Mietspiegel, Biogas, Hundesteuer: Was noch alles im Rat entschieden wurde

Wangerland/Hooksiel (28. 9. 2023) – Bei den Arbeiten zur Verlegung von Glasfaserkabeln sind im Wangerland offenbar Stromkabel beschädigt worden. Eine Folge: Die Straßenbeleuchtung funktioniert an einer Reihe von Stellen nicht mehr. Bürgermeister Mario Szlezak bittet um Verständnis dafür, dass die Reparatur eine gewisse Zeit dauern kann, zumal man zunächst die Schadensstellen finden müsse. Die Kosten für die Reparatur müssten aber zumindest nicht von der Gemeinde gezahlt werden.

Der Rat hat die Gemeindeverwaltung beauftragt, das Einzelhandels-Entwicklungskonzept für die Gemeinde Wangerland fortzuschreiben. Ein Thema dabei: Die Erweiterung des Edeka-Marktes in Hooksiel und der geplante Neubau eines Nettomarktes. Das Thema soll im Oktober im Gemeindeentwicklungsausschuss des Rates behandelt werden.

Der Vertragsentwurf für den Verkauf der Rundinsel im Wangermeer war – anders als vom Bürgermeister im Vorfeld erhofft – diese Woche kein Thema im Gemeinderat. Wie berichtet steht die Gemeinde in Verhandlungen mit einer Investorengruppe aus Esens. Ein erster Verkaufsanlauf war gescheitert, weil ein Investor sein Angebot zurückgezogen hatte. Der Rat beschloss vorsorglich einen Nachtragshaushalt für seinen Eigenbetrieb Wangermeer. Man müsse auch handlungsfähig bleiben, so Betriebsleiter Torsten Meuer, wenn der Verkauf in diesem Jahr nicht mehr klappen sollte. 

Als runde Sache wertete Mario Szlezak den „Ehrenamtstag“, zu dem die Gemeinde 200 verdiente Bürger in den Kursaal nach Horumersiel eingeladen hatte. Der Bürgermeister bedankte sich bei allen Sponsoren und Helfern. Die Veranstaltung soll künftig einmal jährlich stattfinden. Der Rat spendete dafür seine Sitzungsgelder für die aktuelle Ratssitzung.

Das Wangerland unterstützt die Absicht des Landkreises Friesland, einen „qualifizierten Mietspiegel“ über die kreisangehörigen Kommunen zu erstellen. Vermieter sind dabei zur Auskunft über die Miethöhe verpflichtet. Nur die Gruppe CDU/Grüne/FDP stimmte gegen das Vorhaben.

Der Gemeinderat will gewerblichen Investoren den Bau von Biogasanlagen im Wangerland ermöglichen. Grundsätzlich sei diese Form der Energiegewinnung zukunftsweisend. Es soll aber auch künftig über jedes einzelne Projekt separat beraten und entschieden werden.

Der in die Jahre gekommene Bebauungsplan für das Inselviertel in Schillig wird überarbeitet. Der Rat verhängte dafür zunächst eine Veränderungssperre. Wann der neue Plan fertig ist, ist ungewiss. Der Bürgermeister wies darauf hin, dass auch nach einer Neueinstellung nur zwei von drei Stellen in der Bauleitplanung der Kommune besetzt sind und die Abteilungsleitung im Bauamt immer noch vakant ist.

Mit Blick auf die angespannte Haushaltlage der Gemeinde hat der Rat einen Antrag der Jägerschaft Friesland-Wilhelmshaven einvernehmlich abgelehnt. Die Jäger hatten eine Befreiung von geprüften Jagdhunden von der Hundesteuer angeregt.

Die Tourismusbeitrags-Satzung der Gemeinde Wangerland wurde angepasst. Die Gesamtsumme des Beitrages, mit dem sich Gewerbetreibende, die vom Tourismus profitieren, an den Marketingkosten beteiligen müssen, bleibt unverändert bei 350 000 Euro.

Die Gemeinde Wangerland will künftig bei eigenen Veranstaltungen verstärkt auf Abfallvermeidung achten. Unter anderem soll kein Einmalgeschirr mehr verwendet werden.

Rat will Gebühr nicht auswürfeln: Gästebeitrag um über 26 Prozent erhöht

Wangerland/Hooksiel (27. 9. 2023) – Der Rat der Gemeinde Wangerland hat am Dienstagabend mit großer Mehrheit rotzt der Kritik von touristischen Leistungsträgern der Erhöhung des Gästebeitrages um über 26 Prozent zugestimmt. Ab 2024 muss danach ein Erwachsener pro Übernachtung in der Hauptsaison eine Abgabe von 3,80 Euro (statt 3 Euro) zahlen. Mit dem Gästebeitrag werden 27 Prozent der Kosten für touristische Einrichtungen und Veranstaltungen abgedeckt.

Der Hooksieler Seebadeverein und der Verein für Handel, Handwerk und Gewerbe sowie die Dorfgemeinschaft Horumersiel hatten im Vorfeld die Erhöhung von nahezu 27 Prozent als für die Gäste „nicht vermittelbar“ kritisiert. Ihre Argumente griffen in der vom Ratsvorsitzenden Wolfram Sandmeier (SPD) geleiteten Debatte Dieter Schäfermeier und Wieland Rosenboom (beide Pro Wangerland) auf, die sich für eine moderate Erhöhung von 10 oder 15 Prozent oder alternativ für eine über mehrer Jahre gestaffelte Anpassung aussprachen. 

Strand Hooskeil
Der Urlaub im Wangerland wird teurer. Der Rat der Gemeinde segnete eine Erhöhung des Gästebeitrages ab 2024 ab. Foto: hol

Überschüsse der Vergangenheit ein Sondereffekt

Horst David (Freie Bürger) plädierte für eine Senkung des Gästebeitrages, da in den vergangenen beiden Jahren eine Überzahlung von 1,5 Millionen Euro stattgefunden habe. „Da wäre ein Gästebeitrag von 2,30 Euro für die Wangerland Touristik kostendeckend gewesen.“ WTG-Finanzchef Ralf Ewen sprach von Sondereffekten in den Corona-Jahren, die man nicht auf die in die Zukunft gerichtet Kalkulation anwenden könne.

SPD-Fraktionschef Holger Ulfers und Alice Brandenburg-Bienek, Sprecherin der CDU/Grüne/FDP-Gruppe (GFW) im Rat, betonten, dass die Ermittlung des angemessenen Gästebeitrages für die kommenden drei Jahre ein hochkomplexer Prozess sei. Die Gemeinde habe die Berechnung an die unabhängige Kommuna Treuhand abgegeben. „Wir können die Höhe des Gästebeitrages auch auswürfeln“, sagte Ulfers. „Aber die vorliegende Berechnung beruht auf Fakten.“ Sollte der Rat einen niedrigeren Gästebeitrag beschließen, käme das einer Subventionierung für den Tourismus aus Steuermitteln gleich. Ulfers bezweifelt, ob die Gemeinde dann noch Aussichten auf Zuschüsse etwa vom Land für andere Projekte habe.

„Ziel muss ein Miteinander sein“

Die gemeindeeigene Wangerland Touristik GmbH müsse kostendeckend arbeiten, sagte Alice Brandenburg-Bienek. Dafür sei sie angesichts der allgemeinen Kostensteigerungen auf die Erhöhung des Gästebeitrages angewiesen. Die CDU-Politikerin appellierte an die WTG und die touristischen Leistungsträger, sich nicht erst wenige Tage vor der Ratsentscheidung über die Notwendigkeiten auszutauschen. „Ziel muss ein Miteinander und kein Gegeneinander sein.“

„Wir müssen an einem Strang ziehen“, forderte auch Reiner Tammen (Grüne), „Und wir müssen mehr miteinander reden!“ Die WTG habe eine Fülle von Aufgaben, betreue unter anderem über 270.000 Gäste, 50 Gebäude, Straßen, Wege und Plätze, 4,5 Kilometer Strand, 600.000 Quadratmeter Rasen und, und , und. Der Strandeintritt sei verboten worden und Parkgebühren kämen auch nicht gut an. „Woher soll das nötige Geld kommen?“

Tammen: Kritik widersprüchlich

„Die WTG-Mitarbeiter machen einen guten Job“, ist Tammen überzeugt. Die Kritik an der Erhöhung des Gästebeitrags hingegen sei in vielen Punkten widersprüchlich. Mehr Attraktivitäten schaffen ohne zusätzliches Geld? Personal abbauen und gleichzeitig mehr Aufgaben übernehmen? Auch der Vorwurf, bei der WTG herrsche „Digitalisierungs-Wahn“ greife nicht, so Tammen „Das ist heute völlig normal.“

Arthur Wichmann, Kämmerer der Gemeindeverwaltung, wies darauf hin, dass eine Erhöhung des Gästebeitrages von über 26 Prozent sich zwar dramatisch anhöre. In absoluten Zahlen mache die Mehrbelastung bei einem Zehn-Tages-Aufenthalt einer vierköpfigen Familien aber nur rund 24 Euro aus. Er sei überzeugt davon, dass von solch einer Summe niemand die Wahl seines Urlaubsortes abhängig mache.

Doppelbelastung in Hooksiel

Anja Dittmer, Vermieterin in Hooksiel, hielt dem in der Einwohner-Fragestunde entgegen, dass die Mehrbelastungen für Urlauber in Hooksiel deutlich höher sei. Zu dem 20-Euro-Plus beim Gästebeitrag kämen noch rund 50 Euro Parkgebühren hinzu, da das Parken am Strand auch für Inhaber der Gästekarte zahlungspflichtig sei. Hooksiel könne man in diesem Punkt nicht mit Schillig oder Horumersiel vergleichen, da die Gäste, zumal Familien, in Hooksiel für den Besuch des Strandes auf ein Auto angewiesen seien. 

Eine Senkung der Parkgebühren ist nach Einschätzung von WTG-Geschäftsführer Armin Kanning aber auch kein Weg, um die Gäste zu entlasten. „Wenn die Parkgebühren wegfallen, müssten wir den Gästebeitrag noch weiter erhöhen.“ Die Erhöhung des Gästebeitrages wurde mit den Stimmen von SPD und der Gruppe GfW beschlossen.

Neuer Anlauf zur Vermarktung der Rundinsel im Wangermeer

Wangerland (29. 6. 2023) – Die Gemeinde Wangerland setzt weiter darauf, einen Käufer für die Rundinsel im Wangermeer in Hohenkirchen zu finden. Nach dem Rückzug der Immobilienfirma Helma hätten zuvor im Auswahlverfahren unterlegene Unternehmen und sogar weitere Bewerber ihr Interesse an ener Bebauung bekundet, sagte Bürgermeister Mario Szlezak (SPD) in der Ratssitzung.

Wie die Vorstellungen der potenziellen Bewerber aussehen, will die Gemeinde in den nächsten drei bis vier Wochen erkunden. Danach soll der Rat informiert werden und über ein neuerliches Auswahlverfahren entscheiden. Zwar meldete CDU-Fraktionsvorsitzende Alice Brandenburg-Bienek „große Bedenken“ an, ob es angesichts der dramatisch veränderten Wirtschaftslage im Bausektor überhaupt sinnvoll sei, am ursprünglichen Vermarktungs-Konzept festzuhalten. Die Ratsmehrheit folgte aber der Anregung, zunächst die Gespräche mit den potenziellen Investoren abzuwarten, um dann gegebenenfalls die geplanten Projekte neu zu bewerten. 

Holger Ulfers (SPD) und Reiner Tammen (Grüne) erinnerte daran, dass die Gemeinde vor der Vergab an Helma im vergangenen Jahr ein sehr transparentes Verfahren zur Bewertung der verschiedenen Konzepte vorgenommen habe. Auch die Bewerber, die bei der Vergabe auf den Plätzen zwei und drei gelegen haben, hätten gute Projekte gehabt. „Falls daran Änderungen vorgenommen werden, müssen wir das neu bewerten“, sagte Ulfers. Immo Müller (UWW) erinnerte daran, dass sich der Rat mit sehr großer Mehrheit für Helma entschieden hat. Andere Projekte hätten bislang keine Mehrheit im Rat. Einen Vergabe-Automatismus nach dem Motto „Jetzt kommt der Zweitplatzierte zum Zug“ dürfe es nicht geben. „Wir müssen neu abstimmen.“

Für die Gemeinde geht es dabei neben der städtebaulichen Entwicklung des 15 Hektar großen Eilands auch um viel Geld. Die Rundinsel soll für rund 6,5 Millionen Euro verkauft werden.

Weg frei für Tiny Houses am Strand von Schillig

Mit großer Mehrheit machte der Rat bei fünf Gegenstimmen aus den Reihen der Unabhängigen-Gruppe ZUW den Weg frei für das Aufstellen von mobilen Wohneinheiten („Tiny Houses“) sowie einer Gastronomie am Randes des Campingplatzes Schillig. Armin Kanning, Geschäftsführer der Wangerland Touristik GmbH (WTG), wies den Vorwurf zurück, die gemeindeeigene Gesellschaft würde mit dem Angebot privaten Vermietern Konkurrenz machen. „Da werden Äpfeln mit Birnen verglichen.“ Die mobilen Wohngelegenheiten vor dem Deich sprächen eine ganz andere Zielgruppe an und müssten zudem über den Winter ab- und zur Saison wieder aufgebaut werden.

Holger Ulfers (SPD) betonte, dass es im Rat zunächst nur um das Baurecht gehe – also um die Möglichkeit, überhaupt statt Wohnmobilen Mobil-Wohnungen aufstellen zu können. Darauf hatten auch Bürgermeister Szlezak und Horst David (Freie Wähler) hingewiesen. Ob die WTG letztlich auch Betreiber einer solchen Anlage wird, sei eine Entscheidung der Gesellschafterversammlung der WTG – die personell identisch mit dem Rat ist, aber nicht-öffentlich tagt. 

Allerdings: Aus Sicht von Immo Müller (UWW) hat die WTG bereits fürs Bauleitverfahren und die Kampfmittelbeseitigung in der ehemaligen Schilliger Strandbatterie sehr viel Geld ausgegeben … Aber, so Reiner Tammen (Grüne), es spreche doch nichts dagegen, wenn die WTG, die unter anderem zwei defizitäre Hallenbäder betreibt, sich an anderer Stelle „etwas dazu verdient“. 

Personalmangel im Rathaus bremst Planung für den Alten Hafen aus

Alter Hafen
Der Alte Hafen von Hooksiel ist das Herzstück des Sielortes. Die Zukunftsplanung für das Feuerwehr-Areal links neben den drei historischen Parkhäusern gerät jetzt ins Stocken. Archiv-Foto: Bildwerfer

Wangerland/Hooksiel (28. 6. 2023) – Die Gemeinde Wangerland leidet unter akutem Personalmangel. Hinzu komme ein hoher Krankenstand. Vor allem das Bauamt sei betroffen, sagte Bürgermeister Mario Szlezak (SPD) am Dienstagabend vor dem Rat. Die Gemeinde habe kürzlich eine an sich attraktive Stelle ausgeschrieben. Darauf sei aber nicht eine einzige Bewerbung eingegangen. „Da wird der Fachkräftemangel sichtbar.“

Die personellen Lücken im Bauamt könnten unmittelbare Auswirkungen auf Hooksiel haben. Als Beispiel verwies Szlezak auf die Planungen für die Entwicklung des heute noch von der örtlichen Feuerwehr genutzten Areals am Alten Hafen. Bekanntlich soll die Feuerwehr noch in diesem Jahr in einen Neubau am Hohe Weg umziehen. 

„Die Nachnutzung des Grundstückes am Alten Hafen hat Priorität 1“, sagte Szlezak. „Aber wir kommen da einfach nicht weiter, weil uns das Personal fehlt.“ Um Probleme des Bauhofs der Gemeinde mit dem aktuell überall explodierenden Grün in den Griff zu bekommen, setzt der Bürgermeister auf die Mithilfe der Bürgerinnen und Bürger. Für den Bauhof allen sei das nicht zu schaffen. Sein Appell: „Anwohner dürfen auch mal selbst einen Besen in die Hand nehmen.“

Leuchtturm  Roter Sande
Der Leuchtturm „Roter Sand“ ist als Denkmal auf hoher See kaum noch zu halten. Findet sich für ihn ein neuer Standort im Freizeitgelände von Hooksiel? Fot0: Deutsche Stiftung Denkmalschutz/Schirmer

Hoffnung machte Szlezak den Hooksielern hinsichtlich einer neuen touristischen Attraktion. Bekanntlich sucht der Bund als Eigentümer einen küstennahen Standort an Land für den vom Verfall bedrohten Leuchtturm „Roter Sand“. „Das ist wirklich kein April-Scherz“, beteuerte Szlezak. Der Bürgermeister hatte die Idee aufgegriffen, wonach der zwischen Helgoland und Bremerhaven, auf einer Sandbank mitten in der Nordsee, stehende Turm ins Freizeitgelände Hooksiel umziehen könnte – mit Blick auf den Energy-Hub-Wilhelmshaven. Das 140 Jahre alte maritime Bauwerk gilt als erstes Offshore-Bauwerk der Welt. Das technische Denkmal dürfte durchaus eine gewissen Anziehungskraft haben.

Die Gemeinde habe inzwischen Kontakt zum Eigentümer aufgenommen. Aus eigenen Mitteln könne das Wangerland zwar das Projekt nicht stemmen, so Szlezak. Er sei aber zuversichtlich, dass der Bund helfen würde – immerhin spiele die Gemeinde bei der Energiewende eine wichtige Rolle. Direkt vor Hooksiel befindet sich der erste LNG-Terminal Deutschlands und im Gemeindegebiet sollen Wasserstoff-Kavernen entstehen … 

Gemeinde will Personalstärke in Kitas bedarfsgerecht aufstocken

Hooksiel/Wangerland (22. 3. 2023) – Die Kindertagesstätten im Wangerland sollen künftig möglichst das ganze Jahr durchgängig geöffnet bleiben. „Krankenhäuser haben ja auch nicht geschlossen, weil die Mitarbeiter in Urlaub sind“, sagte Bürgermeister Mario Szlezak (SPD) am Rande der Ratssitzung am Dienstag Abend bei der Übergabe einer Unterschriftenliste mit 175 Unterzeichnern, vornehmlich aus Hooksiel. 

Elternsprecherin Stefanie Seiler hatte mit einem „offenen Brief“ den Unmut vieler Eltern über zu viele Schließtage in des Kitas und zu kurze Öffnungszeiten zum Ausdruck gebracht. Auch wenn die jüngsten Schließungen auf außergewöhnliche Umstände wie Erkrankungen einer Vielzahl von Mitarbeiterinnen zurückzuführen seien, so Szlezak, stießen die Forderungen der Hooksieler Eltern auf offene Ohren. Sein Plan: Ab 2024 wird es auch in den Sommerferien keine mehrwöchigen Kita-Schließungen mehr geben. Für Fortbildungen, Betriebsausflüge oder Regenerationstage von Erzieherinnen sollen in allen Kitas Notbetreuungen organisiert werden. 

Stefanie Seiler übergibt Unterschriften an Mario Szlezak
Elternsprecherin Stefanie Seiler übergab Protestunterschriften Hooksieler Kindergarten-Eltern an Bürgermeister Mario Szlezak .Foto: hol

Über einen Nachtragshaushalt werden im Laufe des Jahres die nötigen finanziellen Mittel bereitgestellt, um zusätzliches Kita-Personal bezahlen zu können. Wie hoch der tatsächliche Bedarf dafür ist, soll eine Bedarfsanalyse zeigen. Fachbereichsleiter Markus Gellert wies darauf hin, dass im neuen Haushalt auch Mittel für ein Ingenieurbüro eingestellt sind, das mit Blick auf Neubaugebiete und Flüchtlingskinder einen wissenschaftlich fundierten Schul- und Kita-Entwicklungsplan aufstellen soll.

Ein Antrag von Dieter Schäfermeier (Pro Wangerland), die Verabschiedung des Gemeindehaushalts zu verschieben, um noch Umschichtungen zugunsten der Kitas vornehmen zu können, fand keine Mehrheit. Ohne einen Haushalt würde die Gemeinde weitere drei Monate nur Pflichtaufgaben erledigen dürfen. Damit hätten auch drei darin vorgesehene neue Stellen für Springerkräfte für die Kindergärten nicht besetzt werden können, argumentierten Verwaltung und Ratsmehrheit. Aber, so beteuerte Reiner Tammen (Grüne): „Das Problem ist erkannt. Darüber müssen wir jetzt im zuständigen Fachausschuss beraten.“

Haushalt der Gemeinde Wangerland mit Millionen-Loch

Mit großer Mehrheit (drei Gegenstimmen) verabschiedete der Rat die von Lübbo Meppen (FDP) eingebrachte Haushaltssatzung für 2023. Mit Blick auf eine Unterdeckung von 8,8 Millionen Euro gingen die Bewertungen des Zahlenwerkes auseinander. „Die fetten Jahre sind vorbei“, stellte SPD-Fraktionschef Holger Ulfers fest. Nach zehn zwangsweise ausgeglichenen Haushalten gebe es jetzt in der Gemeinde erheblichen Nachholbedarf bei den Investitionen, die über Kredite finanziert werden. „Wir müssen die Einnahmeseite verbessern“, forderte Ulfers. Im Blick hat er dabei unter anderem die Vermarktung nicht mehr benötigter Sportplätze als Bauland sowie die Erhöhung der Gewerbesteuer-Einnahmen durch das Erneuern von Windrädern (Repowering) und die Nutzung von Sonnenenergie (Photovoltaik).

Hedde Hobbie (Pro Wangerland) bezweifelte, ob die die Gemeinde ihre strukturellen Nachteile auf Dauer aus eigener Kraft ausgleichen kann. „Landeszuschüsse werde nach Einwohnerzahlen verteilt. Wir haben aber viel mehr Fläche als andere Kommunen, müssen 167 Kilometer Straßen und sieben Feuerwehren unterhalten.“

Immo Müller (UWW) vermutet noch Einsparmöglichkeiten im Haushalt – etwa im Etat für die Feuerwehren oder beim Bauhof, der in den vergangenen Jahren von 8 auf 22 Mitarbeiter gewachsen sei. „Haben die Aufgaben wirklich in dem Umfang zugenommen?“ Reiner Tammen (Grüne) hingegen räumte ein, dass die Gemeinde zwar Probleme habe. „Aber insgesamt kann sich der Haushalt sehen lassen.“

Kommentar: Wahlfreiheit darf nicht zu Lasten von Kindern und Steuerzahlern gehen

Von Gerd Abeldt

Viele Köche verderben den Brei. Das gilt auch für Behörden. Einen Beleg dafür liefert das Kuddelmuddel um die Schülerbeförderung im Wangerland; zumindest insoweit sie Grundschulkinder aus Waddewarden betrifft.

Waddewarden hat keine eigene Grundschule mehr. Die Eltern dort können sich die passende Schule aussuchen. Einige favorisieren Hooksiel, andere Tettens. Vielleicht geht sogar ein Kinder nach Hohenkirchen. 

Schulträger aller drei Schulen ist die Gemeinde Wangerland. Dennoch gibt es keine strikt einzuhaltende Schulbezirke, die einzelne Orte bestimmten Schulen zuordnen. Warum nicht? Schule ist nicht gleich Schule. Die inhaltliche Ausrichtung der Bildungseinrichtungen ist Sache des Landes. Und das erlaubt viel Kreativität. 

Die Schulen in Hooksiel und Tettens sind Ganztagsschulen, die GS Hohenkirchen (noch) nicht. Aber auch Ganztag ist nicht gleich Ganztag. Zumindest nicht aus Sicht von Eltern. Ein Beispiel: Die Tetta von Oldersum Schule in Tettens etwa ist als „Umweltschule“ ausgezeichnet, während man auf dem Hooksieler Schulhof jegliches Grün vergeblich sucht. 

Die Wahlfreiheit hat ihren Preis. Einen Preis, den aber nicht die Gemeinde und auch nicht das Land zahlen, sondern der Landkreis Friesland, der den Transport der Schülerinnen und Schüler zur Schule organisieren (und bezahlen) muss. Über fünf Millionen Euro im Jahr.

Für Grundschulkinder, die mehr als 2,5 Kilometer vom Schulstandort entfernt wohnen, gibt es eine Beförderungspflicht – oder einen Anspruch auf Erstattung der Busfahrtkosten. Dort, wo es keine Busse gibt, fahren Taxis die Kinder zur Schule. Man muss kein Kämmerer sein, um sich auszumalen, dass Taxis nicht billig sind. Allemal günstiger sind Busfahrten, die aber auch ihre Tücken haben. Zumindest dann, wenn – wie zwischen Waddewarden und Tettens – 6-jährige Kinder auf einer acht Kilometer langen Strecke noch von Bus zu Bus umsteigen müssen.

Warum der Landkreis aber für die überschaubare Zahl von Grundschulkindern aus Waddewarden gleich mehrere Schul-Transportwege organisieren muss, erschließt sich nicht. Schon gar nicht, wenn es bei der Schulwahl letztlich doch eher um die Frage gehen dürfte, ob die Lehrer hier oder dort „viel netter“ oder vermeintlich kompetenter sind.

Natürlich ist es schön, wenn Eltern sich die passende Schule für ihr Kind aussuchen können. Aber diese Freiheit ist gefährlich. Allemal dann, wenn der Schulweg für Kinder zur Gefahr wird. Also: Wenn Busverkehre nicht vernünftig zu organisieren sind, müssen Taxis her. Wenn Taxis zu teuer sind, müssen klare Schulbezirke her, damit Busse sinnvoll eingesetzt werden können. 

Ich vermute, wenn nur eine Behörde für das System Schule und seine Gesamtkosten zuständig wäre, würden diese Gebote der Vernunft längst eingehalten werden.

Sie haben auch eine Meinung zu dem Thema? Schreiben Sie uns gern eine Email an die Adresse infos@hooksiel-life.de mit dem Betreff Leser-Meinung.

Raser in Oldorf gefährden Schulkinder

Schulbus
Autofahrer dürfen Schulbusse, die Warnblinklicht eingeschalteter haben, nur in Schritttempo passieren, damit Kinder nicht gefährdet werden. Darauf weist der Automobilclub ADAC immer wieder hin. Die Praxis sieht häufig anders aus, wie die Situation in Oldorf (Wangerland) beweist. Themen-Foto: ADAC

Hooksiel/Waddewarden (20. 2. 2023) – Schon die Vorstellung treibt den meisten Eltern den Angstschweiß auf die Stirn: Kinder aus Waddewarden fahren morgens früh im Dunkeln mit dem Bus Richtung Tettens. Sie müssen zur Grundschule. In Oldorf steigen die 6- bis 10-Jährigen an der stark befahrenen Hauptstraße zwischen Jever und Hohenkirchen aus, müssen die Straße überqueren, gut 100 Meter zur Nebenstraße Richtung Tettens laufen, wo – mit etwas Glück – auf der gegenüber liegenden Seite der Bus nach Tettens wartet.

Allerdings nicht immer. Wie gegenüber dem Schulausschuss der Gemeinde Wangerland bestätigt wurde, kommt es auch schon mal vor, dass der zweite Bus losfährt, ohne auf die Kinder zu warten. Nicht in böser Absicht, aber der enge Fahrplan dränge die Busfahrer halt zur Eile. 

Um ihren Kindern eine lange Wartezeit in Oldorf zu ersparten, haben die Eltern Eigeninitiative entwickelt, schildert eine betroffene Mutter. Ein Elternteil vergewissert sich, dass die Kinder in Waddewarden in den Bus einsteigen, ein andere fährt schon vor nach Oldorf, um die Ankunft des Busses dort und das Umsteigen der Kinder in den zweiten Bus abzusichern.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Bushaltestelle in Oldorf alles andere als sicher ist. Geschwindigkeitsmessungen der Gemeinde im Zeitraum Mitte Oktober bis Mitte November vergangenen Jahres haben ergeben, dass über 67 Prozent der durchschnittlich 3655 Autos am Tag auf der Oldorfer Straße zu schnell fahren. 50 Stundenkilometer sind zulässig. Sehr viele Autos wurden mit Tempo 60 und mehr, einige sogar mit 100 km/h gemessen.

Dennoch, so der bei der Gemeinde für Schulen zuständige Abteilungsleiter, Markus Gellert, lehnt die Verkehrsbehörde beim Landkreis Friesland es nach einer Ortsbegehung ab, die zulässige Geschwindigkeit zumindest im Bereich der Bushaltestellen auf Tempo 30 zu verringern. Ein entsprechender Antrag der Eltern aus September 2022 wird von der Gemeinde unterstützt.

Tempo 30 sei laut Straßenverkehrsordnung (StVO) für die Hauptstraße nicht zulässig, heißt es. Die Busse stehen an den Haltestellen mit eingeschaltetem Warnblinklicht. Autofahrer dürfen sie eigentlich nicht, oder zumindest nur im Schritttempo passieren, um die Fahrgäste zu schützen. Die Praxis sieht allerdings anders aus …

Gellert wertet es schon als kleinen Erfolg, dass ein Vertreter der Verkehrsbehörde den Schulausschuss persönlich besuchen will, um mit den Kommunalpolitikern nach einer Lösung zu suchen. Als Sofortmaßnahme habe die Gemeinde die Beleuchtung vor Ort verbessert und zeitweise ein Geschwindigkeits-Display aufgestellt, das den Autofahrern ihr (zu hohes) Tempo anzeigt.

Die Elternvertreterin im Schulausschuss, Christiane Harms-Janßen, würdigte das Engagement der Gemeinde. Wenig Verständnis habe sie allerdings dafür, wie lange es dauert, bis in der Sache wirklich etwas passiert. „Die Eltern, die den Antrag gestellt haben, wollten mehr Sicherheit für ihre Kinder – gerade in der dunklen Jahreszeit. Jetzt ist es morgens schon wieder hell – und passiert ist kaum etwas.“

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