Können digitale Sensoren die Urlauber wirklich steuern?

Strand Hooksiel
Bei leicht bedecktem Himmel ist am Strand von Hooksiel immer ein Plätzchen frei.Foto: Bildwerfer-Fotografie

Hooksiel/Wilhelmshaven (8.12.2022) – Das „digitale Besuchermanagement-System“ ist ein Erfolg. Davon jedenfalls ist der Tourismus-Dachorganisation „Die Nordsee GmbH“ mit Sitz in Wilhelmshaven überzeugt, die für die Urlaubsdestinationen an der niedersächsischen Nordseeküste agiert. Seit Mai dieses Jahres werden in Butjadingen, Wangerland und Wilhelmshaven mittels Sensoren Bewegungsdaten gesammelt, um Informationen zur Auslastung etwa von Stränden, Parkplätzen oder Freizeiteinrichtungen ausspielen zu können.

Gäste können auf den Internetseiten der Destinationen, über einen digitalen Reiseführer (Web-App) oder an digitale Informationsstelen in den Orten die jeweilige Auslastung ihres Ziels erkunden. Als Wegweiser fungiert ein Ampelsystem. Leuchtet die Ampel rot und die Auslastungsgrenze ist erreicht, werden den Gästen Alternativen angezeigt. 

„Die Nordsee“ sieht den Erfolg des Systems durch erst Zahlen belegt. „Seitdem die Auslastungsanzeigen in Butjadingen und Wangerland online sind, ist die Website-Nutzung der Orte bis zu 300 Prozent gestiegen“, heißt es. Allein die entsprechende Seite der Wangerland Touristik habe in den vergangenen für Monaten über 200 000 verzeichnet.

„Die Zahlen belegen das, was wir vor Ort deutlich spüren: Seit Einführung des Systems verteilen sich die Gäste gleichmäßig auf die touristischen Points of Interest, die touristisch relevanten Angebote vor Ort. So können wir lange Wartezeiten oder volle Parkplätze für unsere Gäste vermeiden“, sagt Sonja Janßen, Geschäftsführerin der Die Nordsee GmbH. Ein weiterer erfreulicher Aspekt sei, dass vorher weniger besuchte Orte seit Start der Besucherlenkung ein deutlich höheres Besucheraufkommen zeigen würden. „Es ist genau das eingetreten, was wir uns erhofft haben, nämlich eine Entzerrung touristischer Hotspots und ein Durchbruch für bisher unentdeckte Ausflugsziele und reizvolle Landschaften abseits der Küste“. 

Skeptiker bezweifeln, ob die digitalen Sensoren wesentlich größere Erkenntnisse bringen als analoge Steuer-Mechanismen: Bei schönem Wetter sind die Strände voll (und zwar meist alle), bei bedecktem Wetter könnte es in Bädern und Museen eng werden. Ob sich die positiven Einschätzungen der „Nordsee GmbH“ zu den Möglichkeiten der Besucherlenkung dauerhaft bestätigen, bleibt abzuwarten.

Allerdings: Armin Kanning, Geschäftsführer der Wangerland Touristik GmbH, weist auf einen anderen Effekt des Besuchermanagement-Systems hin. „Das neue Gold sind Daten – auch im Tourismus, und vor allem in der Veranstaltungsplanung“, sagte Kanning im Gespräch mit „Hooksiel-life“. Die von den Sensoren erfassten Besucherdaten könnten auch für interne Auswertung und für Veranstaltungsplanungen genutzt werden. Funktioniert das „Schollenbraten im Watt“ auch bei Regen? Ist ein Konzert im Hinterland genau so attraktiv wie in einem Urlaubsort? Wie gut werden klassische Volksfeste überhaupt noch angenommen? Von mit Daten unterlegten Antworten auf derartige Fragen verspricht sich Kanning unter anderem Hinweise darauf, wie sich die Urlaubssaison an der Küste verlängern lässt.

Das Besuchsmanagement-System war Teil der „Digitalisierungsstrategie Corona für die niedersächsische Nordseeküste“, das mit knapp 1,3 Millionen Euro vom Land gefördert wurde. Zu dem Paket gehört auch die Einführung einer digitalen Gästekarte.