Hooksiel (19. 4. 2024) – Ein Schlüsselbegriff für die Energiewende im Gebäudesektor heißt: Dämmung. Mit einer guten Wärmedämmung lassen sich Häuser so bauen, dass sie so gut wir gar keine Energie mehr für Wärmeerzeugung benötigen. Schon gar kein Öl oder Erdgas. Aber was ist mit den Altbauen, von denen es ja noch jede Menge gibt?
Mit mehr Dämm-Material allein ist es da in der Regel nicht getan. Darauf weist Joachim Janßen, Inhaber eines Bauservicebüros und Sachverständiger für Gebäudeschäden, hin. Der Hooksieler hielt beim Männerkreis der ev.-luth. Kirchengemeinde Wangerland im Walter-Spitta-Haus einen Vortrag zum Thema „Bauen – früher und heute“. Dabei gab der Hooksieler auch Einblicke in bautechnische und physikalische Zusammenhänge, die unbedingt beachtet werden wollen, wenn man Schimmelbildung vermeiden will. „Bei jeder zweiten Begutachtung von Gebäudeschäden geht es um Schimmel“, sagte Janßen. Häufigste Ursache dabei: Der Einbau falscher Bauteile und eine falsche Dämmung.
Der Großteil der Bestandsgebäude in Friesland sei in klassischer Bauweise errichtet worden: Außen eine Klinkermauer, dahinter eine Hohlschicht, dann die Innenschale zum Beispiel aus Kalksandstein. Vorteil: Die Hohlschicht sorgt für eine gute Luftzirkulation. Nachteil: Eine vergleichsweise schlechte Wärmedämmung.
Warum ist eine Luftschicht im Mauerwerk wichtig? In der Regel ist es im Inneren von Gebäuden wärmer als draußen. Die warme, meist feuchte Luft drückt von innen und strömt durch den Kalksandstein. In der Luftschicht dahinter verteilt sich der Wasserdampf, der so nicht zu Wasser kondensiert.
Was passieren kann, wenn die Luftschicht im Mauerwerk oder auch in der Dachkonstruktion nicht sachgerecht mit Dämm-Material gefüllt wird, hat sich unter anderem in der Pastorei in Waddewarden gezeigt, wie Pastor Stefan Grünefeld bestätigte. Die Hohlschichten wurden mit Dämm-Material gefüllt. Die feuchte Luft aus dem Inneren wird damit nicht mehr belüftet. An der Innenseite des Außenwand-Klinkers bildet sich Wasser, das nach und nach die gesamte Dämmung durchfeuchtet und dann irgendwann schwarze Flecken an den Innenwänden bildet.
Der Schimmel wird sichtbar. „Das Gefährliche ist aber, dass die gesundheitsschädlichen Schimmelsporen schon viel früher da sind“, sagte Janßen. Für die Pastorei sieht der Sachverständige nur eine Lösung. „Die komplette Dämmung muss wieder raus. Es reicht nicht, nur die offenkundig betroffene Stellen zu erneuern. So bekommt man die Sporen nicht weg.“
Das Verfüllen der Hohlschicht im Mauerwerk wird nach den Worten von Janßen immer dann zum Problem, wenn die Außenwand mit extrem harten, wasserundurchlässigen Klinker gemauert wurde. Hellere Klinker etwa könnten noch Wasser aufnehmen und nach außen transportieren. Da sei die Hohlschicht entbehrlich.
Hauseigentümern, die ihren Altbau dämmen wollen, rät Janßen, sich zuvor von einem unabhängigen Fachmann beraten zu lassen, der mögliche Problem erkennen kann. Es gebe eine Reihe von Möglichkeiten, die Wärmedämmung von Dächern und Wänden zu verbessern. Eine ganz schlechte Idee sei es aber, für die Belüftung wichtige Hohlräume einfach mit Dämmstoffen zu füllen. Ein geflügeltes Wort für einen Teil der betroffenen Häuser: „Selbstkompostierende Flachdächer.“
Trotz der Risiken: Schon mit Blick auf die steigenden Energiekosten und erhöhte gesetzliche Anforderungen werden der Austausch von Heizungsanlagen und die Wärmedämmung Themen sein, mit denen sich Besitzer älterer Immobilien auseinandersetzen müssen. Aber, so die Einschätzung von Joachim Janßen: „Es wird meist heißer gekocht als gegessen.“