SDN: Industrialisierung der Nordsee gefährdet Weltnaturerbe-Status

Hooksiel/Varel (5. 10. 2023) – Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) warnt davor, den Status UNESCO Weltnaturerbe für den Nationalpark Wattenmeer leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Es sei zu befürchten, dass die Offshore-Zubauten wesentlich dazu beitragen, die südliche Nordsee auf See, und in der Folge auch das Wattenmeer, zu „Industriebrachen“ umzufunktionieren. „Dabei leben wir doch in einer Zeit voller Veränderungen, die uns zwingt, mit unseren Schutzgütern besonders sorgsam umzugehen“, mahnt Varels Bürgermeister und SDN-Vorsitzender Gerd-Christian Wagner. 

Die Schutzgemeinschaft verweist auf die 2009 erfolgte Aberkennung des Elbtales von Dresden als Welterbestätte. „Und jetzt ist aufgrund einer weitgehenden Planlosigkeit in Sachen Natur-Schutz auch noch unser Wattenmeer direkt davon bedroht.“ So müsse die jüngste UNESCO-Warnung zur Öl- und Gasförderung im Weltnaturerbe Wattenmeer als Weckruf verstanden und entsprechend ernst genommen werden. Aus Sicht der SDN ist der Welterbe-Status des Wattenmeers nicht mit einer dort oder in seiner unmittelbaren Nähe stattfindenden Rohstoffgewinnung und einem unübersehbar großen Bau- sowie Wartungsbedarf von Infrastruktur für erneuerbare Energien vereinbar.

„Wir müssen uns für einen verstärkten Schutz zur Bewahrung des natürlichen Wattenmeers einsetzen,“ betont Kapitän Ulrich Birstein, zweiter SDN-Vorsitzender, mit Blick auf die steigende Zahl von Offshore-Windparks. Der auf See produzierte Strom müsse ja an Land gebracht werden – und das ginge dann immer durchs Wattenmeer.

„In ersten Fachgesprächen hieß es, dass mit mindestens 32 Kabelverlegungen nebst Kontrollen, Wartung, Reparatur und wieder Abbau zu rechnen wäre, wenn das aktuelle Ausbauziel allein für die deutsche Küste eingehalten werden sollte,“ so Birstein. „Hinzu kommen dann noch Ergas-Förderinteressen, LNG-Anlandungen, militärische Übungen, CO2-Transport und Einlagerung, Öl-Förderung wie -Explorationen und zu allem Überfluss auch noch zunehmende Gefahren für Schiffshavarien, da die Schifffahrtswege auf See immer weiter eingeengt werden.“

Ganz ohne Offshore-Windkraft werde es angesichts der Energiekrise nicht gehen, räumt Birstein ein. „Allerdings stellt sich dabei die Frage nach Sinn und Unsinn von Menge und Größe der Vorhaben – und ganz besonders nach deren Auswirkungen auf den Lebensraum Wattenmeer und seine Bewohner.