Hooksiel (20. 4. 2023) – Das Bäckerhandwerk ist im Umbruch. Und das schon seit Jahren. Den Strukturwandel hautnah miterlebt hat der Hooksieler Bäckermeister Thomas Ulfers, Bäcker in fünfter Generation und als Geschäftsführer der Bäckerei Ulfers-Eden verantwortlich für 125 Beschäftigte.
Die Zahl der Bäckereien hat in den vergangenen Jahrzehnten rapide abgenommen. Dafür seien die einzelnen Einheiten größer geworden, berichtete Ulfers in einem Vortrag vor dem Männerkreis der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Wangerland, der von seinem Bruder Herbert geleitet wird. Aktuell hätten die Bäckerinnungen Oldenburger Münsterland und Oldenburger Land (einschließlich der ehemals eigenständigen Innungen Friesland und Wilhelmshaven) ihre Fusion beschlossen. Die Zahl der insgesamt davon betroffenen Betreibe: gerade einmal 44.
Um 2500 vor Christi Geburt soll das erste Brot gebacken worden sein. Seit gut 800 Jahren existieren Zünfte als Vorläufer der heutigen Innungen, die Regeln zu Preisen und Löhnen fürs Bäckerhandwerk aufgestellt haben. Und seit 1874 gibt es eine Bäckerei Ulfers. Wie Thomas Ulfers sagte, habe damals sein Ur-Ur-Großvater Johann Ulfers in Minsen eine Bäcker-Witwe geheiratet.
Einer der drei Söhne der Familie, Weert Ulfers, habe sich dann in Hooksiel niedergelassen. Einer von zwei Brüdern, ebenfalls selbstständiger Bäcker, habe seinen Betrieb damals gegen ein Karussell eingetauscht. „Auch das ist eine Entscheidung …“.
Weert Ulfers baute seine Bäckerei als echten Familienbetrieb in einem ehemaligen Schlachtergeschäft in unmittelbarer Nähe zum Hooksieler Sieltor auf. Als Weert Ulfers 1916 zum Kriegsdienst (Erster Weltkrieg) eingezogen wurde, habe sein damals erst 16-jähriger Sohn Johann die Leitung übernommen.
Die Technik hat die Arbeit in der Backstube verändert
1928 wurde mit Werner Ulfers, dem Vater des Referenten, der Statthalter der nächsten Generation geboren. Thomas Ulfers übernahm mit seiner Frau Britta 1992 das Unternehmen, dessen Hauptsitz inzwischen an die Lange Straße verlegt worden war. Und mit Jörn Ulfers gebe es bereits einen designierten Nachfolger. Der Bäckermeister und aktuelle Mitgeschäftsführer gehöre zur Familie, wenn auch nicht in gerader Linie: Er ist der Enkel eines Vorfahren, der sich als Bäcker in Schortens niedergelassen hat.
Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit. Diesen ökonomischen Lehrsatz hat die Bäckerei-Ulfers stets beherzigt. „Schon mein Uropa war sehr fortschrittlich“, schildert Thomas Ulfers. Mit der Investition in einen Dampfbackofen konnte sich der Betrieb schon 1928 „Dampfbäckerei“ nennen. 1929 wurde in die erste Knetmaschine investiert, die noch mit Pferdekraft angetrieben wurde. 1951 schaffte man sich einen „Goliath“ an, ein Auto mit drei Rädern. Zuvor waren die Waren noch mit Pferd und Wagen ausgeliefert worden.
Neue Technik hat auch die Arbeit in den Backstuben verwandelt. Bis Anfang der 1970er Jahre sei der Backofen noch von hinten mit Torf und Holzbriketts befeuert worden, schilderte Ulfers. 1971 schaffte man sich einen modernen Ofen an, der bis 1999 an der Langen Straße in Betreib war. „Als wir den ausgetauscht haben, standen meinem Vater die Tränen in den Augen.“
Bis zum Jahr 2001 war die Bäckerei Ulfers ein rein Hooksieler Unternehmen mit drei Verkaufsstellen. Heute gehören zur Bäckerei und Konditoren Ulfers-Eden 14 Filialen im Raum Jever, Schortens, Wittmund und Wangerland, von denen elf ganzjährig geöffnet haben. In der Produktionszentrale in Jever, in der ein Drittel der 125 Mitarbeiter Brötchen, Brot und Kuchen produzieren, ist der Computer nicht mehr wegzudenken. Bäcker geben Rezepturen, Backplan und Knetzeiten in den Rechner ein, der die Mengen der Zutaten berechnet und zum Beispiel Mehl und Wasser selbstständig zusteuert.
Übernahme der Konditorei Eden war ein Quantensprung
Die Übernahme des großen jeverschen Unternehmens „Kontitorei Dirk Eden“ durch den kleinen Hooksieler Bäckereibetrieb Ulfers im Jahr 2002 war nach den Worten von Thomas Ulfers „ein Quantensprung“ – auch für das Ehepaar Ulfers persönlich. Aus dem Bäckermeister, der aus der Backstube heraus einen Betrieb führte, wurde ein Geschäftsführer, der sich um die Abläufe in einem mittelgroßen Betrieb kümmern muss – aber selbst kaum noch in der Backstube steht. Gespräche mit Mitarbeitern, Lieferanten und Beratungsunternehmen, Analyse von Kosten und Erträgen, optimaler Wareneinsatz, neue Produkte und gegebenenfalls von neuen Standorten sind die neuen Aufgaben des Bäckermeisters Thomas Ulfers. Britta Ulfers, die bis dahin noch selbst die Kunden bediente, schreibt und koordiniert seither die Dienstpläne für über 80 Verkäuferinnen.
Notfalls müsse man dann auch mal schwierige Entscheidungen treffen, so der 58-Jährige. Die Abgabe der Markenrechte für die „Jeverschen Leidenschaften“ an den Getränkeunternehmer Blume in Friedeburg gehörte dazu. Oder auch die Schließung der langjährigen Ulfers-Hauptfiliale im Ortskern von Hooksiel. „Als wir im ehemaligen Autohaus am Kreisel in Hooksiel eine neue Filiale eröffneten, haben mich die Leute für verrückt erklärt“, erinnert sich Ulfers. „Heute ist das die umsatzstärkste Filiale in unserem ganzen Unternehmen. Für die alte Hauptfiliale fehlt da schlichtweg das Personal.“
Bei allen Entscheidungen, so Ulfers, müsse man immer das gesamte Unternehmen im Blick haben. „Wir müssen uns unserer Verantwortung für über 120 Mitarbeiter und deren Familien bewusst sein.“
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