Wilhelmshaven/Hooksiel (20. 5. 2025) – Für die einen ist das Areal im Grenzbereich von Wilhelmshaven zu Hooksiel eine Schlüsselfläche für das Gelingen der Energiewende und des Klimaschutzes, für die anderen ein ökologisch unverzichtbares Schutzgebiet. Die Rede ist vom Voslapper-Groden-Nord, der im Zuge der Industrialisierung Wilhelmshavens vor 50 Jahren aufgespült wurde, sich dann aber mangels entsprechender Nutzung zu einem Öko-Kleinod entwickelt hat.
„Ausgerechnet eines der wertvollsten EU-Vogelschutzgebiete Deutschlands soll für einen Industriekomplex geopfert werden“, beklagt der Naturschutzbund Nabu Niedersachsen. Anlässlich des „Natura 2000-Tag“ am 21. Mai fordern die Naturschützer Politik und Wirtschaft ein Umdenken – und von der EU ein klares Nein zur beabsichtigten Löschung des Schutzstatus.
Geschützte Vogelarten gefährdet
„Wie kann es sein, dass ein Natura 2000-Gebiet, das nachweislich internationale Bedeutung als Brut- und Rastgebiet besitzt, an einen rein wirtschaftlich motivierten Energiekonzern ausgeliefert werden soll?“, fragt Nabu-Landesvorsitzender Dr. Holger Buschmann. „Wenn wir selbst in solch hochwertigen Schutzgebieten wirtschaftliche Interessen vorziehen, verabschieden wir uns nicht nur vom europäischen Naturschutzrecht, sondern auch von jeglicher Glaubwürdigkeit.“
Konkret geht es um die Pläne der Firma Tree Energy Solutions (TES), die in Nachbarschaft zur HES Tankfarm einen „Energiepark“ errichten will, über den künftig unter anderem grüner Wasserstoff importiert und hergestellt werden soll, dem bei der Dekarbonisierung der Produktion in der Stahl- und Zementindustrie eine Schlüsselrolle zugeschrieben wird.

Der Nabu kritisiert, dass der geplante Industriekomplex über die Hälfte der Schutzfläche belegen würde und damit das Überleben geschützter Arten wie Tüpfelsumpfhuhn, Rohrdommel oder Blaukehlchen gefährde. Hebel für die Entwidmung des EU-Vogelschutzgebieters sollen dabei „nationale Sicherheitsinteressen“ sein.
Naturschützer sehen Dammbruch
Ein solcher Schritt wäre aus Sicht des NABU Niedersachsen ein Dammbruch: „Es geht hier nicht nur um ein einzelnes Bauprojekt, sondern um einen gefährlichen Präzedenzfall. Wenn wirtschaftliche Interessen ausreichen, um ein EU-Vogelschutzgebiet aufzulösen, sind alle Natura 2000-Gebiete in Deutschland gefährdet“, warnt Buschmann, der der Firma TES zudem einen „Etikettenschwindel“ vorwirft.
Unter dem Deckmantel der Energiewende solle auf dem Gelände auch weiterhin fossiles Flüssiggas verarbeitet werden. Dafür wurde vor einigen Wochen ein neues LNG-Terminal in der Jade direkt vor dem TES-Gelände in Betrieb genommen.
Der Nabu fordert, keine Natura 2000-Gebiete Industrieprojekte für opfert. Für den Energiepark gebe es Alternativstandorte, die naturschutzfachlich weit weniger konfliktbeladen seien – etwa im Rüstersieler oder Heppenser Groden.