Nach Kostenexplosion: Gemeinde will ihre Touristik-Tochter WTG absichern

Wangerland/Hooksiel (14. 11. 2024) – Die Gemeinde Wangerland will der gemeindeeigenen Wangerland Touristik GmbH finanziell unter die Arme greifen. Wie Bürgermeister Mario Szlezak heute mitteilte, erwäge man, der WTG kurzfristig ein Darlehen in Höhe von 1,1 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Damit solle die Handlungsfähigkeit der Touristik-Tochter in der entscheidenden Phase der Baukostenprüfung für das Thalasso Meeres Spa (TMS) sichergestellt werden.

Der Kredit soll durch ein rund 4.700 Quadratmeter großes Grundstück hinter dem Meerwasser-Hallenwellenbad Hooksiel abgesichert werden. Der Vorschlag werde am kommenden Montag, 18. November, der Gesellschafterversammlung der WTG, identisch mit dem Gemeinderat, zur Entscheidung vorgelegt.

Millionen-Kredit für die WTG

„Diese Unterstützung ist notwendig, um die WTG in dieser herausfordernden Phase zu stabilisieren“, so Szlezak. „Das TMS ist ein wichtiges Projekt für die touristische Zukunft unserer Region und durch die Darlehenslösung wird die Handlungsfähigkeit der WTG gewahrt.“ 

Hintergrund ist die Kostenexplosion beim Bau des TMS von ursprünglich 8,7 über 14 auf zuletzt geschätzte 23 Millionen Euro. Die definitive Höhe der Baukosten steht noch nicht fest, da aktuell erst für zwei der gut 20 Gewerke Abschlussrechnungen vorliegen. Finale Zahlen werden für das erste Quartal 2025 erwartet.

Die Gemeinde bestätigt mit der Stellungnahme im Kern einen Bericht des „Jeverschen Wochenblatt“ vom heutigen Tag. Allerdings, so der Bürgermeister, könne von der dort angeführten drohenden Insolvenz keine Rede sein.

Unternehmen hat stille Reserven

Diese Einschätzung teilt auch der Hooksieler Ratsherr Holger Ulfers. „Die WTG besitzt viele Vermögenswerte in Form von Gebäuden und Grundstücken.“ Von einer Überschuldung könne trotz der zusätzlichen Belastungen durch die Mehrkosten beim Thalasso-Zentrum keine Rede sein, so der SPD-Fraktionsvorsitzende gegenüber „Hooksiel-Life“.

„Die WTG verfügt zusätzlich über erhebliche stille Reserven in Form von weiteren Grundstücken und Gebäuden, die bei Bedarf aktiviert werden können“, bestätigt Wirtschaftsprüfer Tobias Kersten von der Fides Corporate Finance GmbH (Bremen), der in der Erklärung der Gemeinde zitiert wird. „Unser aktueller Ansatz ist der Aufbau eines nachhaltigen Finanzierungskonzepts, das auch eine langfristige Sicherung der Vermögenswerte und eine stabile Finanzbasis beinhaltet“.

Wirtschaftsprüfer umreißen Risiken

Dennoch: Um sich keiner insolvenzrechtlichen Verfehlungen schuldig zu machen, hatte WTG-Geschäftsführer Armin Kanning in Absprache mit der aus Gemeindevertretern bestehenden Lenkungsgruppe des Unternehmens die Fides beauftragt, die finanzielle Lage der WTG umfassend zu prüfen und mögliche Risiken frühzeitig zu identifizieren. Diese Prüfung habe ergeben, so Szlezak, dass die WTG bis Ende des Jahres mit voraussichtlich einer Liquiditätslücke von etwa 1,1 Millionen Euro rechnen müsse. Im ungünstigsten Fall könnten mit dem kommenden Geschäftsjahr insgesamt bis zu drei Millionen Euro erforderlich sein, um alle Verpflichtungen zu decken. 

Die selbst auch finanziell nicht auf Rosen gebettete Gemeinde will ihre Tochter durch den finanziellen Engpass führen, ohne selbst dafür neue Kredite aufnehmen zu müssen. Man gehe davon aus, so Kämmerer Arthur Wichmann, dass die WTG den Kredit von der Gemeinde zeitnah zurückzahlt. Den Spielraum für die Liquiditätssicherung bieten die Steuereinnahmen, die Quartalsweise in die Gemeindekasse fließen, das nächste Mal am 15. November. Erst im Sommer hatte die Gemeinde der WTG einen Kredit über 4,3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Rat für Bauleitplanung am Hallenbad zuständig

Es sei völlig abwegig zu denken, so Ulfers, dass die Gemeinde ihre Tochter in einer derart schwierigen Situation allein lassen könnte, zumal man einen Betrauungsakt beschlossen habe. Noch sei die WTG zahlungsfähig. Das solle auch so bleiben. Mittel- und langfristig müsse aber eine Finanzstrategie für die Touristiktochter entwickelt werden, bei der Einnahmen und Ausgaben im Einklang stehen. Zu dieser Strategie könnte auch der Verkauf von Grundstücken gehören, vielleicht auch Verkäufe an die Gemeinde Wangerland. Klar sein müsse dabei, so Ulfers, dass die Bauleitplanung Aufgabe der Gemeinde ist. Soll heißen: Die WTG kann nicht einfach Grundstücke an Investoren verkaufen, deren Baupläne noch nicht von der Politik im Rathaus abgesegnet worden sind.

Das Grundstück hinter dem Hallenwellenbad hat laut eines Gutachtens einen Wert von rund einer Million Euro. Es gilt als mögliche Fläche für den Bau weiterer Ferienwohnungen – vorausgesetzt, der Gemeinderat stellt einen entsprechenden Bebauungsplan auf. „So weit sind wir aber noch lange nicht“, sagte Ulfers. „Eigentlich wollen wir nach einer Nutzung suchen, die die Existenz des Hallenwellenbads absichert.“