Wangerland (8. 7. 2025) – Mitarbeiter machen sich Gedanken um ihre Arbeitsplätze. Dienstleister hoffen, zumindest einen Teil ihrer Forderungen noch bezahlt zu bekommen. Und viele Hooksieler sorgen sich um die Zukunft ihres von der Schließung bedrohten Hallenwellenbades. Unsicherheit bestimmt das Feld. Zeitgleich läuft die politische Debatte über die Gründe für die Insolvenz der Wangerland Touristik GmbH (WTG) an.

„Das Thalasso Meeres Spa war als Leuchtturmprojekt gedacht, entwickelte sich jedoch finanziell in eine Richtung, die für die WTG allein nicht mehr tragbar war“, stellt Bürgermeister Mario Szlezak (SPD) in einer persönlichen Stellungnahme fest. Der Gang zum Amtsgericht sei angesichts der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft nicht mehr zu vermeiden gewesen. Aber, so die Hoffnung von Szlezak: „Die Insolvenz in Eigenverwaltung bietet der WTG die Möglichkeit zur Neuaufstellung im laufenden Betrieb und unter Eigenregie.“
Nur beschränkte Haftung der Gemeinde
Ähnlich sieht es Alice Brandenburg-Bienek, Sprecherin der Ratsgruppe „Gemeinsam fürs Wangerland“ (CDU, Grüne, FDP): „Ich hoffe darauf, das der jetzt beschrittene Weg eine Chance bietet, die WTG neu und profitabel aufzustellen.“
WTG-Geschäftsführer Torsten Riedel hatte Ende Juni beim Amtsgericht Wilhelmshaven den Antrag auf Insolvenz in Eigenregie gestellt, nachdem er – unterstützt von Fachanwalt und Wirtschaftsprüfer – die Voraussetzungen dafür als gegeben ansah. Zuvor hatte der Rat der Gemeinde Wangerland es abgelehnt, eine Patronatserklärung für das Tochterunternehmen abzugeben. Mit der Erklärung hätte die Gemeinde für alle Verbindlichkeiten der WTG gerade stehen müssen. Ein 10-Millionen-Euro-Risiko, das die Handlungsfähigkeit der Gemeinde selbst bedroht hätte.
Im Fall einer Insolvenz einer „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ (GmbH) verliert die 100-Prozent-Gesellschafterin im schlimmsten Fall ihr hinterlegtes Stammkapital – und den Einfluss auf das Unternehmen. Für die Geschickte der WTG sind aktuell die Geschäftsführung und deren Berater sowie ein vom Gericht bestellter Sachwalter verantwortlich. Deren erklärtes Ziel: Alle unwirtschaftlichen Untenehmensteile auf den Prüfstand stellen, die Kosten minimieren, die Gläubiger so gut es geht zufrieden zu stellen und die WTG wieder in ruhiges Fahrwasser zu manövrieren.
Noch viele offene Fragen
Ungeklärt ist noch die Frage, wie es so weit kommen konnte, dass ein ansich gesundes kommunales Unternehmen mit mehreren Hunderttausend Euro Jahresgewinn innerhalb weniger Jahre in die Überschuldung rauschen konnte? War es nur die Kostenexplosion beim Thalasso Meeres Spa (TMS)? Hätte man dann dort nicht beizeiten gegensteuern müssen?


Den Hintergrund der Kostenentwicklung beim Thalasso-Tempel in Horumersiel untersuch derzeit ein externer Gutachter. Der komplette Gemeinderat hatte eine transparente Aufarbeitung zugesagt. „Eine pauschale Schuldzuweisung wird der Komplexität der Lage nicht gerecht“, ist Szlezak überzeugt. Die Geschäftsführung habe der Gemeinde regelmäßig berichtet, Architekt und Planungsbüros seien eingebunden gewesen und die politischen Gremien informiert worden. Das bestätigt auch Alice Brandenburg-Bienek: „Über die negative Kostenentwicklung wurde regelmäßig und anfangs auch nachvollziehbar informiert. Auf Grundlage dieser Erklärungen wurden dann die jeweiligen Beschlüsse gefasst.“ Die Kosten für das Bauwerk kletterten von 8,8 auf zuletzt geschätzte 23 Millionen Euro.
Gutachter prüft Ursachen für Kostenexplosion
Als im vergangenen Jahr dann „nur noch sehr schwer nachvollziehbare, extreme Kostensteigerungen zu erwarten waren, wurde im Mai 2024 die damalige Geschäftsführung durch die Gesellschafter angewiesen, einen Bausachverständigen mit der Überprüfung der Qualität und Kosteneffizienz des Projektes zu beantragen“, schildert die CDU-Politikerin. Dabei gehe es um die Prüfung der Architekten- und Handwerkerleistungen ebenso wie um die Auftragsvergabe durch die WTG und eine Analyse der Baukosten. „Zu diesem Zeitpunkt gab es keine Alternative mehr zur Fertigstellung des TMS.“
Von der noch nicht abgeschlossen Prüfung erwarten Mario Szlezak und Alice Brandenburg-Bienek ebenso wie der SPD-Fraktionsvorsitzende Holger Ulfers Erkenntnisse darüber, wo eventuell falsche Entscheidungen getroffen worden sind. Der Bürgermeister tritt aber schon jetzt dem Eindruck entgegen, der Rat wäre ahnungslos gewesen und hätte nicht reagiert. Szlezak: „Das trifft nicht zu.“
Die ehrenamtlich arbeitenden Ratsmitglieder wären aber gar nicht in der Lage gewesen, ein solches Bauprojekt in Gänze ohne sachkundige Begleitung zu beurteilen, stellt Brandenburg-Bienek fest: „Dafür gab es den Architekten und die Bauaufsicht.“
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