Einleitungen unauffällig: Transparenz hinter verschlossenen Türen

Ein Frachtschiff entlädt flüssiges Erdgas in Richtung FSRU. An Borde der „Höegh Esperanza“ wird das Gas regasifiziert und an Land gepumpt. Foto: hol

Hooksiel/Friesland (1. 10. 2024) – Der Betrieb des LNG-Regasifizierungsschiffes „Höegh Esperanza“ hat offenbar bislang zu keiner nachweisbaren Beeinträchtigung der Umwelt und des Ökosystems Wattenmeer geführt. Das ist jedenfalls das Ergebnis einer Präsentation der Daten des gewässerökologischen Monitorings, das Vertreter des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) vor wenigen Tagen dem Umweltausschuss des Kreistages des Landkreises Friesland vorgestellt haben.

Im Rahmen der bisher 21 Monaten andauernden Überwachung hätten keine negativen Auswirkungen auf das Gewässer nachgewiesen werden können, heißt es in einer Pressemitteilung des NLWKN. Vereinzelt habe es geringfügige Chlor-Grenzwertüberschreitungen gegeben. In diesen Fällen habe die Behörde den Betreiber der Floating Storage and Regasification Unit (FSRU) zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Beseitigung der Störung aufgefordert. Dem sei dieser jeweils unverzüglich nachgekommen.

„Die bisherigen unauffälligen Messergebnisse bestätigen unsere fachlichen Einschätzungen und umfangreiche Expertisen im Rahmen des Erlaubnisverfahrens und ebenso die Prognosen der vorgelegten Fachgutachten“, erklärt Ute Schlautmann, Leiterin der für die Überwachung zuständigen NLWKN-Betriebsstelle Brake-Oldenburg. 

Bromoform an den Auslässen gefunden

Beim Monitoring werde an allen Auslässen und im Nahbereich des Schiffes auch nach Stoffen gesucht, die durch den schnellen Abbau von Chlor (so genannte Desinfektions-Nebenprodukte) im Meerwasser entstehen können. Auch hier habe es keine negativen Auffälligkeiten gegeben, so das NLWKN. Mit einer Ausnahme: Bromoform, dessen Entstehung aus der Chlorierung schon im Vorfeld erwartet worden war, sei mehrfach an den Auslässen der FSRU gemessen worden. „Jedoch vor der Einleitung und somit vor der Verdünnung durch das umliegende Meerwasser“, betont die Aufsichtsbehörde. Im Meerwasser selbst seien die untersuchten Desinfektions-Nebenprodukte, abgesehen von einer „einzigen toxikologisch unbedenklichen Ausnahme unter Extrembedingungen“, nicht nachweisbar gewesen.

Über die „Höegh Esperanza“, die LNG-Terminal in Sichtweite des Hooksieler Außenhafens liegt, liefern Frachtschiffe seit Anfang 2023 verflüssigtes Erdgas nach Wilhelmshaven. Im Inneren der FSRU wird das minus 162 Grad kalte LNG mit Hilfe von Meerwasser erwärmt und dadurch wieder gasförmig. Damit Seepocken, Algen und Muscheln die Leitungen nicht verstopfen, wird das Rohrsystem gechlort.

Nabu: Verdünnung keine Lösung

Naturschützer und Fischer hatten befürchtet, dass die Chlorierung unter anderem die nahe gelegene Muschelzucht gefährden könnte. Während man die Bedenken beim Landkreis Friesland durch die Vorstellung der Messwerte, so die Einschätzung des NLWKN, ausräumen konnte, bleibt der Naturschutzbund Nabu kritisch. Die Wilhelmshavener Nabu-Vorsitzende Stefanie Eilers: „Auch wenn die Schadstoffe aufgrund der geringen Konzentration nicht nachgewiesen werden können: Verdünnung ist keine Lösung.“ Die Nordsee sei schon jetzt durch die fortschreitende Industrialisierung enorm belastet. 

„Der Schutz des sensiblen Lebensraums Wattenmeer hat für uns höchste Priorität“, beteuert auch Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne). Dazu gehöre auch größtmögliche Transparenz mit Blick auf die Ergebnisse der regelmäßig stattfindenden Untersuchungen. Die Vorstellung und Interpretation der Messwerte beim Landkreis fand übrigens in nicht-öffentlicher Sitzung statt. Ohne Naturschützer und andere interessierte Bürger.

Die Messwerte aus dem Monitoring sind im Internet einsehbar unter: www.nlwkn.niedersachsen.de/ueberwachungesperanza

Umwelthilfe fordert Verbot von Importen von Fracking-Gas nach Deutschland

Wilhelmshaven/Berlin (24. 7. 2024) – Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert ein Importverbot von „Fracking-Gas“. Die vornehmlich in den USA praktizierte Methode zur Gewinnung von Erdgas sei extrem schädlich für Umwelt, Klima und Gesundheit. Betroffen von einem Verbot wäre auch das LNG Terminal Wilhelmshaven in Sichtweite des Hooksieler Außenhafens.

2023 waren 70 Prozent des nach Deutschland importierten LNG Fracking-Gases aus den USA“, so die DUH. Wie ein neuer Bericht der DUH und der NGOs „Food and Water Action Europe“ und „Gas no es solución“ zeige, handle es sich bei rund 88 Prozent des aus den USA importierten 7,1 Milliarden Kubikmetern LNG um Fracking-Gas. „Insgesamt haben sich die LNG-Importe aus den USA in die EU im Vergleich zu 2021 von 22 auf 64 Milliarden Kubikmeter fast verdreifacht“, so die DUH. In dieser Zeit seien die Fracking-Gebiete in den USA massiv ausgeweitet und eine Verdopplung der LNG-Exportkapazitäten genehmigt worden. Mit der Förderung von LNG-Importen wollten Deutschland und die EU vornehmlich die Abhängigkeit von Erdgas aus Russland verringern.

„Der massive Ausbau von LNG-Terminals in Deutschland und die von deutschen Banken und Unternehmen geschlossenen jahrzehntelangen Lieferverträge führen zu mehr Fracking und Exportterminals in den USA“, stellt die DU fest. Für die Menschen, die in den Regionen mit Fracking und Exportterminals leben müssten, habe das gravierende Folgen wie erhöhte Krebsraten, Atemwegserkrankungen, Fehlgeburten sowie schadstoffbelastete Atemluft und Trinkwasser. Schon mehrfach waren Vertreter von Betroffenen-Initiativen aus den USA in Wilhelmshaven, um auf die Zusammenhänge aufmerksam zu machen. 

Nach Ansicht von DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner ist das mit Schiefergasfracking gewonnene Gas das gesundheits- und umweltschädlichste Erdgas, das es überhaupt gibt. In Deutschland sei das Fracking deshalb verboten. „Im Ausland nimmt die Bundesregierung die damit verbundenen Schäden billigend in Kauf, um den Gashunger Deutschlands zu stillen. Das ist pure Doppelmoral“, so Müller-Kraenner. 

Ein Verzicht auf Fracking-Erdgas sei möglich, da sich die befürchtete Gasmangellage sich nicht eingestellt habe. „Die Gasspeicher sind auch nach der Heizperiode gefüllt und die bestehenden LNG-Terminals sind nicht ausgelastet.“ Für die Versorgungssicherheit sei der Import von Fracking-Gas aus den USA nicht nötig.  Eine entsprechende DUH-Petition sei bereits über 11.000 Mal unterzeichnet worden und solle zum Ende des Jahres dem Petitionsausschuss des Bundestags vorgelegt werden.

Gemeinde bezweifelt Messungen und pocht auf Ultraschall-Verfahren

Wangerland/Wilhelmshaven (20. 12. 2023) – Die Gemeinde Wangerland pocht auf die Umrüstung der „Höegh Esperanza“ auf eine Ultraschall-Reinigung. Wie Bürgermeister Mario Szlezak (SPD) in einer Stellungnahme betonte, lehne man die von Betreiber Uniper ins Auge gefasste Stoß-Chlorierung des Rohleitungssystems an Bord der FSRU ab, da dabei giftige Brom-Verbindungen entstehen, die in die Jade fließen.

Uniper als Betreiber des bundeseigenen LNG-Terminals in Wilhelmshaven hatte zum 31. August ein Minimierungskonzept zum Chloreinsatz an Bord der vor der Hafeneinfahrt von Hooksiel liegenden „Höegh Esperanza“ vorgelegt. Über die „Floating Storage and Regasification Unit“ (FSRU) wird bekanntlich seit einem Jahr verflüssigtes Erdgas importiert und regasifiziert. 

Um das von Meerwasser durchspülte Rohrleitungssystem im Schiff vor dem Befall von Muschel und Alten zu bewahren, wird Chlor eingesetzt. Die Gemeinde weist darauf hin, dass Uniper in seinem Minimuierungskonzept den Einsatz physikalischer Reinigungsverfahren (wie zum Beispiel die Ultraschallreinigung) von vorn herein ausgeschlossen habe. Dafür seien in dem Konzept reihenweise chemische Verfahren untersucht worden wie die derzeit angewandte Chlorierung und die geplante Stoß-Chlorierung. 

Szlezak: Brom ist ein Nervengas

Bei allen untersuchten chemischen Verfahren würden Brom-Verbindungen entstehen, die letztlich in die Jade ausgestoßen werden. „Brom ist ein Nervengift“, so Bürgermeister Szlezak. „Anfang 2023 gab es überhöhte Bromwerte in der Jade, woraufhin Probenahmen erfolgten. Der Ursprung der erhöhten Werte sowie Messergebnisse wurden nie veröffentlicht.“

Das Ultraschallverfahren der Firma Hasytec werde bei der zweiten FSRU, der „Höegh Excelsior“, die von Tree Energy Systems (TES) betrieben werden wird, schon vor deren Einsatz eingebaut. Uniper lehnt dieses Verfahren ab, weil angeblich die Betriebsrisiken zu groß seien. Es werden für die Ultraschall-Reinigung eine Vielzahl von Sensoren eingebaut. Nach Darstellung der Gemeinde befürchte Uniper, dass der Ausfall einzelner Sensoren nicht entdeckt werden könne und sich in dem davon betroffenen Rohr-Abschnitt Biofouling entwickeln könnte. 

Diese Aussage ist aus Sicht der Gemeinde unhaltbar. Das Ultraschall-Reinigungsverfahren von Hasytec sei derzeit auf 800 Schiffen im Einsatz, unter anderem auf Kreuzfahrtschiffen, bei deren Größe eine ähnliche Anzahl von Sensoren verbaut sein dürfte. 

Zweifel an den Mess-Methoden

Mit Blick auf die Entwarnung zu des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten und Naturschutz (NLWKN), das bislang keine Chlor- und Brom-Belastungen im Jadewasser festgestellt haben will, meldet die Gemeinde Zweifel an den Messungen an. So sei bislang nicht veröffentlicht worden, wo genau die Proben entnommen worden sind. Zu erwarten wären Brom-Verbindungen am Meeresboden, wohin das eingeleitete kältere Abwasser sinke und sich zu einer Wolke verdichte. 

Angesichts des geringen Anteils von verflüssigtem Erdgas an den Gasimporten Deutschlands könne keine Rede davon sein, dass das LNG-Terminal „einen wesentlichen Beitrag zur Gasversorgung“ leiste. Damit sei bei der Genehmigung der Anlage aber der Verzicht auf eine Umweltverträglichkeit-Untersuchung begründet worden. „Eine sorgfältige Umweltverträglichkeit-Untersuchung hätte dazu führen können, dass es nur eine zeitlich begrenzte Genehmigung für die chemische Rohrreinigung gegeben hätte und der Umbau auf umweltneutrales Ultraschallreinigung zwingend vorgeschrieben worden wäre“, argumentiert die Gemeinde. 

Es sei zu vermuten, dass die Entscheidung zur Stoß-Chlorierung ausschließlich wirtschaftliche Gründe habe. Allerdings müsse die Gemeinde Wangerland als Anlieger mit den Entscheidungen, die jetzt vom Betreiber und dem NLKWN getroffen werden, 20 Jahre lang leben. „Das bedeutet, dass allein über 600 Tonnen Chlor in dieser Zeit vor unserer Haustür landen.“ 

Umwelthilfe klagt gegen Einsatz von Chlor an Bord der „Höegh Esperanza“

Wilhelmshaven/Hooksiel (19. 12. 2023) – Trotz der jüngsten Entwarnung durch die Genehmigungsbehörde: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat am heutigen Dienstag beim Bundesverwaltungsgericht Klage gegen den Einsatz von Bioziden beim Betrieb des LNG-Terminalschiffs „Höegh Esperanza“ vor Wilhelmshaven eingereicht. Die Umwelthilfe möchte damit einen Stopp der Chlor-Einleitungen erreichen. 

DUH: Gefahr für sensibles Ökosystem Wattenmeer

Die Betreiber der FSRU (Floating Storage and Regasification Unit) verwenden Chlor, um die Rohrsysteme des Terminalschiffs zum Beispiel vom Befall mit Muscheln und Algen zu reinigen. In der Folge werden mit dem Abwasser Chlor-Biozide in die Jade geleitet. Die DUH kritisiert, dass dies das sensible Ökosystem der Jade und des Wattenmeers erheblich gefährde und fordert die unverzügliche Umrüstung des Terminalschiffs auf den aktuellen Stand der Technik ohne Chlor.

Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) hatte erst vor wenigen Tagen eine Zwischenbilanz zum Gewässer-Monitoring an und um die „Höegh Esperanza“ veröffentlicht. Danach seien im ersten Jahr des Betriebes der FSRU keine über die genehmigen Mengen erhöhten Chlorwerte festgestellt worden. Die meisten Werte lagen unter der Nachweisgrenze. Gutachter hatten vor diesem Hintergrund einen Betrieb der vor der Hooksieler Hafeneinfahrt liegenden „Höegh Esperanza“ ausgeschlossen – trotz der Elektro-Chlorierung an Bord. 

Es gibt schonendere Alternativen

DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller Kraenner der DUH wird Betreiber Uniper dennoch vor, die Nordsee zu verschmutzen, obwohl schonendere Alternativen für das so genannte Antifouling vorhanden seien. „Das Wattenmeer wird damit leichtfertig als Müllhalde missbraucht.“ Dass die Regasifizierung des flüssigen Erdgases auch ohne Chlorensatz funktioniere, beweise das zweite Terminalschiff „Excelsior“, das im Februar in der Jade festmachen soll. Hier soll das Rohrsystem mit Hilfe eines Ultraschall-Verfahrens geschützt werden – ohne Biozide. 

Die DUH habet mit anderen Umweltverbänden und Fischereibetrieben das Bundeswirtschaftsministerium, das Land sowie die Genehmigungsbehörden mehrfach darauf hingewiesen, dass der Betrieb des Terminalschiffs mit Biozid aus ihrer Sicht rechtlich nicht zulässig sei, zumal umweltfreundlichere Lösungen zur Verfügung stünden. Auch der Haushaltsausschuss des Bundestages habe das Bundeswirtschaftsministerium bereits im März 2023 aufgefordert, die Umrüstung der „Höegh Esperanza“ einzuleiten. 

„Uniper und die Zulassungsbehörde müssen endlich handeln, anstatt weiter die Hände in den Schoß zu legen. Mit unserer Klage werden wir den Schutz des Wattenmeers über den Rechtsweg jetzt durchsetzen“, ist Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH, zuversichtlich: „Leidtragende des Biozid-Einsatzes sind auch die Krabben- und Muschelfischer an der Jade. Diese drohen ihre Existenzgrundlage zu verlieren, wenn die Einleitung von Chlor-Biozid unmittelbar neben den Muschelkulturen ungebremst fortgesetzt wird.“

Info-Abend im Gästehaus: Gefährdet Ultraschall die Schweinswale?

Hooksiel (24. 11. 2023) – Die Gemeinde Wangerland und das Netzwerk Energiedrehscheibe, ein Bündnis aus 17 Klima- und Umweltschutzverbänden, laden gemeinsam unter dem Titel „Saubere See – Chloreinleitung in die Jade“ zu einer Informations-Veranstaltung ins Gästehaus Hooksiel ein. Am Donnerstag, 30. November, werden dazu auch Jan Kelling vom Ultraschallanbieter Hasytec Electronics AG (Kiel) sowie Christian Kopp, Schiffsexperte vom NABU Bundesverband, als Referenten erwartet. Bürgermeister Mario Szlezak wird ein Grußwort sprechen.

Ziel der Veranstaltung ist es, die Bevölkerung über die Sorgen bezüglich des Wattenmeeres, der Wasserqualität und der zukünftigen Schiffsbewegungen in der Jade zu informieren. Insbesondere wird die Frage diskutiert, ob eine zweite Saison mit Chlor-Einleitungen vom LNG-Terminal droht und wie der Schweinswal mit der Belästigung durch Lärm und Ultraschall umgeht. 

Die Veranstaltung bietet die Möglichkeit, in den Austausch mit Fachleuten zu kommen und gemeinsam zu diskutieren. Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr (Einlass 17.30 Uhr) und ist kostenfrei. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. 

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Schwierige Debatte über LNG: Experten verweigern sich der „Basis“

Hooksiel (22. 10. 2023) – Die „Basis“ ruft – und keiner kommt. Zumindest keiner der geladenen Fach-Referenten. Entsprechend enttäuscht zeigte sich am Samstag Roger Staves, Vorsitzender des Kreisverbandes Küste-Jade der „Basisdemokratischen Partei Deutschland“. 

Immerhin waren gut 50 Basis-Mitglieder aus ganz Niedersachsen nach Hooksiel gereist, um sich hier in einer Informationstagung eine Meinung zum Einsatz der „Höegh Esperanza“ zu bilden. Über das Industrieschiff, das seit Ende 2022 vor dem Hooksieler Hafen am LNG-Terminal Wilhelmshaven liegt, wird Flüssigerdgas (LNG), vornehmlich aus den USA, importiert und regasifiziert – als Teil-Ersatz für den Ausfall russischen Pipelinegases, das seit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Zerstörung der Ostseepipeline Nordstream 1 zumindest offiziell nicht mehr nach Deutschland importiert wird.

Staves hatte 22 Referentinnen und Referenten von Behörden, Firmen, Umwelt- und Fischereiverbänden eingeladen, die auf der von Kreis- und Landesverband der Partei organisierten Veranstaltung ihre Positionen darlegen sollten. Gekommen war mit Volker Eyssen lediglich ein Referent, der für Kernkraftwerke der 5. Generation (Dual-Fluid-Reaktor) als CO2-freier Energiequelle warb.

Die Absagen seien alle mit dem Hinweis begründet worden, man wolle mit der „Basis“ nichts zu tun haben, sagte Staves, selbst Amerikaner, der sich seit Jahrzehnten als Meeresbiologe um den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer kümmert. Die als rechtslastig eingestufte „Basis“ ist während der Corona-Pandemie unter anderem aus Kreisen der „Querdenker“ gegründet worden, die die Impfpolitik ablehnten. Staves beteuert hingegen: „Wir kommen aus der Mitte der Gesellschaft.“

An der Basis-Tagung in Hooksiel trugen Roger Staves, die Landesvorsitzende Iris Günther und Matthias Heine selbst recherchierte Fakten und Kritikpunkte zur nationalen Gasmangellage, zum Einsatz der „Esperanza“ samt den Risiken fürs Weltnaturerbe Wattenmeer und zu den Belastungen für die Steuerzahler vor. Die vom Bund gemietete LNG-Fabrik entspreche nicht dem Stand der Technik und koste 120.000 Euro Miete am Tag, sagte Staves. Wie viele Meereslebewesen durch den Einsatz von Chlor an Bord geschädigt oder getötet werden, sei nicht bekannt. 

Iris Günther und Matthias Heine verwiesen auf geopolitische Zusammenhänge. Eine These: Eigentlich sei der Verzicht auf russisches Erdgas gar nicht nötig, da Russland weiterhin bereit wäre, Deutschland über einen unbeschädigten Strang der Nordstream 2 zu beliefern. Als Kronzeuge für dieses Angebot trat Ralph T. Niemeyer, Ex-Ehemann von Sahra Wagenknecht und einst Bundestagskandidat der Linken in Wilhelmshaven, per Video auf. Ob die von ihm angeblich vertretene „Energiehanse“ eine seriöse Quelle sei, war eine der Fragen in der anschließenden Debatte, die nach strengen Diskursregeln geführt wurde: Nicht persönlich werden, den anderen ausreden lassen, keine allgemeinen Phrasen …

Nach mehrstündiger Tagung ging die Runde auf See. Begleitet von einem Boot der Wasserschutzpolizei begutachtete man von Deck eines Ausflugsschiffes aus die „Höegh Esperanza“. Und welche Position vertritt die Basis jetzt zu den LNG-Importen? Roger Staves: „Das steht noch nicht fest. Die Tagung war nur Grundlage für die anstehende Meinungsbildung.“

Muschelfischer sehen noch keinen Grund für Entwarnung auf der Jade

Hooksiel (28. 8. 2023) – Ob und inwieweit Chlor-Rückstände im Wasser die Muschelaufzucht in der Jade beeinträchtigen, ist noch nicht absehbar. „Bislang haben wir noch keine Auswirkungen auf die Muschelkollektoren festgestellt“, sagte Manuela Melle, Sprecherin der Niedersächsischen Muschelfischer GbR, gegenüber der Netzzeitung „hooksiel-life.de“. 

Aber Grund zur Entwarnung gibt es noch keineswegs. Das seit Ende 2022 am LNG-Terminal Wilhelmshaven vor Hooksiel liegende schwimmende Regasifizierungsschiff „Höegh Esperanza“ arbeitet erst seit Anfang August im so genannten „offenen Kreislauf“. Das heißt: Meerwasser aus der Jade wird angesaugt, um über ein Rohrsystem das mit minus 162 Grad angelieferte Flüssigerdgas (LNG) zu erwärmen und dadurch zu regasifizieren. 

Janne Yerseke
Das Arbeitsschiff „Janne“ an den Muschel-Kollektoren in der Jade. Archiv-Foto: Dietmar Bökhaus

Das Rohrsystem an Bord wird über eine Elektrochlorierung vor dem Befall von Muscheln, Algen oder Seepocken freigehalten. Von den dabei über das Abwasser ins Meer zurückgeleiteten Chloriden befürchten Umweltschützer und Fischer negative Auswirkungen auf Flora und Fauna im Umfeld des Schiffes und im nahe gelegenen Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer.

Erst vor wenigen Tagen hatte der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) einen ersten offiziellen Messbericht zur Gewässerbelastung veröffentlich. Die Botschaft: Alle zulässigen Schadstoff-Werte wurden eingehalten. Allerdings: Im Zeitraum der Messungen (bis Ende Juni) war noch gar kein Meerwasser für die Erwärmung des LNG verwendet worden. 

Chlor-Rückstände könnten die Muschelsaat belasten

Spannend werden erst die Messwerte der nächsten Monate. Laut Betriebsgenehmigung dürfen über das Prozesswasser der „Höegh Esperanza“ bis zu 35 Tonnen (!) Chlor im Jahr in die Jade eingeleitet werden. Und: In einem Abstand von nur 450 Metern befinden sich die ersten Landleinen-Kulturen von Miesmuscheln, über deren Kollektoren die Muschelfischer Saatmuscheln gewinnen. Die Kollektoren dienen zum Ansiedeln der Jungmuscheln als umweltverträgliche nachhaltige Nutzung und wurden in einer Pilotstudie mit Unterstützung von Umweltministerium erforscht. Die Saatmuscheln werden geerntet und dann auf entfernten Brutflächen ausgebracht.

Die größte Sorge der Muschelfischer: Die Chlorrückstände könnten auch die Saatmuscheln abtöten oder sich als Schadstoff in der Muschel ansammeln. Für beide Szenarien gibt es bislang keine Belege. Aber beruhigt ist Manuela Melle noch keineswegs. „Wir werden Muschelproben nehmen und diese auf Schadstoffe untersuchen lassen.“

Keine Kompensation für wirtschaftlichen Schaden

Die Muschelfischer GbR, die die Interessen der nur noch vier niedersächsischen Muschelfischer-Betriebe vertritt, hatte frühzeitig ihre Bedenken gegen den Betrieb der „Höegh Esperanza“ angemeldet und das Gespräch mit Politik und Behörden gesucht. „Unsere Bedenken wurde im Hinblick auf die nationalen Interessen abgebügelt“, sagt Manuela Melle. Der Tonfall in den Gesprächen sei freundlich und verständnisvoll gewesen. Eine Kompensation für mögliche wirtschaftliche Schäden habe man den Muschelfischern aber nicht in Aussicht gestellt. LNG gilt als unverzichtbarer Ersatz für russisches Pipelinegas, das bekanntlich nicht mehr nach Deutschland fließt. 

Die Muschelfischer verzichteten auf einen Klage, legten aber Widerspruch gegen den Genehmigungsbescheid für die „Höegh Esperanza“ ein. Bislang habe man dazu noch nichts wieder gehört, so Manuela Melle. Derzeit warte man gespannt darauf, mit welchem technischen Verfahren künftig die Chlor-Einträge de LNG-Fabrikschiffes verringert werden soll. Vorschläge zum „Minimierungsgebot“ sollen bis Ende August vorliegen. Gegen eine Stoßchlorierung, die als Alternative zur Prozesswasser-Behandlung untersucht wurde, habe man noch größere Bedenken, da dabei in kurzen Zeiträumen noch mehr Chlor und Chlor-Nebenproduke ins Wasser gelangen, sagt Manuela Melle. „Die Ultraschall-Methode würden wir befürworten.“

Ob schon die Chlor-Debatte dem Image der niedersächsischen Miesmuschel geschadet hat, wird sich erst in Kürze zeigen. Die heimischen Muschel werden über eine Auktion in den Niederlanden vermarktet. 

Dieses Jahr noch keine Hoosksieler Muscheln im Handel

„In diesem jahr werden wir keinen Muscheln aus dem Jadegebiet verkaufen“, sagt Manuela Melle. Die Saatmuscheln von den Kollektoren in der Jade würden erst im Herbst geerntet und zu den Bodenkulturen gebracht, wo sie in etwa zwei Jahren Konsumgröße erreicht haben werden. Da Muscheln veterinärrechtlich intensiv überwacht werden, so Manuela Melle, bestehe aber ohnehin keine Gefahr, das schadstoffbelastete Muscheln in den Handel gelangen. 

Sollte es also zu einer zügigen Umrüstung der „Höegh Esperanza“ auf ein chlorfreies Antifouling-Verfahren kommen, könnte die Muschelfischer mit einem blauen Auge davon kommen. Zumindest was die „Höegh Esperanza“ betrifft. Allerdings, so warnen die Fische, werde ja bereits am zweiten LNG-Terminal an der Jade gearbeitet. 

Für den Schiffsanlage müssten dann rund 1,2 Millionen Kubikmeter Sand und Schlick auf der Jade gebaggert und abtransportiert werden. Zusammen mit den zu erwartenden Strömungsveränderungen sei das – auch ohne weitere Chlor-Einträge – erneut ein „schwerwiegender Eingriff in den Naturhaushalt“ – mit ungewissen Folgen für Flora und Fauna in der Jade. 

Abwasser wird regelmäßig beprobt: Ministerium weist Brom-Verdacht zurück

Über die FSRU „Höegh Esperanza“ wird am Voslapper Groden Flüssigerdgas (LNG) nach Deutschland importiert. Damit soll russisches Pipelinegas ersetzt werden. Foto: hol

Hooksiel (4. 5. 2023) – Das schwimmende LNG-Terminal „Höegh Esperanza“ arbeitet nach Auskunft des niedersächsischen Umweltministeriums am Voslapper Groden noch immer im so genannten „Closed-Loop“. Das heißt: Für die Erwärmung des minus 162 Grad kalten Flüssigerdgases wird noch kein Seewasser genutzt. Und das heißt auch: Das genehmigte Volumen von chlorierten Abwässern in die Jade wird aktuell bei weitem nicht ausgeschöpft.

Umweltschützer warnen seit der Inbetriebnahme des Terminals im Dezember 2022 davor, dass durch große Mengen von Chloridverbindungen im Abwasser des Schiffes Flora und Fauna im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, gegebenenfalls sogar Menschen am Hooksieler Badestrand, geschädigt werden könnten. Chlor wird an Bord der „Floating Storage and Regasification Unit“ (FSRU) vor allem dazu benötigt, das Rohrleitungssystem an Bord für die Durchleitung von Seewasser vor Muschel- und Seepockenbefall zu schützen.

Behördliche Kontrollen einmal monatlich

Wie ein Sprecher des Umweltministerium in Hannover auf Anfrage von „Hooksiel-Life“ beteuert, werden die übrigen Abwässer der „Höegh Esperanza“ seit Beginn des Betriebes der FSRU regelmäßig beprobt. Grundlage dafür sei die wasserrechtliche Erlaubnis, die der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) am 16. Dezember 2022 erteilt hat. Danach werden die Einleitungen des Schiffes einmal im Monat behördlich kontrolliert. 

Zudem seien die Betreiber der FSRU im Rahmen der Eigenüberwachung dazu verpflichtet, täglich Wasserproben an den jeweils aktiven Seewasser-Auslässen zu ziehen und zu untersuchen. „Darüber hinaus finden monatliche Messungen im Nahbereich sowie im Umfeld der FSRU im Rahmen eines Beweissicherungs-Monitorings statt“, teilt das Ministerium mit. Es könne also gar keine Rede davon sein, dass die Abwasser-Einleitungen nur von der Besatzung der „Höegh Esperanza“ selbst kontrolliert würden. 

Das NLWKN als zuständige Überwachungsbehörde werde zeitnah über die Ergebnisse aller Messungen informiert. Die Betreiber seien dazu verpflichtet, die Behörde „unverzüglich“ zu benachrichtigen, wenn die festgelegten Grenzwerte nicht eingehalten werden können. Das sei bisher aber noch nicht vorgekommen. „Die Messergebnisse lagen bislang deutlich unterhalb der in den wasserrechtlichen Einleitungserlaubnis festgelegten Grenzwerte“, heißt es aus dem Ministerium.

Keine Bromverbindungen nachgewiesen

Eine Information des Naturschutzbundes Nabu, Kreisgruppe Wilhelmshaven, wonach im Nahbereich der „Höegh Esperanza“ Proben mit hochgiftigen Bromverbindungen nachgewiesen worden sein sollen, dementiert das Ministerium gegenüber „Hooksiel-Life“. „Bislang lagen alle Messwerte der im Beweissicherungs-Monitoring untersuchten Bromverbindungen unterhalb der analytischen Nachweisgrenze.“ Das bedeute: „Es konnten keine schädlichen Bromverbindungen nachgewiesen werden.“

Den Betreibern sei ohnehin in der Einleitererlaubnis ins Stammbuch geschrieben worden, den Biozideinsatz im Betrieb der FSRU zu minimieren. Bis Ende August soll dafür ein entsprechendes Konzept vorliegen. Als alternative Antifoulingverfahren würden unter anderem ein Ultraschallverfahren sowie eine mögliche Stroßchlorierung untersucht.

Fische sollen vor Ansaugstutzen vergrämt werden

Erkenntnisse dazu, wie viele Fisch und andere Meeresbewohner durch das Ansaugen von Seewasser an der FSRU zu Schaden kommen, hat das Umweltministerium nicht. Für die Entnahme von Seewasser aus der Jade als Prozesswasser bedürfe es keiner Erlaubnis. Im Rahmen seiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung habe das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt (GAA) Oldenburg, die Betreiber allerdings verpflichtet, die technischen Möglichkeiten zur Vergrämung der Fische vor den Ansaugstutzen zu prüfen. Ein entsprechender Bericht soll bis Ende Juni vorliegen.

TES will Sonnenenergie aus Afrika nach Wilhelmshaven bringen

Tes-Info
TES-Manager Frank Albers stellt die Investitionspläne des Unternehmens vor. Fotos: TES/Lübbe

Hooksiel/Wilhelmshaven (28. 4. 2023) – Noch mehr Schiffe auf der Jade, wird da nicht die Luft verpestet? Was bedeutet ein weiteres LNG-Importterminal für den Nationalpark Wattenmeer und für Hooksiel? Wo soll das ganze Wasser herkommen, das für die Wasserstoffproduktion benötigt wird?

Über einen Mangel an kritischen Fragen brauchten sich TES-Manager Frank Albers und die zahlreich erschienenen Fachleute des Energie-Konzerns im Gästehaus Hooksiel nicht zu beklagen. Obwohl: Mit rund 50 Bürgerinnen und Bürgern, die der Einladung des Unternehmens zu einer Informationsveranstaltung für den TES „Green Energy Hub“ Wilhelmshaven gefolgt waren, war das Interesse nicht überragend. 

Zu den Gästen von TES (Tree Energie Solutions) gehörten auch Wangerlands Bürgermeister Mario Szlezak, Frieslands Landrat Sven Ambrosy sowie eine Reihe von Ratsmitgliedern. Schon daraus lässt sich ableiten, dass das für den Voslapper Groden in Wilhelmshaven geplante Milliarden-Projekt auch auf die Nachbargemeinde ausstrahlen wird. 

Aus keinen Fall aber dürfe der Tourismus im Wangerland gefährdet werden, sagte Szlezak. „Wir brauchen auch Wertschöpfung in unserer Gemeinde“, so der Bürgermeister. Man habe eine Reihe von Baustellen: von der notwendigen Sandaufspülung am Strand bis hin zur Sanierung des Hallenwellenbades in Hooksiel. Eine Mindestanforderung an die TES: „Wir gehen davon aus, dass es am geplanten LNG-Terminal keine Biozid-Einträge geben wird.“

Im Kern geht es beim Green Energy Hub um den Import von „grünem“ Wasserstoff, der im Sonnengürtel dieser Welt – etwa im Nahen Osten, Afrika, den USA oder Australien – aus Sonnenenergie hergestellt werden soll. Die Herstellung von regenerativer Energie per Photovoltaik koste dort etwa 10 Euro je Megawattstunde, sagte Albers. Das sei erheblich günstiger als geschätzt 65 Euro/MWh für Strom von Offshore-Windparks in der Nordsee. Auf diese Preisdifferenz baue die TES ihr Geschäftsmodell auf – müsse aber natürlich erhebliche Kosten für Logistik, Umwandlung und Transport des Wasserstoffes abdecken, räumte Albers ein.

CO2-Kreislauf mit den Sonnenländern im Süden

Bei der Verbrennung von Wasserstoff (H2) entsteht kein klimaschädliches Kohlendioxid (CO2). Aber: H2 ist per Schiff kaum transportfähig. Deshalb, so erläuterte Albers, werde es am Herstellungsort in „grünen“ Methan (CH4), auch eNG, umgewandelt. Der Import von eNG soll 2027 anlaufen. In Wilhelmshaven werde das CH4 dann entweder wieder in Wasserstoff zurückverwandelt, direkt als eNG ins Fernleitungsnetz eingespeist oder als Brennstoff für ein Kraftwerk genutzt, das Strom liefert, wenn Wind- und Sonnenenergie einmal nicht zur Verfügung stehen.

Das bei der Umwandlung von Methan in Wasserstoff anfallende CO2 soll in einem Kreislauf zurück die Sonnenländer gebracht werden, wo es für die H2-Elektrolyse benötigt wird. Zudem plane TES zusammen mit dem Oldenburger Energieversorger EWE für 2028 den Bau von zwei Elektrolyse-Anlagen mit einer Kapazität von jeweils 500 Megawatt, um auch vor Ort selbst Wasserstoff erzeugen zu können.

Für fünf Jahre weiteres schwimmendes LNG-Terminal

Unabhängig von den Wasserstoff-Plänen sei ein LNG-Projekt, was TES auf Bitten der Bundesregierung umsetzen werde, so Albers. Am künftigen, noch zu bauenden Wasserstoff-Importterminal mit sechs Anlegern (direkt neben dem vorhandenen LNG-Terminal) sollen ab Winter 2023 Tanker mit Flüssigerdgas festmachen. Dafür werde man – auf fünf Jahre befristet – eine schwimmende FSRU (Floating Storage and Regasification Unit) chartern, über die das verflüssigte Erdgas wieder gasförmig gemacht wird. 

Ziel sei es, so Albers, die Regasifizierung ohne Beeinträchtigung der Umwelt vorzunehmen. So soll die FSRU mit Ultraschall arbeiten, um das Festsetzen von Muscheln und Algen im Röhrensystem des Schiffes zu vermeiden. Derzeit werde noch untersucht, ob die Schallwellen niemanden im Wattenmeer schädigen. Durch das Verfahren, so die Hoffnungen, kann Einsatz von Chlor und damit Chlorverbindungen im Abwasser verhindert werden.

Ob mehr Schiffe auf der Jade als Belastung oder als touristische Attraktion wahrgenommen würden, sei unklar. Und um den Wasserbedarf der geplanten H2-Produktion in der Region kümmere sich bereits eine Arbeitsgruppe der betroffenen Firmen und der Wasserversorger. Klar sei dabei, dass die Trinkwasserversorgung der Region nicht gefährdet werden dürfe.

LNG-Frachter „Höegh Esperanza“ leitet schon Biozide in Jade ein

Hooksiel (23. 3. 2023) – Das LNG-Regasfizierungsschiff „Höegh Esperanza“ arbeitet noch im geschlossenen Betriebsmodus („closed loop“). Die Umstellung des Betriebes auf den kombinierten Kreislauf („combined loop“) ist nach Angaben von Terminalbetreiber Uniper erst ab einer konstanten Wassertemperatur in der Jade von sechs bis sieben Grad geplant. Temperatur am heutigen Freitag: Sechs Grad. 

Im kombinierten Kreislauf wird Seewasser zur Erwärmung des minus 162 Grad kalten Flüssigerdgases eingesetzt. Mit dem Abwasser fließen dann große Mengen Biozide in die Jade. Im geschlossenen Verfahren stellen erdgasbetriebene Dampferzeuger die nötige Wärme zur Umwandlung des LNG in den gasförmigen Zustand bereit.

Hoegh Esperanza am LNG Terminal
Das LNG-Regasifizierungsschiff „Höegh Esperanza“ soll auch nach dem Willen des Bundestages durch den Verzicht auf den Einsatz von Chlor umweltverträglicher werden. Foto: Dietmar Böckhaus

Gerade die vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) genehmigte Dauerchlorierung zum Schutz des Rohrleitungssystem des Schiffes vor dem Bewuchs durch Muscheln und Seepocken sorgt seit Betriebsaufnahme der FSRU (Floating Storage and Regasification Unit) für Proteste. Die Sorge: Biozide schon in geringer Dosierung könnten Mikroorganismen und damit Flora und Fauna im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer schädigen. 

Mit entsprechender Erleichterung war die zuerst auf „Hooksiel-Life“ veröffentlichte Ankündigung von Uniper aufgenommen worden, dass man aktuell nach chlorfreien Antifouling-Methoden sucht. Im Rahmen des in der Betriebsgenehmigung enthalten „Minimierungsgebots“ werden bis zum dritten Quartals Alternativen geprüft – unter anderem eine von Umweltschützern favorisierte Ultraschall-Methode. 

Bund finanziert Umrüstung des LNG-Frachters

Der Bund als Auftraggeber der LNG-Importe hat zugesagt, die Kosten für die notwendige Umrüstung der „Höegh Esperanza“ übernehmen zu wollen. Mehr noch: Nach Informationen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) fordern die Mitglieder des Haushaltsausschusses des Bundestages ausdrücklich das Ende der Biozid-Einleitungen in die Jade.

Allerdings gelangen auch schon im geschlossenen Betriebsmodus von der am Anleger am Voslapper Groden liegenden FSRU Biozide in die Jade. Uniper verweist gegenüber „Hooksiel-Life“ auf die „wasserrechtliche Erlaubnis des NLWKN“ vom 16. Dezember 2022. Seit Aufnahme des Betriebes werde danach „durch Elektrolyse von Seewasser erzeugtes Natriumhypochlorit in die Jade eingeleitet“. Die Chlordosierung bewege sich im Rahmen der Genehmigung, also von 0,1 bzw. 0,2 Milligramm/Liter. Wie andere Frachtschiffe auch benötigt die „Höegh Esperanza“ Seewasser auch für ihr Kühlsystem, als Lösch- und Ballastwasser, das ebenfalls im chloriert wird. „Im ,closed loop‘-Modus werden etwa 6500 Kubikmeter/Stunde eingeleitet“, bestätigt Uniper.

Monitoring läuft schon seit Dezember 2022

Das Monitoring, mit dem etwaige Auswirkungen der Elektrochlorierung an Bord der FSRU auf die Jade festgestellt werden sollen, laufe bereits seit Dezember 2022 – gemäß der Auflagen der wasserrechtlichen Erlaubnis in Abstimmung mit der Überwachungsbehörde, so Uniper. „Ergebnisse sollen veröffentlicht werden, sobald komplette Messreihen über einen längeren Zeitraum für alle Betriebsweisen vorliegen.“ Die bisher gemessenen Daten würden laufend an die Überwachungsbehörde übermittelt.

Auch wenn ein Ende der Dauerchlorierung für die LNG-Regasifizierung absehbar ist: Umweltschutzverbände wie die DUH, der BUND und der Nabu sehen den Aufbau einer aus ihrer Sicht überdimensionierten Import-Infrastruktur für Flüssigerdgas, für den der Bund über zehn Milliarden Euro bereitstellt, skeptisch. Ein Kritikpunkt: Die Abhängigkeit vom russischen Pipelinegas werde in gewissem Umfang durch eine Abhängigkeit von LNG-Importen aus den USA abgelöst.

Nabu am Außenhafen
Anne Rolfes, Umweltaktivistin aus New Orleans (2. von links,) verschaffte sich in Hooksiel mit Vertretern des örtlichen „Netzwerk Energiedrehscheibe“ einen Eindruck vom LNG-Terminal Wilhelmshaven. Auf dem Bild (von links) Andy Gheorghiu, die Wangerländer Ratsherren Hedde Hobbie und Dieter Schäfermeier (beide Pro Wangerland), Stefanie Eilers (Nabu-Vorsitzende) und Britta Moosmann. Foto: hol

In den Vereinigten Staaten wird das Gas durch die umweltschädliche Fracking-Methode gewonnen. Auch bei seiner Umwandlung in LNG und dessen Verschiffung werden die Anwohner, Umwelt und lokale Wirtschaft am Golf von Mexiko im US-Bundesstaat Louisiana massiv belastet. Einen Eindruck davon vermittelte in dieser Woche Anne Rolfes, Direktorin der Umweltschutzorganisation Louisiana Bucket Brigade. Die Aktivistin aus New Orleans war auf Einladung der Sprecherin der „Netzwerk Energiedrehscheibe“, Stefanie Eilers (Nabu Wilhelmshaven), an die Jade gekommen. 

Amerikanerin berichtet von Öko-Schäden

Vom Hooksieler Außenhafen aus warf Anne Rolfs einen Blick auf das erste deutsche LNG-Terminal. Nach einem Besuch der Gasspeicherkavernen in Etzel (Friedeburg) sprach sie in Wilhelmshaven über die Auswirkungen der LNG-Exporte auf ihre Heimatregion. Der Schiffsverkehr zu und der Bau von bis zu zehn LNG-Exportterminals beeinträchtige die Küstenfischerei massiv. Durch das Abfackeln von Gas würden Unmengen von klimaschädlichem Methan freigesetzt und die Anwohner etwa durch krebserregende Benzole bedroht. An der Finanzierung dieser Industrien seien auch deutsche Banken beteiligt. Rolfes bezweifelt ebenso wie das „Netzwerk Energiedrehscheibe“, dass die deutschen und die globalen Klimaziele mit der Umrüstung auf LNG zu erreichen sind.

Zu weiteren Sorgen und Bedenken von Umweltschützern zum Wilhelmshavener LNG-Terminal hat Uniper gegenüber „Hooksiel-Life“ Stellung bezogen. Unzutreffend sei der Verdacht, dass die Seewasser-Ansaugklappen der „Höegh Esperanza“ nicht vergittert seien. „Vor den Öffnungen zu den Einlassbecken befinden sich Gitter“, beteuert eine Uniper-Sprecherin.

Fische werden von Ansaugstutzen vergrämt

Wie viele Meeresbewohner durch den Ansaugprozess getötet werden, wisse man nicht genau. Dazu seien auch in den Umweltgutachten im Rahmen des Antragsverfahrens nur Schätzungen, beruhend auf groben Annahmen und begrenzter Datengrundlage, vorgelegt worden. Als Vergleich seien zum Beispiel die Organismenverluste an den den Ansaug-Vorrichtungen der Kraftwerke an der Jade herangezogen worden.

Auf Grundlage der Gutachten habe Uniper „eine entsprechende Kompensation geleistet, mit der adäquate Ausgleichsmaßnahmen für die Verluste realisiert werden können“. Die Betreiber seien zudem verpflichtet worden, „die technischen Möglichkeiten zur Vergrämung von Fischen weitergehender zu prüfen und im Hinblick auf die FSRU darzulegen“. „Die Untersuchungen der Umweltexperten hierzu laufen“, sagte die Uniper-Sprecherin gegenüber „Hooksiel-Life“. Kleinstlebewesen, die durch die Einlassgitter gelangen, würden im Seewasser vor den Filtern aufgefangen. „Das anfallende Biomaterial wird fachgerecht an Land entsorgt.“