LNG-Terminal: Voruntersuchungen für Ultraschall-Verfahren laufen

Hooksiel/Wilhelmshaven (24. 3. 2023) – Mitarbeiter Kieler Firma Hasytec Electronics erkunden derzeit das LNG-Terminalschiff „Höegh Esperanza“. Wie eine Sprecherin des Energiekonzerns Uniper gegenüber „Hooksiel-life“ bestätigte, gehe es dabei darum, Möglichkeiten zu suchen, die Belastung der Jade durch Abwässer der Floating Storage an Regasification Unit (FSRU) zu minimieren.

Hoegh Esperanza am LNG Terminal
Über die FSRU „Höegh Esperanza“ wird am LNG-Terminal Wilhelmshaven seit Wochen Erdgas ins deutsche Netz eingespeist. Foto: Dietmar Bökhaus

Verträge für eine Umrüstung des Schiffes gebe es aber noch nicht. Dafür wäre nach den Worten der Sprecherin auch nicht Terminalbetreiber Uniper zuständig, sondern der Bund, der die Umrüstung bezahlen müsste, und die norwegische Reederei Höegh LNG, der das Schiff gehört. Laut Betriebsgenehmigung für die FSRU sei der Betreiber aber verpflichtet, so die Sprecherin, bis zum August dieses Jahres ein Minimierungskonzept für Umweltbelastungen vorzulegen. „Die Firma Hasytec schaut sich jetzt das Schiff an und wird uns nachher berichten, ob eine Umrüstung für ein Ultraschall-Verfahren überhaupt möglich ist.“ 

Das Regasifiziergunsschiff „Höegh Esperanza“ liegt seit Ende Dezember in Wilhelmshaven. An Bord des Schiffes wird per Schiff importiertes, minus 162 Grad kaltes Flüssigerdgas (LNG) durch den Einsatz von Seewasser erwärmt, damit es wieder gasförmig wird und ins Pipelinenetz eingespeist werden kann. Das Seewasser fließt an Bord durch ein Rohrleitungssystem. 

Hasytec am LNG Terminal Wilhelmshaven
Seit Tagen steht ein Fahrzeug der Firma Hasytec am LNG Terminal. Mitarbeiter der Kieler Firma sollen erkunden, ob die „Höegh Esperanza“ umgerüstet werden kann. Foto: privat

Damit diese Röhren nicht mit Muscheln, Seepocken oder Schnecken zuwachsen, kommt bei der „Höegh Esperanza“ Chlor zum Einsatz. Durch dieses Verfahren werden mit dem erkalteten Abwasser Biozide ins Meer gespült, die nach Ansicht von Umwelt- und Naturschutzverbänden Flora und Fauna im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer belasten

Die vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) genehmigte Dauerchlorierung entspricht nach Ansicht der Verbände nicht mehr dem „Stand der Technik“. Sie fordern seit Monaten eine Nachrüstung des Terminalschiffs. Für den Fall, dass die Genehmigungsbehörde untätig bleiben sollte, hatte etwa die Deutsche Umwelthilfe (DUH) rechtliche Schritte angedroht.

Als umweltschonende Alternative zu der Chlorierung wird ein Ultraschallwellen-Antifouling-Verfahren angesehen, das von Hasytec Electronic entwickelt wurde. Es wird unter anderem bereits eingesetzt, um die Rümpfe von Booten und großen Kreuzfahrtschiffen zu reinigen. 

Die nach Untersuchungen von US-Forschern geäußerte Befürchtung, die Ultraschallwellen könnten die Kommunikation von Schweinswalen in der Jade irritierten, hatte Jan Kelling, Geschäftsführer von Hasytec, bereits vor Wochen als unbegründet zurückgewiesen. Das Ultraschallsystem zur Reinigung der Rohrleitungen der FSRU würde innerhalb des Schiffsrumpfes eingebaut. Dadurch gebe es keinerlei Auswirkungen an der Außenhaut oder gar im Wasser. Zum Stand der aktuellen Untersuchungen an Bord der „Höegh Esperanza“ wollte Kelling sich gegenüber „Hooksiel-life“ nicht äußern. 

Zweites LNG-Verarbeitungsschiff auf Warteposition in der Jade

Hooksiel/Wilhelmshaven (5. 3. 2023) – In der Jade liegt seit diesem Wochenende ein zweites LNG-Terminalschiff. Neben der „Höegh Esperanza“, die seit Ende 2022 am von Energiekonzern Uniper betriebenen Terminal am Voslapper Groden tiefgekühltes Flüssigerdgas (LNG) regasifiziert, hat jetzt die FSRU (Floating Storage and Regasification Unit) „Höegh Gannet“ auf Reede vor Schillig Anker geworfen. 

Die „Höegh Gannet“ soll eigentlich im Auftrag des Energiekonzerns RWE in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) Import-LNG regasifizierten und ins Netz einspeisen. Das Schiffe hatte, wie der NDR berichtete, auch Mitte Januar in Brunsbüttel festgemacht, habe aber bislang kein Gas abliefern können, da die landseitige Anbindung und die Transport-Pipeline noch nicht fertig sind. Zudem protestierten Anwohnern des dortigen Elbehafens gegen Belästigungen durch Lärm- und Lichtemissionen des hell beleuchteten Industrieschiffes.

Lärm und Licht nerven die Anwohner

Nach den Plänen von RWE soll die „Höegh Gannet“ jetzt zwei Wochen in der Jade in Warteposition liegen. Danach wird sie mit ihrer LNG-Ladung nach Brunsbüttel zurückkehren, um nach einer Probephase den Regelbetrieb aufzunehmen. In Wilhelmshaven soll das Schiff nicht festmachen.

Bei RWE ist man laut NDR zuversichtlich, dass zumindes die Lärmbelästigung durch die FSRU kein Thema mehr sein werden, wenn das Schiff sein LNG erst einmal ins Netz einspeisen kann. Der Lärm sei durch das Verbrennen des so genannten Boil-Off-Gases entstanden. Die Verbrennung von Gas wird notwendig, wenn sich LNG im Schiff erwärmt und sich im gasförmigen Zustand ausdehnt. Dadurch entsteht Druck im Tank, so dass Gas abgeführt werden muss. 

Wird die „Höegh Esperanza“ nachgerüstet?

Die Diskussion um die (genehmigte) Einleitung von Bioziden durch die „Höegh Esperanza“ in die Jade könnte bald beendet sein. Laut einem Bericht der Oldenburger Nordwest-Zeitung hat Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) jetzt erstmals eine Umrüstung der Wilhelmshavener FSRU in Aussicht gestellt. Sollte das Ultraschallverfahren geringere Auswirkungen auf die Umwelt haben, werd vom Betreiber Uniper im Rahmen des vorgeschriebenen Minimierungskonzeptes auch geprüft, ob die „Esperanza“ umgerüstet werden kann, zitierte die Zeitung den Minister. 

Die „Höegh Esperanza“ nutzt Meerwasser, um das tiefgekühlte LNG zu erwärmen und zu regasifizieren. Der Einsatz von Chlor verhindert dabei, dass sich Muscheln, Seepocken und Algen an den Rohrleitungen festsetzen. Umweltschützer sehen in den chlorieren Abwässern eine große Gefahr für Flora und Fauna im Wattenmeer. Die Betriebsgenehmigung für die „Höegh Esperanza“ enthält ein Minimierungsgebot für Umweltbelastungen. Deshalb müsse Alternative zur Chlorierung geprüft werden wie etwa Ultraschallverfahren. 

Nachlese: Seit dem 8. März liegt die „Höegh Espernza“ wieder am Elbhafen in Brunsbüttel. Dort soll jetzt der Probebetrieb für die Regasifizierung von LNG und die Einspeisung des Gases ins landseitige Pipelinenetz starten.

Festes Terminal in Wilhelmshaven für Import von grünen Gasen geplant

Scholz weiht LNG-Termina ein
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (rechts neben Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Einweihung des LNG-Terminals Wilhelmshaven im Dezember 2022) hält den Ausbau einer eigenen Gasimport-Infrastruktur samt Sicherheitspuffer weiter für dringend geboten. Archiv-Foto: Gert Mahlitz

Hooksiel/Wilhelmshaven (3. 3. 2023) – Die Bundesregierung hält an ihren Ausbauplänen für die LNG-Infrastruktur in Deutschland fest. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bekräftige heute das Bekenntnis zum Bau von drei landgestützten Terminals zur Regasifizierung von verflüssigtem Erdgas. Eines dieser Terminals soll auf dem Voslapper Groden in Wilhelmshaven, in Sichtweite von Hooksiel, errichtet werden. Das Terminal, das für die Verarbeitung von „Grüngas“ ausgelegt werden soll, soll 2026/2027 die schwimmenden LNG-Terminals vor Wilhelmshaven ersetzen. Eine erste FSRU (Floating Storage and Regasification Units) ist bereits seit Ende 2022 in Betrieb.

Die Planung, die das Wirtschaftsministerium jetzt dem Haushaltsausschuss des Bundestages vorgelegt hat, sei unmittelbare Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Ziel ist es, über den Aufbau einer eigenen-Infrastruktur eine Energiekrise zu vermeiden. Habeck: „Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat uns spüren lassen, wie gefährlich einseitige Abhängigkeiten sind und dass sie uns etwas kosten. Wir wären mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir nicht daraus lernen würden.“

Habeck rechtfertigt Sicherheitspuffer

Im Zentrum des Handels der Bundesregierung würde der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Aufbau einer klimaneutralen Energieversorgung stehen – gepaart mit Energieeinsparung, Effizienz und dem schrittweisen Ausstieg aus fossilen Energien. Um aber die Versorgungssicherheit auch in der Übergangszeit sicherzustellen, brauche Deutschland auch eine eigene Infrastruktur für Flüssigerdgas. Die Deutsche Umwelthilfe hatte Habeck vorgeworfen, beim Ausbau der LNG-Infrastruktur Überkapazitäten zu schaffen, die en Ausstieg aus fossilen Energieträgern verlängern würden.

Mit Blick auf die maximalen Verarbeitungs-Kapazitäten auf die Solidarität mit Nachbarstaaten. Deutschland müsse in der Lage sein, auch seine Nachbarn zu unterstützen. Zudem seien „ausreichende Sicherheitspuffer“ notwendig, um auch für kritische Situationen gewappnet zu sein. „In der Planung der Bundesregierung kann ein solcher Puffer ab 2024 gestellt werden“, so Habeck. „Ab 2027 ist er so hoch, dass auch der Wegfall signifikanter Importmengen aus bestehenden Quellen abgefangen werden kann.“

Um schnell Lösungen für den Winter 2022/2023 und für den Winter 2023/24 umsetzen zu können, seien zunächst drei FSRU bereitgestellt worden – vom Bund eines in Wilhelmshaven und Brunsbüttel sowie ein privat finanziertes in Lubmin. Ein weiteres folgt für Stade. Anschließend würden die landseitigen Terminals errichtet, die einer Bauzeit von dreienhalb Jahren hätten. Habeck: „Dabei ist aber zu bedenken, dass für die jeweilig geplanten Projekte auch immer Realisierungsrisiken bestehen.“

Investitionsentscheidungen stehen noch aus


Über die drei ersten FRSU können 2023 zunächst 13,5 Milliarden Kubikmeter Gas in Deutschland angelandet werden. Darüber hinaus sind drei weitere durch den Bund initiierten FSRU-Standorte im Aufbau: Wilhelmshaven II, Stade und Lubmin. In den Jahren 2024 und 2025 sind nach der derzeitigen Planung alle fünf Bundes-FSRU ganzjährig in Betrieb. Sie hätten dann zusammen eine Regasifizierungs-Kapazität von 27 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr. Die Kapazität des privaten Projekts in Lubmin soll von jetzt fünf auf insgesamt zehn Milliarden Kubikmeter ab 2024 ausgeweitet werden.


In 2026 und 2027 sollen laut Wirtschaftsministerium drei landgestützte Terminals in Stade, Brunsbüttel und Wilhelmshaven in Betrieb gehen. Mit den festen Terminals stiege die Importkapazität rechnerisch auf 54 Milliarden Kubikmeter/Jahr. „Allerdings“, so Habeck, „ist hier zu beachten, dass bei keinem der Terminals bisher eine finale Investitionsentscheidung getroffen wurde.“

Brunsbüttel und Stade würden, soweit wie möglich, „green-ready” gebaut, also für einen späteren Betrieb mit Wasserstoffderivaten (etwa Ammoniak) vorgerüstet. Das betreffe unter anderem Fundamente, Beschichtung und Stahl). Habeck: „Das feste Terminal am Standort Wilhelmshaven ist von Beginn an als Grüngas-Terminal für synthetisches, aus grünem Wasserstoff hergestelltes Methan konzipiert.“ Die landseitigen Terminals sollen die bis dahin an diesen Standorten stationierten FSRU ablösen.

Zwischenfall am LNG-Terminal: DUH befürchte Investitionsruinen

Hooksiel/Wilhelmshaven (1. 3. 2023) – Wie heute durch einen Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) bekannt wurde, hat es Anfang Februar beim Betrieb des Terminalschiffes „Höegh Esperanza“ eine Störung gegeben. Am frühen Morgen des 4. Februar musste der Prozess der Regasifizierung des tiefgekühlten LNG nach dem Defekt eines technischen Geräts an für mehrere Stunden unterbrochen werden. Aus dem Schiffsinneren habe ein Wärme-Überschuss abgeführt werden müssen. Die Freisetzung wurde durch eine Wasserdampfwolke sichtbar. Das Wirtschaftsministerium wertet den Vorfall laut NOZ nicht als schwerwiegenden Zwischenfall.

Höegh Esperanza 090223
An Bord der „Höegh Esperanza“ gab es Anfang Februar einen technischen Defekt. Die Erdgas-Rückgewinnung fiel für einige Stunden aus. Foto: Diethelm Roeder

Unterdessen wirft eine jetzt von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) öffentlich gemachte interne Analyse des Energiewirtschaftlichen Institut Köln (EWI), die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) erstellt wurde, erneut die Frage auf: Wie viele Import-Terminals für Flüssigerdgas braucht Deutschland? Die Analyse legt nahe, dass der Ausfall des russischen Pipeline-Erdgases überkompensiert wird, wenn alle geplanten LNG-Terminals gebaut werden. 

Der DUH fordert unter anderem, auf den Bau von landgestützten LNG-Terminals in Wilhelmshaven und Stade zu verzichten. Sie seien für die Absicherung des deutschen und europäischen Gasbedarfs schlichtweg nicht notwendig. 

Über die „Analyse der globalen Gasmärkte bis 2035“ des EWI hatte Dienstagabend auch das ARD-Magazin „Fakt“ berichtet. Insgesamt gehe das EWI von einer benötigten LNG-Kapazität in Deutschland von 40 Milliarden Kubikmeter in 2030 aus, während das Bundeswirtschaftsministerium bisher eine Kapazität von über 70 Milliarden Kubikmeter plant. 

Die Umweltschützer befürchten, dass eine überdimensionierte LNG-Infrastruktur dazu führt, dass Deutschland länger als notwendig an fossilen Energieträgern festhält und dadurch seine Klimaziele verpasst. Unterstützer der Pläne halten dem entgegen, dass gewisse Überkapazitäten in der Planung sinnvoll sind, da am Ende nicht jedes Projekt umgesetzt werde. Zudem soll die LNG-Infrastruktur Wasserstoff-tauglich und damit zukunftsfähig für CO2-freie Energieträger sein.  

„Die EWI-Analyse zeigt deutlich, dass die Bundesregierung massive LNG-Überkapazitäten plant“, stellt der DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner fest. „Die beiden festen Terminals in Stade und Wilhelmshaven und das Mega-Terminal vor Rügen kommen in den Betrachtungen bereits nicht mehr vor, weil selbst die schon angemieteten Terminalschiffe deutliche Überkapazitäten verursachen. Daraus muss die Bundesregierung nun Konsequenzen ziehen, diese fossilen Megaprojekte absagen und aus dem LNG-Beschleunigungsgesetz streichen.“

Schon die bislang geplanten Kapazitäten der insgesamt sieben staatlichen und privaten Terminal-Schiffe – das erste war die in Wilhelmshaven liegende „Höegh Esperanza“ – schießen nach Ansicht von Müller-Kraenner deutlich über das Ziel einer Energieversorgungssicherung hinaus. „Die Terminals wären laut Analyse überhaupt nur in einem unrealistischen Extremszenario ausgelastet. Damit wird offensichtlich, dass die Planungen auf unnötige, teure und umweltfeindliche Investitionsruinen hinauslaufen.“ 

Die Analyse komme zu dem Ergebnis, dass die deutschen Terminals in 2030 nur zwischen 13 und 18 Prozent ausgelastet wären, wenn sich der Gasverbrauch im Einklang mit den in Paris vereinbarten Klimazielen entwickeln soll. Als LNG-Kapazität wären in diesem Fall nur Importe im Volumen von sieben Milliarden Kubikmeter im Jahr erforderlich. Das schaffe ein einziges voll ausgelastetes LNG-Terminalschiff. Der DUH fordert eine Denkpause, in der vor dem Weiterbau alle Projekte auf den Prüfstand gestellt werden.

Test erfolgreich: Kavernen in Etzel können Wasserstoff speichern

Grafik Kavernen Etzl
Die Grafik zeigt das Schema des Wasserstoff-Dichtigkeitstest im Kavernenfeld Etze.

Hooksiel/Wilhelmshaven/Etzel (17. 2. 2023) – In den Erdgas-Kavernen kann auch Wasserstoff (H2) eingelagert werden. Das ist das Ergebnis eines über zweimonatigen Dichtigkeitstests, den Kavernen-Betreiber Storag Etzel mit Partnern im Rahmen des Forschungsprojektes H2CAST vorgenommen hat. Die Eignung der Kavernen in der Gemeinde Friedeburg ist eine wesentliche Voraussetzung für den geplanten H2-Import im industriellen Maßstab über den Voslapper-Groden in Wilhelmshaven.

Während der Testphase seien mehrere Tausend Kubikmeter gasförmiger Wasserstoff aus nachhaltiger, „grüner“ Produktion in die Bohrung eingebracht worden, teilte Storag Etzel heute mit. Der Testzeitraum sei deutlich länger gewesen, als es bei vergleichbaren Dichtigkeitstests unter Stickstoff der Fall ist. „Wir wollten sicher gehen, dass das Ergebnis reproduzierbar ist und weiterhin Erfahrungen im Umgang mit dem Medium Wasserstoff sammeln“, begründet Gesamtprojektleiter Carsten Reekers den langen Zeitraum. 

Der Test war vom Landesamt für Bergbau, Energie, Geologie (LBEG) genehmigt worden. Er sollte Erkenntnisse darüber erbringen, wie sich die aktuellen Messergebnisse unter Wasserstoff mit den standardisierten Verfahren unter Stickstoff als Testmedium vergleichen lassen.

Erprobt worden sei zudem das Ablassen eines Teils des Wasserstoffs. Dabei sei Wasserstoff kontrolliert verbrannt worden, um dessen Zündverhalten zu erproben, Sicherheitseinrichtungen zu testen und Schallemissionen zu messen. „Dieser zusätzliche operative Test im Kavernenfeld Etzel beantwortet auch Fragen für dem praktischen Umgang mit Wasserstoff im Vergleich zu Erdgas“, so Reekers. Um die Erkenntnisse unmittelbar weiterzugeben, hätten Vertreter der örtlichen Feuerwehren und des LBEG diesen Teil des Tests begleitet.

Nach bisherigen Plänen will Storag Etzel in einem ersten Schritt zwei seiner Kavernen für die Lagerung von Wasserstoff ertüchtigen. Sie sollen ab 2026 als H2-Speicher zur Verfügung stehen. Aus regenerativen Energien erzeugter, „grüner“ Wasserstoff gilt mit Blick auf den Klimawandel als einer der Energieträger der Zukunft, da bei seiner Herstellung und Verwendung kein CO2 entsteht.

Wiesner-Skulptur setzt hartnäckiges Sitzfleisch künstlerisch ins Bild

Boßler in  Hooksiel
Einmal im Jahr auf Boßeltour am Hooksieler Strand: die Mitglieder der Stiftung „Goldener Klebearsch“.

Hooksiel/Wilhelmshaven (16.2. 2023) – Es gibt viele Boßeltouren mit Tradition. Vereine, Verbände, Nachbarschaften und Dorfgemeinschaften üben sich mindestens einmal im Jahr darin, Holz- oder Gummikugeln möglichst weit zu werfen. Der Kreis, der sich jetzt an der Boßelstecke am Hooksieler Strand traf, dürfte aber die Formation mit dem ausgefallensten Namen sein: Friesische Stiftung Goldener Klebearsch, kurz FSGKS.

Die Wurzel der FSGKS reichen bis Ende der 1980-er Jahre zurück. Damals hat die Firma „ICI Wilhelmshaven“ eine Boßelgruppe gebildet, in die dann Anfang der 1990-er Jahre die Schwesterfirma „ProLog“ mit eingestiegen ist. Bis dahin also eine reine firmeninterne Veranstaltung.

Mitte der 1990-er Jahre wurden dann mit Akteuren der „Jade-Tees-Line“, damals eine kleine firmeneigene Container-Linie, die ersten externen Mitglieder aus der Hafenwirtschaft mit zu den Treffen geladen. Der Kreis verselbstständigte sich. Am 24. Januar 2004 wurde die „Friesische Stiftung Goldener Klebearsch“ gegründet, der heute noch mit 35 Mitgliedern existiert. „Der Name war bereits vorher geboren und begründete sich mit dem hartnäckigen Sitzfleisch einiger Mitglieder, die den ganzen Tag und teilweise die folgende Nacht ausgesessen haben beziehungsweise am Stuhl geklebt haben“, erinnert sich Angela Homuth, seit September vergangenen Jahres Präsidial-, Sport- und Veranstaltungs-A … in der Stiftung.

Der Wilhelmshavener Künstler Hartmut Wiesner hat übrigens den „Klebearsch“ modelliert, im Original ein schweres Pfund. Eine etwas leichtere Nachbildung ist der Wanderpokal, der jedes Jahr neu vergeben wird. Nicht mehr an den zuletzt Sitzenden, denn mittlerweile sind alle „Ärsche“ etwas gealtert. „Es wird immer ein Grund zur individuellen Ehrung gefunden“, verrät Angela Homuth. „Dazu gibt es noch den ‚Klebearsch‘-Anstecker‘ sowie die Berechtigungskarte zur Teilnahme.“

Jens hanniken

Bei der FSGKS gibt es ein Sommertreffen im September sowie ein Wintertreffen im Februar – stets verbunden mit einer Boßeltour und Grünkohlessen. Zum Sommertreffen gehört meist eine kleine Seefahrt auf der „Mecki“ von der Hooksieler Reederei Huntemann. Veranstaltungsort ist jeweils in der „Brücke“ am Außenhafen in Hooksiel, deren Wirt Jens Hanneken (Foto), ebenfalls Stiftungs-Mitglied, seit wenigen Tagen für ein Jahr stolzer Träger des „Klebearsch-Ordens“ ist. 

Wasserstoff-Import aus Norwegen über Wilhelmshaven?

Wilhelmshaven/Etzel (4. 2. 2023) – Der Öl- und Gaskonzern Equinor (Stavanger) plant zusammen mit dem deutschen Energiekonzern RWE (Essen) den Bau von Offshore-Windparks für die Wasserstoffproduktion in Norwegen. Der Wasserstoff soll dann über einen Pipeline durch die Nordsee nach Deutschland exportiert werden, kündigte Equinor-Chef Andres Opedal in einem Interview mit dem „Spiegel“ an. 

Möglicher Endpunkt der Pipeline: Wilhelmshaven. Darauf jedenfalls hofft Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). „Wir wollen und brauchen eine Wasserstoffwirtschaft im industriellen Maßstab und wir werden für das Gelingen der Energiewende auf den Import auch von Wasserstoff angewiesen sein. Norwegen ist hier ganz sicher einer der spannendsten Partner“, stellte Lies anlässlich eines Besuchs des norwegischen Botschafters Torgeier Larsen in der Region fest.

Die Kavernenanlagen in Etzel könnten zum Umschlagplatz für in Norwegen produzierten und per Pipeline nach Wilhelmshaven transportierten Wasserstoff werden. Aktuell wird das Projekt in einer Machbarkeitsstudie untersucht. Foto: Storage Etzel

Larsen hatte sich vergangene Woche auf Einladung der SPD-Bundestagsabgeordneten Siemtje Möller das LNG-Terminal in Wilhelmshaven und das Kavernenfeld in Etzel (Friedeburg) angesehen, in dem künftig neben Öl und Gas auch Wasserstoff eingelagert werden soll. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass Wilhelmshaven mit Etzel ein sehr interessanter Standort für die Anlandung einer Pipeline aus Norwegen ist. Die Voraussetzungen sind ideal und wir haben gezeigt, was wir planerisch und genehmigungstechnisch können“, so Lies. „Wenn es um die Frage geht, wo es Sinn macht, eine solche Pipeline anzulanden, bin ich mir sicher, dass wir hier ein sehr gutes Blatt auf der Hand haben.“ Im Mai sollen die Gespräche über eine mögliche Wasserstoff-Partnerschaft fortgesetzt werden. Dann in Norwegen.

Norwegen ist derzeit mit einem Anteil von etwa 40 Prozent der größte Erdgaslieferant Deutschlands. Die endgültige Abkehr von fossilen Energieträgern wird nach Überzeugung von Opedal noch eine Weile dauern: „Öl und Gas werden noch Jahrzehnte unentbehrlich sein“, sagte er gegenüber dem „Spiegel“. Dennoch arbeite auch Equinor mit Hochdruck daran, seinen Anteil von Erneuerbaren am Energie-Mix zu erhöhen. Ein Baustein dabei sei der Bau von Windparks auf hoher See im Verbund mit RWE, die Strom für die Elektrolyse liefern sollen und damit dazu beitragen, dass der in Norwegen produzierte „blaue“ Wasserstoff mehr und mehr durch „grünen“ Wasserstoff ersetzt wird. Das klimaschädliche CO2, das bei der H2-Herstellung auf der Basis von fossilen Brennstoffen entsteht, werde im übrigen aufgefangen und in Lagerstätte unter der Nordsee verpresst. 

Die geplante Pipeline nach Deutschland soll nach den Worten von Opedal vier Millionen Tonnen Wasserstoff im Jahr transportieren können. Das würde nach Berechnungen der Norweger ausreichen, um etwa 50 Prozent der europäischen Stahlindustrie zu dekarbonisieren.

Unklar ist, inwieweit das Projekt der Norweger zu Wertschöpfung im Raum Wilhelmshaven führen würde. Die Befürchtung eines mit der Entwicklung des „Energy Hub“ befassten Insiders: „Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist eine Pipeline, über die Wasserstoff durch Wilhelmshaven hindurch direkt zu den großen Industrie-Abnehmern geleitet wird.“ Die Hoffnungen für eine wirtschaftliche Belebung Wilhelmshavens ruhen darauf, dass sich im Zuge der Energiewende an der Jade Industrie ansiedelt, die hier Wasserstoff produziert und damit Arbeitsplätze und Wertschöpfung für die Region schafft.

Ganz neuer Schiffsanleger soll Produktion von „grünem“ Wasserstoff beschleunigen

LNG Terminal WHV
Beim geplanten Bau eines ganz neuen Schiffsanlegers vor dem Voslapper Groden wird die Geschwindigkeit bei der Errichtung des LNG-Terminals in Wilhelmshaven (Foto) angestrebt. Ziel ist hier der Import von „grünen“ Gasen. Foto NPorts

Hooksiel/Wilhelmshaven (23.12.2022) – Die Entwicklung des Voslapper Grodens zur „Energiedrehscheibe 2.0“ schreitet in rasantem Tempo voran. Erst vor wenigen Tagen ist der erste LNG-Terminal Deutschlands in Wilhelmshaven in Betrieb genommen worden. Jetzt gaben die landeseigene Hafengesellschaft Niedersachsen Ports sowie die Energiekonzerne Uniper und TES den Startschuss für die Planungsphase eines ganz neuen Schiffsanlegers. Man habe gemeinsam eine Studie für den Bau einer Steganlage für ein Onshore-Energieterminal in Auftrag gegeben, über das „grüne Gase“ (eNG) importiert werden sollen.

Die entsprechende Vereinbarung haben die Unternehmen im Beisein von Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) und Umweltminister Christian Meyer (Grüne) unterzeichnet. Sie sieht die Planung einer neuen gemeinsamen Hafeninfrastruktur mit mindestens sechs Schiffs-Liegeplätzen für TES und für Uniper vor. Parallel dazu werde Uniper technische Studien durchführen, die es dem Konzern ermöglichen sollen, rund 2,6 Millionen Tonnen grünes Ammoniak pro Jahr zu importieren. „Mit dieser Kapazität und der im Rahmen des Projekts Uniper Green Wilhelmshaven geplanten 1-Gigawatt-Elektrolyse-Anlage zur Wasserstofferzeugung könnten rund 300 000 Tonnen grüner Wasserstoff geliefert werden,“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Das entspreche etwa 10 bis 20 Prozent des für 2030 erwarteten Wasserstoff-Bedarfs in ganz Deutschland.

TES plant die Inbetriebnahme der Hafenanlagen bereits im Jahr 2023. Ab 2026 soll die erste Ausbaustufe des größten Importterminals in Europa fertig sein. Das Terminal soll eine Kapazität von 20 Millionen Tonnen Flüssigerdgas (LNG) und eNG haben. TES will zum Jahreswechsel 2025/2026 mit dem Import des ersten eNG beginnen und die Lieferungen bis 2030 auf fünf Millionen Tonnen erhöhen. 

Die Akteure schätzen den Investitionsbedarf für die neue Anlegestelle vor dem Voslapper Groden auf rund 500 Millionen Euro. Details der Finanzierung sind noch unklar. „Mit dieser Investition in die notwendige Infrastruktur für eine CO2-freie Wasserstoffwirtschaft und den geplanten Import-Projekten für grüne und dekarbonisierte Gase wird Wilhelmshaven zur größten Energiedrehscheibe Deutschlands und liefert künftig grüne Energie in Form von Wasserstoff für den Wirtschaftsstandort Deutschland“, heißt es.

Minister Lies: „ Bereits ab 2026 werden wir den Standort Wilhelmshaven zu einem der zentralen Tore für grüne und saubere Energie für Deutschland entwickeln. Dafür brauchen wir zusätzliche Terminals. Nur mit ihnen werden wir die Energieversorgung Deutschlands garantieren können“. Dieser Anleger machte Wilhelmshaven zur wichtigsten Drehschreibe klimaneutraler Gase in Deutschland, ergänzt Minister Meyer. Beide Minister wollen das Projekt zügig vorantreiben.

Bürgermeister: Sack voll Geld kommt weder aus Hannover noch aus Berlin

Wilhelmshaven/Hooksiel (21.12.2022) – Der Energiekonzern Uniper hat bereits heute, und damit einen Tag früher als geplant, erstes Erdgas vom neuen LNG-Terminal in Wilhelmshaven ins Netz eingespeist. Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) bewertete das als „wichtiges Signal für die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft“. Heute sei, so Lies, ein „sehr guter Tag, der zeigt, dass wir die deutsche Energieversorgung auf sichere Füße stellen“.

Über Deutschlands ersten LNG-Terminal wird tiefgekültes Flüssigerdgas (LNG) importiert, das an Bord des Spezialschiffes „Höegh Esperanza“ erwärmt und dadurch regasifiziert wird. Über eine vor wenigen Tagen fertiggestellte Pipeline wird das Gas zum Kavernenfeld in Etzel (Friedeburg) gepumpt, von wo aus es ins nationale Gasnetz eingespeist werden kann. Durch das LNG soll kurzfristig der Ausfall von russischem Pipelinegas teilweise ausgeglichen werden. Aber, so Lies:  „Fossile Gase müssen bald durch grüne Gase ersetzt werden, damit wir schnell den Weg in die Klimaneutralität einschlagen.“

Während sich der Wirtschaftsminister ums Klima kümmert, sorgen sich die Verantwortlichen im Wangerland um Ausfälle, die dem Tourismus durch die von Kritikern als „Dreckschleuder“ bezeichnete „Höegh Esperanza“ blühen könnten. Die „Floating Storage and Regasification Unit“ (FSRU) leitet im Normalbetrieb nicht unerhebliche Mengen Chlor in die Jade, mit dem an Bord Meerwasser-Ansaugstutzen und Leitungen gereinigt werden.

lng Terminal in Standnähe
Trotz der Nähe zum LNG-Terminal erwartet die Genehmigungsbehörde keine Beeinträchtigungen für den Badebetrieb am Hooksieler Strand. Foto: hol

Der Ruf nach „Kompensation“ der zu erwartenden Schäden vor allem in Hooksiel durch Land und Bund verhallt schon aus rechtlichen Gründen. „Kompensation wäre eine Entschädigung“, erläutert Frieslands Landrat Sven Ambrosy. Da der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWN) in seiner Einleitungsgenehmigung für die FSRU eindeutig festgestellt hat, dass die Chloreinleitungen weder für Menschen noch für andere Organismen in der Jade messbare Schäden hervorrufen werde, könne von „Schadensregulierung“ keine Rede mehr sein.

Dennoch sieht Ambrosy, selbst Jurist und Unterstützer des LNG-Projektes, großen Handlungsbedarf, um die Sicherheit rund ums LNG-Terminal zu gewährleisten und mögliche Verluste an Wertschöpfung im Wangerland auszugleichen. Umschlagplätze von LNG oder künftig auch von Wasserstoff oder Ammoniak seien kritische Infrastruktur. Für Störfälle sei primär die Werksfeuerwehr der Betreiber zuständig. Aber auch die kommunalen Feuerwehren in Wilhelmshaven und Friesland müssten so ausgestattet werden, dass sie im Bedarfsfall Hilfe leisten können. Dafür müsse es ein Konzept und – noch wichtiger – ausgebildetes Personal und das benötigte Material geben. Das gelte nicht nur für Störfälle aus dem Voslapper Groden sondern auch entlang der Pipeline-Trasse bis nach Etzel.

Der LNG-Import spielt eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung der nationalen Energiekrise. Die damit zusammen hängenden Belastungen könnten nicht nur von der hiesigen Region getragen werden. Zusammen mit Wilhelmshavens Oberbürgermeister Carsten Feist macht sich Ambrosy dafür stark, dass zusätzliche Wertschöpfung in der Region geschaffen werden muss. Das gelte auch für die Gemeinde Wangerland.

Wangerlands Bürgermeister Mario Szlezak
Wangerlands Bürgermeister Mario Szlezak

Einen Sack voller Geld, davon ist Wangerlands Bürgermeister Mario Szlezak überzeugt, werde seine Gemeinde weder vom Land noch vom Bund bekommen. Aber man baue man auf politische Zusagen, wonach die Entwicklung der Gemeinde sehr wohl gefördert werden soll. Nicht nur durch den Ausbau der Kapazitäten der Szlezak verwies gegenüber „Hooksiel-Life“ auf eine für Mitte Januar geplante Besprechung in Hannover, bei der über einen Ideen- und Maßnahmenkatalog für mögliche Förderprojekte besprochen werden soll. Heute war der Bürgermeister in Vorbereitung darauf bereits beim Amt für regionale Landesentwicklung (ARL) in Oldenburg.. 

Einzelheiten zu konkreten Plänen wollte Szlezak noch nicht nennen. Aber es gehe dabei auch um Unterstützung für touristische Projekte in Hooksiel wie das Meerwasser-Hallenwellenbad oder die Entwicklung des Areals am Alten Hafen. Nach dem für Ende 2023 geplanten Umzug der Feuerwehr in ihr neues Gerätehaus stellt sich die Frage, was am alten Standort passieren soll. Die Perspektiven dürften sich hier deutlich erweitern, wenn namhafte Fördermittel zur Verfügung stehen.

Kommentar: Warum die Deutschland-Geschwindigkeit beim LNG-Terminal nicht ausreicht

Von Gerd Abeldt

Die erste Runde im Pokerspiel um die Energieversorgung in Deutschland ist vorbei. Sollte tatsächlich in Moskau oder anderswo jemand geglaubt haben, die Ampel in Berlin knickt aus Sorge vor einer Revolte fröstelnder Wähler ein und zieht ihre Unterstützung für die Ukraine zurück – der hat sich geirrt. Die Inbetriebnahme des LNG-Terminals in Wilhelmshaven nach nur zehn Monaten Vorlaufzeit hat den Beweis erbracht: Wenn es ernst wird, kann Deutschland auch schnell.

Auch wenn ein einziges Importterminal für Flüssigerdgas nicht das Pipeline-Gas aus Russland ersetzen kann: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Umweltminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) haben keinen Zweifel daran gelassen, dass sie die neue „Deutschland-Geschwindigkeit“ auch bei den weiteren geplanten LNG-Projekten beibehalten wollen. Gut so. Der Verzicht auf russisches Gas ist ein Signal der Solidarität gegen Kriegstreiber – und er stellt die Weichen in eine Zukunft ohne fossile Brennstoffe. 

Mit Flüssigerdgas in eine klimafreundliche Energiezukunft? Ein Widerspruch? Keineswegs. Der Kanzler hat zurecht darauf hingewiesen, dass der Ukraine-Krieg ein Katalysator für die Energiewende ist, „ein Beschleuniger für etwas, was ohnehin hätte getan werden müssen“ – aber – und das meint Scholz – was deutlich länger gedauert hätte, hätte Russland seinen guten Ruf als günstiger Energie-Lieferant nicht selbst verspielt. 

Jetzt hat der deutsche Staat die Möglichkeit und angesichts drohender Versorgungslücken die Pflicht, eine neue Energie-Infrastruktur aufzubauen, die in wenigen Jahren für klimafreundliche Energieträger wie „grüner“ Wasserstoff genutzt werden kann. Und, so das politische Versprechen, auch dafür genutzt werden soll. 

Kritiker, darunter mehrere Umweltverbände, trauen den Zusagen offenbar nicht. Sie befürchten Überkapazitäten und beklagen Fragwürdigkeiten bei der Genehmigung für den Betrieb des Regasifizierungsschiffes „Höegh Esperanza“. Und tatsächlich: Chloreinleitungen in unmittelbarer Nachbarschaft vom Nationalpark Wattenmeer und vom Hooksieler Badestrand sprechen nicht für Öko-Sensibilität und auch nicht für besondere Rücksichtnahme auf die regionalen Nachbarn des nationalen Rettungsprojektes. 

LNG-Terminal bei Hooksiel
Die unmittelbare Nähe des neuen LNG-Terminal zum Badestrand von Hooksiel belastet das Image des Urlaubsortes. Foto: hol

Andererseits: Wer schnell sein muss, muss Prioritäten setzen. Hätte die Fülle an Detailproblemen vom Brandschutz über die Zukunft von Muschel- und Krabbenfischern in der Jade bis hin zur Kompensation von touristischen Einbußen in Hooksiel im Vorfeld der Genehmigung geklärt werden sollen – der Ukraine-Krieg wäre vermutlich mangels Munition auf beiden Seiten zu Ende gegangen, bevor das LNG-Terminal am Start gewesen wäre.

Das Verständnis für den zeitlichen Druck darf aber nicht dazu führen, dass Bundes- und Landesregierung die lokalen Sorgen und Nöte ausblenden. Im Gegenteil. Sie müssen jetzt, wo die Einspeisung von Erdgas begonnen hat, mit Hochdruck angegangen werden. Vertrauen und Akzeptanz für schwierige Entscheidungen und Veränderungen lassen sich nur gewinnen, wenn dabei auftretende Probleme und Betroffenheiten so gut wie möglich ausgeräumt werden.

Beim LNG-Terminal Wilhelmshaven heißt das für die Politik: 

  • Macht ernst mit der Minimierung der Chlor-Einträge in die Jade. Notfalls muss die „Höegh Esperanza“ technisch nachgerüstet werden.
  • Hört euch die Sorgen der Tourismuswirtschaft an, die massive Einbußen befürchtet, weil das Öko-Image von Hooksiel schon jetzt nachhaltig beschädigt sein könnte. Eine bessere Ausstattung der örtlichen Feuerwehr allein heilt diese Schäden jedenfalls nicht. 
  • Sprecht endlich offen mit den Muschel- und Krabbenfischern über deren Existenzsorgen und zeigt ihnen eine wirtschaftliche Perspektive auf. 

Mit „Deutschland-Geschwindigkeit“ allein ist Energiesicherheit nicht zu schaffen – und die komplette Energiewende erst recht nicht. Gründlichkeit in Planung und Gerechtigkeit bei der Abwägung von Betroffenheiten sind unverzichtbar. Wenn das nicht vor einer Genehmigung erfolgen kann, dann zumindest im Nachgang. Geschwindigkeit allein ist kein Gewinn, wenn man dabei das Ziel verfehlt.

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