Wangerland/Aurich (5. 7. 2024) – Marokko gilt zunehmend als wichtiger Wirtschaftspartner für Deutschland. Das hat nicht zuletzt die Reise einer niedersächsischen Wirtschaftsdelegation unter Führung von Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) vor wenigen Tagen gezeigt, bei der eine „vertiefte Zusammenarbeit“ etwa im Energie- und Rohstoffsektor vereinbart wurde.
Dennoch hat das Bundeslandwirtschafts-Ministerium unter Leitung von Cem Özdemir (Grüne) den Export deutscher Zuchtrinder in das nordafrikanische Land untersagt und damit eine schon über 30 Jahre andauernde Partnerschaft blockiert. Der Zuchtrinder-Export war Gegenstand eines fachlichen Austausches, zu dem sich Vertreter von Rinderzuchtverband, Landwirtschaft und Politik beim Verein Ostfriesischer Stammviehzüchter (VOSt) in Aurich trafen. Dabei waren die Landtagsabgeordnete Katharina Jensen (CDU), der Vorsitzend des Kreislandvolkverbandes Friesland Lars Kaper (Varel) und vom VOST Geschäftsführer Dr. Cord-Hinnerk Thies, Vermarktungsleiter Heiner Saathoff, Exportleiter Heiner Tholen und Vorstand Jann Janssen.
Der VOSt stehe seit 145 Jahren an der Seite der Landwirtschaft und sei für den Erfolg der Milchvieh- und Rinderhaltung in Friesland und Ostfriesland sowie im Ammerland unverzichtbar, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung. „Seit über 100 Jahren werden Tiere ins europäische Ausland und auch international vermarktet. Das ostfriesische Zuchtvieh ist weltweit begehrt.“
Die Betonung liegt hierbei auf Zuchtvieh. Im internationalen Geschäft sind es vor allem Zuchtrinder, die den Weg in eine neue Heimat antreten. Mit Blick auf das Tierwohl würden dabei behördlich genau geprüft und verfolgt. „Sowohl die Fahrzeuge, die Spediteure aber auch die Empfänger in den Zielländern müssen im Vorfeld angegeben werden. Die Routen werden vom Veterinäramt minutiös kontrolliert, auch durch GPS-Daten und Protokolle bei den Empfängern.“
Noch im Dezember vergangenen Jahres hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg einen Erlass des niedersächsischen Landwirtschaftsministerium für nicht rechtens erklärt, indem der Lebendtransport von Rinder ins Nicht-EU-Ausland untersagt worden war. Das Gericht hatte bei einem geplanten Export von Zuchtrindern nach Marokko keinen Verstoß gegen das EU-Tierschutzrecht zu erkennen vermocht, zumal die Rinder vor Ort für die Milchproduktion vorgesehen waren.
„Umso bedauerlicher ist es, dass das Bundeslandwirtschaft-Ministerium die benötigten Veterinär-Atteste widerrufen hat“, stellten die Runde beim VOST fest. Man dürfe zum Teil berechtigte Bedenken gegen den Lebendtransport von Schlachtvieh nicht auf Zuchtrinder übertragen, sagte Lars Kaper gegenüber „Hooksiel-life“. Der Viehhandel mit Marokko sollte möglichst schnell wieder ermöglicht werden.
Auch in allen anderen Fragen der Zucht von der künstlichen Besamung über die Vermarktung von Kälbern und auch Schlachtvieh sieht sich der VOST als Partner der Landwirte der Region. Chancen in der Zucht ergäben sich aus der gezielten „Anpaarung“ mit Bullen, die zum Beispiel eine gute Eutergesundheit oder auch eine lange Nutzungsdauer vererben. Der VOST ist hierbei Berater der Landwirte. „Aus dem Leben vieler Milchviehbetriebe sind die Leistungen nicht wegzudenken.“ Den Politikern, die heute zum Tierwohl neue Gesetze beschließen, empfahl Verbands-Geschäftsführer Thies ein Praktikum in einem Betrieb.
Katharina Jensen nutze den Besuch, um mit den Beteiligten über die neue Novelle des Tierschutzgesetzes zu sprechen. Neben einem angedachten Exportverbot von Zuchttieren werde besonders die Schweinehaltung in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Ausland geschwächt.„Eine Gesetzesänderung, die in den letzten Monaten im Schatten anderer Debatten vorbereitet wurde und in meinen Augen wieder erkennen lässt, dass die Landwirtschaftsministerien in Berlin und Hannover die deutsche Tierhaltung stark reduzieren wollen.“