Von Gerd Abeldt
Hooksiel (16. 5. 2025) – Der Reformbedarf liegt auf der Hand. Olaf Lies, direkt gewählter Landtagsabgeordneter aus der Gemeinde Sande, im Landtagswahlkreis 70 (Landkreis Friesland/Gemeinde Jade), vertritt rund 85.000 Wählerinnen und Wähler. Sein Fraktionskollege Marten Gäde aus Wilhelmshaven (Wahlkreis 69) gerade einmal knapp 57.000. Im Landtag haben beide Sozialdemokraten aber nur jeweils eine Stimme.
Dass derartige Unterschiede mit Blick auf gleichwertige demokratische Repräsentanz auf Dauer nicht tragbar sind, liegt auf der Hand. Der Handlungsbedarf ist unstrittig, zumal der ganze Nordwesten im Landtag unterrepräsentiert ist. Im Rahmen der Reform werden deshalb in Weser-Ems zwei zusätzliche Wahlkreise eingerichtet.
Unmut verständlich
Klar ist aber auch, dass die Verschiebung historisch tradierter Wahlkreis-Grenzen Unmut auslöst, zumal dann, wenn – wie im Fall der geplanten Zuordnung von Wangerland und Wangerooge zu Wilhelmshaven – eine kreisfreie (Groß-)Stadt mit einer kleinen ländlichen Gemeinde und einer Insel in einen Topf geworfen werden soll. Die politischen Vertreter des Wangerlandes lehnen den Reformvorschlag über alle Parteigrenzen hinweg als untragbar ab. Ein starkes Signal. Ob es aber Wirkung zeigen wird, ist mehr als fraglich.
Wilhelmshaven hat zu wenig Wähler, der Landkreis Friesland zu viele. Da Wilhelmshaven ans Wasser grenzt, muss der Wahlkreis in Richtung Friesland erweitert werden. Aufgrund der wirtschaftlichen und raumordnerischen Zuordnung fällt der Blick zunächst auf die Nachbarortschaften Accum, Grafschaft und Roffhausen (alle Stadt Schortens) und die Gemeinde Sande. Ein so erweiterter Wahlkreis wäre thematisch und politisch homogen, ist aber aus Sicht des Landeswahlleiters nicht zulässt, weil man keine Kommunen und schon gar keinen Wahlkreis zweiteilen möchte.
Gemeinsamkeiten mit Sande
Dabei hat doch gerade die Gemeinde Sande eine Fülle von gemeinsamen Themen, um die sich ein Landtagsabgeordneter kümmern könnte. Als Beispiele genannt seien neben der Lage am Ems-Jade-Kanal die enge Verbindung bei der Wasserstoff-Produktion im Rahmen des „Energie Hub“ und der Aufbau eines Zentralkrankenhauses mit einem oder zwei Standorten. Zudem sind die Sander seit jeher stark nach Wilhelmshaven orientiert, während der Großteil der Wangerländer zuerst nach Jever schaut.
Fällt die Option Sande aus rechtlichen Gründen aus, dürfte es schwer werden, eine Alternative zum Vorschlag des Landeswahlleiters zu finden. Und zur Beruhigung der Gemüter: Die Zuordnung des Wangerlands zu Wilhelmshaven muss nicht das Ende der Interessenvertretung der Tourismusgemeinde auf Landesebene sein. Im Gegenteil.
Einkreisung überfällig
Vielleicht wäre die Reform sogar der erste Schritt zu einer längst fälligen Einkreisung der Stadt Wilhelmshaven in den Landkreis Friesland. Eine Reform, die vor Jahren schon einmal angeschoben – und verstolpert – worden ist, die aber angesichts der demographischen Entwicklung in Stadt und Landkreis und der wachsenden Interessen-Identitäten beider Kommunen längst überfällig ist.
Auch für die amtieren Wangerländer Landtagsabgeordnete Katharina Jensen wäre die Wahlkreis-Reform keineswegs gleichbedeutend mit dem Ende ihrer politischen Karriere. Die engagierte CDU-Politikerin hat ihr Mandat auch jetzt schon der Landesliste ihrer Partei zu verdanken. Zudem betreut sie seit Jahren politisch die Stadt Wilhelmshaven mit. Sie hätte also auch in einem Wahlkreis Wilhelmshaven/Wangerland gut Chancen, als Kandidatin aufgestellt zu werden und erneut in den Landtag einzuziehen.
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