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Umwelthilfe: LNG-Schiff „Höegh Esperanza“ muss nachgerüstet werden

Hooksiel/Wilhelmshaven (9.2.2023) – Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit Sitz in Berlin sieht sich in ihrer Einschätzung bestätigt, dass der Biozid-Einsatz am LNG-Terminal in Wilhelmshaven unvereinbar mit der geltenden Gesetzgebung ist und eine Gefahr für Mensch und Natur darstellt. Ein von dem Umweltschutzverband in Auftrag gegebenes Gutachten kommt zudem zu dem Schluss, dass Dauerchlorierung nicht mehr „Stand der Technik“ ist. Die DUH fordert, die Genehmigung zur Einleitung von Chlor-Biozid zurückzunehmen und eine Nachrüstung des Terminalschiffs anzuordnen

LNG Terminal WHV
Die Deutsche Umwelthilfe sieht im Betrieb des LNG-Regasifizierungsschiffes „Höegh Esperanza“ eine Gefahr für Fischerei, Natur und Gesundheit. Die Technik müsse nachgerüstet werden. Foto: NPorts

In dem seit Ende Dezember in Wilhelmshaven liegenden Regasifiziergunsschiff „Höegh Esperanza“ wird – wie mehrfach berichtet – minus 162 Grad kaltes Flüssigerdgas (LNG) durch den Einsatz von Seewasser erwärmt, damit es wieder gasförmig wird und ins Pipelinenetz eingespeist werden kann. Bei dem Verfahren kommt Chlor zum Einsatz, dass verhindern soll, dass sich Muscheln, Seepocken oder Schnecken in den Rohrleitungen des Schiffes festsetzen. Die Folge: Es werden Biozide ins Meer eingelassen, deren Menge nach Ansicht des Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) als Genehmigungsbehörde allerdings unterhalb der zulässigen Grenzwerte liegt.

Nach Ansicht der DUH gefährdet die Dauerchlorierung dennoch die lokale Fischerei und die Natur im Nationalpark Wattenmeer. Untermauert wird der Vorwurf durch ein Gutachten des Labors für limnische, marine Forschung und vergleichende Pathologie (LimnoMar). Die heute veröffentlichte Analyse lege dar, dass der kontinuierliche Einsatz der Elektrochlorierung zudem in Konflikt mit deutscher und europäischer Gesetzgebung stehe und auf EU-Ebene nicht zugelassen ist, sondern sich lediglich in Prüfung befinde, heißt es in einer heute verbreiteten Erklärung.

Die DUH fordert den NLWKN auf, die die Genehmigung für die Einleitung von Chlor zurückzunehmen und eine Nachrüstung des Terminalschiffs „Höegh Esperanza“ anzuordnen. Sollte der NLWKN untätig bleiben, will der Umwelt- und Verbraucherschutzverband auf Grundlage des Gutachtens rechtliche Schritte in die Wege leiten.

Dr. Burkhard Watermann, Geschäftsführer von LimnoMar und Autor des Gutachtens, hält die Genehmigung der Dauerchlorierung auf Grundlage von Modellrechnungen für fahrlässig. „Ein biologisches Rückstands- und Effektmonitoring sollte unverzüglich im Einflussbereich der Abwässer des LNG-Terminalschiffs begonnen werden“, rät der Wissenschaftler. Auch derartige Beobachtungsstudien war im Vorfeld der Genehmigung verzichtet worden, um mit Blick auf die ausbleibenden Lieferungen von russischem Pipeline-Erdgas möglichst schnell Erdgas per Schiff importieren zu können.

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, beklagt, dass in Wilhelmshaven weiter Schnelligkeit über Sicherheit und Umweltschutz gestellt werde. Es sei ein großes Versäumnis, dass Alternativen zu der an Bord der „Höegh Esperanza“ eingesetzten umweltschädlichen Elektrochlorierung nicht einmal geprüft worden seien. Eine denkbare Alternative wäre ein Reinigungsverfahren, das auf Ultraschall-Basis arbeitet.

„Tempo 30“ in ganzen Orten nach aktueller Rechtslage kaum möglich

Hooksiel (7. 2. 2023) – Die Idee ist so einfach wie einleuchtend: Die Gemeinde Wangerland weist alle Ortslagen als Tempo-30-Zonen aus und hätte mit diesem Tempolimit sowohl etwas für den Klimaschutz als auch für die Sicherheit getan. Schnell, sinnvoll, unbürokratisch? So tickt Deutschland noch lange nicht. Trotz der viel besungenen neuen „Deutschland-Geschwindigkeit“ bei Infrastruktur-Projekten.

Tempo 30 Hooksiel
Aktuell gibt es bereits eine „Tempo-30-Zone“ im Kern von Hooksiel. Die Geschwindigkeit-Beschränkung auf den gesamten Ort auszudehnen, ist rechtlich derzeit kaum möglich. Foto hol

Für verkehrsregelnde Maßnahme ist stets die Verkehrsbehörde zuständig. „Also für das Gebiet der Gemeinde Wangerland der Landkreis Friesland“, heißt es aus dem Kreishaus in Jever auf Anfrage von „Hooksiel-life“. Das gilt für das Ausweisen von Geschwindigkeits-Beschränkungen für bestimmte Strecken ebenso wie für „Tempo-30-Zonen.

Rechtsgrundlage ist jeweils die Straßenverkehr-Ordnung (StVO), eine Bundesrechtsverordnung, die nur durch den Bund im Einvernehmen mit den Ländern in Form des Bundesrates geändert werden kann. Nach der StVO, so erläutert die Verkehrsbehörde beim Landkreis, ist eine Geschwindigkeits-Beschränkung immer dann möglich, wenn eine so genannte„qualifizierte Gefahrenlage“ vorliegt.

Ob und wo die vorliegt, stellte die Verkehrsbehörde unter Beteiligung der Polizei und des Straßenbaulastträgers (Bund, Land oder Kommune) fest. Dabei seien dann die konkreten örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen wie etwa die Unfallhäufigkeit, Verkehrserhebungen oder andere Beobachtungen, die für eine Absenkung der zulässigen Geschwindigkeit sprechen könnten. Ausnahme von dieser Regel gebe es innerorts etwa vor Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Hier müsse die „qualifizierte Gefahrenlage“ nicht extra geprüft werden. 

Etwas komplizierter ist es noch, Tempo-30-Zonen auszuweisen. Die Voraussetzungen für „Tempo-30-Zonen“ sind in der StVO und den dazugehörigen Verwaltungsvorschriften geregelt. Sie sind grundsätzlich nur innerorts zulässig. Auf Vorfahrtsstraßen ebenso wie auf Kreis-, Landes- oder Bundesstraßen sind „Tempo-30-Zonen“ niemals zulässig.

Die StVO (Paragraph 45) weist einen langen Katalog von Gründen aus, die die Verkehrsbehörden im Einvernehmen mit den Kommunen ermächtigen, „Tempo-30-Zonen“ etwa in Wohngebieten jenseits der Hauptverkehrsstraßen einzurichten. Der Klimaschutz gehört nicht dazu.

Sehr wohl aber der Schutz der „Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen“. Insbesondere in Kurorten und „Erholungsorten von besonderer Bedeutung“. Also zum Beispiel in Hooksiel, Horumersiel und Schillig? Klar ist aber, dass innerhalb einer Tempo-30-Zone generell die Vorfahrtsregel „rechts vor links“ gilt und es dort keine Ampeln geben darf – mit Ausnahme von Fußgängerampeln. 

Die Verkehrsbehörde des Landkreises Friesland unterstreicht die Bedeutung der so genannten „flächenhafte Verkehrsplanung“ der Gemeinde bzw. Stadt für die Ausweisung von „Tempo-30-Zonen“. Mit dieser Planung werde das Vorfahrtstraßennetz definiert. Hierbei ist die Polizei zu beteiligen. Die Verkehrsbehörde übernehme letztlich die formelle Prüfung, ob alle rechtlichen Anforderungen erfüllt sind.

Was bedeutet das für den Vorschlag: Generell Tempo 30 in allen Ortslagen im Wangerland? Nach aktueller Rechtslage wäre das nicht zulässig. Andererseits könnten wohl deutlich mehr und großflächigere Tempo-30-Zonen im Gemeindegebiet ausgewiesen werden, wenn die Gemeinde im Verbund mit Verkehrsbehörde und Polizei den Mut dazu hätte, die Vorfahrtsregelungen entsprechend zu ändern. 

Wasserstoff-Import aus Norwegen über Wilhelmshaven?

Wilhelmshaven/Etzel (4. 2. 2023) – Der Öl- und Gaskonzern Equinor (Stavanger) plant zusammen mit dem deutschen Energiekonzern RWE (Essen) den Bau von Offshore-Windparks für die Wasserstoffproduktion in Norwegen. Der Wasserstoff soll dann über einen Pipeline durch die Nordsee nach Deutschland exportiert werden, kündigte Equinor-Chef Andres Opedal in einem Interview mit dem „Spiegel“ an. 

Möglicher Endpunkt der Pipeline: Wilhelmshaven. Darauf jedenfalls hofft Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD). „Wir wollen und brauchen eine Wasserstoffwirtschaft im industriellen Maßstab und wir werden für das Gelingen der Energiewende auf den Import auch von Wasserstoff angewiesen sein. Norwegen ist hier ganz sicher einer der spannendsten Partner“, stellte Lies anlässlich eines Besuchs des norwegischen Botschafters Torgeier Larsen in der Region fest.

Die Kavernenanlagen in Etzel könnten zum Umschlagplatz für in Norwegen produzierten und per Pipeline nach Wilhelmshaven transportierten Wasserstoff werden. Aktuell wird das Projekt in einer Machbarkeitsstudie untersucht. Foto: Storage Etzel

Larsen hatte sich vergangene Woche auf Einladung der SPD-Bundestagsabgeordneten Siemtje Möller das LNG-Terminal in Wilhelmshaven und das Kavernenfeld in Etzel (Friedeburg) angesehen, in dem künftig neben Öl und Gas auch Wasserstoff eingelagert werden soll. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass Wilhelmshaven mit Etzel ein sehr interessanter Standort für die Anlandung einer Pipeline aus Norwegen ist. Die Voraussetzungen sind ideal und wir haben gezeigt, was wir planerisch und genehmigungstechnisch können“, so Lies. „Wenn es um die Frage geht, wo es Sinn macht, eine solche Pipeline anzulanden, bin ich mir sicher, dass wir hier ein sehr gutes Blatt auf der Hand haben.“ Im Mai sollen die Gespräche über eine mögliche Wasserstoff-Partnerschaft fortgesetzt werden. Dann in Norwegen.

Norwegen ist derzeit mit einem Anteil von etwa 40 Prozent der größte Erdgaslieferant Deutschlands. Die endgültige Abkehr von fossilen Energieträgern wird nach Überzeugung von Opedal noch eine Weile dauern: „Öl und Gas werden noch Jahrzehnte unentbehrlich sein“, sagte er gegenüber dem „Spiegel“. Dennoch arbeite auch Equinor mit Hochdruck daran, seinen Anteil von Erneuerbaren am Energie-Mix zu erhöhen. Ein Baustein dabei sei der Bau von Windparks auf hoher See im Verbund mit RWE, die Strom für die Elektrolyse liefern sollen und damit dazu beitragen, dass der in Norwegen produzierte „blaue“ Wasserstoff mehr und mehr durch „grünen“ Wasserstoff ersetzt wird. Das klimaschädliche CO2, das bei der H2-Herstellung auf der Basis von fossilen Brennstoffen entsteht, werde im übrigen aufgefangen und in Lagerstätte unter der Nordsee verpresst. 

Die geplante Pipeline nach Deutschland soll nach den Worten von Opedal vier Millionen Tonnen Wasserstoff im Jahr transportieren können. Das würde nach Berechnungen der Norweger ausreichen, um etwa 50 Prozent der europäischen Stahlindustrie zu dekarbonisieren.

Unklar ist, inwieweit das Projekt der Norweger zu Wertschöpfung im Raum Wilhelmshaven führen würde. Die Befürchtung eines mit der Entwicklung des „Energy Hub“ befassten Insiders: „Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist eine Pipeline, über die Wasserstoff durch Wilhelmshaven hindurch direkt zu den großen Industrie-Abnehmern geleitet wird.“ Die Hoffnungen für eine wirtschaftliche Belebung Wilhelmshavens ruhen darauf, dass sich im Zuge der Energiewende an der Jade Industrie ansiedelt, die hier Wasserstoff produziert und damit Arbeitsplätze und Wertschöpfung für die Region schafft.

LNG: Wegbereiter für Energiewende oder Kniefall vor Erdgas-Lobby?

Hooksiel/Wilhelmshaven/Stade (2. 2. 2023) – Der Streit um den Bau weiterer LNG-Terminals an den deutschen Küsten spitzt sich zu. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wirft dem Bund und den Küstenländern vor, bewusst Überkapazitäten für den Import von Flüssigerdgas sowie – darauf basierend – ein überdimensioniertes Gasleitungsnetz aufzubauen. Dadurch werde die Erdgas-Lobby gestärkt und der Verbrauch klimaschädlicher fossiler Brennstoffe länger als nötig festgeschrieben.

„Wir brauchen die geplanten LNG-Terminals, um uns weiter unabhängig von russischen Gas zu machen“, hält Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, dagegen. Deshalb unterstütze die Agentur den Ausbau der Terminals mit allen Kräften. Im Kern geht der Streit also darum, ob LNG tatsächlich nur als Not-Lösung eingesetzt oder ob es dauerhaft als Ersatz für das Pipeline-Gas genutzt werden soll. Besonders kritisch sehen Klimaschützer dabei die Pläne, an Land – wie auch in Wilhelmshaven geplant – feste LNG-Terminals zu bauen und damit eine Infrastruktur zu schaffen, die über Jahrzehnte Bestand haben wird. 

Am 20. Januar in Stade: Stade, (von links) Wirtschaftsminister Olaf Lies, der Geschäftsführer von Niedersachsen Ports Holger Banik und Umweltminister Christian Meyer geben das Startsignal für den Bau eines weiteren LNG-Terminals im Land. Foto: Andreas Burmann

Das erste LNG-Terminal speist bekanntlich seit dem 17. Dezember 2022 in Wilhelmshaven Gas ins Netz ein. Inzwischen haben auch in Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) und Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) LNG-Termnal mit schwimmenden Regasfizierungsschiffen, so genannte Floating Storage an Regasification Units (FSRU), ihren Betreib aufgenommen. In Stade wurde vor wenigen Tagen der erste Rammschlag für einen weiteren Flüssigerdgas-Anleger gesetzt. Invest: 300 Millionen Euro. Er soll in einem Jahr betriebsbereit sein. Eine fünfte FRSU ist für Wilhelmshaven geplant. 

Die DUH befürchtet LNG-Terminal-Kapazitäten im Volumen von 182 Gigawatt. Damit könnte weit mehr Gas importiert werden als durch den russischen Exportstopp im September 2022 weggefallen sind. Dieses Volumen lasse außen vor, dass der Gasbedarf durch Energieeffizienz-Maßnahmen und den Ausbau von regenerativen Energien verringert werden könnte. Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die LNG-Kapazitäten müssen sich am realen Bedarf und den Klimazielen orientieren.“

Genau das, so beteuert die Bundesnetzagentur, passiere aber auch. Aufgrund des sehr milden Winters sei derzeit zwar keine Gasmangellage in Sicht und die Gasspeicher seien gut gefüllt (Stand 31. Januar: 79,26 %). Aber: „Wir werden im Sommer die Speicher für den Winter 2023/2024 wieder auffüllen müssen“, betont Klaus Müller. „Das wird ohne Flüssiggas und zusätzliche Importe nicht gelingen. Und wenn es im Winter sehr kalt ist, werden die Terminals auch ausgelastet sein.“ Dabei müsse sich das Land auch darauf vorbereiten, dass ein Terminal oder eine Pipeline ausfallen. Deutschland habe zudem eine Gas-Transitfunktion für Nachbar-Länder, die über keine Küsten verfügen.

Deutschland hat 2022 nach Angaben der Bundesnetzagentur rund 1450 Terawattstunden (TWh) Gas importiert. Davon seien aber 501 TWh (2021: 749 TWh) wieder exportiert worden. Der verringerte Export habe dazu geführt, dass im vergangenen Jahr auch nach dem Ausfall des Lieferungen aus Russland in Deutschland mehr Erdgas vorhanden war als im Vorjahr – nämlich ein Volumen von 948 TWh. Das Einsparvolumen beim Verbrauch von Erdgas in Deutschland lag bei rund 125 TWh und damit bei rund 20 Prozent der ausgefallenen Nord-Stream-Kapazität. 

„Die LNG-Terminals dienen primär der Versorgungssicherheit“, beteuert die Bundesnetzagentur. „Durch sie wird es ermöglicht, dem Risiko einer Gasmangellage entgegenzutreten.“ Die DUH warnt hingegen vor einer überhasteten Planung. Der Verband fordert die Politik zu einer Denkpause auf, um Planung und Bau von LNG-Terminals mit den zu erwartenden Gasverbräuchen abzugleichen. Bislang sei unter anderem falsch eingeschätzt worden, wie viel LNG über bereits bestehende Terminals in Nachbarländern importiert werden könnte. Vor allem warnt die DUH davor, neue Gaspipelines ebenfalls nach den (abgespeckten) Beteiligungs-Regeln des LNG-Beschleunigungsgesetzes („Deutschland-Geschwindigkeit“) zu ermöglichen. 

Die Klimaschützer verweisen zudem auf neue Studien, die ergeben hätten, dass die Klimabelastungen durch die Förderung von Erdgas – auch für die LNG-Produktion – in vielen Förderländern deutlich höher seien als bislang angenommen. In Fracking-Feldern in den USA würden teils Methan-Verluste von über zehn Prozent auftreten. Methan gilt als 83 Mal klimaschädlicher als CO2. Im Vergleich: Bei Pipelinegas aus Norwegen etwa geht man von Methan-Emissionen von 0,02 Prozent aus, bei Förderungen in Nigeria oder Algerien von über 6 Prozent. 

Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) und Umweltminister Christian Meyer (Grüne) halten der DUH-Kritik entgegen, dass der Bau neuer Importterminals neben kurzfristiger Energiesicherheit mittelfristig den Weg für den Import von grünen, klimaneutralen Gasen ebne, da die LNG-Infrastruktur dafür genutzt werden könne. Meyer in Stade: „Je schneller wir den Turbo bei den Erneuerbaren Energien starten und den Import grüner Gase ermöglichen, desto eher erreichen wir die Klimaziele und schaffen eine saubere und unabhängige Energieversorgung.“

Lies warnte am Rande der Veranstaltung davor, sich darauf zu verlassen, dass auch der nächste Winter einen milden Verlauf nehme. Das wäre „eine fahrlässige Wette gegen unseren Industriestandort“. Mit zusätzlichen Importkapazitäten für LNG werde auch die Voraussetzung für den Import grüner Gase geschaffen. „So kann diese Infrastruktur zum Sprungbrett für die Energiewende werden.“

Schutzgemeinschaft kämpft seit 50 Jahren für die Nordsee

Hooksiel/Friesland (27.1.2023) – Die Industrialisierung der Nordsee schreite mit einer Ausbeutung der Bodenschätze, einer Zunahme der Verkehrslast und einer industriellen Erschließung der Küstenräume unaufhaltsam voran. Diese Aussage, die auch auf die heutige Situation zutrifft, ist bereits 50 Jahre alt und stammt vom ersten, vor 50 Jahren in Cuxhaven gewählten Vorsitzenden der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN), dem damaligen Norder Landrat Georg Peters. „Über 50 Jahre gibt es die SDN mittlerweile,” resümiert der aktuelle SDN-Vorsitzender Gerd-Christian Wagner (Varel). „Aber die Bedrohung der Nordsee durch eine weiter zunehmende Industrialisierung nebst deren Auswirkungen hat sich – trotz aller einzelnen Erfolge – nicht vermindert.”

Wattenmeer vor Hooksiel
Die Nordsee mit ihren Watten ist ein einmalig schöner Lebensraum. Die SDN setzt sich seit 50 Jahren für den Schutzes des Meeres ein. Foto: Bildwerfer-Fotografie

„Was hinein kommt, das bleibt auch drin,” hatte Peters gegenüber den 38 Erst-Mitgliedern des Vereins auf der konstituierenden Mitgliederversammlung Mitte Januar 1973 unmissverständlich festgestellt. Dabei trügen nicht Schiffshavarien die Hauptlast der Nordsee-Verschmutzung, sondern viel mehr zahllose und permanente Einleitungen von Abfallstoffen, verschmutztes Flusswasser und das regelmäßige Verklappen. Peters forderte damals für die SDN: „Industrieansiedlung ja, aber nur unter Auflagen, die eine Verminderung der Umweltqualität an der Küste und im Wattenmeer garantiert verhindern beziehungsweise ausschließen.” 

„Diese Worte, vor 50 Jahren gesprochen, sind noch heute gültig,“ so Wagner. Die Probleme für die Meeresumwelt, die Nordsee-Bewohner sowie Meeresanrainer hätten sich weiter verschärft. Schon deshalb sei es nötig, die Öffentlichkeit weiter „permanent, objektiv und intensiv über Probleme und Folgen einer weiter gehenden Verunreinigung der Nordsee“ (Peters) zu informieren. 

Aber das Jubiläum des Vereins, dem rund 200 Gemeinden, Städte und Landkreise, darunter der Landkreis Friesland, sowie Naturschutzvereine, Initiativen und Einzelpersonen angehören, sei auch ein Grund zum Feiern. Vorsitzender Wagner, Bürgermeister der Stadt Varel:. „Am 19. und 20. Mai 2023 wird die Schutzgemeinschaft ihr langes Bestehen im Nationalparkhaus Varel-Dangast mit einer kleinen öffentlichen Feier begehen und einen Blick in ihre aktive Zukunft werfen.“ 

Lichtverschmutzung auf der Jade: LNG-Schiff macht die Nacht zum Tag

Hooksiel (21.1.2023) – Klimaschützer klagen über Energieverschwendung, Umweltschützer über „Lichtverschmutzung“. Jäger sorgen sich um das Wohl der Wildtiere, Touristiker befürchten, dass der Sonnenaufgang über der Jade an Attraktivität verliert. Stein des Anstoßes: Die „Höegh Esperanza“. Das Regasifisierungs-Schiff liegt seit Ende 2022 am LNG-Terminal in Wilhelmshaven – und erstrahlt nachts durch ihren vollem Lichterglanz nicht nur den Hooksieler Außenhafen, sondern weite Teile des Wangerlandes bis hin nach Horumersiel. 

Muss das sein? Der friesische Kreistag befasst sich aktuell mit dem Projekt „Sternenfunkeln über Friesland“. Ziel der Initiative ist es, nachts zwischen 22 und 6 Uhr sämtliche Außenbeleuchtungen auszuschalten, die nicht sicherheitsrelevant sind. Dadurch soll ein Beitrag zum Klimaschutz und für die Artenvielfalt geleistet werden, das „Kulturgut Sternenhimmel“ erlebbar bleiben und der gesunde Schlaf von Bürgerinnen und Bürgern im Umfeld gefördert werden.

Die Verdunkelung des Fabrikschiffes „Höegh Esperanza“ könnte dafür, zumindest theoretisch, einen Beitrag leisten. Ob das auch praktisch funktionieren wird, ist fraglich. Das Gewerbeaufsichtsamt (GAA) in Oldenburg verweist auf Nachfrage von „Hooksiel-life“ auf Sicherheitsaspekte, die sich aus dem Bundeswasserstraßen-Gesetz und dem Arbeitsschutz-Gesetz ergeben. „Bei der FSRU (Floating Storage an Regasification Unit, d. Red.) einschließlich des Anlegers handelt es sich um eine Arbeitsstätte, die an sieben Tagen die Woche 24 Stunden pro Tag betrieben wird“, erläutert Behördenleiter Jerzy Gohlke. „Das Schiff als solches und die Strukturen auf dem Anleger müssen daher beleuchtet sein.“

Die Lichtstärke und der Aufhellungseffekt durch die Beleuchtung der FSRU seien im Rahmen des Immissionsschutz-rechtlichen Genehmigungsverfahrens gutachterlich untersucht worden. Dabei seien – bei unterschiedlichen Tiefgängen des Schiffes – die Auswirkungen auf mehrere Standorte in Hooksiel, Wilhelmshaven und Tossens rechnerisch ermittel worden, so Gohlke. „Im Ergebnis ist festzustellen, dass die berechneten Beleuchtungsstärken sowie die Werte für psychologische Blendung, insbesondere in der Nachtzeit, deutlich unterhalb der Immissionsrichtwerte liegen.“

Das GGA verweist auf die gültigen Immissionsrichtwerte, die im Hinblick auf das „Schutzgut Mensch“ festgesetzt wurden. Danach liegt eine „schädliche Umwelteinwirkung“ dann vor, wenn die Nachbarschaft oder die Allgemeinheit „erheblich belästigt wird“. Für Flora und Fauna existieren keine Grenzwerte. Aber da es an der Jade und im anliegenden Industriegebiet auch bislang schon eine Reihe von nächtlichen Lichtquellen gab, erwartet das GAA durch den Betrieb der FSRU und des Anlegers auch „keine erheblichen Beeinträchtigungen“ für Flora und Fauna. 

Auch für Menschen sieht das GAA keinen Handlungsbedarf. „Für allgemeine Wohngebiete und Dorf- bzw. Mischgebiete beträgt der Grenzwert in der Nachtzeit 1 Lux als mittlere Beleuchtungsstärke“, erläutert Gohlke. Den soll die FSRU nicht überschreiten. Zum Vergleich: Die Leuchtintensität von Straßenbeleuchtungen wird mit 10 Lux (lx) angegeben, eine Vollmondnacht kommt auf bis zu 0,36 Lux. 1 Lux entspricht in etwa dem Licht einer Kerze in einem Meter Entfernung.

Kritiker bezweifeln, ob die rechnerisch ermittelte Beleuchtungsintensität durch die „Höegh Esperanza“ mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmt. Klarheit darüber sollen Lux-Messungen vor Ort ergeben. 

Landwirte: Klimaschutz durch Moor-Vernässung bedroht den Wohlstand

Wangerland/Friesland (18.1.2023) – Die Wangerländer Landtagsabgeordnete Katharina Jensen (CDU) warnt vor einem erheblichen Wohlstandsverlust für die Region, wenn es zu der vom Gesetzgeber und Wissenschaftlern geforderten Transformation der einst trocken gelegen Moorlandschaften kommen sollte. Von der Vernässung der zumeist landwirtschaftlich genutzen Flächen wäre vor allem die niedersächsische Küstenregion betroffen.

Im November 2022 hat das Bundeskabinett mit Blick auf den Klimaschutz die nationale Moorschutzstrategie auf den Weg gebracht, die durch eine Bund-Länder-Zielvereinbarung untermauert wird. Ziel ist es, Moore als CO2-Speicher zu erhalten bzw. wieder herzustellen. Laut Bundeslandwirtschaftsministerium stammen derzeit 6,7 Prozent der Treibhausgase in Deutschland aus Zersetzungsprozessen in Moorlandschaften durch Entwässerungsmaßnahmen und Torfabbau.

Katharina Jensen beim Landvolk
MdL Katharina Jensen informierte sich im Gründlandzentrum über mögliche Folgen der geplanten Wiedervernässung der Moore für die Region. Manfred Ostendorf (links) und Dr. Arno Krause befürchten erhebliche Verwerfungen. Foto: CDU

Katharina Jensen, Agrarexpertin des CDU Landesverbandes Oldenburg, informierte sich über mögliche Folgender mit Blick auf den Klimaschutz angestrebten Veränderungen beim Grünlandzentrum in Ovelgönne (Wesermarsch). Dort diskutiere die Abgeordnete mit Landvolk-Geschäftsführer Manfred Ostendorf, dem Geschäftsführer des Grünlandzentrums Dr. Arno Krause und Franz Jansen-Minßen die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen. 

Ostendorf befürchtet große Verwerfungen: „Die Wiedervernässung der Moorflächen ist für unsere Region in ihren Auswirkungen vergleichbar mit dem Kohleausstieg im Ruhrgebiet. Ein Drittel der Milchkühe der Region steht auf landwirtschaftlich genutztem Moorgrünland, bei der Ammerland-Molkerei sind sogar 50 Prozent der Milchkühe betroffen. Bei den geplanten Maßnahmen zur Wiedervernässung ist eine Weidetierhaltung nicht vorgesehen.“ 

Für die vernässten Flächen werde über die Nutzung so genannte „Paludi-Kulturen“ nachgedacht. Für Krause keine wirkliche Alternative: „Für Sumpfpflanzen wie Elefantengras oder Rohrkolben gibt es bisher nur Nischenmärkte“, so Krause. Teilweise seien deren klimaschädlichen Emissionen sogar höher als bei der Weidehaltung auf Grünland. Er sorge sich auch um den Verlust an Biodiversität bei der Vernässung biologisch hochwertiger Grünlandflächen. „Der Prozess wäre unumkehrbar.“ 

Jansen-Minßen stellte eine Berechnung zu den finanziellen Auswirkungen für die niedersächsischen Küstenregionen dar. Betroffen sein bis zu 208 000 Hektar Fläche. Der direkte Verlust für die regionale Wirtschaft betrage je nach Ausführung der Maßnahmen zwischen 583,1 Millionen und einer Milliarde Euro pro Jahr. Es es droht nach den Worten von Jansen-Minßen der Verlust von 30 115 bis 54 052 Arbeitsplätze. „Der Vermögensverlust durch Abwertung der Flächen beträgt zwischen 2,3 und 2,8 Milliarden Euro“ 

Allein in Friesland gibt es 2500 Hektar ehemaliges Moorland, davon 1800 Hektar Hoch- und 700 Hektar Niedermoor. Aktuell werden im Landkreis auf 28 700 Hektar Dauergrünland rund 36 800 Milchkühe gehalten.

Bis 2045 sollen die gesetzlichen Maßnahmen zur Wiedervernässung der Moore abgeschlossen sein. Bereits bis 2030, so die Planung, werde bei der Vernässung das erste Zwischenziel angestrebt, obwohl, so Katharina Jensen, noch viele Fragen ungeklärt seien. So würde die Wiedervernässung nicht nur landwirtschaftliche Flächen unter Wasser setzen, sondern auch Baugebiete, Gewerbegebiete und ganze Dörfer in tiefen Lagen. „Das Wassermanagement in der Region verändert sich grundlegend.“ 

Für die CDU-Politikerin ist der absehbare Wohlstandsverlust für die Region nicht hinnehmbar: „Wir zerstören die Existenzgrundlage unzähliger Menschen und setzen die Ernährungssicherheit in Deutschland aufs Spiel!“ Für sie kann es eine Transformation der Moorflächen nur mit den betroffenen Menschen der Region geben. Jensen kündigte an, sich im Agrarausschuss des Landtages in Hannover für weitere Forschungen und pragmatische Lösungen einsetzen zu wollen. 

Das Grünlandzentrum hat zu dem Thema eine Fülle von Fakten zusammengetragen, die im Internet abrufbar sind.

NPorts: Landstrom-Anschluss für LNG-Terminal würde dem Klima nicht helfen

Hooksiel (16.1.2023). Inzwischen hat der zweite LNG-Tanker, die „Maran Gas Ithaca“, am Regasifizierungsschiff „Höegh Esperanza“ in Wilhelmshaven festgemacht. Über die vom Bund für 15 Jahre gepachtete FSRU bekanntlich seit Ende Dezember verflüssigtes Erdgas nach Deutschland importiert – als Ersatz für das ausgefallene Pipeline-Erdgas aus Russland.

So weit, so gut. Klimaschützer befürchten, dass sich Deutschland mit der LNG-Infrastruktur langfristig auf fossile Energieträger festlegen könnte. Die „Esperanza“ sei zudem nicht nur durch die Einleitung von Bioziden in die Jade, die es für die Reinigung der eigenen Rohleitungen benötigt, eine „Dreckschleuder“. Das am LNG-Terminal liegende Schiff nutzt Tag und Nacht seine Schiffsdiesel, um sich selbst mit Energie zu versorgen.

Hoegh Esperanza am LNG Terminal
Produziert den eigenen Energiebedarf über die Dieselmotoren an Bord: die „Höegh Esperanza“ am LNG- Terminal in Wilhelmshaven. Foto: Dietmar Bökhaus

Während der Diesel-Ruß gut erkennbar aus dem Schornstein aufsteigt, fragen sich Umweltschützer und Hooksieler Anwohner, warum der Eigentümer des Terminals, die landeseigene Niedersachsen Ports (NPorts), den Anleger nicht mit einem Landstrom-Anschluss ausgestattet hat. Dadurch könnten über Jahre Emissionen von Stickoxiden, Feinstaub und Kohlendioxid (CO2) vermieden werden.

Grundsätzlich wäre die Installation eines Landstrom-Anschlusses möglich gewesen, räumt NPorts auf Anfrage von „Hooksiel-life.de“ ein. Man sei stets bereit, Landstrom-Anlagen dort zu errichten, wo von Kundenseite ein konkreter Bedarf bestehe und eine Finanzierung der Errichtungs- und Betriebskosten dargestellt werden könne. Gemäß einer EU-Richtlinie zum Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe solle die Errichtung von Landstrom-Anlagen eine Option bleiben, die sich am Bedarf und dem Nutzen-/Kostenverhältnis orientiert.

Das war am LNG-Terminal Wilhelmshaven offenbar nicht der Fall. Laut NPorts verursache die Installation einer Landstrom-Anlage „sehr hohe Kosten“ von in der Regel deutlich über eine Million Euro je Anlage. „In diesem Fall ist kein Bedarf angemeldet worden, da das Schiff über keinen Landstrom-Anschluss verfügt“, so NPorts. Zum Vergleich: Die Mietkosten, die der Bund für die FSRU zahlt, liegen nach Schätzungen von Insidern bei 200 000 Euro – am Tag.

Die landeseigene Hafengesellschaft hält es zudem für eine Mär, dass eine Versorgung der „Höegh Esperanza“ mit an Land erzeugtem Strom tatsächlich zu einer Verringerung des CO2-Ausstoßes oder der Luftschadstoffe führen würde. Die Argumentation von NPorts: Der in der Bundesrepublik produzierte Strom werde nur zu 40 Prozent regenerativ erzeugt und dieser Strom werde bereits durch die Haushalte, Industrie und zukünftig durch die die Elektromobilität genutzt.

60 Prozent des Stroms würden heute und in absehbarer Zukunft aufgrund der Deckelung der regenerativen Energien und des schleppenden Netzausbaus konventionell erzeugt. Ein zusätzlicher Strombedarf für Schiffe aufgrund von Landstrom-Anlagen würde bei dieser Ausgangslage lediglich zu einer zusätzlichen Produktion von konventionell erzeugtem Strom führen – und mithin das Klima im Vergleich zur Eigenstromversorgung der Schiffe mit Dieselmotoren nicht entlasten.

Chlor als Biozid „Stand der Technik“ oder „Katastrophe für die Artenvielfalt“?

Hooksiel/Wilhelmshaven (11.1.2023) – Der Streit um mögliche Umweltbelastungen durch das Regasifizierungsschiff „Höegh Esperanza“ am LNG-Terminal in Wilhelmshaven geht weiter. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat gegen die Betriebsgenehmigung und die wasserrechtliche Erlaubnis für die FSRU Widerspruch eingelegt. Über die Anlage wird bekanntlich seit Mitte Dezember tiefgekühltes Flüssigerdgas (LNG) angelandet und nach der Regasifizierung ins deutsche Erdgasnetz eingespeist.

Die DUH und andere Umweltverbände beklagen unter anderem, dass Anlagenbetreiber Uniper eine Betriebsgenehmigung bis 2043 erhalten hat. Mit einer so langen Nutzung von fossilen Energieträgern seien die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens nicht erreichbar. Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Das LNG-Terminal muss in seiner Laufzeit auf maximal zehn Jahre begrenzt werden“.

Hoegh Esperanza am LNG Terminal
Das Regasifizierungsschiff „Höegh Esperanza“ darf am LNG Terminal große Mengen mit Bioziden belastete Abwässer in die Jade einleiten. Foto: Dietmar Bökhaus

Mit der Genehmigung geht eine unbefristete Erlaubnis zur Einleitung von jährlich dutzenden Tonnen umweltschädlichen Chlors in die Jade einher, beklagen die Umweltschützer. Das an Bord der „Esperanza“ eingesetzte, auf Chlor basierende Säuberungsverfahren von Rohren gegen Muscheln, Seepocken und Algen sei veraltet und müsse durch umweltverträgliche Verfahren ersetzt werden. DUH-Energieexperte Constantin ZergerDie Nutzung von tonnenweise Chlor als Biozid ist eine Katastrophe für die Artenvielfalt der Jade sowie die örtlichen Muschelfischer.“ Mit dem Widerspruch hält sich die DUH den Klageweg gegen die Genehmigungen offen.

In der heute öffentliche gemachten „Wasserrechtlichen Erlaubnis“ vertritt der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) die Ansicht, dass der Einsatz von Chlor als Biozid dem „Stand der Technik“ entspricht. Alternative Biozide und Antifouling-Verfahren, wie der Einsatz von Kupferanoden, Chlordioxid, Ozon, Peressigsäure, UV-Bestrahlung, Ultraschall oder Kohlenstoffdioxid würden für FSRUs als weniger geeignet angesehen. Diese Verfahren seinen nach Ausführungen der Antragstellerin insbesondere innerhalb bestehender FSRUs technisch schwierig beziehungsweise nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand umzusetzen, ließen teilweise nicht die Effizienz bei der Antifouling-Wirkung erwarten oder die praktische Eignung der Verfahren sei bislang nicht ausreichend erprobt.

Die Konzentration freien Chlors an den Abwasserauslässen der FSRU soll laut NLWKN unter 0,2 Milligramm/Liter gehalten werden. Dann seien keine negativen Folgen für Flora und Fauna und folglich auf nicht für den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, die Muschel- und Krabbenfischer, die Badewasserqualität und die Tourismuswirtschaft im nahe gelegenen Hooksiel zu erwarten. 

„Die aus der Elektrolyse erfolgende Freisetzung von Chlorbioziden und die daraus resultierenden Konzentrationen von Bromnebenprodukten wird sowohl im Nahbereich der FSRU-Anlage, als auch im Fernbereich der Innenjade und des Jadebusens keine messbaren Auswirkungen auf das Ökosystem der Jade und die hier lebenden Organismen haben“, ist die Genehmigungsbehörde überzeugt. Das NLWKN kündigt monatliche behördliche Messungen der Wasserqualität an und verpflichtet die Betreiber zu kontinuierlichen eigenen Messungen. Zudem soll Uniper bis Ende August ein Minimierungskonzept für die Biozideinträge vorlegen – allerdings auf Basis der vorhandenen, umstrittenen Chlor-Technologie. 

Würde Ultraschall die Scheinswale aus der Jade vertreiben?

Hoegh Esperanza am LNG Terminal
Die „Höegh Esperanza“ arbeitet seit Mitte Dezember am Wilhelmshavener LNG-Terminal als „Floating Storage and Regasification Unit“ (FSRU) Foto: Dietmar Bökhaus

Hooksiel/Wilhelmshaven (8.1.2023) – Chlor und Biozide oder Ultraschallwellen? Was ist für das Ökosystem Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer schädlicher? Dieser Frage wirft eine amerikanische Studie auf, über die die „Wilhelmshavener Zeitung“ (Samstag-Ausgabe) berichtet hat. Denn das Ultraschall-Antifoulingsystem der Kieler Firma Hasytec Electronics wird von Naturschützern als sinnvolle Alternative zu dem chlorbasierten Verfahren gehandelt, das dem Regasifizierungsschiff „Höegh Esperanza“ den Anwurf eingetragen hat, eine „Dreckschleuder“ zu sein.

Die „Esperanza“ erwärmt das von Tankschiffen angelieferte tiefgekühlte Flüssigerdgas (LNG). Damit die Rohre an Bord des Schiffes vor dem Befall von Seepocken, Muscheln und Algen geschützt werden, wird Chlor eingesetzt. Im Abwasser gelangen so täglich bis zu 120 Kilogramm Biozide in die Jade. Gesetzliche Grenzwerte werden dabei zwar eingehalten. Aber Umweltschützer befürchten trotz der erheblichen Verdünnungseffekte Beeinträchtigungen des Öko-Systems der Jade.

Ultraschallwellen-Verfahren arbeiten ohne Chor und Biozide. Allerdings, so die an der Universität San Diego (Kalifornien) erstellte Studie, besteht der Verdacht, dass die Ultraschallwellen das Orientierungssystem von Walen beeinträchtigen. Die Wissenschaftler haben Untersuchungen nahe Guadeloupe vorgenommen, wo Ultraschall-Antifoulingsysteme unter anderem dafür eingesetzt werden, die Rümpfe von Booten und großen Kreuzfahrtschiffen zu reinigen.

Die Ultraschallgeräte arbeiten im selben Frequenzband, in dem Wale kommunizieren. Solange die Geräte intensiv eingesetzt wurden, seien die Wal-Signale zurückgegangen. In der Corona-Kreuzfahrer-Pause stieg dann die Zahl der Wale in dem Seegebiet wieder deutlich an.

Mit Blick auf Wilhelmshaven stellt sich die Frage, ob der Einsatt von Ultraschalltechnik an der „Esperanza“ die Schweinswal beeinträchtigen würden, für die die Jade eine Art Kinderstube ist. Jan Kelling, Geschäftsführer von Hasytec, hält die Gefahr für nicht gegeben. Die US-Studie sei ihm bekannt. Zum einen seien dort Ultraschallgeräte älterer Bauart untersucht worden. Zum anderen sei für die Frage, ob die Kommunikation von Tieren gestört werden kann, entscheidend, wo der Schallgeber eingebaut ist. Dass das Ultraschallsystem zur Reinigung der Rohrleitungen der „Esperanza“ innerhalb des Schiffsrumpfes eingebaut würde, gebe es „keinerlei Auswirkungen an der Außenhaut oder gar im Wasser“, so Kelling. „Der Ultraschall reicht ganz einfach nich dorthin.“

Das Land Niedersachsen hat im Rahmen der Genehmigung ein enges Monitoring angekündigt. Über Messungen im Wasser soll festgestellt werden, ob die Biozide in der Praxis doch Auswirkungen auf den Nationalpark oder die Wasserqualität am Hooksieler Badestrand haben. Sollten Beeinträchtigungen festgestellt werden, wird das LNG-Terminal umgehend stillgelegt, hatte Wirtschaftsminister Olaf Lies kürzlich versichert. 

Sollte sich bestätigen, dass das Ultraschallverfahren keinen Auswirkungen auf die Schweinswale haben kann, kommt auch eine Umrüstung der „Esperanza“ in Frage, etwa auf das Hasytec-System. Laut Kelling würde eine solche Umrüstung neun Monate dauern – von der Auftragserteilung bis zur Installation. Der energiewirtschaftlich notwendige LNG-Import würde aber kaum darunter leiden. „Die reine Installationsdauer an Bord würde etwa zwei Wochen betragen“, so Kelling. Eine Dockung des Schiffes wäre dafür nicht erforderlich. „Das Schiff kann also bis dahin mit dem aktuell genutzten, veralteten Chlortechnik betrieben werden.“