Kommunaler Umweltschutzverband fordert Verbot von CO2-Speicherung

Hooksiel/Varel (2. 2. 2024) – Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste e.V. (SDN) warnt vor der geplanten Verpressung von CO₂ unter dem Nordseegrund. Um eine Treibhausgas-Neutralität für Deutschland zu erreichen, sei die für Mensch und Natur hoch riskante CCS-Technologie nicht erforderlich.

„Mit der Absicht, Kohlendioxid unter der Nordsee deponieren, bahnt sich – neben der Verklappung von Baggergut – eine weitere Art der Müllbeseitigung in dem maritimen Lebensraum an“, befürchtet Gerd-Christian Wagner, Bürgermeister von Varel und SDN-Vorsitzender. Dabei hätten Studien bereits gezeigt, dass das Abscheiden und Verpressen von CO2 für das Erreichen der Klimaziele in Deutschland nicht erforderlich ist.

IndustrieeCO2missionen
Die Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste warnt vor Plänen, CO2-Emissionen an Industriebetrieben abzuspalten, um das klimaschädliche Gas dann unter der Nordsee zu verpressen. Foto: SDN

Ebenso wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt die SDN mit Blick auf die für nächste Woche geplante Veröffentlichung der CO2-Strategie der EU-Kommission die Bundesregierung und die EU vor einem Irrweg in der Klimaschutzpolitik. Ziel müsse es sein, die Entstehung von Klimagasen zu vermindern und nicht, sie für Generationen unsicher sowie kosten- und energieintensiv einzulagern. Die Nordsee sei schon heute bei weitem als Industriegebiet übernutzt. CCS (Carbon Capture an Storage) gilt als Möglichkeit, gerade CO2-intensive Betriebe etwa in der Zement- oder Stahlindustrie schnell klimafreundlicher erscheinen zu lassen.

Die SDN habe schon im Jahre 2011 eine Resolution gegen die Ablagerung von Kohlendioxid aus Kraftwerken und Industrie im Meeresboden unter Nord- und Ostsee verabschiedet. „Industrieabfall im Untergrund zu verpressen, ist gefährlich und umweltschädlich – gleichgültig, ob an Land oder auf See“, betont die kommunale Umweltschutz-Organisation mit Sitz in Varel in einer Pressemitteilung. Die CCS-Technik, für die sich unter anderem auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) stark macht, gehöre komplett verboten. 

Das Abscheiden des Gases, sein riskanter Transport durch Pipelines, per Schiff, Schiene oder über Straßen zum Speicherort und das Verpressen in den Untergrund verursache zudem einen enorm Energieaufwand und hohe Kosten. Außerdem würden riesige Flächen für ein Netz von Abscheidungsanlagen, Pipelines, Zwischenspeichern, Umladestationen und Häfen verbraucht. Hinzu komme noch das Risiko einer Leckage mit lebensgefährlichen Auswirkungen auf das Grundwasser, den Boden und angrenzende Lebensräume. Und auch ein technisch noch so versiertes Monitoring könne einen Unfall lediglich feststellen, aber nicht verhindern.

„Es muss allen Beteiligten bewusst sein, das ein solch technisches Verfahren nicht ausreichen kann, die von Menschen vollzogene Vermüllung der Atmosphäre zu beseitigen”, so Wagner. Weitaus erfolgversprechender sei es, einfach weniger neues CO₂ zu produzieren.

Dass sich aktuell immer mehr Energiekonzerne mit Blick auf große deutsche und EU-Klimaschutz-Fördertöpfe mit milliardenschweren Investitionsideen zur CO₂-Verpressung zu Worte melden, trüge auch nicht zu seiner Beruhigung bei, so der SDN-Vorsitzende. Man sehe hier offensichtlich einen Markt mit hohen Wachstumsraten. So sei etwa eine rund 900 Kilometer lange Pipeline von Wilhelmshaven aus durch die Nordsee nach Norwegen geplant, die noch vor 2032 in Betrieb gehen soll und jährlich mit 20 bis 40 Millionen Tonnen CO₂ etwa 20 Prozent der gesamten deutschen Industrie-Emissionen transportieren könne. 

„Der Bau neuer Unterwasser-Pipelines würde die Nordsee und das Wattenmeer mit Flächenverbrauch, Lärmbelastung sowie Leckagegefahr noch ein Stück mehr zum lebensfeindlichen Industriegebiet degradieren“, warnt Wagner. Der SDN-Vorsitzende rät stattdessen dazu, die immensen Fördergelder zum Beispiel für Energieeinsparungen im Gebäudebereich, Energiemanagement der Industrie, Kreislaufwirtschaft, Ressourcen-Verbrauchsminderung, Substitution sowie Dekarbonisierung zu verwenden.