Intakte Natur Basis für Landwirtschaft und Tourismus in der Region

Sina Beckmann im Stall
Die Grünen-Politkerinnen MdL Sina Beckmann (vorn) und Martina Esser informierten sich auf dem landwirtschaftlichen Betrieb des Kreislandvolk-Vorsitzenden Lars Kaper (hinten, Mitte). Foto: Grüne

Friesland/Wangerland (20. 9. 2023) – Der Kreisverband der Grünen in Friesland setzt auf den Dialog mit dem Kreislandvolk Friesland. Die friesländische Landtagsabgeordnete Sina Beckmann (Jever) und die Grüne Kreistagsabgeordnete Martina Esser (Schortens) trafen sich jetzt mit dem neuen Landvolk-Kreisvorsitzenden Lars Kaper sowie weiteren Vorstandsmitgliedern.

Zuletzt hatte man sich in einer öffentlichen Diskussion zum Umgang mit dem Wolf in Friesland ausgetauscht. „In unserem Gespräch haben wir alle wohl gemerkt, dass die friesische Landwirtschaft und die friesischen Grünen keine Gräben teilen. Wir haben einige gemeinsame Positionen und das ist wichtig – denn es geht nur zusammen“, betonte Sina Beckmann im Nachgang. Grüne und Landvolk wollen künftig in regelmäßigen Abständen zusammen kommen. 

Aus Sicht der Grünen-Politikerinnen sind Natur- und Umweltschutz ein gemeinsames Kernanliegen ihrer Partei und der Landwirtschaft. Kaper betonte, dass die Landwirtschaft nur mit gesunden Böden arbeiten könne. Und eine intakte Natur sei auch für den für die Region so wichtigen Tourismus wichtig. Die weiteren Vorstandsmitglieder Jan Jahnsen (Jever), Burkhard Mennen (Wangerland), Gerke Albers (Zetel) und Wilko Irbs (Wilhelmshaven) sahen das ähnlich.

„Wir wollen gute Lebensmittel produzieren, jetzt und in Zukunft. Das geht nur mit Nachhaltigkeit. Aber wir brauchen auch Möglichkeiten der Entwicklung“, forderte Kaper. „Auf der einen Seite sollen wir kein Glyphosat verwenden und auch die maschinelle Bodenbearbeitung ist aus Klimagründen, CO2-Emissionen und der Verletzung der Humusschicht nicht gern gesehen. Auf der anderen Seite sind wir Unternehmer und müssen auch wirtschaftlich arbeiten. Das ist eine Quadratur des Kreises.“

Nach einem Blick auf Felder und Ställe des Kaper-Betriebes drehte sich die Diskussion unter anderem um die Fragen: Wie schaffen wir ein gutes Wassermanagement in Kombination mit Weide-Nutzung? Wie gehen wir mit der Flächen-Konkurrenz von Landwirtschaft, Industrie, erneuerbaren Energien und Tourismus um? Und wie kann Landwirtschaft bei all den Vorgaben und der Bürokratie auch in Zukunft ein attraktiver Beruf sein?

Ein wichtiger Aspekt dabei: die Energiewende. Durch Windräder, Biogas- und Photovoltaik-Anlagen verändern die Landschaft in Friesland. „Durch den Ausbau der Offshore-Anlagen, durch Flächenziele bei Onshore und durch LNG-Projekte und die hoffentlich bald mit erneuerbaren Gasen, haben wir durch die Trassen und Leitungen eine enorme Belastung – hier muss es, auch finanzielle, Ausgleiche geben“, forderte Sina Beckmann. 

Eine grundsätzliche Frage sei, wie man mit Ausgleichsflächen für erneuerbare Energien-Projekte umgehen wolle. „Das Flächen-Angebot in Friesland ist endlich – vielleicht sollten Ausgleichsflächen speziell für erneuerbare Projekte auch an anderer Stelle entstehen können“, regte die Abgeordnete an. 

Hartmut Seetzen – Interessenvertreter mit Gespür für gute Kompromisse

Friesland (12. 6. 2023) – Der Kreislandvolkverband Friesland e. V. hat einen neuen Vorsitzenden. Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 75-jährigen Bestehen der Interessenvertretung in Bockhorn-Steinhausen wurde Hartmut Seetzen verabschiedet. Der Landwirt aus Varel war 2002 zum Nachfolger von Hajo Tjarks (Wangerland) gewählt worden. Er stand mithin 21 Jahre lang an der Spitze des Verbandes. Zu seinem Nachfolger wählte das Kreislandvolk einstimmig Lars Kaper (49) aus Varel.

Dr. Holger Hennies, Präsident des Landvolks Niedersachsen, steckte Seetzen für dessen Verdienste die goldene Ehrennadel des Dachverbandes an. Friesland Landrat Sven Ambrosy würdige ebenso wie Hennies das ausgeglichene Gemüt und die Dialog-Bereitschaft des scheidenden Vorsitzenden. Seetzen habe maßgeblichen Anteil daran, dass im Landkreis Friesland bei potenziellen Konflikten zwischen den Interessen der Landwirtschaft und anderen öffentlichen Belangen fast immer der best mögliche Kompromiss gefunden wurde. 

Als Beispiele nannte Ambrosy die Landesraumordnungs-Planung, die Ausweisung von FFH- und Natura-2000-Gebieten sowie aktuell die Planung und den Bau von Leitungstrassen für Strom und Gas, die für das Gelingen der Energiewende unverzichtbar seien. Der Landrat forderte in diesem Zusammenhang eine Konzessionsabgabe, von der Städte und Gemeinde profitierten sollen, deren Planungshoheit und Entwicklungschancen durch die Leitungen erheblich beeinträchtigt werden. 

Hartmut Seetzen
Der Präsident des Landvolks Niedersachsen, Dr. Holger Hennies (li.), steckt dem scheidenden Vorsitzenden des Kreislandvolkverbandes Friesland, Hartmut Seetzen, die goldene Ehrennadel des Verbandes an.

Als Dritter im Bunde sprach Tom Nietiedt, Präsident des Arbeitgeber- und Wirschaftsverbandes Jade (AWV) aus Wilhelmshaven, Seetzen seinen Dank aus. Dieser habe maßgeblichen Anteil daran, dass beide Verbände nah zusammengerückt seien und mit einer starken Stimme für den Wirtschaftsraum sprächen. 

Seetzen ließ in seinem Rückblick die Entwicklung der Landwirtschaft und des Kreislandvolk-Verbandes Revue passieren. In den Anfangsjahren nach dem 2. Weltkrieg habe die Sicherung der Ernährung der Bevölkerung eine zentrale Rolle gespielt. „Wir Landwirte sind stolz darauf, gesunde Lebensmittel zu produzieren.“ Der scheidende Verbandsvorsitzende warnte vor einer Politik, die die Selbstversorgungsquote mit Lebensmitteln in Deutschland immer weiter senkte. „Haben wir denn aus der Corona-Krise gar nichts gelernt?“

Produktions-Verlagerung schadet dem Klima

Landvolk-Präsident Hennies räumte ein, dass Deutschland sich auf dem Weltmarkt Lebensmittel kaufen könne, damit hier niemand hungern muss. Diese Produkte würden aber anderen Ländern weggekauft. Produktion, die in Deutschland aus ökologischen Gründen zurückgefahren werde, werde in anderen Teilen der Welt wieder aufgebaut – vornehmlich durch Landnahme mit entsprechend negativen Folgen für das Klima. 

Die deutsche Landwirtschaft sei auf einem guten Weg, ihre Klima- und Umweltziele zu erreichen. Die Politik in Berlin und Brüssel müsse den Betrieb dafür aber auch eine gesellschaftliche Perspektive geben. Hennies klagte über immer neue Verordnungen und Auflagen, die sich häufig als Bürokratiemonster entpuppen würden. Die geplanten neuen EU-Immissionsschutzregeln seien ein schwerer Schlag für Familienbetriebe. Mittelgroße Viehhalterbetriebe würden mit falschen Zahlen zu „Industrie“ erklärt und dann mit strengsten Auflagen belegt. „Lebensmittel werden teuerer, die Produktivität der Betriebe sinkt, die Produktion verlagert sich ins Ausland – und das zu Lasten des Klimas“, warnte der Bauernpräsident.

Landwirte: Klimaschutz durch Moor-Vernässung bedroht den Wohlstand

Wangerland/Friesland (18.1.2023) – Die Wangerländer Landtagsabgeordnete Katharina Jensen (CDU) warnt vor einem erheblichen Wohlstandsverlust für die Region, wenn es zu der vom Gesetzgeber und Wissenschaftlern geforderten Transformation der einst trocken gelegen Moorlandschaften kommen sollte. Von der Vernässung der zumeist landwirtschaftlich genutzen Flächen wäre vor allem die niedersächsische Küstenregion betroffen.

Im November 2022 hat das Bundeskabinett mit Blick auf den Klimaschutz die nationale Moorschutzstrategie auf den Weg gebracht, die durch eine Bund-Länder-Zielvereinbarung untermauert wird. Ziel ist es, Moore als CO2-Speicher zu erhalten bzw. wieder herzustellen. Laut Bundeslandwirtschaftsministerium stammen derzeit 6,7 Prozent der Treibhausgase in Deutschland aus Zersetzungsprozessen in Moorlandschaften durch Entwässerungsmaßnahmen und Torfabbau.

Katharina Jensen beim Landvolk
MdL Katharina Jensen informierte sich im Gründlandzentrum über mögliche Folgen der geplanten Wiedervernässung der Moore für die Region. Manfred Ostendorf (links) und Dr. Arno Krause befürchten erhebliche Verwerfungen. Foto: CDU

Katharina Jensen, Agrarexpertin des CDU Landesverbandes Oldenburg, informierte sich über mögliche Folgender mit Blick auf den Klimaschutz angestrebten Veränderungen beim Grünlandzentrum in Ovelgönne (Wesermarsch). Dort diskutiere die Abgeordnete mit Landvolk-Geschäftsführer Manfred Ostendorf, dem Geschäftsführer des Grünlandzentrums Dr. Arno Krause und Franz Jansen-Minßen die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen. 

Ostendorf befürchtet große Verwerfungen: „Die Wiedervernässung der Moorflächen ist für unsere Region in ihren Auswirkungen vergleichbar mit dem Kohleausstieg im Ruhrgebiet. Ein Drittel der Milchkühe der Region steht auf landwirtschaftlich genutztem Moorgrünland, bei der Ammerland-Molkerei sind sogar 50 Prozent der Milchkühe betroffen. Bei den geplanten Maßnahmen zur Wiedervernässung ist eine Weidetierhaltung nicht vorgesehen.“ 

Für die vernässten Flächen werde über die Nutzung so genannte „Paludi-Kulturen“ nachgedacht. Für Krause keine wirkliche Alternative: „Für Sumpfpflanzen wie Elefantengras oder Rohrkolben gibt es bisher nur Nischenmärkte“, so Krause. Teilweise seien deren klimaschädlichen Emissionen sogar höher als bei der Weidehaltung auf Grünland. Er sorge sich auch um den Verlust an Biodiversität bei der Vernässung biologisch hochwertiger Grünlandflächen. „Der Prozess wäre unumkehrbar.“ 

Jansen-Minßen stellte eine Berechnung zu den finanziellen Auswirkungen für die niedersächsischen Küstenregionen dar. Betroffen sein bis zu 208 000 Hektar Fläche. Der direkte Verlust für die regionale Wirtschaft betrage je nach Ausführung der Maßnahmen zwischen 583,1 Millionen und einer Milliarde Euro pro Jahr. Es es droht nach den Worten von Jansen-Minßen der Verlust von 30 115 bis 54 052 Arbeitsplätze. „Der Vermögensverlust durch Abwertung der Flächen beträgt zwischen 2,3 und 2,8 Milliarden Euro“ 

Allein in Friesland gibt es 2500 Hektar ehemaliges Moorland, davon 1800 Hektar Hoch- und 700 Hektar Niedermoor. Aktuell werden im Landkreis auf 28 700 Hektar Dauergrünland rund 36 800 Milchkühe gehalten.

Bis 2045 sollen die gesetzlichen Maßnahmen zur Wiedervernässung der Moore abgeschlossen sein. Bereits bis 2030, so die Planung, werde bei der Vernässung das erste Zwischenziel angestrebt, obwohl, so Katharina Jensen, noch viele Fragen ungeklärt seien. So würde die Wiedervernässung nicht nur landwirtschaftliche Flächen unter Wasser setzen, sondern auch Baugebiete, Gewerbegebiete und ganze Dörfer in tiefen Lagen. „Das Wassermanagement in der Region verändert sich grundlegend.“ 

Für die CDU-Politikerin ist der absehbare Wohlstandsverlust für die Region nicht hinnehmbar: „Wir zerstören die Existenzgrundlage unzähliger Menschen und setzen die Ernährungssicherheit in Deutschland aufs Spiel!“ Für sie kann es eine Transformation der Moorflächen nur mit den betroffenen Menschen der Region geben. Jensen kündigte an, sich im Agrarausschuss des Landtages in Hannover für weitere Forschungen und pragmatische Lösungen einsetzen zu wollen. 

Das Grünlandzentrum hat zu dem Thema eine Fülle von Fakten zusammengetragen, die im Internet abrufbar sind.