Hooksiel (15. 12. 2023) – Es gibt Erinnerungen, die lassen einen nie los. Für Erwin Abels aus Hooksiel gehört dazu ein Abenteuer, das er in der Nachkriegszeit am Vareler Hafen er- und überlebt hat.
Anfang der 1950er Jahre lebte Erwin mit seinem sieben Jahre älteren Bruder und seiner alleinstehenden Mutter in Wilhelmshaven. Zur Schule ging er offiziell an der Salzastraße. „Aber aufgewachsen bin ich am Vareler Hafen“, erinnert sich Erwin Abels, der am heutigen Freitag seinen 80. Geburtstag feiert.
Mit der Draisine gegen eine Dampflok
Sein Opa habe in Varel beim Zoll gearbeitet und im Zollhaus am Hafen gewohnt. Vorm Haus lag ein Gleisstrang, der zum Vareler Bahnhof führte. „Nebenan stand eine Draisine. Die haben ein Freund und ich aufs Gleis gestellt und sind los gefahren“, erinnert sich Abels. Eine Bremse gab es nicht – und das wäre den beiden leichtsinnigen Jungen fast zum Verhängnis geworden. Plötzlich kam ihnen eine Dampflok entgegen, die der Lokführer glücklicherweise noch im letzten Moment stoppen konnte. „Da habe wir gehörig eins hinter die Ohren bekommen …“.
Geschadet hat das Erwin nicht. Die Zeit bei seinem Opa in Varel, die Arbeit bei Bauern im Petersgroden, der zeitweise Besuch der Grundschule Ellenserdamm waren Teil einer glücklichen Kindheit. Geboren wurde der heutige Vorsitzende des Seebadevereins Hooksiel übrigens in Falkenau in Thüringen. Dorthin war seine Mutter 1943 von Wilhelmshaven evakuiert worden.
Statt in die Lehre zum Bergbau nach Essen
Eigentlich wollte Erwin Abels Elektriker werden. Aber eine Ausbildungsstelle fand er in der Region nicht. Also ging er 1959, mit 16 Jahren, nach Essen-Heising in den Bergbau. „Dort sollte ich eine Steigerschule besuchen“, erinnert sich Abels. „Aber das wollte ich nicht. Ich hatte Heimweh nach Wilhelmshaven …“.
Nach zwei Monaten bei den „Olympia-Werken“ ging es zum Wehrdienst zur Marine und danach 1963 zu Krupp-Kranbau, wo Erwin Abels bis 1975 blieb. Dann wechselte der junge Mann zum US-Energiekonzern Mobil Oil, der gerade auf dem Voslapper Groden eine Raffinerie in Betreib nahm. Nachdem die Raffinerie 1985 wieder geschlossen wurde, wechselte Abels im Konzern nach Bremen, danach nach Wörth am Rhein. „Überall wurden Standorte geschlossen und ich habe die Tür zugemacht“, erinnert sich Abels, der als Betriebsrat eine Reihe von Sozialplänen für die betroffenen Kollegen verhandelt hat. Als der Mobil-Konzern ihn dann nach einer Zwischenstation in Heide/Hemmingstedt (Holstein) ins Ausland versetzten wollte, winke er ab und ging 2001 in Vorruhestand.
Aus Wilhelmshaven nach Hooksiel
Konkret hieß das: nach Hooksiel. Hier hatten Erwin Abels und seine Frau Emma 1977 ein Haus gebaut. Das Paar hatte sich 1967 im „Schützenhof“ in Bant kennen und lieben gelernt. 1969 wurde geheiratet, 1977 zog man vom Ölhafendamm in Wilhelmshaven in den Walmdach-Bungalow am Schulhamm in Hooksiel um. Hier wurde 1980 eine Tochter geboren – als echte Hooksielerin.
Das Haus am Schulhamm wurde ausgebaut. Im Obergeschoss entstanden zwei Ferienwohnungen, eine dritte in einem Nebengebäude. Bei der Betreuung der Wohnungen und der Gäste hat Emma Abels das Sagen. „Aber ich bin ihr bester Mitarbeiter“, sagt Erwin Abels, der durch den engen Kontakt zu den zahlreichen Stammgästen weiß, was Hooksiel-Urlauber wünschen und was sie vermissen.
Der Weg vom privaten Vermieter an die Spitze des Seebadevereins war vorgezeichnet. Schon beim Umzug nach Hooksiel war die Familie in den Verein eingetreten, in dem sich Abels im Ruhestand dann immer stärker engagierte. Als Wolfgang Reich 2005 verkündete, er wolle das Amt des Vorsitzenden in jüngere Hände legen, fiel die Wahl auf Erwin Abels – immerhin zwei Monate jünger als sein Vorgänger.
Engagement für Mudderboot und Zwiebelturm
Der Seebadeverein kümmert sich um den Tourismus im Ort, indem er den Ort verschönert, etwa beim Strandaufbau, oder sich um wichtige Einrichtungen kümmert. Aber ein politisches Mandat habe er nicht, sagt Erwin Abels, auch wenn er als Beirat im Tourismusausschuss des Rates oder in Beratungsgremien der Wangerland Touristik GmbH mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg halte.
Als Erfolge in seiner Ära wertet der Vorsitzende den Einsatz des Seebadevereins für die Sanierung des „Mudderbootes“ am Alten Hafen, der „York-Bake“, des Zwiebelturms auf dem Künstlerhaus und der napoleonischen Kanone, die vom Deich aus die Hafeneinfahrt bewacht.
Zu all diesen Projekten weiß Abels kleine Anekdoten zu erzählen. Etwa, dass der Heimatfreund Hans Ney dem Seebadeverein seinerzeit das Mudderboot geschenkt habe. Das Problem: Das historische Schlick-Räumboot, das nur noch von der Farbe zusammengehalten wurde, gehörte gar nicht Ney, sondern der Deich- und Sielacht, die es dann vor der Sanierung für einen Euro an die Gemeinde verkaufte – samt einem Sanierungszuschuss von 6000 Euro.
Amtszeit läuft 2025 aus
Oder zur Rettung des Wahrzeichens von Hooksiel, dem hölzernen Zwiebelturm. Als die Gemeinde signalisiert habe, sie könne die Sanierung finanziell nicht stemmen, habe er auf Anregung des Hooksielers Meinolf Cohn ein Spendenkontor eingerichtet, um Geld für die Restaurierung des Turms samt Uhr und Wetter-Schwan einzuwerben, erinnert sich Abels. Am Ende kam ein hoher fünfstelliger Betrag zusammen. „Aber ohne die tatkräftige Unterstützung etlicher Firmen hätten wir das trotzdem nicht geschafft.“
Aktuell läuft die Runderneuerung der Hooksieler Kanone, die mit viel Liebe zum Detail saniert wird. Federführend für dieses Projekt ist im Seebadeverein Wolf Hegemann. Erwin Abels ist zuversichtlich, dass die Kanone vielleicht zu Ostern 2024 fertig wird. Auf jeden Fall aber soll sie noch in seiner Amtszeit an ihren Platz auf dem Deich zurückkehren. Die Wahlperiode beim Seebadeverein läuft 2025 ab. Dann will Erwin Abels den Posten als Vorsitzender gern abgeben – möglichst an einen Jüngeren.