Hooksiel/Hohenkirchen (30. 6. 2023) – 30 Jahre lange von Hooksiel nach Hohenkirchen, tagein, tagaus, hin und zurück … Auch wenn sein Unternehmen sich in den zurückliegenden drei Jahrzehnten sehr gut entwickelt hat, ist Tischlermeister Jörg Rehmet (54) noch heute etwas enttäuscht, über die Auskunft, die er Mitte der 1990er Jahre aus dem Rathaus in Hohenkirchen bekommen hat.
„Ein Gewerbegebiet in Hooksiel? Das dauert noch …“ hatte es damals geheißen. „Aber im Gewerbegebiet in Hohenkirchen ist noch ein Grundstück frei. Ein einziges.“ Jörg Rehmet, der seinen 1993 gegründeten Betrieb bis dahin beengt in einer Werkstatt an seinem Eigenheim an der Blumestraße in Hooksiel betrieb, griff zu. Der Umzug in die geräumige Werkstatt samt Fensterlager und Bürokomplex erfolgte 1997. Wenige Monate später wurde das Gewerbegebiet in Hooksiel erschlossen.
Jörg Rehmet ist bis heute überzeugt davon, dass Hooksiel der bessere Standort für seinen Betrieb gewesen wäre. Nicht nur wegen der Fahrerei, die seine Frau Anja, die seit 2002 die Büroarbeit der Tischlerei abdeckt, und er täglich auf sich nehmen. „Hohenkirchen hat so gut wie keine Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr“, sagt Rehmet. Eigentlich führen nur Schulbusse in den zentralen Ort der Gemeinde Wangerland. Selbst der geplante „Bürgerbus“ werde keine Verbindung zwischen Hooksiel und Hohenkirchen schaffen. „Wer bei uns arbeiten will, muss schon direkt vor Ort wohnen.Wer nicht mobil ist, der ist verloren.“
Corona und Energiekrise steuern die Nachfrage
Der Einbau von individuell angepassten und gestalteten Möbeln gehört zu den Kerngeschäften der Tischlerei. Begehbare Kleiderschränke, Schränke unter Dachschrägen und Treppen, Bürogestaltungen, Badmöbel und so weiter. Hinzu kommen der Einbau von Fenstern, Türen und Treppen, Reparaturen aller Art, die Installation von mechanischer Schließtechnik und – gerade während der Corona-Pandemie eine stark nachgefragte Dienstleistung – der Bau von Terrassen-Überdachungen. „Im Moment stehen Energiethemen hoch im Kurs“, sagt Anja Rehmet. „Da rücken bei vielen Menschen die Fenster in den Fokus. Aber es gibt da so Wellen. Nach einer Einbruchsserie wollen auf einmal alle sichere Fenster- und Türschlösser haben.“
Die meisten Kunden der Tischlerei kommen aus dem nördlichen Jeverland, aus Wittmund und Wilhelmshaven. Aber es gibt auch Stammkunden, die sich zum Beispiel in Hohenkirchen gefertigte Möbel nachschicken lassen. „In einem Fall sind Einbauschränke von uns sogar per Container nach Amerika gegangen“, schildert Anja Rehmet. „Aber das sind natürlich Ausnahmen.“
Aktuell beschäftigt die Tischlerei Rehmet neben dem Chef drei Mitarbeiter sowie Anja Rehmet als Bürokauffrau mit Ausbilderschein. Für August ist die Einstellung eines weiteren Mitarbeiters geplant. Offizieller Gründungstag des Betriebes ist der 3. Juli 1993. Als kleines Dankeschön für die Mitarbeiter wird dieser runde Geburtstag mit einem Tagesausflug mit Paddel-Tour auf dem Ems-Jade-Kanal und anschließender Betriebsfeier begangen.
Was Anja und Jörg Rehmet dabei ein wenig schmerzt: Eine Auszubildende oder ein Auszubildender wird nicht zur Runde gehören. Nachdem in den vergangenen Jahren mehrere Anläufe gescheitert sind, vielversprechende junge Leute nach dem Beginn der Lehre dauerhaft für den Beruf zu begeistern, sind Rehmets vom Thema „Ausbildung“ erst einmal abgerückt.
„Ja, Tischler ist ein auch körperlich anstrengender Beruf“, sagt Jörg Rehmet. „Viele Jugendliche wollen heute lieber den Entwurf für Möbel zeichnen als sie selbst zu bauen.“ Das schlechte Image der Hand-Arbeit dürfte neben der schlechten Erreichbarkeit des Betriebes ein Hauptgrund für die schlechte Bewerberlage sein.
Vom Lehrling in Berlin zum Meister in Hooksiel
Für Jörg Rehmet ist das nur schwer zu verstehen. Für ih war nach dem Schulabschluss in Hohenkirchen immer klar, dass er etwas Handwerkliches machen wollte. Schon als Jugendlicher liebt er es, Trecker zu fahren auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Hooksiel bei der Ernte zu helfen. Sein Vater war Handwerker im Heizungs- und Sanitärbereich. Beste Voraussetzungen also für die eigene Lehre. Nur: Lehrstellen gab es Mitte der 1980er Jahre so gut wie keine.
Selbst dadurch ließ sich Jörg Rehmet nicht von seinem Weg abbringen. Er ging nach Berlin und absolvierte seine Tischlerlehre in der überbetrieblichen Ausbildungseinrichtung in der Zitadelle Spandau, in der angehende Handwerker verschiedener Berufe ganze Häuser bauten. Nach drei Gesellenjahre in Berlin absolvierte der Hooksieler die Meisterschule in Hildesheim und qualifizierte sich zusätzlich in Oldenburg zum „Betriebswirt des Handwerks“. Damit waren die Grundlagen für die Selbstständigkeit gelegt. Eine Entscheidung, die Jörg Rehmet bis heute nicht bereut hat. „Das Handwerk hat goldenen Boden – das gilt heute vermutlich so sehr wie selten zuvor.“