Hooksiel (23. 3. 2023) – Das LNG-Regasfizierungsschiff „Höegh Esperanza“ arbeitet noch im geschlossenen Betriebsmodus („closed loop“). Die Umstellung des Betriebes auf den kombinierten Kreislauf („combined loop“) ist nach Angaben von Terminalbetreiber Uniper erst ab einer konstanten Wassertemperatur in der Jade von sechs bis sieben Grad geplant. Temperatur am heutigen Freitag: Sechs Grad.
Im kombinierten Kreislauf wird Seewasser zur Erwärmung des minus 162 Grad kalten Flüssigerdgases eingesetzt. Mit dem Abwasser fließen dann große Mengen Biozide in die Jade. Im geschlossenen Verfahren stellen erdgasbetriebene Dampferzeuger die nötige Wärme zur Umwandlung des LNG in den gasförmigen Zustand bereit.
Gerade die vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) genehmigte Dauerchlorierung zum Schutz des Rohrleitungssystem des Schiffes vor dem Bewuchs durch Muscheln und Seepocken sorgt seit Betriebsaufnahme der FSRU (Floating Storage and Regasification Unit) für Proteste. Die Sorge: Biozide schon in geringer Dosierung könnten Mikroorganismen und damit Flora und Fauna im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer schädigen.
Mit entsprechender Erleichterung war die zuerst auf „Hooksiel-Life“ veröffentlichte Ankündigung von Uniper aufgenommen worden, dass man aktuell nach chlorfreien Antifouling-Methoden sucht. Im Rahmen des in der Betriebsgenehmigung enthalten „Minimierungsgebots“ werden bis zum dritten Quartals Alternativen geprüft – unter anderem eine von Umweltschützern favorisierte Ultraschall-Methode.
Bund finanziert Umrüstung des LNG-Frachters
Der Bund als Auftraggeber der LNG-Importe hat zugesagt, die Kosten für die notwendige Umrüstung der „Höegh Esperanza“ übernehmen zu wollen. Mehr noch: Nach Informationen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) fordern die Mitglieder des Haushaltsausschusses des Bundestages ausdrücklich das Ende der Biozid-Einleitungen in die Jade.
Allerdings gelangen auch schon im geschlossenen Betriebsmodus von der am Anleger am Voslapper Groden liegenden FSRU Biozide in die Jade. Uniper verweist gegenüber „Hooksiel-Life“ auf die „wasserrechtliche Erlaubnis des NLWKN“ vom 16. Dezember 2022. Seit Aufnahme des Betriebes werde danach „durch Elektrolyse von Seewasser erzeugtes Natriumhypochlorit in die Jade eingeleitet“. Die Chlordosierung bewege sich im Rahmen der Genehmigung, also von 0,1 bzw. 0,2 Milligramm/Liter. Wie andere Frachtschiffe auch benötigt die „Höegh Esperanza“ Seewasser auch für ihr Kühlsystem, als Lösch- und Ballastwasser, das ebenfalls im chloriert wird. „Im ,closed loop‘-Modus werden etwa 6500 Kubikmeter/Stunde eingeleitet“, bestätigt Uniper.
Monitoring läuft schon seit Dezember 2022
Das Monitoring, mit dem etwaige Auswirkungen der Elektrochlorierung an Bord der FSRU auf die Jade festgestellt werden sollen, laufe bereits seit Dezember 2022 – gemäß der Auflagen der wasserrechtlichen Erlaubnis in Abstimmung mit der Überwachungsbehörde, so Uniper. „Ergebnisse sollen veröffentlicht werden, sobald komplette Messreihen über einen längeren Zeitraum für alle Betriebsweisen vorliegen.“ Die bisher gemessenen Daten würden laufend an die Überwachungsbehörde übermittelt.
Auch wenn ein Ende der Dauerchlorierung für die LNG-Regasifizierung absehbar ist: Umweltschutzverbände wie die DUH, der BUND und der Nabu sehen den Aufbau einer aus ihrer Sicht überdimensionierten Import-Infrastruktur für Flüssigerdgas, für den der Bund über zehn Milliarden Euro bereitstellt, skeptisch. Ein Kritikpunkt: Die Abhängigkeit vom russischen Pipelinegas werde in gewissem Umfang durch eine Abhängigkeit von LNG-Importen aus den USA abgelöst.
In den Vereinigten Staaten wird das Gas durch die umweltschädliche Fracking-Methode gewonnen. Auch bei seiner Umwandlung in LNG und dessen Verschiffung werden die Anwohner, Umwelt und lokale Wirtschaft am Golf von Mexiko im US-Bundesstaat Louisiana massiv belastet. Einen Eindruck davon vermittelte in dieser Woche Anne Rolfes, Direktorin der Umweltschutzorganisation Louisiana Bucket Brigade. Die Aktivistin aus New Orleans war auf Einladung der Sprecherin der „Netzwerk Energiedrehscheibe“, Stefanie Eilers (Nabu Wilhelmshaven), an die Jade gekommen.
Amerikanerin berichtet von Öko-Schäden
Vom Hooksieler Außenhafen aus warf Anne Rolfs einen Blick auf das erste deutsche LNG-Terminal. Nach einem Besuch der Gasspeicherkavernen in Etzel (Friedeburg) sprach sie in Wilhelmshaven über die Auswirkungen der LNG-Exporte auf ihre Heimatregion. Der Schiffsverkehr zu und der Bau von bis zu zehn LNG-Exportterminals beeinträchtige die Küstenfischerei massiv. Durch das Abfackeln von Gas würden Unmengen von klimaschädlichem Methan freigesetzt und die Anwohner etwa durch krebserregende Benzole bedroht. An der Finanzierung dieser Industrien seien auch deutsche Banken beteiligt. Rolfes bezweifelt ebenso wie das „Netzwerk Energiedrehscheibe“, dass die deutschen und die globalen Klimaziele mit der Umrüstung auf LNG zu erreichen sind.
Zu weiteren Sorgen und Bedenken von Umweltschützern zum Wilhelmshavener LNG-Terminal hat Uniper gegenüber „Hooksiel-Life“ Stellung bezogen. Unzutreffend sei der Verdacht, dass die Seewasser-Ansaugklappen der „Höegh Esperanza“ nicht vergittert seien. „Vor den Öffnungen zu den Einlassbecken befinden sich Gitter“, beteuert eine Uniper-Sprecherin.
Fische werden von Ansaugstutzen vergrämt
Wie viele Meeresbewohner durch den Ansaugprozess getötet werden, wisse man nicht genau. Dazu seien auch in den Umweltgutachten im Rahmen des Antragsverfahrens nur Schätzungen, beruhend auf groben Annahmen und begrenzter Datengrundlage, vorgelegt worden. Als Vergleich seien zum Beispiel die Organismenverluste an den den Ansaug-Vorrichtungen der Kraftwerke an der Jade herangezogen worden.
Auf Grundlage der Gutachten habe Uniper „eine entsprechende Kompensation geleistet, mit der adäquate Ausgleichsmaßnahmen für die Verluste realisiert werden können“. Die Betreiber seien zudem verpflichtet worden, „die technischen Möglichkeiten zur Vergrämung von Fischen weitergehender zu prüfen und im Hinblick auf die FSRU darzulegen“. „Die Untersuchungen der Umweltexperten hierzu laufen“, sagte die Uniper-Sprecherin gegenüber „Hooksiel-Life“. Kleinstlebewesen, die durch die Einlassgitter gelangen, würden im Seewasser vor den Filtern aufgefangen. „Das anfallende Biomaterial wird fachgerecht an Land entsorgt.“
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