Klima-Hilfe in vielen kleinen Schritten – damit die Urlauber nicht weglaufen

Anna Goldenstein
Arbeitet an Konzepten, die die Urlaubsorte im Wangerland und in der ganzen Region nachhaltig stärken sollen: WTG-Managerin Anna Goldenstein. Foto: hol

Hooksiel/Wangerland (5.1.2023) – Achtung, Bäckerei-Filialisten! Wenn in den nächsten Tagen eine Kundin ihren Laden betritt und „einem Kaffee zum Mitnehmen!“ bestellt, lassen Sie die Einwegplastik-Becker am besten gleich stecken. Die junge Frau würde Sie ohnehin nach einem ordentlichen Trinkgefäß fragen, das Sie laut der seit Beginn dieses Jahres geltenden „Mehrweg-Angebotspflicht“ vorhalten müssen.

Mein Ratschlag: Diskutieren Sie nicht. Die junge Frau hat Recht und sie hat jede Menge Ahnung. Sie heißt Anna Goldenstein und ist seit einigen Monaten Nachhaltigkeitsbeauftragte der gemeindeeigenen Wangerland Touristik GmbH. 

Der Kaffee, den die WTG an ihre eigenen Gäste ausschenkt, ist fair gehandelt, damit auch Kleinbauern etwas davon haben, die in Peru, Honduras oder Brasilien die Kaffeeplantagen betreiben. Die Vermeidung und Trennung von Müll gehört bei dem Touristikunternehmen ebenso zum guten Ton, wie der sparsame Papierverbrauch – frei nach dem Motto: Weniger Drucker = weniger Ausdrucke!

Energieeffizienz im Büro, die Installation von LED-Leuchten und natürlich auch der Verzicht auf unnötige Autofahrten. Wo immer es geht sollen (und wollen) die WTG-Mitarbeiter kürzere Strecken statt mit dem Auto mit dem Rad oder zu Fuß zurücklegen, sagt Anna Goldenstein. Und noch eine weise Entscheidung hat sie schon auf den Weg geraucht: Die Abschaffung von Zigaretten-Automaten am Strand. Weggeworfene Zigaretten-Kippen verdrecken die Strände und bedrohen das Meer. 

Für die 25-Jährige, die an der Jadehochschule Wilhelmshaven Wirtschaft studiert hat, stehen beim Tausendsassa-Begriff Nachhaltigkeit vor allem die ökologischen, ökonomischen und die sozialen Aspekte im Vordergrund. Firmenintern setzt sie auf sanfte Überzeugungskraft. So wie beim „Schritte-Wettbewerb“ unter den Kollegen. Wer am Tag wie viel Schritte zurücklegt, ist nicht nur unter gesundheitlichen Aspekten von Bedeutung, sondern auch klimarelevant – wenn das Auto dafür einmal stehen bleibt. Und so ein Wettbewerb kann auch noch Spaß machen …

Larissa Strangmann, Marketingchefin der WTG, ist davon überzeugt, dass Nachhaltigkeit für den Tourismus am Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer zunehmend wichtig wird. Immer mehr Menschen wollen im Einklang mit Natur- und Klimaschutz ihren Urlaub genießen. Da hätte auch die überragend positive Reaktion auf die Premiere des „Deichleuchtens“ zu Silvester (Fackeln statt Böller und Raketen) gezeigt. 

Insofern kümmert sich Anna Goldenstein neben dem Müll der Kollegen auch um die Nachhaltigkeit im Großen – um Konzepte für die ganze Destination, nicht nur bei der WTG, sondern auch bei den Leistungsanbietern wie Hoteliers, Vermieter, Restaurants etc. Zunächst wolle man den Status-Quo feststellen. Wo steht das Wangerland eigentlich, auch im Vergleich zu anderen Destinationen an der Nord- und Ostseeküste? „Und dann kommt die Frage: Wohin soll die Reise gehen? Was wollen die Gäste?“, beschreibt die Jung-Managerin ihren Weg. 

Ein Thema sei dabei die Ladeinfrastruktur für Elektroautos und -räder. Oder auch die Verbesserung der Radwege, die nicht alle die erforderlich Breite für die Begegnung von Fahrrädern mit Kinderanhängern oder etwa Lastenrädern haben.Weitere Hinweise auf Verbesserungsbedarfe erhofft sich die 25-Jährige von den Leistungserbringern, die ihr Ohr direkt an den Urlaubsgästen haben. Darüber hinaus sieht sie sich gut vernetzt in interkommunalen Arbeitsrunden, die allesamt an diesen Fragestellungen arbeiten. 

Ein ganz eigenes Thema, für das Anna Goldenstein die Kompetenzträgerin der WTG ist: Die Förderfähigkeit von Projekten. Die tatsächlichen Hilfen, die oft über das Ja oder Nein eines Vorhabens entscheiden, sind im Dickicht von Landes- oder Bundesverordnungen nicht immer einfach zu entdecken.

Zurück zur Mehrwegangebotspflicht: Das neue Gesetz betritt natürlich nicht nur Plastik-Kaffeebecher. Es schreibt allen gastronomischen Betrieben, Restaurants und ähnlichen Verkaufsstellen, die Essen oder Getränke außer Haus anbieten, vor, für diese Angebote zumindest eine Mehrweg-Alternative zu „Einwegkunststofflebensmittelverpackungen“ (so präzise formuliert der Gesetzgeber) vorzuhalten; etwa Porzellanbecher oder Essensboxen samt ordentliches Besteck, gern gegen Pfand,aber nicht teurer als die Einweg-Variante. So soll der Berg an Plastikmüll eingedämmt werden, der auch die Meere belastet. Für Anna Goldenstein ist das Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung.

Eine Gefahr, dass die neuen Auflagen für Geschäfte oder auch Freiluftveranstalter im Wangerland in Not bringen könnten, sehen die WTG-Managerin nicht. „Es geht auch ganz ohne Einwegplastik, sagen Anna Goldenstein in Larissa Strangmann. „Bester Belegt dafür ist unser Friesen-Festival.“