinder bis zehn Jahre, zumeist Mädchen, werden die Grundlagen für die weitere Reiterlaufbahn gelegt. Für Abzeichen und Turnierteilnahmen, aber auch für den richtigen Umgang mit den Pferden.

Wie sitzt man richtig? Wie wirkt der Reiter auf sein Pferd ein? Welche Funktion haben die Zügel? Natürlich haben die Reitanfänger allesamt einen Helm auf. Zur Sicherheit werden Pferd- und Reiter in der Führzügelklasse noch von einem Erwachsenen an einem Tau geführt. Häufig sind es die Mütter der Nachwuchsreiterinnen, die sich im Dauerlauf üben, wenn Inge Martens das Kommando zum Galopp gibt. Aber nicht nur Kondition ist gefragt. Pferde sind starke Tiere. Und wenn ein Schulpferd merkt, dass Reiter und Begleiter noch nicht ganz so sicher sind, kürzt es den Weg auch gern schon mal ab.

Am Ende der Reitstunde überreicht Verena Mennen ein Präsent an Inge Martens. Die Reitlehrerin ist vor wenigen Tagen 80 Jahre alt geworden. Die Kinder applaudieren. 

Von kleinauf hatte die Landwirts-Tochter aus Wangerland-Hillershausen mit Tieren zu tun, auch mit Pferden, die sie pflegen oder auch vor den Pflug spannen durfte. Reitunterricht für Mädchen gab es damals nicht. Die Eltern sorgten sich: „Das Kind soll ja später auch mal Kinder bekommen.“ Ein verspannter Beckenboden könnte die Geburt erschweren.

So ist Inge Martens erst als Mutter zum Reiten gekommen. Ihre Kinder erlernten den Sport noch in der alten Halle von Anton Müller (Oesterdieken). Auch mit ihren Enkelkindern fuhr die Oma dann regelmäßig zum Training. Dort unterstützte sie hin und wieder Reitlehrerin Hildburg Reiners. Als 2008 dann unverhofft ein Personalengpass auftrat, übernahm Inge Martens ihre eigenen Gruppe. Seither trainiert sie die Führzügelkinder.

„Der Umgang mit den Pferden und den Kinder hält fit und macht noch großen Spaß“, sagt Inge Martens. Vor allem im Reitlehrerteam des RuF Hooksiel fühle sie sich sehr wohl. Die gemeinsame Arbeit helfe dabei, Tiefpunkte im Leben zu überwinden. Sportlich selbst aktiv ist die agile Seniorin aber auch noch – auf dem Kutschbock. Gelernt ist gelernt. Noch im vergangenen Sommer fuhr die agile Seniorin im Showprogramm eines Renntage des Hooksieler Rennvereins persönlich eine Kutsche. 

Mit Kunstverstand und Menschenkenntnis fürs Künstlerhaus

Renate Janßen-Niemann
Renate Janßen-Niemand verantwortet seit zehn Jahren das Kunst- und Kulturangebot im Künstlerhaus Hooksiel. Foto: hol

Hooksiel (31. 1. 2024) – Das Künstlerhaus in Hooksiel ist weit über die Region hinaus bekannt und in der Gemeinde Wangerland wohl gelitten. Bester Beleg dafür: Trotz aller Sparzwänge in der Kommune hat noch niemand die Existenzberechtigung des kulturellen Kleinods in Frage gestellt. Schon das ist ein Erfolg, an dem Renate Janßen-Niemann großen Anteil hat.

Renate Janßen-Niemann leitet das Haus sei nunmehr genau zehn Jahren. Ehrenamtlich, aber mit einer gehörigen Portion Kunstverstand und großer Menschenkenntnis, die die 75-Jährige auch ihrer jahrelangen Tätigkeit als Schulleiterin verdankt. Der Wangerländerin ist es unter anderem gelungen, das Künstlerhaus von elitären Kunst- und Kulturdebatten fern zu halten.

6500 Besucher im Jahr

Bei jeder Gelegenheit betont sie, dass die Einrichtung mit ihren 6500 Besuchern im Jahr (2023) auch wirtschaftliche Bedeutung für den Ort und die Gemeinde habe. Als Anziehungspunkt für Urlauber ebenso wie für kulturell Interessierte aus dem In- und Ausland. Denn dafür, dass das Künstlerhaus einen guten Ruf hat, sorgen schon die zahlreichen Stipendiaten, die in dem Haus gelebt und gearbeitet haben – im vergangenen Jahrzehnt meist betreut von Renate Janßen-Niemann. „Ich habe ganz tolle Menschen kennengelernt“, sagte die Künstlerhaus-Leiterin. „Mit einigen bin ich bis heute befreundet.“

Renate Janßen-Niemann hat ihre Aufgabe am 1. Februar 2014 übernommen. Damals trat sie die Nachfolge von Maria Diedrichs-Bolsenkötter an. Die neue Künstlerhaus-Leiterin wurde vom Gemeinderat gewählt. Einstimmig. Dieser Vertrauensbeweis über die politischen Lager hinweg ist der langjährigen CDU-Kommunalpolitikerin bis heute enorm wichtig. „Sonst hätte ich den Sprung ins kalte Wasser auch nicht gewagt.“

Als Leiterin des Hauses plant und kuratiert Janßen-Niemann seither die Jahresprogramme, sucht mit einem Beirat spannende Stipendiatinnen und Stipendiaten aus, kümmert sich um das Kunstkarussell für Kinder, hat ein Auge auf das Kunstarchiv der Gemeinde sowie das Gebäudemanagement und die Betreuung der Aufsichtskräfte im Künstlerhaus. Hinzu kommen das Marketing für die Kulturangebote, von Einladungen zu Ausstellungen über die Pressearbeit bis zum Aufhängen von Plakaten. 

Förderer und Sponsoren

Hilfreich ist, dass die gebürtige Sengwarderin in der ganzen ost-friesischen Halbinsel vernetzt ist. Sie ist in Kunsteinrichtungen in Wilhelmshaven ebenso zu Hause wie in Museen in Aurich oder Emden. Dankbar ist sie für gute Tipps etwa von der Leiterin des Schlossmuseums Jever, Dr. Antje Sander, oder für Förderungen zum Beispiel durch die Oldenburgische Landschaft und den Förderverein Kunst- und Erlebnispfad Hooksiel.

Der Erfolg des Künstlerhauses hat auch etwas mit der richtigen Mischung des Angebotes zu tun, die sich in den Themen und in den ausstellenden Kulturschaffenden widerspiegelt. Regionale, nationale und auch internationale Künstler zeigen ihre Werke, kommen dabei häufig vor Ort mit ihrem Publikum in Kontakt und – besonders wichtig – nehmen für ihre künftige Arbeit Eindrücke von Menschen und Natur an der Küste mit.

Seit 2014 haben 52 Kunstschaffende im Künstlerhaus ausgestellt, darunter 14 Stipendiaten. Die erste Ausstellung unter der Verantwortung von Renate Janßen-Niemann zeigte Ida Oelke aus Esens, erste Stipendiatin war 2014 Felicitas Blech. Ältester Stipendiat war Gero Troike (78), der 2016 in Hooksiel gewirkt hat, jüngster Julian Robin Müller, der 2019 noch nicht einmal volljährig war, als er im Künstlerhaus ausstellte und, als begnadeter Musiker, auch noch ein kleines Konzert gab.

Dankbar ist Renate Janßen-Niemann für die gute Zusammenarbeit mit Bürgermeister Mario Szlezak und dem Gemeinderat, aber auch mit der Dorfgemeinschaft Hooksiel und den engagierten Helfern aus dem Förderverein. Trotz aller Freude an ihrer Tätigkeit hält die Künstlerhaus-Leiterin aber auch schon Ausschau nach einer geeigneten Nachfolge. Die Ankündigung (oder Drohung?) von Renate Janßen-Niemann: „Spätestens mit 80 werde ist den Posten niederlegen.“

Glück oder Fügung – Dietrich Gabbey überlebte Untergang der „Tevega“

Dietrich Gabbey
Der Untergang der „Tevega“ vor 50 Jahren hat das Leben von Dietrich Gabbey verändert. Der Hooksieler war einer von nur zwei Überlebenden des Unglücks in der Biskaya. Foto: hol

Hooksiel (9. 1. 2023) – Obwohl Dietrich Gabbey in einem März zur Welt kam, hat an diesem Dienstag Geburtstag gefeiert. Im kleinen Rahmen, nur mit seiner Frau Gundula. Ganz in Ruhe mit einem Essen außerhalb. Mit Zeit für Gespräche über Schicksal, Glück und göttliche Fügung. Ohne ganz viel von alledem wäre der Hooksieler heute vor 50 Jahren in der Biskaya gestorben. 

Der 9. Januar 1974. Die „Tevega“, ein kleiner, aber äußerst seetüchtiger Stückgutfrachter in Diensten der Bremer Reederei Temaris ist auf dem Weg von Rotterdam nach Afrika. Es herrscht raue See mit Regen, Sturm und bis zu 17 Meter hohen Wellen. „Das war aber eigentlich kein Problem für das Schiff“, erinnert sich Gabbey im Gespräch mit „Hooksiel-Life“. „Solches Wetter hatten wir häufiger.“

Wasser in Laderaum gelaufen

Der heute 82-Jährige, damals 1. Offizier und Nautiker an Bord, wird am frühen Morgen dieses Mittwochs vom 2. Offizier geweckt. Probleme im Bereich des Vorderschiffs. Zusammen rufen beide gegen 4 Uhr den Kapitän auf die Brücke. Gabbey und zwei Matrosen arbeiten sich an Oberdeck bis zum Bug vor. Die Persenning hat sich gelöst. Möglicherweise ist in Luke 1 Wasser eingedrungen. 

Der Kapitän lässt eine Lenzpumpe anwerfen. Doch die hat keinen Wasserkontakt. Entwarnung? Keineswegs. Das Schiff vertrimmt mehr und mehr. Offenbar hat die Ladung jede Menge Wasser aufgesogen. „Vermutlich waren wir da schon dem Untergang geweiht“, sagt Gabbey.

Die „Tevega“ funkt SOS. Die 18-köpfige Besatzung bereitet sich darauf vor, das Schiff verlassen zu müssen. Gegen 5 Uhr dann der Befehl vom Kapitän: „Alle Mann von Bord.“ Zwei Rettungsinseln werden ins Wasser geworfen, verwehen aber sofort. Die Besatzung wird geteilt. Gabbey springt mit seiner Gruppe ins elf Grad kalte Meer. Der Überlebenskampf beginnt.

Elf Stunden im Wasser der Biskaya

Die Seeleute versuchen eng beinander zu bleiben. Bei dem Seegang ein aussichtsloses Unterfangen. Die Zeit verrinnt. Die theoretische Überlebenszeit beträgt dreieinhalb Stunden. Kommt rechtzeitig Hilfe? Dietrich Gabbey erinnert sich, das einer nach dem anderen seiner Kameraden einschlief. „Es war völlig klar, dass die nie wieder aufwachen werden.“

Stunden vergehen. Es wird hell. Gabbey treibt allein in der See. Bleibt aber wach. Aus herum schwimmenden Schiffs- und Ladungsteilen hat sich der Hooksieler inzwischen ein provisorisches Floß gebaut. Irgendwann ein Motorengeräusch. Ein Aufklärungsflugzeug sucht das Gebiet der Unglücksstelle ab – und entdeckt den Schiffbrüchigen. 

Inzwischen sind elf Stunden seit der Havarie vergangen. Eine „Breguet Atlantic“ wirft eine Rettungsinsel ab. Sie treibt wenige Meter von Gabbey entfernt im Meer. „Soll ich es wagen, mein Floß zu verlassen und zur Rettungsinsel schwimmen? Was passiert, wenn ich sie nicht erreiche?“

DDR-Frachter rettet Hooksieler

Während der Unglückliche noch mit sich hadert, erfasst ihn ein Schatten. Neben ihm wächst eine Bordwand auf. Der Frachter „Brandenburg“ lässt ein Rettungsnetz herunter. Als der völlig entkräfte Mann im Wasser es nicht schafft, selbst die Bordwand zu erklimmen, springt der Bootsmann des DDR-Frachters ins Wasser und gurtet den Seemann an. Dietrich Gabbey wird an Bord gezogen und ist gerettet – unterkühlt, um etliche Kilo leichter und durch teerhaltige Ladungsteile völlig schwarz. „Die Besatzung der Brandenburg dachte zunächst, sie habe einen Afrikaner gerettet.“

Nach nur zwei Stunden Schlaf, so erinnert sich der Schiffbrüchige, sei er aufgestanden und auf die Brücke gegangen. Wie er erfuhr, hatte die „Brandenburg“ bereits zuvor zwei tote Seeleute und einen Hund geborgen. Tatsächlich überlebten nur zwei Seeleute der „Tevega“ das Unglück. 

In Rettungsinsel erfroren

Gabbey verdankt seine Rettung möglicherweise ein Stück weit dem 2. Offizier, der es als einzige geschafft hatte, in eine der Rettungsinseln zu klettern – dort ist er dann aber erfroren. Die Insel war als erstes von den Aufklärern aus der Luft gesichtet worden, die dann der Rettungsflotte den richtigen Kurs wiesen. An der Rettungsaktion auf See hätten sich ausnahmslos Schiffe aus sozialistischen Ländern beteiligt, so Gabbey. Möglicherweise, weil Kapitäne westlicher Reedereien sich später hätten erklären müssen, warum sie vom Kurs abgewichen und Zeit vergeudet hätten. 

„Wenn man so stundenlang in See treibt, gehen einem alle möglichen Sachen durch den Kopf“, schildert Dietrich Gabbey 50 Jahre später. „Aber ich habe zu keinem Moment daran gezweifelt, dass ich überleben werde.“

Schon als Kind knapp dem Tod entronnen

Möglicherweise spielte für die Zuversicht eine Rolle, dass der Hooksieler bereits als Kind zwei Mal dem Tod quasi von der Schippe gesprungen ist. 1941 in Lauenburg in Pommern geboren, flüchtete der Junge mit Mutter, Großmutter und Schwester (der Vater war im Krieg gefallen) am 9. März vor sowjetischen Truppen. Der Mutter war es gelungen, sich der letzten Gruppe anzuschließen, die noch einen Platz auf dem Handelsschiff „Schaumburg“ ergattern konnte, das Hunderte Menschen gen Westen bringen sollte. Bedroht von Angriffen aus der Luft und von U-Booten setzte der Kapitän das Schiffes nahe Swinemünde auf Grund. Alle Flüchtlinge unter Deck ertranken, Gabbeys wurden vom Oberdeck gerettet und nach Swinemünde gebracht.

Auch dort war der Krieg längst angekommen. Bei schweren Luftangriffen am 12. März 1945 flüchteten viele Menschen in die Kirche von Swinemünde. „Wir haben nur noch einen Platz direkt im Altarraum bekommen“, erinnert sich Gabbey. Und: Die Kirche wurde von Bomben getroffen. Wieder starben Hunderte. Nur die Menschen unmittelbar hinter dem Altar überlebten.

Engagement für die Gemeinschaft

„Als ich aus der Biskaya gerettet wurde, war ich fest davon überzeugt: Das ist kein Zufall. Der Herrgott hat noch etwas mit dir vor“, schildert Gabbey. Für ihn war das eines der Motive für sein kommunalpolitisches Engagement. Gabbey, der seit Anfang der 1970er Jahre mit seiner Frau Gundula in Hooksiel wohnt, ist seit 1968 Sozialdemokrat. Er war über Jahrzehnte bis 2011 im Gemeinderat und von 1986 bis 1996 ehrenamtlicher Bürgermeister des Wangerlandes. In den vergangenen Jahren hat er sich vor allem für den Erhalt des Meerwasser-Hallenwellenbades im Ort eingesetzt.

Die Rücksicht auf seine Ehe und die beiden Kinder seien für ihn der eigentliche Grund gewesen, sein Leben als Seemann zu beendet, in Oldenburg Mathematik und Geografie zu studieren und Lehrer zu werden. Trotz des Traumas vom Schiffbruch am 9. Januar 1974 ist der Nautiker auch danach noch mehrfach zur See gefahren. „Handelsschifffahrt war für mich seit meiner Kinder mein Berufswunsch“, sagt der 82-Jährige. 

Als Flüchtlingsjunge zur Marine

Als Flüchtling lebte er mit seiner Familie nach dem Krieg zunächst in Glücksburg (Schleswig-Holstein), später in Rheinland-Pfalz. Flüchtlinge waren schon damals nicht überall gut gelitten. Häufig genug habe man gehungert. Dennoch ging es weiter. Gabbey machte seinen Schulabschluss und verpflichtete sich 1959 auf zwölf Jahre bei der Marine. Nach Marineschule und Zusatzlehrgängen war er einer der wenigen seediensttauglichen Obersteuermänner und damit als Unteroffizier zuständig für die Navigation der von Zerstörern und Fregatten. Eine spannende Aufgabe, aber ihm sei dann irgendwann klar geworden, dass er kein Berufssoldat werden wollte. 

Also Abitur nachmachen und studieren. Während seiner Zeit in Oldenburg fuhr der Hooksieler in den Semesterferien immer wieder auf Handelsschiffen zur See. Zunächst als 3. Offizier, dann als 2. und letztlich – nach dem Ende des Studiums 1973 – in Festanstellung als 1. Offizier. Wenige Monate nach dem Unglück in der Biskaya entschied sich Dietrich Gabbey dann endgültig für den Beruf des Pädagogen. 

Er wurde Schulleiter der Hauptschule Jever – hielt aber den Kontakt zur Seefahrt. Als der ehemalige Kapitän der Brandenburg kurz nach der Wende mit dem Containerfrachter „Thüringen“ in Bremerhaven festmachte, besuchte er das Schiff mit einer ganzen Schulkasse. „Das war ein beeindruckendes Erlebnis für alle.“

Enge Freundschaft mit einstigem Retter

Mit Peter Jentz, Bordelektriker der „Brandenburg“, verbindet Familie Gabbey seit inzwischen fünf Jahrzehnte eine Freundschaft. Auch vor der Wiedervereinigung besuchten die Hooksieler häufig den Retter in Warnemünde. Gelegenheiten, sich zu treffen, gab es auch, wenn der DDR-Frachter in westlichen Häfen lag. Nach der Wende waren Jentz und seine Familie häufig zu Gast in Hooksiel. „Man kann sagen, wir gehören inzwischen irgendwie schon zur Familie Jentz dazu“, sagt Gabbey, der sich schon auf das nächste Treffen im Sommer freut. 

Ein Thema wird dann mit Sicherheit wieder der 9. Januar 1974 sein. Die Rettung eines Westdeutschen und die Bergung zweier toter Seeleute. Die Toten wurden seinerzeit an Bord der „Brandenburg“ übrigens mit größtem Respekt behandelt. Kapitän ließ die Leichen in bundesdeutsche Flaggen einnähen. Weil man an Bord des Frachters nur eine davon hatte, schnitt man kurzerhand Hammer, Zirkel und Ährenkranz aus einer DDR-Flagge heraus, um auch den zweiten Seemann bedenken zu können.

Eine von der Bremer Reederei geplante Dankeschön-Veranstaltung für die Besatzung der „Brandenburg“ fand aber nie statt. Das DDR-Regime habe das stets abgelehnt, so Gabbey.

Vom Betriebsrat zum Interessenvertreter für den Urlaubsort Hooksiel

Erwin Abels
Erwin Abels, Vorsitzender des Seebadeverens Hooksiel, wird am heutigen Freitag 80 Jahre alt. Foto: hol

Hooksiel (15. 12. 2023) – Es gibt Erinnerungen, die lassen einen nie los. Für Erwin Abels aus Hooksiel gehört dazu ein Abenteuer, das er in der Nachkriegszeit am Vareler Hafen er- und überlebt hat. 

Anfang der 1950er Jahre lebte Erwin mit seinem sieben Jahre älteren Bruder und seiner alleinstehenden Mutter in Wilhelmshaven. Zur Schule ging er offiziell an der Salzastraße. „Aber aufgewachsen bin ich am Vareler Hafen“, erinnert sich Erwin Abels, der am heutigen Freitag seinen 80. Geburtstag feiert. 

Mit der Draisine gegen eine Dampflok

Sein Opa habe in Varel beim Zoll gearbeitet und im Zollhaus am Hafen gewohnt. Vorm Haus lag ein Gleisstrang, der zum Vareler Bahnhof führte. „Nebenan stand eine Draisine. Die haben ein Freund und ich aufs Gleis gestellt und sind los gefahren“, erinnert sich Abels. Eine Bremse gab es nicht – und das wäre den beiden leichtsinnigen Jungen fast zum Verhängnis geworden. Plötzlich kam ihnen eine Dampflok entgegen, die der Lokführer glücklicherweise noch im letzten Moment stoppen konnte. „Da habe wir gehörig eins hinter die Ohren bekommen …“. 

Geschadet hat das Erwin nicht. Die Zeit bei seinem Opa in Varel, die Arbeit bei Bauern im Petersgroden, der zeitweise Besuch der Grundschule Ellenserdamm waren Teil einer glücklichen Kindheit. Geboren wurde der heutige Vorsitzende des Seebadevereins Hooksiel übrigens in Falkenau in Thüringen. Dorthin war seine Mutter 1943 von Wilhelmshaven evakuiert worden. 

Statt in die Lehre zum Bergbau nach Essen

Eigentlich wollte Erwin Abels Elektriker werden. Aber eine Ausbildungsstelle fand er in der Region nicht. Also ging er 1959, mit 16 Jahren, nach Essen-Heising in den Bergbau. „Dort sollte ich eine Steigerschule besuchen“, erinnert sich Abels. „Aber das wollte ich nicht. Ich hatte Heimweh nach Wilhelmshaven …“.

Nach zwei Monaten bei den „Olympia-Werken“ ging es zum Wehrdienst zur Marine und danach 1963 zu Krupp-Kranbau, wo Erwin Abels bis 1975 blieb. Dann wechselte der junge Mann zum US-Energiekonzern Mobil Oil, der gerade auf dem Voslapper Groden eine Raffinerie in Betreib nahm. Nachdem die Raffinerie 1985 wieder geschlossen wurde, wechselte Abels im Konzern nach Bremen, danach nach Wörth am Rhein. „Überall wurden Standorte geschlossen und ich habe die Tür zugemacht“, erinnert sich Abels, der als Betriebsrat eine Reihe von Sozialplänen für die betroffenen Kollegen verhandelt hat. Als der Mobil-Konzern ihn dann nach einer Zwischenstation in Heide/Hemmingstedt (Holstein) ins Ausland versetzten wollte, winke er ab und ging 2001 in Vorruhestand.

Aus Wilhelmshaven nach Hooksiel

Konkret hieß das: nach Hooksiel. Hier hatten Erwin Abels und seine Frau Emma 1977 ein Haus gebaut. Das Paar hatte sich 1967 im „Schützenhof“ in Bant kennen und lieben gelernt. 1969 wurde geheiratet, 1977 zog man vom Ölhafendamm in Wilhelmshaven in den Walmdach-Bungalow am Schulhamm in Hooksiel um. Hier wurde 1980 eine Tochter geboren – als echte Hooksielerin.

Das Haus am Schulhamm wurde ausgebaut. Im Obergeschoss entstanden zwei Ferienwohnungen, eine dritte in einem Nebengebäude. Bei der Betreuung der Wohnungen und der Gäste hat Emma Abels das Sagen. „Aber ich bin ihr bester Mitarbeiter“, sagt Erwin Abels, der durch den engen Kontakt zu den zahlreichen Stammgästen weiß, was Hooksiel-Urlauber wünschen und was sie vermissen. 

Der Weg vom privaten Vermieter an die Spitze des Seebadevereins war vorgezeichnet. Schon beim Umzug nach Hooksiel war die Familie in den Verein eingetreten, in dem sich Abels im Ruhestand dann immer stärker engagierte. Als Wolfgang Reich 2005 verkündete, er wolle das Amt des Vorsitzenden in jüngere Hände legen, fiel die Wahl auf Erwin Abels – immerhin zwei Monate jünger als sein Vorgänger.

Engagement für Mudderboot und Zwiebelturm

Der Seebadeverein kümmert sich um den Tourismus im Ort, indem er den Ort verschönert, etwa beim Strandaufbau, oder sich um wichtige Einrichtungen kümmert. Aber ein politisches Mandat habe er nicht, sagt Erwin Abels, auch wenn er als Beirat im Tourismusausschuss des Rates oder in Beratungsgremien der Wangerland Touristik GmbH mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg halte. 

Als Erfolge in seiner Ära wertet der Vorsitzende den Einsatz des Seebadevereins für die Sanierung des „Mudderbootes“ am Alten Hafen, der „York-Bake“, des Zwiebelturms auf dem Künstlerhaus und der napoleonischen Kanone, die vom Deich aus die Hafeneinfahrt bewacht. 

Zu all diesen Projekten weiß Abels kleine Anekdoten zu erzählen. Etwa, dass der Heimatfreund Hans Ney dem Seebadeverein seinerzeit das Mudderboot geschenkt habe. Das Problem: Das historische Schlick-Räumboot, das nur noch von der Farbe zusammengehalten wurde, gehörte gar nicht Ney, sondern der Deich- und Sielacht, die es dann vor der Sanierung für einen Euro an die Gemeinde verkaufte – samt einem Sanierungszuschuss von 6000 Euro. 

Amtszeit läuft 2025 aus

Oder zur Rettung des Wahrzeichens von Hooksiel, dem hölzernen Zwiebelturm. Als die Gemeinde signalisiert habe, sie könne die Sanierung finanziell nicht stemmen, habe er auf Anregung des Hooksielers Meinolf Cohn ein Spendenkontor eingerichtet, um Geld für die Restaurierung des Turms samt Uhr und Wetter-Schwan einzuwerben, erinnert sich Abels. Am Ende kam ein hoher fünfstelliger Betrag zusammen. „Aber ohne die tatkräftige Unterstützung etlicher Firmen hätten wir das trotzdem nicht geschafft.“

Aktuell läuft die Runderneuerung der Hooksieler Kanone, die mit viel Liebe zum Detail saniert wird. Federführend für dieses Projekt ist im Seebadeverein Wolf Hegemann. Erwin Abels ist zuversichtlich, dass die Kanone vielleicht zu Ostern 2024 fertig wird. Auf jeden Fall aber soll sie noch in seiner Amtszeit an ihren Platz auf dem Deich zurückkehren. Die Wahlperiode beim Seebadeverein läuft 2025 ab. Dann will Erwin Abels den Posten als Vorsitzender gern abgeben – möglichst an einen Jüngeren.

Ein Marinesoldat, der dafür kämpft, dass Hooksiel immer schöner wird

Wolfgang Reich
Wolfgang Reich feiert an diesem Freitag im engsten Familienkreis seinen 80. Geburtstag. Foto: hol

Hooksiel (19. 10. 2023) – Hand in Hand – das ist eine Devise, die das bisherige Leben von Wolfgang Reich durchzogen hat wie ein roter Faden. Vor wenigen Tagen wurde der Hooksieler dafür von Rat und Verwaltung der Gemeinde Wangerland geehrt. An diesem Freitag feiert er seinen 80. Geburtstag. 

Wolfgang Reich wurde 1943 in Memel (dem heutigen Klaipeda) in Litauen geboren. Sein Vater arbeitete als Stabsarzt in einem Lazarett, die Mutter war Schauspielerin und Sängerin. Offenbar war der Vater in der Truppe beliebt. Bevor der Krieg Memel erreichte, sagte der Personalfeldwebel: „Reich, es wird Zeit, dass sie wieder mal versetzt werden!“ Es ging ins vergleichsweise sichere Flensburg.

In Eppendorf aufgewachsen

Aufgewachsen und zur Schule gegangen ist Wolfgang Reich in Hamburg-Eppendorf. Hier hatte der Vater eine Arztpraxis. Den jungen Wolfgang packte unterdessen ein Werbespruch der noch jungen Bundesmarine: „Mehr erleben, das Meer erleben!“ „Das ließ mich nicht mehr los“, erinnert sich der Jubilar. Und da sein Vater stets gut von der Marine gesprochen hatte, trat der junge Mann 1961 als Zeitsoldaten seinen Dienst an. Grundausbildung in Glückstadt, Unteroffiziersausbildung in Bremerhaven. Und natürlich Wihelmshaven, die deutsche Marinehauptstadt. 

Der spätere Berufssoldat erinnert sich gern an seine Zeit an Bord des Zerstörers „Bayern“, auf einem „Torpedofangboot“ des Flottendienst-Geschwaders oder beim 2. Schnellboot-Geschwader. 20 Jahre lang arbeitete er als Ausbilder im Kommando Marineführungssysteme in Wilhelmshaven. Als der Oberstabsbootsmann in Ruhestand ging, war er schon längst Hooksieler.

Über die Marine nach Hooksiel gekommen

„Die Marine hat mich nach Hooksiel gebracht“, erinnert sich Wolfgang Reich. Ende der 1960er Jahre herrschte in Wilhelmshaven Wohnungsmangel. Ein Marinekamerad habe sich in Hooksiel ein Grundstück gekauft und auch ihn von den Vorzügen des Sielortes überzeugt. Familie Reich, zu der damals eine Frau und drei Jungs gehörten, baute 1973 ein schmuckes Haus am Ende der Friesenstraße. „Es war da extrem ruhig. Die Bäderstraße gab es noch nicht. Auf einen Telefonanschluss mussten wir vier Jahre warten. Und auch die Installation der Straßenbeleuchtung dauerte gefühlt ewig“, erinnert sich Wolfgang Reich, der heute mit Lebensgefährtin Helga in Solthörn wohnt. „Aber so war das damals halt.“

Familie Reich liebte den ländlichen Charme ihrer neuen Heimat. Schnell festigte sich der Wunsch von Wolfgang Reich: „Hooksiel muss dörflich bleiben – auch wenn der Ort von Urlaubsgästen lebt.“ 1975 trat er in den Seebadeverein ein, in dem damals fast alle Familien in Hooksiel Mitglied waren. 1981 der erste Posten: stellvertretender Kassenführer,1986 die Wahl zum 2.Vorsitzenden. Ab 1990 übernahm Wolfgang Reich für 15 Jahre die Verantwortung als 1. Vorsitzender im Seebadeverein Hooksiel. 

Engagement im Seebadeverein

Oberstes Ziel damals wie heute: Den Ort verschönern. „Erst haben wir auch noch die Strandkörbe mit zum Strand geschleppt“, erinnert sich der Jubilar. Am offiziellen „Strandaufbau“ nahmen bis zu 400 Menschen teil, die mit einer Jahres-Freikarte für den Strand belohnt wurden. Darüber hinaus initiierte der Seebadeverein eine Fülle von Projekten zur Ortsverschönerung: Sitzbänke wurden aufgestellt, Hinweistafeln angebracht und – dank des ganz persönlichen Einsatzes des Vorsitzenden – von der Wiesbadenbrücke in Wilhelmshaven ein riesiger Anker zum Alten Hafen nach Hooksiel verlegt.

Auch sportlich war der Hooksieler lange aktiv. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern der Tennis-Abteilung des FC Nordsee. „Wir haben uns damals einen Platz in der Nähe des ehemaligen Sportplatzes gebaut, in Höhe des heutigen ZOB“, schildert Wolfgang Reich. „Da haben wir im Sommer Tennis gespielt. Im Winter ging es in die Sporthalle – immer sonntags von 8 bis 10 Uhr. Und danach zum Frühschoppen zu Walter Dekena in die „Friesenkate“, bis zum Sonntagsschluck um 12 Uhr.“

Seit 25 Jahren in der Arbeitsgruppe

Vorsitzender der Dorfgemeinschaft, dem Verein der Hooksieler Vereine, war damals Martin Ulfers. „Wenn Martin eine Idee hatte, rief er beim Seebadeverein an und bat um Hilfe. Wir hatten ja genug Leute“, erinnert sich Wolfgang Reich. Aus diesem Miteinander entstand 1998 die Idee, die „Arbeitsgruppe Hooksiel“ zu gründen. Der Kreis von anfangs acht bis zehn Männern trifft sich seither, also seit nunmehr 25 Jahren, einmal in der Woche, im Sommer wie im Winter, um durch praktische Arbeit Hooksiel zu verschönern. Markantes Erkennungszeichen: gelbe Arbeitswesten. Fast immer dabei: Wolfgang Reich.

Will der Jubilar auch mit 80 noch Unkraut zupfen, Gräser beschneiden, Kabel verlegen, Spielgeräte und Hütten aufstellen? „Ja, auf jeden Fall“, versichert Wolfgang Reich. „Wir sind eine tollte Truppe. Da macht das Arbeiten unheimlich Spaß, zumal wir inzwischen auch eine Reihe jüngerer Mitglieder dazu gewonnen haben – für die schweren Arbeiten.“

Anke Müller – eine Tausendsassarin im Einsatz für Hooksiel

Anke Müller im Park der Generationen
Der „Garten der Generationen“ als grüne Oase im Herzen von Hooksiel liegt Anke Müller besonders am Herzen. Foto: hol

Hooksiel (29. 4. 2023) – Der „Garten der Generationen“ ist eine grüne Lunge von Hooksiel. Zwischen Wohngebiet und Ortskern, zwischen Senioren-Anlage und Nee Straat haben sich zahlreiche Prominente verewigt – vom ehemaligen Arbeitsminister Dr. Herbert Ehrenberg bis zum Fußballidol Uwe Seeler, von den Liedermachern Rolf Zuckowski und Johannes Oerding bis jüngst auch der Schauspieler und Umweltaktivist Hannes Jaenicke. 

Die Gemeinsamkeit der 14 Promis, die sich zwischen Sitzbänken und Fitnessgeräten verewigt haben: Jeder hat bei seinem Besuch in Hooksiel ein Bäumchen gepflanzt, das – wenn es entsprechend gepflegt wird – wächst und gedeiht. Die Pflege der Bäume und Beete sowie die Gestaltung des Gartens liegt in den Händen von Anke Müller, die mit einer Schar Mitstreiter den Park seit 2012 betreut.

Damals hat die Interessengemeinschaft „De Hooksieler“ das Areal gepachtet. „Früher kamen noch gelegentlich Mitarbeiter der Gemeinde, um den Rasen zu mähen“, erinnert sich Anke Müller, die 2. Vorsitzende der Gemeinschaft ist. „Seit einigen Jahren machen wir auch das selbst.“ 

Noch Mitstreiter für die Pflege des Parks gesucht

Finanziell werden die Aktionen im Park – wie etwa das jährliche Spielefest (25. Juli ab 14.30 Uhr) – von „De Hooksieler“, einer Reihe weiterer Vereine im Ort und von Gewerbetreibenden unterstützt. Für die praktische Arbeit würde sich Anke Müller noch über ein paar mehr Helfer freuen. Interessierte können sich an diesem Mittwoch, 3. Mai, um 19 Uhr zum Stammtisch im Awo-Heim am Gästehaus einfinden – oder direkt beim nächsten Arbeitsdienst im Pak am Dienstag, 2. Mai, um 15 Uhr. 

Für Anke Müller ist der „Garten der Generationen“ nur ein Aktionsfeld. Im Bemühen, Hooksiel und das Wangerland noch schöner und lebenswerter zu machen, engagiert sich die Tausendsassarin in einer ganzen Reihe von Initiativen. Was treibt sie dabei an? „Ich habe einfach so viele gute Ideen. Und es würde mir weh tun, wenn ich mich nicht bemühen würde, sie auch umzusetzen.“

Anke Müller ist am Wüppelser Altendeich aufgewachsen und in Hooksiel zur Grundschule gegangen. „Schon als Kind war man am Wüppelser Altendeich in die Organisation der großen Straßenfeste eingebunden“, erinnert sich die Mutter von zwei erwachsenen Kindern. Nach der Schule hat sie 16 Jahre lang im Büro im Ferienhof „Friesland-Stern“ von Bernhard Eden in Horum gearbeitet. Eine gute Schule für die Entwicklung von Ideen und deren Umsetzung.

Internationale Anerkennung für „Erde und Flut“

Seit 1999 ist Anke Müller Vermieterin. Sie managt in Hooksiel elf Ferienwohnungen, die ihr und ihrem Mann Dieter gehören. Natürlich habe sie bei all ihren Aktivitäten auch das Wohl ihre Gäste im Blick. „Aber alles, was wir für die Gäste machen, ist auch für die Einheimischen schön.“

Als Sprecherin der Lenkungsgruppe „Erde und Flut“, der rund ein Dutzend Bürgerinnen und Bürger angehören, hat sich die Hooksielerin um die Verschönerung der gesamten Gemeinde auf die Fahne geschrieben. Ein augenfälliges Projekt: die künstlerische Gestaltung von Bushaltestellen. Alle zwei Jahre richtet die Gruppe zudem so genannte „Garten-Spaziergänge“ aus, bei denen Interessierte einen Blick in die Gärten anderer Leute werfen können. Ein neues Vorhaben, das auf einer Idee von Bernhard Eden basiert: Alte Stromkästen sollen aufgearbeitet und so umgebaut werden, dass sie als „Bücherschränke“ genutzt werden können – für kostenlose Buch-Tauschaktionen auf Gegenseitigkeit. 

„Erde und Flut“ ist bereits national und international gewürdigt worden. Das Projekt wurde im Rahmen des Ortsbildverschönerungs-Wettbewerbs „Entente Florale“ mehrfach ausgezeichnet – zuletzt 2016 in Brünn (Tschechien) mit einer Silbermedaille. „Das war schon eine tolle Sache“, erinnert sich Anke Müller, die bedauert, dass es den Wettbewerb so nicht mehr gibt. 

Zu den Erfolgen von Anke Müller und „Erde und Flut gehört auch die Zertifizierung der Gemeinde Wangerland als „Fairtrade-Gemeinde“. Auch hier fungiert sie als Sprecherin der Steuerungsgruppe, die sich für den Fairen Handel mit Produkten aus der so genannten „Dritten Welt“ einsetzt. Die nächste Aktionswoche von Fairtrade Deutschland mit dem Motto „Fair in den Tag“ beginnt am 22. Mai.

Anke Müller Theater
Anke Müller (rechts) bei ihrer Theaterpremiere. Links im Bild: Karin Ortmanns. Foto: hol

Mutter von zwei heute fast erwachsenen Kindern (18 und 20 Jahre alt), Vermieterin von Ferienwohnungen, Einsatz für Hooksiel und die Verschönerung des Wangerlandes, dazu das Engagement für Umwelt und fairen Handel. Wer meint, damit müsste das Arbeitspensum einer Person bei weitem ausgeschöpft sein, der irrt: Seit vergangenen Winter gehört Anke Müller zum Kreis der Theaterspieler der „Theatergruppe Hooksiel“. Beim Stück „De Arvschaft“ stand sie erstmals als „Tod-Pflegerin Elvira Blankenfurth“ vor Publikum auf der Bühne. „Das hat riesigen Spaß gemacht. Ich konnte Plattdeutsch zwar immer verstehen, aber selbst sprechen konnte ich es nicht“, schildert Anke Müller. 

Das sollte sich ändern, so die Idee. Und Anke Müller wäre nicht Anke Müller, wenn sie nicht einen Weg finden würde, ihrer Idee auch Taten folgen zu lassen. Gedacht, getan – heute spricht sie platt.