Wilhelmshaven/Hooksiel (16.12.2022) – Als „wichtigen Meilenstein“ bewertet der Energiekonzern Uniper die Ankunft des Schiffes „Höegh Esperanza“, einer sogenannte Floating Storage and Regasification Unit (FSRU), am LNG-Terminal in Wilhelmshaven. Das zuvor in Spanien mit rund 165 000 Kubikmeter verflüssigtem Erdgas (LNG) beladene, 294 Meter lange Schiff bildet das Herzstück des neuen Importterminals, das an diesem Samstag unter anderem von Bundeskanzler Olaf Scholz eingeweiht werden soll.
Die „Esperanza“ wird in Zukunft angeliefertes LNG regasifizieren. Als Ziel nennt Uniper, jährlich mindestens fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas in das deutsche Gasnetz einzuspeisen, rund sechs Prozent des deutschen Gasbedarfs. Damit würde rund elf Prozent von Deutschlands Gasimporten aus Russland ersetzt.
Uniper-Manager Peter Abdo laut einer Pressemitteilung des Unternehmens: „ Es ist ein tolles Gefühl, nach zehn Monaten harter Arbeit endlich die Ankunft der ersten FSRU in Wilhelmshaven zu erleben. Wir freuen uns nun darauf, Anfang Januar die erste reguläre LNG-Ladung auszuliefern. Dies ist der nächste Schritt, um die Bundesregierung und die Versorgungssicherheit für Deutschland aktiv zu unterstützen.“
In diesen Tagen soll der LNG-Terminal die offizielle Betriebsgenehmigung bekommen. Wie der Naturschutzbund (Nabu) ankündigte, wolle man das Vorgehen gemeinsam mit anderen Verbänden auf dem Klagewege überprüfen lassen. NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: „Die Bundesregierung hat infolge des Krieges die herausfordernde Aufgabe verschiedene sich gegenseitig widersprechende Interessen auszubalancieren. Das ist ihr beim Thema LNG nicht gelungen. Mit dem LNG-Gesetz und der Planung von zwölf neuen LNG-Terminals, die bis 2043 betrieben werden sollen, gehen die Bemühungen der Bundesregierung deutlich über eine eher kurzfristig zu bedienende Gasnachfrage hinaus.“
Klimaschädliche, fossile Infrastruktur würden ohne Umweltverträglichkeitsprüfung und mit sehr verkürzten Beteiligungsverfahren durchgewunken. Umweltverbände hätten dadurch ihre Aufgabe als Natur- und Umweltschützer nicht wahrnehmen können. Im Ergebnis werde die Transformation des Energiesektors hin zu regenerativen Energien massiv behindert.
Dr. Holger Buschmann, Landesvorsitzender des NABU Niedersachsen: „Der Betrieb des Terminals in Wilhelmshaven erfolgt mitten im UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer und damit in einem der wichtigsten und sensibelsten Ökosysteme der Welt. In diesem sensiblen Umfeld sollen über das Terminalschiff täglich bis zu 530 000 Kubikmeter mit Chlor- und Bromnebenprodukten belastete Abwässer in die Jade geleitet werden.“ Die Chlor-Verbindungen sollen verhindern, dass die Leitungen, über die die „Esperanza“ Wasser aus der Jade entnimmt, mit Muscheln und Seepocken zuwachsen. Dieser Umstand wird auch von der Tourismuswirtschaft im benachbarten Hooksiel kritisch gesehen.
Dieser Eingriff in ein gesetzlich geschütztes Unterwasserbiotop zerstöre den Lebensraum zahlreicher, teils bereits gefährdeter Tier- und Pflanzenarten, so Buschmann. „Das geplante Gewässermonitoring zur Überprüfung der Grenzwerteinhaltung ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.“
Nabu, BUND und die Deutsche Umwelthilfe sind der Ansicht, dass es eine umweltschonende Alternative für die Reinigung des Seewassersystems auf Ultraschallbasis gibt. Ein Kieler Unternehmen biete schon seit über sechs Jahren eine auf Ultraschall basierende Technologie zur Vermeidung von Bewuchs und Fouling auf allen flüssigkeitsführenden Oberflächen an. Die Technologie sei schon bei über 650 Schiffen im Einsatz.
„Unsere Ultraschall-Antifouling-Technologie ist auf allen Schiffen anwendbar. Deshalb ist es mir ein Rätsel, wieso sie nicht auch auf der Hoegh Esperanza zum Einsatz kommen sollte. Es geht auch umweltfreundlich, wieso nicht in Wilhelmshaven?“, wird Jan Kelling, Geschäftsführer der Hasytec-Gruppe vom Nabu zitiert. Alle Versuche des Unternehmens, mit Uniper in Kontakt zu treten, seien bislang erfolglos geblieben. Nabu, BUND und Deutsche Umwelthilfe wollen nun erreichen, dass die Genehmigung zur Nutzung des Chlor-Verfahrens nur befristet erteilt wird – und mit der Auflage, Alternativen zu prüfen.