Klima-Hilfe in vielen kleinen Schritten – damit die Urlauber nicht weglaufen

Anna Goldenstein
Arbeitet an Konzepten, die die Urlaubsorte im Wangerland und in der ganzen Region nachhaltig stärken sollen: WTG-Managerin Anna Goldenstein. Foto: hol

Hooksiel/Wangerland (5.1.2023) – Achtung, Bäckerei-Filialisten! Wenn in den nächsten Tagen eine Kundin ihren Laden betritt und „einem Kaffee zum Mitnehmen!“ bestellt, lassen Sie die Einwegplastik-Becker am besten gleich stecken. Die junge Frau würde Sie ohnehin nach einem ordentlichen Trinkgefäß fragen, das Sie laut der seit Beginn dieses Jahres geltenden „Mehrweg-Angebotspflicht“ vorhalten müssen.

Mein Ratschlag: Diskutieren Sie nicht. Die junge Frau hat Recht und sie hat jede Menge Ahnung. Sie heißt Anna Goldenstein und ist seit einigen Monaten Nachhaltigkeitsbeauftragte der gemeindeeigenen Wangerland Touristik GmbH. 

Der Kaffee, den die WTG an ihre eigenen Gäste ausschenkt, ist fair gehandelt, damit auch Kleinbauern etwas davon haben, die in Peru, Honduras oder Brasilien die Kaffeeplantagen betreiben. Die Vermeidung und Trennung von Müll gehört bei dem Touristikunternehmen ebenso zum guten Ton, wie der sparsame Papierverbrauch – frei nach dem Motto: Weniger Drucker = weniger Ausdrucke!

Energieeffizienz im Büro, die Installation von LED-Leuchten und natürlich auch der Verzicht auf unnötige Autofahrten. Wo immer es geht sollen (und wollen) die WTG-Mitarbeiter kürzere Strecken statt mit dem Auto mit dem Rad oder zu Fuß zurücklegen, sagt Anna Goldenstein. Und noch eine weise Entscheidung hat sie schon auf den Weg geraucht: Die Abschaffung von Zigaretten-Automaten am Strand. Weggeworfene Zigaretten-Kippen verdrecken die Strände und bedrohen das Meer. 

Für die 25-Jährige, die an der Jadehochschule Wilhelmshaven Wirtschaft studiert hat, stehen beim Tausendsassa-Begriff Nachhaltigkeit vor allem die ökologischen, ökonomischen und die sozialen Aspekte im Vordergrund. Firmenintern setzt sie auf sanfte Überzeugungskraft. So wie beim „Schritte-Wettbewerb“ unter den Kollegen. Wer am Tag wie viel Schritte zurücklegt, ist nicht nur unter gesundheitlichen Aspekten von Bedeutung, sondern auch klimarelevant – wenn das Auto dafür einmal stehen bleibt. Und so ein Wettbewerb kann auch noch Spaß machen …

Larissa Strangmann, Marketingchefin der WTG, ist davon überzeugt, dass Nachhaltigkeit für den Tourismus am Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer zunehmend wichtig wird. Immer mehr Menschen wollen im Einklang mit Natur- und Klimaschutz ihren Urlaub genießen. Da hätte auch die überragend positive Reaktion auf die Premiere des „Deichleuchtens“ zu Silvester (Fackeln statt Böller und Raketen) gezeigt. 

Insofern kümmert sich Anna Goldenstein neben dem Müll der Kollegen auch um die Nachhaltigkeit im Großen – um Konzepte für die ganze Destination, nicht nur bei der WTG, sondern auch bei den Leistungsanbietern wie Hoteliers, Vermieter, Restaurants etc. Zunächst wolle man den Status-Quo feststellen. Wo steht das Wangerland eigentlich, auch im Vergleich zu anderen Destinationen an der Nord- und Ostseeküste? „Und dann kommt die Frage: Wohin soll die Reise gehen? Was wollen die Gäste?“, beschreibt die Jung-Managerin ihren Weg. 

Ein Thema sei dabei die Ladeinfrastruktur für Elektroautos und -räder. Oder auch die Verbesserung der Radwege, die nicht alle die erforderlich Breite für die Begegnung von Fahrrädern mit Kinderanhängern oder etwa Lastenrädern haben.Weitere Hinweise auf Verbesserungsbedarfe erhofft sich die 25-Jährige von den Leistungserbringern, die ihr Ohr direkt an den Urlaubsgästen haben. Darüber hinaus sieht sie sich gut vernetzt in interkommunalen Arbeitsrunden, die allesamt an diesen Fragestellungen arbeiten. 

Ein ganz eigenes Thema, für das Anna Goldenstein die Kompetenzträgerin der WTG ist: Die Förderfähigkeit von Projekten. Die tatsächlichen Hilfen, die oft über das Ja oder Nein eines Vorhabens entscheiden, sind im Dickicht von Landes- oder Bundesverordnungen nicht immer einfach zu entdecken.

Zurück zur Mehrwegangebotspflicht: Das neue Gesetz betritt natürlich nicht nur Plastik-Kaffeebecher. Es schreibt allen gastronomischen Betrieben, Restaurants und ähnlichen Verkaufsstellen, die Essen oder Getränke außer Haus anbieten, vor, für diese Angebote zumindest eine Mehrweg-Alternative zu „Einwegkunststofflebensmittelverpackungen“ (so präzise formuliert der Gesetzgeber) vorzuhalten; etwa Porzellanbecher oder Essensboxen samt ordentliches Besteck, gern gegen Pfand,aber nicht teurer als die Einweg-Variante. So soll der Berg an Plastikmüll eingedämmt werden, der auch die Meere belastet. Für Anna Goldenstein ist das Gesetz ein Schritt in die richtige Richtung.

Eine Gefahr, dass die neuen Auflagen für Geschäfte oder auch Freiluftveranstalter im Wangerland in Not bringen könnten, sehen die WTG-Managerin nicht. „Es geht auch ganz ohne Einwegplastik, sagen Anna Goldenstein in Larissa Strangmann. „Bester Belegt dafür ist unser Friesen-Festival.“

Silvester-Feuerwehr am Nationalpark Wattenmeer künftig verboten?

Deichleuchten am Nationalpark Wattenmeer
Fackeln statt Böller und Raketen: Die Wangerland Touristik setzt darauf, dass das „Deichleuchten“ zur Tradition wird. Foto: Cristian Stankovic

Hooksiel/Horumersiel (2.1.2023) – Auch in diesem Jahr soll es wieder das „Wangerländer Deichleuchten“ geben. Die Initiatoren der Wangerland Touristik GmbH (WTG) zogen nach der Premiere am vergangenen Samstag eine positive Bilanz. Die Idee, das jeweils neue Jahr am Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer statt mit Raketen und Böllern mit Fackeln, Lichtern und Leuten zu begrüßen, habe deutschlandweit Wellen geschlagen. „Ein Posting auf Facebook hatte innerhalb kürzester Zeit über 15 000 Likes erhalten“, schildert Marketingchefin Larissa Strangmann. „Und viele der Teilnehmenden waren begeistern.“

Schon gegen 23 Uhr lockte es die ersten zu den drei Hauptstandorten in Hooksiel, Horumersiel und Schillig, wo man mit „Deichpaten“ einen Glühwein oder Punsch trinken konnte. Um Mitternacht wurden dann die verschiedensten Leuchtmittel entzündet. Nicht nur über 1000 Wachsfackeln waren zu sehen, sondern auch viele Laternen, Lichterketten, Taschenlampen, leuchtende Partyhüte oder aufwendig geschmückte Regenschirme.

„Die Kreativität und die Freude der Teilnehmenden haben bei uns für Gänsehaut gesorgt“, berichtet Larissa Strangmann. Leider sei an den Deichen noch vereinzelt geböllert worden.

„Natürlich haben wir uns insgeheim gewünscht, dass schon zum Auftakt des Deichleuchtens gänzlich auf Feuerwerk verzichtet wird, aber uns war bewusst, dass dieses Ziel im ersten Jahr überambitioniert ist“, so Armin Kanning, Geschäftsführer der WTG. Die Auftaktveranstaltung sei als Initialzündung für eine neue Tradition zu verstehen, für die es nun Hausaufgaben zu machen gelte: So die gemeindeseitige Einführung eines offiziellen Verbotes von Feuerwerk.

Können digitale Sensoren die Urlauber wirklich steuern?

Strand Hooksiel
Bei leicht bedecktem Himmel ist am Strand von Hooksiel immer ein Plätzchen frei.Foto: Bildwerfer-Fotografie

Hooksiel/Wilhelmshaven (8.12.2022) – Das „digitale Besuchermanagement-System“ ist ein Erfolg. Davon jedenfalls ist der Tourismus-Dachorganisation „Die Nordsee GmbH“ mit Sitz in Wilhelmshaven überzeugt, die für die Urlaubsdestinationen an der niedersächsischen Nordseeküste agiert. Seit Mai dieses Jahres werden in Butjadingen, Wangerland und Wilhelmshaven mittels Sensoren Bewegungsdaten gesammelt, um Informationen zur Auslastung etwa von Stränden, Parkplätzen oder Freizeiteinrichtungen ausspielen zu können.

Gäste können auf den Internetseiten der Destinationen, über einen digitalen Reiseführer (Web-App) oder an digitale Informationsstelen in den Orten die jeweilige Auslastung ihres Ziels erkunden. Als Wegweiser fungiert ein Ampelsystem. Leuchtet die Ampel rot und die Auslastungsgrenze ist erreicht, werden den Gästen Alternativen angezeigt. 

„Die Nordsee“ sieht den Erfolg des Systems durch erst Zahlen belegt. „Seitdem die Auslastungsanzeigen in Butjadingen und Wangerland online sind, ist die Website-Nutzung der Orte bis zu 300 Prozent gestiegen“, heißt es. Allein die entsprechende Seite der Wangerland Touristik habe in den vergangenen für Monaten über 200 000 verzeichnet.

„Die Zahlen belegen das, was wir vor Ort deutlich spüren: Seit Einführung des Systems verteilen sich die Gäste gleichmäßig auf die touristischen Points of Interest, die touristisch relevanten Angebote vor Ort. So können wir lange Wartezeiten oder volle Parkplätze für unsere Gäste vermeiden“, sagt Sonja Janßen, Geschäftsführerin der Die Nordsee GmbH. Ein weiterer erfreulicher Aspekt sei, dass vorher weniger besuchte Orte seit Start der Besucherlenkung ein deutlich höheres Besucheraufkommen zeigen würden. „Es ist genau das eingetreten, was wir uns erhofft haben, nämlich eine Entzerrung touristischer Hotspots und ein Durchbruch für bisher unentdeckte Ausflugsziele und reizvolle Landschaften abseits der Küste“. 

Skeptiker bezweifeln, ob die digitalen Sensoren wesentlich größere Erkenntnisse bringen als analoge Steuer-Mechanismen: Bei schönem Wetter sind die Strände voll (und zwar meist alle), bei bedecktem Wetter könnte es in Bädern und Museen eng werden. Ob sich die positiven Einschätzungen der „Nordsee GmbH“ zu den Möglichkeiten der Besucherlenkung dauerhaft bestätigen, bleibt abzuwarten.

Allerdings: Armin Kanning, Geschäftsführer der Wangerland Touristik GmbH, weist auf einen anderen Effekt des Besuchermanagement-Systems hin. „Das neue Gold sind Daten – auch im Tourismus, und vor allem in der Veranstaltungsplanung“, sagte Kanning im Gespräch mit „Hooksiel-life“. Die von den Sensoren erfassten Besucherdaten könnten auch für interne Auswertung und für Veranstaltungsplanungen genutzt werden. Funktioniert das „Schollenbraten im Watt“ auch bei Regen? Ist ein Konzert im Hinterland genau so attraktiv wie in einem Urlaubsort? Wie gut werden klassische Volksfeste überhaupt noch angenommen? Von mit Daten unterlegten Antworten auf derartige Fragen verspricht sich Kanning unter anderem Hinweise darauf, wie sich die Urlaubssaison an der Küste verlängern lässt.

Das Besuchsmanagement-System war Teil der „Digitalisierungsstrategie Corona für die niedersächsische Nordseeküste“, das mit knapp 1,3 Millionen Euro vom Land gefördert wurde. Zu dem Paket gehört auch die Einführung einer digitalen Gästekarte. 

WTG-Chef Kanning sieht Investitionsbedarf in Hooksiel in zweistelliger Millionen-Höhe

Gästehaus Hooksiel
Hat nach 30 Jahren im Betrieb einigen Renovierungsbedarf: das Gästehaus Hooksiel. Foto: hol

Hooksiel (2.12.2022) – Campingplatz, Gästehaus, Meerwasser-Hallenwellenbad. Wenn Armin Kanning an Hooksiel denkt, dann denkt er an Investitionen. Oder besser: An Investitionsbedarfe. Denn wann die Wangerland Touristik GmbH (WTG), deren Geschäftsführer Kanning seit Mitte 2014 ist, die eigentlich notwendigen Ausgaben tätigen kann, ist ungewiss. Steigende Kosten unter anderem für Baumaterial, für Energie und fürs Abwasser belasten auch das gemeindeeigene Unternehmen. Und wie sich die Einnahmen in Zeiten von Corona, Krieg und Inflation entwickeln, vermag niemand so recht zu sagen.

Aber eines ist für Kanning nach dem Bürgerentscheid gegen den geplanten Verkauf des Hooksieler Gästehauses im Februar 2021 klar: Das 1993 eingeweihte Gebäude auf dem einstigen Batteriegelände bleibt in kommunaler Hand. Deshalb, so Kanning, müssten nach und nach die erforderlichen Sanierungs- und Renovierungsarbeiten angepackt werden. Ein erstes Signal: In diesem Jahr hat die WTG dafür 181 000 Euro ausgegeben. Unter anderem wurden der Balkon und der Blitzschutz erneuert, Gefahrstellen an der Kinderrutsche entfernt sowie der Wildwuchs rund um die Graft gelichtet. 

Die richtig teuren Projekte stehen aber noch aus. Die Erneuerung der Heizung etwa, oder der Fenster. Und das Gästehaus sei nur eines von 57 Gebäuden im Bestand der WTG. Auch über das Raumkonzept müsse man nachdenken. Im Gästehaus ein Café zu etablieren, um mehr Lebens ins Gebäude zu bekommen, hält Kanning für einen „Schnellschuss“. Für Großveranstaltungen wie Konzerte sei das Haus, in dem die Tourist-Information, eine Bücherei und im Obergeschoss ein Vortragsraum mit Bühne untergebracht sind, einfach nicht gebaut. 

Gut angenommen würden die Konzerte auf der Bühne im Freigelände. Im Inneren seien eigentlich nur Kleinkunst-Veranstaltungen wie Lesungen möglich. Ärgerlich ist aus Sicht des WTG-Chefs, dass die örtlichen Vereine in Hooksiel das Gästehaus noch nie als ihren zentralen Veranstaltungsort etwa für Mitgliederversammlungen angenommen haben. „Jeder Verein hat sein eigenes Domizil. Und es fehlt wohl auch am Verständnis dafür, dass die WTG das Gebäude nicht kostenfrei zur Verfügung stellen kann …“

Für Ideen, was im Gästehaus angeboten werden könnte, sei der neue Veranstaltungsmanager der WTG, Florian Wirth, Ansprechpartner. „Aber Ideen allein bringen nichts“, sagt Kanning. „Da muss auch jemand etwas selbst anpacken wollen – wir helfen dann, wie es geht.“ 

Bei den Überlegungen, die Außengelände zu einem Kurpark umzugestalten, setzt Kanning auf die Initiative der Bürgerinitiative Hooksiel. Die habe Kontakt zur Leibnitz Universität Hannover aufgenommen, wo im Zuge eines studentischen Projekts ein erstes Konzept für einen Kurpark erarbeitet werden soll. Ihre Tourist-Information will die WTG weiterhin im Gästehaus betreiben – trotz zunehmender Digitalisierung der Gäste-Anmeldungen „Wir sehen unsere Aufgabe in der intensiven Beratung der Gäste. Die Digitalisierung schafft Raum für eine bessere Qualität der Beratung.“

Investitionsbedarf in Höhe von rund 20 Millionen Euro sieht Kanning am Campingplatz Hooksiel. „Wir müssen unserer Campingplätze in Hooksiel und Schillig einmal auf links drehen, wenn sie dauerhaft attraktiv bleiben sollen.“ Das sei ein Projekt über mehrere Jahre, müsse aber unbedingt angegangen werden, wenn die WTG ihre „Cashcow“ nicht verlieren will. Die Großcampingplätze vor dem Deich spülen jedes Jahr rund eine Million Euro Überschuss in die WTG-Kasse. 

Den Handlungsbedarf hat ein „Masterplan Campingplatz“ aufgezeigt. Die einzelnen Stellplätze sind mit Blick auf die immer größer werdenden Domizile der Camper zu klein. Die Wagen stehen schon heute dicht an dicht. Kanning geht davon aus, dass allein in Hooksiel von den 1600 Plätzen 200 bis 400 aufgegeben werden müssen, um Erholungsraum zu schaffen. Dafür müsse aber jeder Platz eine eigene Wasserversorgung bekommen. Ziel der Planungen sei es auch, den Campingplätze stärker zum Dorf hin zu öffnen. Radwege und Flaniermeilen sollten für jedermann nutzbar sein.

Wie es mit dem Meerwasser-Hallenwellendbad in Hooksiel weitergeht, ist noch nicht klar. Aktuell ist das Bad wegen der Energiekrise geschlossen. Die Schließzeit wird für eine Reihe von Untersuchungen genutzt, mit denen der Verdacht, es gebe einen sehr hohen Sanierungsbedarf, ausgeräumt oder erhärtet werden soll. Bislang lägen ihm noch keine Ergebnisse vor, die zwingend eine dauerhafte Schließung des Bades erfordern, sagte Kanning. Ob und in welchem Finanzrahmen Sanierungen betriebswirtschaftlich sinnvoll sind, stehe auf einem anderen Blatt. Das müsse dann diskutiert werden, wenn die Untersuchungsergebnisse vorliegen.

Kritisch sieht der WTG-Geschäftsführer das so genanten Interessenbekundungsverfahren, das die Gemeinde Wangerland auf Anregung der Bürgerinitiativer zur Rettung des Hallenbades möglichst noch bis Ende dieses Jahres auf den Weg bringen will. In dem Verfahren soll das Interesse möglicher privater Investoren abgeklopft werden, sich an den Sanierungskosten des Bades zu beteiligen. Kanning: „Selbst wenn wir Interessenten finden, müssten wir eine entsprechende Beteiligung eines Privaten danach noch europaweit ausschreiben. Dann können wir auch gleich die Ausschreibung machen …“ 

Gästekarte wird attraktiver und digitaler

Hooksiel/Wangerland (22.11.2022) – Die NordseeCard löst im nächsten Jahr die Nordsee-Service-Card als Gästekarte ab. Darauf haben sich neun Städte und Gemeinden an der niedersächsischen Nordseeküste verständigt. Das kündigte die Wangerland Touristik GmbH (WTG) am „Leistungsträger-Stammtisch“ in Hooksiel an. Details zur Anwendung des neuen Systems sollen noch in diesem Monat an alle Vermieter verschickt werden. 

Im Ergebnis wird das Meldesystem und die Ausgabe der Gästekarte (früher Kurkarte) digitaler werden. Urlauber brauchen nicht mehr persönlich zur WTG kommen, um ihre Gästekarte abzuholen. Der Datenaustausch erfolgt künftig elektronisch zwischen WTG und Vermieter bzw. direkt mit dem Gast. Die digitale Gästekarte kann entweder auf dem Smartphone abgespeichert oder vom Gast selbst ausgedruckt werden. Die gesetzlich erforderlichen Meldedaten werden nach der Prüfung durch den Vermieter digital an die WTG übermittelt.

Zu den neun Destinationen mit der neuen NordseeCard gehören neben dem Wangerland Urlaubsorte von Krummhörn/Greetsiel in Ostfriesland bis Otterndorf bei Cuxhaven. Auch die Städte Wilhelmshaven und Bremerhaven werden die neue Servicekarte einführen. Damit könnten Küstenurlauber unter anderem kostenlos Badestrände besuchen, aber auch in den Genuss von Vergünstigungen kommen, wenn sie etwa Museen in Wilhelmshaven oder das Klimahaus in Bremerhaven besuchen, zu Veranstaltungen gehen oder Ausflüge buchen wollen. 

Wie WTG-Geschäftsführer Armin Kanning sagte, wisse man aus Erhebungen, dass die Gäste im Wangerland bereit seien, während ihres Urlaubs attraktive Ziel in einer Entfernung von bis zu 80 Kilometern anzusteuern. Die Umstellung des Systems werde hier und dort etwas Aufwand bedeuten, räumten die WTG-Vertreter gegenüber Kritikern am Stammtische ein. Auf Sicht aber, so beteuerte Kanning, würden die rund 3000 Vermieter im Wangerland, und damit auch die WTG, entlastet. 

Jeder zweite Wangerländer lebt vom Tourismus

Strandkörbe in Hooksiel
Der Hooksieler Strand ist bei den Urlaubern sehr beliebt. Damit die Strandkörbe auch in Zukunft gut belegt werden, will die Wangerland Touristik GmbH neue Angebote schaffen. Foto: Bildwerfer-Fotografie

Hooksiel/Wangerland (23.11.2022) – Der Tourismus im Wangerland ist immer noch im Krisenmodus. Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Energiekrise beeinflussen die Urlaubspläne vieler Bürger. Für das Jahr 2022 zeichne sich mit einer Gästezahl von 291 000 und 1,8 Millionen Übernachtungen zwar ein Plus gegenüber 2021 um zehn Prozent ab. Hinter dem Vor-Corona-Jahr 2019 liege man aber sechs Prozent zurück, sagte der Geschäftsführer der Wangerland Touristik GmbH (WTG), Armin Kanning, beim „Leistungsträger-Stammtisch“ im Gästehaus Hooksiel. 

Vor gut 50 Vermietern von Ferienwohnungen, Gastronomen und sonstigen Dienstleistern vertrat Kanning die These, dass der Corona-bedingte Trend zum Deutschland-Urlaub kein Selbstläufer sei. Die Zahl der Tagesgäste, die aus Oldenburg an die Küste kommen, um hier einen Tasse Kaffee zu trinken und frische Luft zu schnappen, werde angesichts hoher Kraftstoffpreise zurückgehen. Kanning: „Wir müssen hart um jeden Gast kämpfen und uns immer wieder neu erfinden.“

Mit Marketingleiterin Larissa Strangmann stellte der WTG-Chef Projekte vor, die in 2023 ausprobiert werden sollen. Man setze auf Digitalisierung, Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit. Geplant sind unter anderem Wangerländer Filmnächte, ein digitaler Reiseführer und die Digitalisierung der Ausleihe in den Büchereien samt Ergänzung des Medienbestandes etwa um Tonie-Figuren, die Kindern Geschichten vorlesen. Am Strand von Schillig testet die WTG eine barrierefreie Schaukel und einen Saunastrandkorb. Sollten die Neuerungen erfolgreich sein, werde man sie auch in Hooksiel anbieten, versicherte Larissa Strangmann. 

Eine Neuerung im Veranstaltungskalender gibt es zu Silvester-Fest. Für das „Wangerländer Deichleuchten“ werden um 24 Uhr alle Wangerländer und Urlaubsgäste auf den 30 Kilometer langen Deich zwischen Hooksiel über Schillig bis Harlesiel gebeten, um dort statt zu Böllern eine Fackel oder ein Licht zu entzünden. Stolz ist man bei der WTG darauf, seit diesem Jahr „Nationalpark-Partner“ zu sein. Dazu passend werde man Initiativen gegen die Vermüllung der Meere anstoßen und konsequent auf Mehrwegsysteme setzen – aus ökologischen, aber auch aus finanziellen Gründen. Wie Kanning sagte, koste allein die Müllentsorgung auf den beiden Campingplätzen rund 100 000 Euro im Jahr.

Energiekosten von rund 40 000 Euro im Monat je Bad spare man durch die aktuelle Schließung der Hallenbäder in Hooksiel und Horumersiel. Angesichts der Engpässe bei der Energieversorgung habe die Schließung der energieintensiven Betriebe aber auch eine „moralische Komponente“. Kanning geht davon aus, dass die Bäder zum Saisonbeginn 2023 wieder geöffnet werden. 

Nicht jeder Hooksieler zeigte für diesen Schritt Verständnis. Das Hallenwellenbad sei geschlossen und die Strände in Horumersiel und Schillig sauberer und besser ausgestattet als der in Hooksiel, klagte eine Vermieterin. Hier sei die WTG gefordert. Zudem gebe es bei Gästen eine spürbare Verunsicherung durch den Betrieb des Flüssigerdgas-Terminals in Wilhelmshaven in Sichtweite des Strandes. 

Im Mai 2023, soll das neue Thalasso-Zentrum in Horumersiel fertig sein. Dann sollen bis zur offiziellen Eröffnung die Abläufe im Haus im Detail abgestimmt werden. Das Zentrum sei etwas „Einmaliges in Deutschland“, so Kanning, und werde Gäste aus dem Umkreis von rund 100 Kilometern ins Wangerland ziehen. Angebotspakete und Preise würden derzeit noch einmal überarbeitet. Obwohl die Anwendungen von den Nutzern privat bezahlt werden müssen, sei er auch wirtschaftlich von der Einrichtung zuversichtlich, so Kanning: „Der zweite Gesundheitsmarkt boomt.“

Die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus fürs Wangerland sei immens, sagte der WTG-Geschäftsführer. Das Deutsche Institut für Tourismusforschung (München) hat für 2019 fürs Wangerland einen touristischen Brutto-Umsatz von rund 180 Millionen Euro errechnet. Daraus ergibt sch ein touristisches Primäreinkommen von über 90 Millionen Euro. Statistisch heißt das: Jeder zweite Wangerländer bezieht sein Primäreinkommen aus dem Tourismus.