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Wangerländer lehnen Zuordnung zu Wilhelmshaven entschieden ab

Wangerland/Hooksiel (16. 5. 2025) – Die Politik im Wangerland lehnt den Vorschlag zum Neuzuschnitt der Landtags-Wahlkreise parteiübergreifend ab. In einem von allen Ratsvertretern und weiteren politisch engagierten Bürgern unterzeichneten offenen Brief an den Ministerpräsidenten und den Landeswahlleiter bringen die Wangerländer ihre Sorge und ihr Unverständnis darüber zum Ausdruck, dass die Gemeinde Wangerland neben der Insel Wangerooge zur nächsten Landtagswahl dem Wahlkreis Wilhelmshaven zugeordnet werden soll. 

Offener Brief aller Parteien

„Dieser Vorschlag stößt bei uns auf entschiedene Ablehnung“, heißt es in dem auf Initiative des Vorsitzenden der CDU-Wangerland, Thies Fischer, verfassten Schreibens. Vor einigen Tagen hatte bereits Bürgermeister Mario Szlezak (SPD) seien Unmut über die Pläne öffentlich gemacht. Mit Blick auf die den bereits geplanten gemeinsamen Brief der Wangerländer Politik berurteilen einige der Beteiligten die Positionierung des Bürgermeisters als „unnötiges Vorpreschen“.

Die Gemeinde Wangerland sei historisch, kulturell und politisch seit Jahrhunderten eng mit dem Jeverland verbunden, heißt es in dem offenen Brief. Man sei mit den Nachbarkommunen nicht nur geografisch, sondern auch thematisch eng verflochten – etwa in Fragen des Fremdenverkehrs, der Landwirtschaft und der kommunalen Aufgaben habe man gemeinsame Zielsetzungen. 

Unterschiedliche Interessenlagen

Wörtlich: „Eine Herauslösung unserer Gemeinde aus dem bisherigen Wahlkreis Friesland und die Zuordnung zum urban geprägten Wilhelmshaven würde diese natürlichen und gewachsenen Strukturen aufbrechen und künftige politische Arbeit erschweren. Die Interessenlagen im ländlich strukturierten Wangerland unterscheiden sich erheblich von denen in der Stadt Wilhelmshaven.“ Eine sachgerechte und ausgewogene Vertretung der Anliegen der Gemeinde im Landtag wäre durch die Zuordnung zum Wahlkreis Wilhelmshaven zumindest in Frage gestellt. 

Die Politik im Wangerland befürchtet, dass die Stimmen der rund 9.100 Einwohner der Gemeinde im Chor mit den 78.800 Einwohnern in Wilhelmshaven untergehen könnten. „Es bestünde die reale Gefahr, dass unsere Interessen an den Rand gedrängt werden und wir als größte Flächengemeinde im Landkreis Friesland politisch an Bedeutung verlieren.“ 

Man halte es für grundsätzlich problematisch, Landkreise im Rahmen der Wahlkreisstruktur zu zerschneiden. Ein solcher Schritt schwäche die Identität gewachsener Räume und untergrabe die Prinzipien von Bürgernähe und kommunaler Selbstverwaltung. „Wir appellieren daher eindringlich an Sie, den Vorschlag des Landeswahlleiters in dieser Form nicht umzusetzen. Stattdessen bitten wir darum, gemeinsam nach Alternativen zu suchen, die einerseits den verfassungsrechtlichen Anforderungen an Wahlkreise gerecht werden, andererseits aber auch die historischen, kulturellen und politischen Gegebenheiten vor Ort respektieren.“

So würde sich der Zuschnitt der Wahlkreise zur Landtagswahl 2027 nach den Vorschlägen des Landeswahlleiters ändern. Oben der Ist-Zustand, darunter der Vorschlag für die Neuordnung. Wangerland und Wangerooge würden Wilhelmshaven zugeschlagen. Grafik: Landeswahlleiter

Worum geht es? Im Dezember 2024 hat der Niedersächsische Staatsgerichtshof entschieden, dass der Zuschnitt der Landtagswahl-Wahlkreise nicht mehr verfassungskonform ist. Er verletze den Grundsatz der Wahlgleichheit, der besagt, dass die in den Wahlkreisen gewählten Abgeordneten annähernd dieselbe Zahl von Wählerinnen und Wählern repräsentieren sollen. Abweichungen seien in der Regel nur in einem Toleranzbereich von 15 Prozent nach oben oder unten zulässig. 

Reform unausweichlich

Das Problem: Auf Grundlage aktueller Bevölkerungszahlen weicht in 33 der 87 Wahlkreise die Zahl der Wahlberechtigten um mehr als 15 Prozent vom Landesdurchschnitt ab. Unter anderem im Wahlkreis Wilhelmshaven, der seit vielen Jahren unter Einwohnerschwund (-16,5 Prozent) leidet. Der Landkreis Friesland hingegen, zu dessen Wahlkreis auch die Gemeinde Jade (Wesermarsch) gehört, hat mit einer Abweichung von plus 24,8 Prozent deutlich zu viele Wahlberechtigte.

Landeswahlleiter Markus Steinmetz empfiehlt, dem Wahlkreis 69 Wilhelmshaven die Gemeinde Wangerland sowie die Insel Wangerooge zuzuschlagen (künftig Wahlkreis 84). Damit würde die Abweichung vom Wählerschnitt auf -4,5 Prozent gesenkt. „Alternative Umgliederungsoptionen kommen praktisch nicht in Betracht“, stellt der Landeswahlleiter fest. Eine Zuordnung etwa der Gemeinde Sande zu Wilhelmshaven würde zur Zweiteilung des Wahlkreises Friesland führen. „Da jeder Wahlkreis ein zusammenhängendes Gebiet darstellen muss, scheiden Zusammenlegungen der Stadt Wilhelmshaven mit einer der anderen Nachbargemeinden von vornherein aus.“ 

Landeswahlleiter sieht keine Alternative

Der Landeswahlleiter räumt ein, dass die Zusammenfassung von zwei kleineren Gemeinden mit einer größeren kreisfreien Stadt in einem Wahlkreis wegen des deutlichen Übergewichts der kreisfreien Stadt „keineswegs ideal“ sei. Alternativen seien wegen der geografischen Gegebenheiten innerhalb der Region aber nicht erkennbar. 

Der Wahlkreis 70 Friesland (künftig 83) müsste nicht das Wangerland und Wangerooge an Wilhelmshaven, sondern auch die Gemeinde Jade an den Wahlkreis Wesermarsch abgeben und läge dann immer noch um 5,8 Prozent im Wähler-Plus.