Menschenkenntnis vom Berliner Bahnhof hilft im Kiosk in Hooksiel

Julian Dreßel
Auf dem Weg zum Kaufmann im Einzelhandel: Julian Dreßel, Auszubildender im Kiosk Dekana. Foto: hol

Hooksiel (6. 3. 2024) – Studiere ich oder mache ich lieber eine Ausbildung? Und wenn ich studiere, was denn eigentlich? Viele junge Menschen quälen diese Fragen am Ende ihrer Schulzeit. Einer, dem das genauso ging, war Julian Dreßel. Der 23-jährige Abiturient hat nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) an der Grundschule Hooksiel im vergangenen Sommer eine Ausbildung als Einzelhandelskaufmann beim Frische-Kiosk Dekena begonnen. 

Von Berlin an die Küste

Als Abiturient auf dem Weg zum Kaufmann im Einzelhandel? Für Julian Dreßel fühlt sich das richtig an. Genau so wie der Weg an die Küste: Geboren in Weimar, Kindheit in Erfurt, aufgewachsen in Berlin war der reiselustige junge Mann nach der Schulzeit etwas orientierungslos. Er reiste um die halbe Welt. Neuseeland, Thailand, Amerika, viele europäische Länder. „Weltanschauung kommt von Welt anschauen, hat mein Geografielehrer immer gesagt“, erinnert sich Julian Dreßel.

Das Geld für seine Unternehmungen hat er sich selbst verdient. „Ich habe seit meinem 16-Lebensjahr gearbeitet. Unter anderem in Cuccis-Shops auf Berliner Bahnhöfen … .“ Über 100 Kunden in der Stunde, hier ein Snack, da ein Bier oder anderes Reiseproviant. Unterschiedlichste Menschen im Minutentakt, vom Professor bis zum Junkie. Eine echte Schule fürs Leben – und für den Beruf des Einzelhandelskaufmanns.

Das erkannte Julian Dreßel aber erst auf den zweiten Blick. Mit einer Sozialpädagogin als Mutter lag der Berufswunsch Lehrer näher. Durch Bekannte wurde er auf eine freie FSJ-Stelle in Hooksiel aufmerksam – merkte aber schnell: „Lehrer ist nicht das Richtige für mich.“ 

Von der Aushilfe zum Azubi

Schon während des Schnupper-Jahres an der Grundschule jobbte Julian Dreßel im Kiosk, fühlte sich dort anerkannt und wertgeschätzt. Zudem lernt es jede Menge Menschen kennen – Urlauber und Einheimische, jüngere und ältere, gefühlt halb Hooksiel. „Der Kiosk im Ortskern ist ja nicht nur eine kleiner Supermarkt, er ist eine echte Institution im Ort, ein Anlaufpunkt für jedermann.“

Als Kiosk-Betreiber Jens Dekena seiner Aushilfskraft dann eine Lehrstelle anbot, schlug Julian Dreßel zu. Als Abiturient kann er die Lehrzeit von drei auf zwei Jahre verkürzen. Aber dass er wieder einmal in der Woche in der Berufsschule in Jever die Schulbank drücken muss, sei schon gewöhnungsbedürftig. Einkauf, Warenkunde von der Annahme bis zur Lagerung und Präsentation, Preiskalkulation, das weite Feld des Marketings und des Online-Handels. Der angehende Kaufmann im Einzelhandel muss so einiges lernen. 

Pädagogischer Blick

Wo ihm aber schon jetzt keiner etwas vormachen kann, ist der Bereich Menschenkenntnis und freundlicher Umgang mit Kunden. Sein pädagogisch geschulter Blick kommt ihm dabei beim Umgang mit Kinder und Jugendlichen zugute. Vielen jungen Leuten in Hooksiel fehle es an Perspektive und sinnvollen Beschäftigungsmöglichkeiten vor Ort, sagt Julian Dreßel. Er möchte daran mitwirken, dass sich das ändert. Er könne sich gut vorstellen, auch nach dem Abschluss seiner Lehre in Hooksiel zu bleiben. Vielleicht werde er mit der kaufmännischen Grundlage doch noch etwas studieren; oder es ergebe sich vielleicht auch eine Perspektive im Einzelhandel. 

Anmerkung: Wir stellen auf „Hooksiel-Life“ in loser Folge Auszubildende und Ausbildungsstellen vor, die in Hooksiel angeboten werden. Bisher vorgestellte Berufe: Medizinische Fachangestellte.

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