Hooksiel (30. 8. 2024) – Es hat einmal laut geknackt – und das Leben von Werner Poppen hat sich verändert. Aus einem selbstständigen Unternehmer mit einem florierenden Verkaufswagen ist ein Bürgergeld-Empfänger geworden.
Seit 1999, seit 25 Jahren, ist der Hooksieler als Händler auf den Wochenmärkten der Region unterwegs. Aus seinem Verkaufswagen heraus bietet er unter anderem Geflügel, Wurstwaren und Eier an. Auf seinem Tourenplan stehen normalerweise acht Märkte zwischen Wilhelmshaven, Aurich und Rhauderfehn. Aktuell finden seine Kunden Poppen nur noch freitags auf dem Wochenmarkt in Hooksiel. Aus einem Pavillon heraus verkauft er Eier. Nur Eier.
Der schmucke, 13 Jahre alte Verkaufswagen der Familie Poppen ist nicht mehr fahrbereit. Der Grund: Ein abgesenkter Gully in Wilhelmshaven. „Es hat einmal laut gekracht als ich darüber gefahren bin“, erinnert sich Poppen. An dem Renault war eine Achse gebrochen.
Ein teurer Schaden. Allein das Ersatzteil kostet nach der Schätzung eines Gutachters rund 8000 Euro. Noch schlimmer: Die Lieferzeit für die Achse beträgt sechs Monate. „Diese Fahrzeuge werden in vergleichsweise kleiner Stückzahl gebaut. Da haben die Händler nicht mal eben so eine Achse auf Lager liegen.“
Verkauf aus einem Anhänger heraus? Wer soll den ziehen …? Leihwagen? Ist so teuer, dass sich der ganze Verkauf nicht mehr lohnen würde. Werner Poppen hat sich entschieden zu warten. Er verkauft in Hooksiel Eier aus einem Pavillon heraus, Fleisch- und Wurstwaren gibt es nur auf Bestellung. „Der Erlös ist aber nur ein kleines Taschengeld. Leben müssen wir aktuell von Bürgergeld.“
Und dennoch halten viele Stammkunden etwa aus Wilhelmshaven ihrem Händler die Treue. Einige kommen auf der Suche nach dem beliebten Poppen-Geflügelsalat sogar bis nach Hooksiel. Für ihre Fragen wie „Wann sind Sie wieder bei uns auf dem Markt?“ hat der Händler einen humorvollen Flyer gefertigt. „Wir würden gern machen auf dicken Maxe, geht nur nicht mit gebrochener Achse.“
Hooksiel (9. 5. 2023) – Warum kaufen Menschen ihre Marmelade auf dem Wochenmarkt und nicht in einer Verbrauchermarkt, obwohl sie da sicher ein paar Cent günstiger ist? Für Wilhelm Poppen ist das ganz klar: „Weil die Menschen hier wissen, was in den Gläsern drin ist!“
Wilhelm Poppen gehört seit Jahren zum Kreis der Beschicker des Wochenmarktes in Hooksiel. Der einarmige Mann sitzt auf einem Stuhl, davor ein schlichter Tisch. Darauf eine ganze Reihe von Gläsern mit Fruchtaufstrich. „Marmelade ist ein geschützter Begriff. So darf ich meine Ware nicht nennen.“
Aber der Name ist zweitrangig. Wichtig ist, worauf sich die Kunden freuen dürfen. Und das weiß Wilhelm Poppen genau: „Früchte aus der Region. Äpfel, Pflaumen, Kirchen, Erdbeeren … Alles nach der Ernte eingefroren. Im Winter, wenn ich Zeit habe, werden die Früchte dann im Verhältnis von 2:1 mit Zucker eingekocht.“ Damit nicht genug. Der Obstkenner gestaltet die Deckel selbst und beklebt die Gläser liebevoll mit Inhalts- und Rezeptaufklebern. Lohnt sich der Aufwand? Vielleicht. Wenn das Wetter gut ist und man die Arbeitsstunden auf dem Markt nicht rechnet.
Die Stimmung auf dem Hooksieler Wochenmarkt ist gelassen. Viele der acht bis neun Beschicker kommen seit Jahrzehnten jeweils freitags von 14 bis 17 Uhr auf den Platz am ZOB, im Dreieck von Friesenstraße und Nee Straat. Betreut werden sie von Marktmeister Dekena.
Die ersten Jahre von Walter Dekena, dem Wirt der damaligen Hooksieler Kultkneipe „Friesenkate“. „Damals trafen sich die Marktbeschicker vor Beginn des Verkaufs bei meinem Vater in der Gaststätte zum Essen. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum wir hier eine eingeschworene Gemeinschaft haben“, sagt Jens Dekena, der seit dem Tod seines Vaters 2011 den Markt bereut. „So ein Wochenmarkt ist ja nicht nur ein Platz zum Einkaufen, sondern auch ein Ort der Kommunikation“, sagt Jens Dekena, der in Sichtweite des Markts einen Frische-Kiosk betreibt.
Entspannt einkaufen, Neuigkeiten erfahren, mit Menschen klönen – das zeichnet den Hooksieler Wochenmarkt aus. Anders als an vielen anderen Orten in Wilhelmshaven und Friesland verfügt der Hooksieler Markt noch über ein komplettes Warensortiment: Fisch, Käse, Antipasti, Fruchtaufstriche, Blumen und Pflanzen, Geflügel und Eier, Lederwaren, Mode und gelegentlich auch mal Kleinkunst. „Was uns im Moment fehlt, ist ein Bäcker“, bedauert Dekena. „Der wäre schon wichtig …“
Auf seinem Rundgang spricht der Markvogt mit jedem der Beschicker, erfährt deren Sorgen und Nöte, aber auch spannende Lebensgeschichten, wie die von Alitarar Khan. Der gebürtige Pakistani hat schon in etlichen Ländern auf mehreren Kontinenten gelebt und gearbeitet. Auf dem Wochenmarkt verkauft er Gürtel, Taschen und Lederwaren aller Art. Nebenbei betreibt er eine Reinigungsfirma.
Oder die von Chiem Do, der an seinem Stand Antipasti und maritime Köstlichkeiten wie eingelegte Oliven, Käse oder selbst gemachte Salate und Dicke Bohnen verkauft. Chiem Do (59) wohnt in Jever. Geboren wurde er in Vietnam. Seine Frau sei seinerzeit mit der „Cap Anamur“ geflogen. Inzwischen lebt das Paar schon gut 40 Jahre in Deutschland.
Mit strahlendem Gesicht zahlt Chiem Do die acht Euro, die Markvogt Dekena an Standgebühr kassiert. Dafür dürfen die Beschicker einen sauberen Platz mit Wasser- und Stromanschluss erwarten. „Sogar eine Toilette ist in der Nähe. Und hier gibt es keine Poller, die einem die Zufahrt zum Stellplatz schwer machen“, sagt Werner Poppen, der seit 1999 als selbstständiger Händler unterwegs ist. In seinem Verkaufswagen bietet er unter anderem Geflügel, Wurstwaren und Eier an. „Ein Renner ist unser Geflügelsalat. Den wollte sich eine Urlauberin sogar schon nach Hause nachschicken lassen.“
Werner Poppen beschickt in der Woche acht Märkte zwischen Wilhelmshaven, Aurich und Rhauderfehn. Zum Wochenende baut der Hooksieler seinen Stand dann dann am liebsten heimatnah auf, wo er viele Stammkunden hat.
Ebenso wie Klaus Koehler, der zusammen mit seiner Mutter Ingrid Blumen und Planzen anbietet, die im eigenen Gartenbaubetrieb in Zetel-Schweinebrück gezogen werden. „Wir haben nicht immer alles. Aber was wir haben, kommt direkt aus der eigenen Zucht“, verspricht Klaus Köhler, der sich um die Zukunft des Hooksieler Wochenmarktes keine Sorgen macht. „Das ist ein sehr gute Markt hier – im Sommer wie im Winter.“
Das hört Jens Dekena natürlich gern. Denn jedem Recht machen kann es auch der redegewandte Marktvogt nicht immer. „Keine Hunde! Keine Fahrräder“ steht auf einem Hinweisschild am Eingang des Marktes. „Die Lebensmittelhändler wollen keine Hunde in ihre Nähe. Aber nicht jeder Hundehalter ist einsichtig“, schildert Dekena. Dann höre man schon mal: „Komm Bello, die mögen uns hier nicht. Wir gehen …“