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Kommentar: Gemeinde und WTG müssen durch Transparenz Vertrauen zurückgewinnen

Von Gerd Abeldt

Hooksiel (27. 7. 2025) – Natürlich, nachher ist man immer schlauer. Hätten der Wangerländer Gemeinderat 2019 geahnt, dass der Umbau des maroden Kurmittelhauses in Horumersiel zu einem Thalasso-Zentrum statt 8,8 am Ende 23 Millionen Euro kosten würde, hätte er dem Projekt mit Sicherheit nicht zugestimmt. Jetzt stehen die Verantwortlichen für die Wangerland Touristik GmbH (WTG) mit dem Rücken an der Wand. Das Unternehmen ist insolvent – und das Vertrauen in die Entscheider weitgehend verspielt. Vertrauen, das für die Gestaltung der Zukunft dringend nötigt wäre. 

Desaster vollständig aufklären

Nur Transparenz kann neues Vertrauen schaffen. Schon deshalb muss das Desaster um das „Thalasso Meeres Spa“ vollständig aufgearbeitet werden. Alle politischen Entscheidungen, Kalkulationen und Preissprünge, Weichenstellungen für Bau und Ausstattung, die zahlreichen Pannen und Schwierigkeiten, die offenbar mangelhafte Bauaufsicht, das Kostenmanagement und, und, und. 

Die WTG ist kein x-beliebiges Privatunternehmen, wie Manfred Meppen kürzlich richtigerweise betont hat. Das Unternehmen gehört den Bürgern. Die Millionen von Euro, die möglicherweise auch aufgrund von Naivität, Blauäugigkeit, Unfähigkeit oder Schlimmerem verbrannt wurden, sind das Geld der Bürger. Geld, das an anderen Stellen fehlt.

Genauigkeit vor Schnelligkeit

Bei der Aufarbeitung muss der Grundsatz gelten: Genauigkeit vor Schnelligkeit. Es geht um viel Geld – und es geht um Menschen. Müssen Akteure sich für Fehler politisch verantworten? Können sie für finanzielle Schäden ihres Handels haftbar gemacht werden? Oder gab es gar strafbare Handlungen, um die sich ein Staatsanwalt kümmern sollte?

Zur Bewertung braucht es Fakten. Spekulationen bringen niemanden weiter. Deshalb war es gut und richtig, dass die Gemeinde schon vor Monaten einen unabhängigen Sachverständigen damit beauftragt hat, Licht in die Abläufe und das Rechnungsdickicht zu bringen. Auch von dem Bericht des Gutachters wird es abhängen, inwieweit sich Juristen mit der weiteren Aufklärung befassen müssen. 

Zukunftsfragen offen diskutieren

Der Rat hat den Bürgern volle Transparenz versprochen. Gut so. Nur so lässt sich verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen. Das ist für die geplante Neuausrichtung der WTG unverzichtbar. Unabhängig davon haben die Gastronomen, Hoteliers und Vermieter, die sich jetzt zu Wort gemeldet haben, Recht mit der Feststellung, dass die Suche nach Schuldigen keine Zukunftsaufgabe löst. Wie soll die WTG organisatorisch aufgestellt werden? Welche Immobilien können verkauft, welche Betriebsteile geschlossen oder privatisiert werden? 

Brisante Fragen, zumal an den Antworten der Tourismus im Wangerland und damit viele Existenzen hängen. Natürlich wird es Widerstände geben, wenn den Bürgern die Notwendigkeit einzelner Maßnahmen nicht sinnvoll oder nicht nachvollziehbar erscheint. Die massiven Proteste etwa gegen die geplante Schließung des Meerwasser-Hallenwellenbades in Hooksiel sind noch in guter Erinnerung. 

Privatisierung ist auch eine Chance

„Ein privater Investor kann auch eine Chance sein“, hat der Hooksieler Matthias Suckert in der Debatte beim Seebadeverein gesagt. Wäre wohl eine finanziell angeschlagene WTG jemals in der Lage, den Investitionsstau auf dem Campingplatz aufzulösen? Was würde beim nächsten größeren Maschinenschaden mit dem Hallenwellenbad passieren, wenn die WTG jeden Euro zweimal umdrehen müsste, um die Gehälter zu zahlen?

Ja, Privatisierung ist eine Chance – aber auch ein Risiko. Um gemeinsam den richtigen Pfad zwischen diesen beiden Polen zu finden, braucht es viele Gespräche, Vertrauen und Transparenz. 

Keinen Raum für Spekulationen bieten

Vor diesem Hintergrund ist es besonders unglücklich, dass der ehemalige WTG-Geschäftsführer Armin Kanning, einer der Motoren für das Thalasso-Projekt, heute ausgerechnet bei der privaten Gesellschaft Verantwortung trägt, die die Immobilien der WTG vermarkten soll.  Ein ganz normaler Stellen-Wechsel? Oder ein von langer Hand geplanter Coup? Die Personalie bietet jede Mange Raum für Spekulationen und Verschwörungstheorien. Bürgermeister, Rat und WTG-Geschäftsführung sind gut beraten, auch bei diesem Thema für vollständige Transparenz zu sorgen. Und das möglichst umgehend.

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