Schillig/Hooksiel (13. 8. 2024) – Den Schreibtisch rahmen zwei große Computer-Bildschirme ein. Davor liegen etliche Zettel, Notizbücher und ein großer Planer für die Vermietung von Ferienwohnungen. Das Telefon klingelt. „Sie sind Organist und machen Urlaub im Wangerland? Sie wollen ein Konzert geben? Ich schau mal, wann es passen könnte.“
Fabian Thomas (34) ist seit Anfang Juli neuer Leiter des Kirchenbüros der katholischen Kirchengemeinde Wangerland in Schillig. Als rechte Hand von Pfarrer Lars-Jörg Bratke organisiert er das Gemeindeleben im Wangerland. Dazu gehört die Planung von Predigt-Terminen und anderer Veranstaltungen in der „Kirche am Meer“ (Schillig) und St. Ansgar (Hooksiel), die Unterstützung der „Camper-Kirche“ mit auswärtigen Pfarrern am Strand und die Betreuung der katholischen Christen, die im Wangerland leben oder hier Urlaub machen. Lektoren wollen terminiert, Kirchenführungen vorbereitet, Verkündungstermine eingeplant, Hochzeits- und Trauergespräche mit dem Pfarrer abgestimmt werden.
Dienstleister für katholische Christen
Hinzu kommt die Gestaltung des Gemeindebriefes, der noch regelmäßig in gedruckter Form erscheint. Und wieder einmal streikt der Drucker. An diesem Vormittag ist der Techniker zu Besuch, überholt das in die Jahre gekommene Bürogerät und beschreibt eine gute Stunde lang das Zusammenspiel zwischen Papiereinzug, Transportrollen und Toner sowie Auswirkungen aufs Druckergebnis, wenn nicht alles gut funktioniert.
Der neue Leiter des Kirchenbüros ist ein freundlicher Mensch, der sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen lässt. Die Dienstleistungs-Mentalität hat er in der Gastronomie gelernt. Mit dem Umzug vom Niederrhein nach Wilhelmshaven 2014 und weiter ins Wangerland 2015 verbunden war eine berufliche Neuorientierung. Er arbeitete im italienischen Restaurant „Il Gabbiano“ in Horumersiel mit dem Schwerpunkt „Vermittlung von Ferienwohnungen“. Als Webdesigner und Fotograf unterstützte er unter anderem die Vermieter bei der Gestaltung ihrer Internetseiten.
Vom Keyboard-Spieler zur Organisten
Doch seine wahre Leidenschaft war und ist die Musik. „Ich habe als Kind ab dem vierten Lebensjahr die Musikschule in Heinsberg besucht und Keyboard-Spielen gelernt“, sagt Thomas im Gespräch mit „Hooksiel-life“. Er bedaure heute, dass er mit 16 Jahren damit aufgehört habe, Musikunterricht zu nehmen. „Damals waren mir andere Sachen wichtiger.“ Das änderte sich dann im Wangerland. Als Autodidakt entdeckte er die Orgel in der „Kirche am Meer“ in Schillig, die er spielen durfte. Er wurde Organist in der Kirchengemeinde und lernte für sich aus dem Umgang mit den Künstlern, die im Rahmen der traditionellen Orgelkonzerte in der Kirche auftraten.
Heute ist Fabian Thomas selbst ein hervorragender Organist, der nicht nur klassische Kirchenlieder interpretiert, sondern auch moderne Klänge in die Gemeinde trägt – von der Orgel aus oder als Leiter des Chores der Kirchengemeinde. Er ist dabei seit sechs Jahren Chorleiter und Komponist in einer Person. „Ich bin meinen Chor wirklich dankbar. Was der alles mit sich machen lässt …“
Ein Herz für Urlauber
Das Telefon klingelt erneut. Ein potenzieller Urlaubsgast fragt nach einer Ferienwohnung. Thomas schaut in seinen Belegungsplan und findet ein gutes Angebot. So ganz will er auch als Leiter des Kirchenbüros von seiner alten Profession nicht lassen. Schon seinem bisherigen Chef zuliebe. Der 34-Jährige ist gut organisiert und kann seine beiden Aufgaben voneinander trennen. Und es fällt einem als Beobachter nicht schwer zu glauben, dass ihm die professionelle Betreuung der katholischen Christen viel Freude bereitet, auch wenn er persönlich evangelisch ist.
Das Kirchenbüro in Schillig ist dienstags und mittwochs, jeweils von 10 bis 12 Uhr und von 15 bis 17 Uhr sowie donnerstags von 10 bis 12 Uhr geöffnet.
Wangerland (4. 8. 2024) – Wer kann schon von sich behaupten, eine Nacht mit Ex-Minister Rudolf Scharping, Schlagerstar Howard Carpendale oder Tennis-Ikone Boris Becker verbracht zu haben? Oder mit Boxer Vitali Klitschko, dem heutigen Bürgermeister von Kiew („super nett, ein echter Gentleman“) und den Geissens. Genauer: mit dem Glammerrpaar Carmen und Robert Geiss („100 Prozent authentisch, wie im Fernsehen“).
Kathrin Blecker schildert im Gespräch mit „Hooksiel-life“ einige spannende Momente aus ihrem Berufsleben. Die Wangerländerin arbeitet als Flugbegleiterin bei der Lufthansa. Häufig hat sie auf Langstreckenflügen mit der Boing 747 die Passagiere in der ersten Klasse (First Class) betreut. „Da braucht man keine Angst vor zu haben“, versichert die 56-Jährige. „Das sind meistens ganz normale Menschen.“
Vom Modehaus Leffers zur Lufthansa
Eigentlich ist Kathrin Blecker eine Kieler Sprotte. Als ihr Vater, der kürzlich verstorbene Marineoffizier Hans-Georg Nippe, nach Sengwarden versetzt wurde, zog die Familie mit ihren vier Töchtern nach Grafschaft. Kathrin war damals 16. Sie absolvierte ein Auslandsjahr in den USA, besuchte danach das Mariengymnasium in Jever und machte nach dem Abitur eine Ausbildung zur Substitutin im Modehaus Leffers in Wilhelmshaven.
„Irgendjemand hat dann erzählt, dass die Lufthansa Stewardessen sucht“, erinnert sich Kathrin Blecker, die für den Beruf alle Voraussetzungen erfüllte: Abitur, sehr gutes Englisch, gutes Französisch, abgeschlossene Ausbildung sowie ein gehöriges Maß an Flexibilität, Dienstleistungsmentalität und Menschenkenntnis. „Als ich 1990 bei der Lufthansa anfing, wollte ich eigentlich nur mal sehen, wie das so ist als Flugbegleiterin …“
Zum Briefing aus dem Wangerland nach Frankfurt
Aus der geplanten Stippvisite sind inzwischen 34 Jahre geworden, unterbrochen durch acht Jahre Erziehungszeiten. Kathrin Blecker hat aus ihrer ersten Ehe drei Kinder. Anfangs wohnte sie im Westerwald. Aus familiären Gründen zog sie vor einigen Jahren wieder zurück nach Friesland und lebt heute mit ihrem neuen Lebenspartner Frank Hensel im Wangerland.
Nach der Kinderpause arbeitet Kathrin Blecker nur noch auf einer halben Stelle. Konkret bedeutet das, dass sie der Lufthansa für acht bis zehn Tage im Monat zur Verfügung steht. Was die Abläufe manchmal etwas kompliziert macht: Ihre Basis ist der Flugplatz Frankfurt. Also reist die Flugbegleiterin einen Tag vorher per Bahn in die Main-Metropole, um pünktlich zum Briefing der jeweiligen Crew vor Ort zu sein.
Mit Maschinen vom Typ Boing 747 fliegt Lufthansa-Flugbegleiterin Kathrin Blecker seit über 30 Jahren um die ganze Welt Archiv-Foto: Lufthansa/Roesler
Eine Crew besteht aus rund 19 Menschen, drei Personen aus dem Cockpit und der Rest für die Kabinen. Das Team wechselt regelmäßig. „Bei über 20.000 Flugbegleitern und Flugbegleiterinnen bei der Lufthansa ist es eher selten, dass man seine Kollegen schon vorher kennt“, sagt Kathrin Blecker. „Aber das ist kein Problem. Wir ticken alle ähnlich.“
Das mag an der guten Ausbildung und an der klaren Zuordnung von Aufgaben liegen. Jeder Flugbegleiter und jede Flugbegleiterin sind auf spezielle Flugzeugtypen geschult. Für die Langstrecke ist das bei Kathrin Blecker die Boing 747; für die Kurzstrecke war das zunächst die Boing 737, später der Airbus A 320.
Volles Vertrauen in die Piloten
Im Notfall wird jede Tür der Flugzeuge mit einem Crew-Mitglied besetzt. Eine echte Notlage habe sie persönlich aber noch nicht erlebt, sagt die Wangerländerin. Auf einem Rückflug von Dallas nach Frankfurt habe es einmal so schwere Turbulenzen gegeben, dass selbst das Flugpersonal die ganze Zeit über angeschnallt bleiben musste. „Da kann man schon Angst bekommen, aber die Piloten sind top ausgebildet und haben die Lage meist im Griff.“
So auch beim Anflug auf den Flughafen Los Angeles, den Kathrin Blecker aus dem Cockpit heraus miterlebt hat. Die Boing 747 befindet sich schon im Sinkflug, da rollt am Boden eine andere Maschine auf die Start- und Landebahn. Der Pilot startet die Boing durch, die Maschine dreht eine Extra-Runde um den Flughafen und landet im zweiten Anlauf sicher. „So etwas trainieren unsere Leute im Cockpit regelmäßig. Für die ist das Routine – und die meisten Passagiere werden davon gar nichts mitbekommen haben.“
„Wir ticken alle ähnlich“, sagt Lufthansa-Flugbegleiterin Kathrin Blecker. Das Bild zeigt die Wangerländerin ( links) mit einer ihrer Kolleginnen. Foto: privat
Jeder Flugbegleiter hat seinen festen Platz in der Maschine. Dazu gehört die Betreuung und Bewirtung der Passagiere in bestimmten Sektoren. Auf Langstreckenflügen wird ein Mittag- beziehungsweise ein Abendessen gereicht, ein Snack oder ein Getränk zwischendurch und gegebenenfalls steht das Kabinenpersonal auch für ein beruhigendes Gespräch zur Verfügung.
Wichtig ist der Check vor dem Start. Sicherheitsgurte und Verbandskästen wollen ebenso überprüft werden wie Schwimmwesten, Atemschutzmasken, Rauchmelder und Feuerlöscher. „Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist ein Feuer an Bord“, schildert Kathrin Blecker. Aber auch dafür sei das Personal bestens geschult. Ebenso wie etwa für gesundheitliche Notfälle. Jedes Crew-Mitglied habe eine Erste-Hilfe-Ausbildung, das Flugzeug selbst sei mit Hilfsgeräten top ausgestattet, es gebe zudem eine Not-Hotline und mit etwas Glück sei jemand unter den rund 500 Passagieren Arzt oder Sanitäter. Insgesamt sei Fliegen sehr sicher. Viel sicherer jedenfalls, als mit dem Auto zu fahren.
Beim „Check in“ ist Menschenkenntnis gefragt
Sobald die Passagiere den Flieger betreten, ist Menschenkenntnis gefragt. Insbesondere nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA, für die Flugzeuge entführt worden waren. Benimmt sich jemand auffällig? Ist etwas ungewöhnlich? Warum schwankt der Passagier aus Reihe 15 so? Geht es ihm nicht gut? Ach, Alkohol … „Wir informieren den Kabinenchef und der muss dann entscheiden, wer an Bord bleiben kann“, schildert die Flugbegleiterin. Frei nach der Devise: „Die besten Probleme sind die, die gar nicht erst an Bord kommen.“
„Für mich hat sich der Beruf der Flugbegleiterin zum Traumjob entwickelt“, sagt Kathrin Blecker. Sie habe nie Probleme mit der Schichtarbeit oder den Zeitverschiebungen gehabt, keine Schlafstörungen und auch keine Schwierigkeiten mit dem Essen in fremden Ländern. Die ungewöhnlichen Arbeitszeiten wollen gut organisiert sein, auch mit Blick auf die Familie. Aber mit dem großen Arbeitgeber Lufthansa sei das möglich. Die Flugpläne werden am Ende des jeweiligen Vormonats veröffentlicht. So könne man sich seine passenden Termine für Flug- und Bereitschaftsdienste auswählen und sogar Wunschziele für Flüge angeben. „Ich war kürzlich in Los Angeles, da konnte ich am Abend mein Patenkind besuchen“, sagt Kathrin Blecker. Singapur und Johannesburg seien weitere Traumziele. Auch bei den Kurzflügen, bei denen man zum Beispiel über fünf Tage fünf verschiedene Metropolen in Europa ansteuere, gebe es viel Sehenswertes.
Mit der Prominenz auf Tuchfühlung
Die wichtigste Aufgabe der Flugbegleiter sei es aber, dass die Passagiere sich im Flieger wohl fühlen – und zwar die in der Business-Class ebenso wie die in der First Class, in der es übrigens nur acht Plätze gibt. Gerade hier treffen die Lufthansa-Mitarbeiterinnen immer wieder einmal prominente Zeitgenossen.
In guter Erinnerung etwa hat Kathrin Blecker zum Beispiel an Thomas Anders, der sie beim Check-In so herzlich begrüßt habe, als wäre sie eine alte Bekannte. Anders war mit Modern-Talking-Partner Dieter Bohlen auf dem Weg zu einem Foto-Shooting nach Südafrika. Und auch der benehme sich im echten Leben so, wie man es erwarte „Was soll daaas denn sein?“ mäkelt Bohlen, als er den Dessert gereicht bekommt. Hinweis von seiner damaligen Lebensgefährtin Naddel: „Dieter, das ist der Nachtisch!“ – „Daasss da …?“ Vorschlag der Flugbegleiterin: „ Probieren sie einfach. Wenn er ihnen nicht schmeckt, geben sie ihn zurück und bekommen etwas anderes.“
Hooksiel (4. 7. 2024) – Großer Bahnhof zum Abschied. Henning Gieseke verlässt nach 30 Jahren Hooksiel. Die Verdienste des ehemaligen Marineoffiziers für den Ort wurden am Mittwochabend auf einem Empfang gewürdigt, den die Arbeitsgruppe Hooksiel für ihr langjähriges Mitglied ausgerichtet hatte. Als Vertreter der Gemeindeverwaltung sprach Abteilungsleiter Markus Gellert Dankesworte: „Wie waren stets ein verlässlicher Partner der Gemeinde Wangerland.“
Henning Gieseke (Mitte) verlässt Hookiel: Für sein jahrzehntelanges Engagement im Ort dankten unter anderem Björn Mühlena (Vorsitzender des Vereins Kunst- und Erlebnispfad Hooksiel) und der Sprecher der Arbeitsgruppe Hooksiel, Bruno Bölts (rechts). Foto: hol
Henning Gieseke lebt seit 1994 in dem Sielort. Hier bezog er nach dem Ende seiner Dienstzeit bei der Marine in Wilhelmshaven mit seiner Frau Karin ein Haus in der Bakenstraat und begann bald danach damit, was aus seiner Sicht selbstverständlich ist: Er engagierte sich für Belange im Ort. „Dabei dürften mehrere Tausend Stunden ehrenamtliche Arbeit zusammengekommen sein“, vermutet Gellert. „Das ist keineswegs selbstverständlich.“
Gieseke gehört zu den Mitbegründern des Vereins „Kunst- und Erlebnispfad Hooksiel“, der sich über die Jahre zum Förderverein für das Künstlerhaus Hooksiel entwickelt hat. „Ich liebe die Kunst und finde es wichtig, dass alle Bürgerinnen und Bürger Kunst erleben können.“ Aus seiner Sicht sind daher die dekorativen Skulpturen im öffentlichen Raum ebenso wichtig wie die wechselnden Ausstellungen im Künstlerhaus Hooksiel. „Es muss nicht jeder alles mögen, aber alles hat seine Berechtigung.“
Durch Toleranz und Teamfähigkeit hat sich Giesecke auch bei seiner jahrelangen Mitarbeit in der Arbeitsgruppe Hooksiel ausgezeichnet. Wie Arbeitsgruppen-Sprecher Bruno Bölts sagte, sei es eine traurige Nachricht, dass die 21-köpfige Gemeinschaft eines seiner fleißigsten Mitglieder verliert. Die Arbeitsgruppe pflegt seit Jahrzehnten unter anderem die Grünanlage am Südeingang des Ortes (auf Wilhelmshavener Grund) und den Kreisel nahe der Tankstelle (eigentlich eine Kreis-Aufgabe).
Gieseke (82) zieht in Kürze in das 300-Seelen-Dorf Großplötzschau in der Nähe von Leipzig um, wo ein Neffe von ihm lebt. Für den Witwer, der in seinem Leben über 30 Mal umgezogen ist, noch einmal ein Neuanfang, ein „Geschenk obendrauf“, wie er sagt.
Unter den an die 100 Gästen beim Empfang an der Göpelscheune waren auch acht Mitglieder der Crew, die vor 62 Jahren, also 1962, mit Henning Gieseke zusammen in die Marine eingetreten sind. Die Senioren sangen ihrem Kameraden ein Ständchen und erinnerten an alte Zeiten. Gieseke war bei der Marine vorwiegend als Minenjäger aktiv. Militärischer Höhepunkt der Karriere des Kapitän zur See a. D. war der Minenräum-Einsatz im Persischen Golf nach dem Irak-Krieg Anfang der 1990er Jahre – dem ersten scharfen Einsatz deutscher Streitkräfte außerhalb des Nato-Gebietes, wie der damalige Kommandeur der Flottille der Minenstreitkräfte betont.
Ein wenig traurig stimmt ihn die Erinnerung an seine sich daran anschließende Verwendung im Verteidigungsministerium in Bonn. Er sei für die Ausbildung von Soldaten von Marine, Heer und Luftwaffe zuständig gewesen. Nach dem Mauerfall und dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes standen damals auch vertrauensbildende Maßnahmen mit russischen Streitkräften auf der Agenda … ein Ansatz, der dann irgendwann im Sande verlaufen ist.
Hoch konzentriert bei der Arbeit: Lorenz Kramer (Mitte) und Mateo Doyen (rechts) bauen im Deutschland-Finale in Passau ihren Roboter zusammen. Links ihr Teamkollege Connor Kuhnke. Foto: privat
Hooksiel (23. 6. 2024) – An einer Medaille sind die Hooksieler Mateo Doyen und Lorenz Kramer knapp vorbeigeschrabbt. Aber dennoch hat die Teilnahme an der WRO, der Welt-Roboter-Olympiade riesigen Spaß gemacht. „Wenn es klappt, sind wir im nächsten Jahr wieder dabei“, sagt Lorenz Kramer. „Und dann qualifizieren wir uns fürs Weltfinale.“Die WRO ist ein internationaler Roboter-Wettbewerb für Kinder und Jugendliche im Alter von 8 bis 19 Jahren. Mateo und Lorenz, beide Schüler am Mariengymnasium in Jever, hatten sich in der Junioren-Altersklasse beim Regionalwettbewerb für das Deutschland-Finale in Passau qualifiziert. In der Dreiländerhalle stellten sich 136 Teams, darunter 44-Junioren-Mannschaften, an zwei Tagen der Herausforderung. Sie musten einen Roboter bauen und so programmieren, dass er bestimmte, vorgegebenen Aufgaben erledigt.
Das Deutschland-Finale der Roboter-Olympaide war für Lorenz Kramer (links) und Mato Doyen ein riesiges Abenteuer. hr Ziel für 2025: die Teilnahme am Weltfinale in Singapur. Fotos: hol/privat
„Am ersten Tag hat uns unser Roboter verlassen“, bedauerten Lorenz und Mateo rückblicken im Gespräch mit „Hooksiel-life“. Warum der Roboter nicht das gemacht hat, was er zuvor immer zuverlässig erlegt hatte, wird wohl ein Geheimnis bleiben. „Vielleicht ist beim Transport ein Elemente beschädigt worden“, vermutet Lorenz. Wie dem auch sei. Am zweiten Finaltag funktioniere alles wieder perfekt. Der 25 mal 25 Zentimeter große, aus Lego-Elementen und Kabeln zusammengebaute Roboter mit Rädern, Greifarmen und Sensoren etwa für Abstand- und Druckerkennung transportierte auf der Spielfeld-Landschaft das, was er sollte, an den gewünschten Platz. Der Lohn für die beiden 14-jährigen Tüftler: eine hohe Punktzahl von der Jury.
„Hätten wir am ersten Tag eine ähnlich hohe Punktzahl eingefahren, wären wir unter die Top 5 gekommen und hätten damit die Fahrkarte zur WM in der Türkei oder nach Italien zur EM gebucht“, ärgern sich die beiden Schüler. Ihr Trost: Im kommenden Jahr ist ein Spitzenplatz noch attraktiver. Da findet das Weltfinale in Singapur statt.
Nach Passau begleitet haben die beiden Jugendlichen, zu deren Team zudem Connor Kuhnke zählte, ihre Eltern Marina Doyen und Marius Kramer sowie der Betreuerin der Roboter-Arbeitsgruppe am Mariengymnasium Nina Holtewert. In die Arbeitsgruppe werden Schülerinnen und Schüler eingeladen, die neben guten Noten in Mathematik und Physik Spaß an Technik und Informatik haben. Am Anfang des Jahres wird die Saisonaufgabe für die WRO gestellt, auf die die jungen Leute sich dann vorbereiten können.
„Es geht immer um Problemlösungen“, sagt Lorenz Kramer. Zu den Meisterschaften müssen die Roboter dann komplett auseinander genommen und vor Ort in einer vorgegebenen Zeit neu installiert werden, um mit ihnen verschiedene Aufgaben meistern zu können. Wenn der Roboter dann nich so richtig will, hat man ein Problem – das wollen Mateo und Lorenz für 2025 aber auf jeden Fall lösen.
Hooksiel (16. 5. 2024) – Die „Bremen“ war sein Schicksal. Die Zeit als Kommandant der nach der Hansestadt benannten Fregatte war für Kapitän zur See a.D. Jan Donker die schönste Zeit in seiner Marinelaufbahn. Bei allem Respekt vor der Größe der Aufgabe und der Verantwortung für über 200 Leute.
Donker (Foto) ist seit dreieinhalb Jahren in Ruhestand. Dennoch ist er der Marine, bei aller Kritik an manchen Entwicklungen, nach 42 Dienstjahren noch eng verbunden. Vor dem Männerkreis der ev.-luth. Kirchengemeinde Wangerland hielt der Hooksieler jetzt einen informativen Vortrag. bereichert um seine „ganz private Meinung“. Der gebürtiger Ostfriese, der in Wilhelmshaven aufgewachsen ist, war der See früh verbunden. Wenn zunächst auch nur als Segler. Nach dem Abitur 1978 habe er eigentlich Mathelehrer werden wollen. Doch mit Blick auf die damalige „Lehrerschwemme“ und ein bezahltes Studium bei der Bundeswehr verpflichtete sich der junge Mann zunächst für zwölf Jahre bei der Marine.
Abgesehen von einem Segeltörn für Offiziersanwärter mit dem Schulschiff „Gorch Fock“ und einiger Lehrgänge hatte der Student der Elektrotechnik die ersten sechs Jahre seiner Laufbahn kaum etwas mit der eigentlichen Truppe zu tun. „Wie hatten im Studium vielleicht einmal im Monat eine Uniform an“, erinnert sich Donker. Doch das solle sich schnell ändern.
Mit der Fregatte „Lübeck“ (Klasse F 120) ging es nach dem Abschluss des Studiums für fünf Monate auf See, unter anderem in den Indischen Ozean. Ein sportliches Unterfangen für ein Schiff, auf dem es Klimaanlagen lediglich für die Radaranlagen gab. „Um zumindest kühl erholen zu können, haben die hitzegeplagten Maschinisten bei uns in der Operationszentrale auf dem Boden geschlafen.“
Quanten-Sprung in der Marine
Ein Quanten-Sprung für die Bundesmarine sei die Einführung der Schiffe der „Bremen-Klasse“ gewesen. Nicht nur mit Blick auf die Arbeitsbedingungen der Besatzungen. Die militärische Leistungsfähigkeit der Schiffe im Vergleich zu Schiffen der Nachkriegszeit sei einem wie der Übergang vom Einbaum zum Raumschiff-Galaktika vorgekommen. Donker zeigte sich überzeugt, dass es der deutschen Marine wähend des Kalten Krieges im Fall einer Konfrontation gelungen wäre, gemäß ihres Nato-Auftrages die Ostsee komplett abzuriegeln.
Dann kam 1990 die Wende, die Auflösung der Sowjetunion und des Warschauer Paktes. In Deutschland wuchs der Glaube an den ewigen Frieden. Als „Friedensdividende“ wurde die Bundeswehr deutlich verkleinert und die Wehrpflicht ausgesetzt. Dem schloss sich eine Phase der „Transformation“ an, bei der es aus Sicht von Donker auch eine Reihe von Fehlentwicklungen gegeben hat. „Ich hoffe, dass der Ukraine-Krieg jetzt ein Weckruf ist. Wer schlau ist, der behält seine Feuerwehr, auch wenn es eine Zeit lang nicht gebrannt hat.“
Verantwortlichkeiten verschleiert
Die Schlagkraft der Marine hat sich deutlich verringert. Die Organisation der Bundeswehr wurde reformiert, die Zahl der Schnittstellen vervielfacht und Verantwortlichkeiten verschleiert. schwimmenden Einheiten verringert. Nicht bei jeder Reform stand dabei aus Sicht von Donker die Leistungsfähigkeit der Streitkräfte im Fokus. „Alle machen alles richtig, doch lässt das Ergebnis meist zu wünschen übrig.“
Der Kapitän zur See a. D. war nach seiner Zeit als Kommandant der „Bremen“ (2003-2005) und im Verteidigungsministerium als Systemingenieur und Abteilungsleiter im ehemaligen Marineamt und im Marineunterstützungskommando (MuKdo) eingesetzt. Unter anderem trug er Verantwortung für sämtliche Waffen, Flugköper und Einsatzsysteme der Marine und war für diese Belange auf Nato-Ebene für Deutschland zuständig.
Marine-Angehörige werden zu Taxifahrer
Ein Kritikpunkt: Viele Beschaffungen aus dem Wehretat orientieren sich nicht an den Bedürfnissen der Streitkräfte, sondern sind verkappte Wirtschaftsförderung für Rüstungskonzerne. Dabei werde bewusst darauf verzichtet, die militärische Kompetenz der Soldaten zu berücksichtigen. Rüstungsentscheidungen fällen in Deutschland zivile Beamte, vornehmlich im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr in Koblenz. „Angehörige der Marine werden dadurch zu einer Art Taxifahrer für Kriegsschiffe degradiert“, so Donker.
Aber, so räumt der Marine-Offizier ein, Bürokratie-Blüten hat es auch schon früher gegeben. Er selbst musste das am 3. Oktober 1990 auf einem Nato-Sitzung erfahren. Deutschland feierte die Wiedervereinigung und die Bündnispartner stießen darauf bei einem offiziellen Dinner kräftig an – selbstverständlich auf Kosten des deutschen Vertreter. Als der die Rechnung von über 500 D-Mark später bei der Spesenstelle einreichen wollte, wurde der Antrag abgelehnt. „Haben Sie die Ausgabe zwei Jahre vorher angemeldet?“
Linie statt Klasse
Mit Blick auf den aktuellen Einsatz der Fregatte „Hessen“ im Roten Meer verdeutlichte Donker die Leistungsfähigkeit der deutschen Kampfschiffe, von denen es in jeder Klasse zu wenig Stückzahlen gibt, als dass eine Indiensthaltung über die üblichen 30 Jahre wirtschaftlich machbar erscheint . „Linie statt Klasse“ sei die Lösung für Waffensysteme und Schiffe, rät Donker. Das heiße Weiterentwicklung und Modernisierung einer Entwicklungslinie in gesetzten Zeitabständen und -nicht wie aktuell eine Diversifizierung nach Marktlage deutscher oder europäischer Großindustrie.
Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine entgegen dem Völkerrecht sei ein Rückfall in Zeiten sogar jenseits des Kalten Krieges. Entsprechend müssten Deutschland und die Nato reagieren und ihre Wehr- und Abschreckungsfähigkeit wieder auf einen bewährten Stand bringen. Donker appelliert an die Politik dabei auf die Expertise von Fachleuten in den Teilstreitkräften zu setzen. Die Devise müsse wieder, wie vor 1990 erfolgreich praktiziert, lauten: „Soldaten fordern und Verwaltung führt im Rahmen der verfügbaren Steuermittel aus.“
Haben vor 65 Jahre geheiratet: Helma und Meinolf Cohn. Foto: privat
Hooksiel (8. 5. 2024) – Er hat als Landwirt den ersten Laufstall in Hooksiel gebaut, war als Lohnunternehmer erfolgreich und steht noch heute als Präsident an der Spitze des Hooksieler-Stammtischs. Sie zog vier Kinder groß und sorgte als Pionierin des Angebots „Urlaub auf dem Bauernhof“ für ein weiteres wirtschaftliches Standbein. An diesem Donnerstag feiern Helma und Meinolf Cohn in ihrem schmucken Alterssitz am Langengrodener Weg ihre Eiserne Hochzeit.
Mutige Entscheidungen
Der 9. Mai 1959 war ein herrlicher Tag. Bei strahlendem Sonnenschein und 30 Grad im Schatten gab sich damals das Paar in Wittmund standesamtlich und kirchlich das Ja-Wort. Eine Entscheidung, die beide nicht bereut haben. Helma (86), geborene Reuß, und Meinolf Cohn (87) blicken anlässlich ihres Ehrentages mit Stolz auf ein bewegtes Leben zurück, in dem sie viele mutige Entscheidungen getroffen, Herausforderungen gemeistert und Schicksalsschläge überwunden haben.
Meinolf Cohn ist gebürtiger Hooksieler. Sein Vater, Emil Cohn, wurde von den Nationalsozialisten als Jude verfolgt und zweimal ins Konzentrationslager gesteckt. Nur seine „Mischehe“ mit Kind rettete ihm vermutlich das Leben. Meinolf wuchs in Hooksiel auf, besuchte die Landwirtschaftsschule, lernte auf dem Hof in der Obernstraße. Helma war mit ihrer Familie 1956 aus Wittmund nach Hooksiel zugezogen. Ihre Eltern übernahmen einen kleinen Bauernhof. Sie ging beim Schuhgeschäft Grube in der Lange Straße in Stellung.
„Ich hatte damals mit Mädchen noch nicht viel am Hut“, erinnert sich Meinolf Cohn, der damals gerade in die Hooksieler Feuerwehr eingetreten war, vor allem um dort das Skat-Spielen zu erlernen. Dann war sie plötzlich da. Ein junges Mädchen, schlank, schnell, volles Haar. „Ich habe allen Mut zusammen genommen und sie angesprochen, als sie auf einem Fahrrad vorbeifuhr …“
Regelmäßig zum „Freitags-Kino“
Auch Helma gefiel der charmante junge Mann. Vom Haus-Cohn in der Obernstraße bis zum Garten des Schuhhauses Grube waren es nur wenige Meter. Das Paar traf sich ab sofort häufiger. Ging zusammen zum Tanzen und zum „Freitags-Kino“, das damals regelmäßig in der Gaststätte „Zum schwarzen Bären“ angeboten wurde.
Die Hochzeitsreise dauerte nur fünf Tage. Dann kam der Notruf von Mutter Wilma aus Hooksiel. „Meinolf, du musst den Hof übernehmen. Vater kann nicht mehr.“ 16 Kühe wollten gemolken, die Zukunft des Betriebes gestaltet werden.
„Meyer-Hof“ und Lohnunternehmen
Die junge Familie, zu der schnell vier Kinder gehörten, stand vor großen Herausforderungen. Ein Förderprogramm für Landwirte wies der Weg. Helma und Meinolf Cohn siedelten den Hof aus dem Ort aus und bauten am Ortsrand den „Meyer-Hof“, mit Laufstall für in der Spitze 60 Kühe. Hinzu kamen die Ferienwohnungen. Eine weitere Chance, die Meinolf Cohn erkannte: Die Entsorgung des Schlamms der Kläranlage der Stadt Jever, vornehmlich auf den neu aufgespülten Industrieflächen des Voslapper Grodens.
Die Grundlage für ein landwirtschaftliches Lohnunternehmen waren gelegt. 1990 gingen Helma und Meinolf Cohn in Ruhestand. Den landwirtschaftlichen Betrieb übernahm Tochter Petra, den Lohnbetrieb Sohn Guido, der bereits vor vier Jahren gestorben ist. Mit Helma und Meinolf Cohn feiern heute ihre Kindern samt Familien, darunter vier Enkel- und ein Urenkelkind. Eine Delegation der Hooksieler Feuerwehr, der Meinolf Cohn fast sieben Jahrzehnte angehört, hat sich für Freitag angesagt, weil am Himmelfahrtstag das neue Feuwehrgerätehaus eingeweiht wird.
Geschafft. Katja Reiners beim Bremen Marathon, kurz vor dem Ziel im Weser-Stadion. Foto: privat
Hooksiel (11. 4. 2024) – Wer bei einem Marathon schnell sein will, sollte trainieren, langsam zu laufen. Aktuell beherzigt Katja Reiners diese Regel wieder besonders genau. Die Hooksielerin bereitet sich auf den Hamburg Marathon vor. 42,195 Kilometer durch die Hansestadt an der Elbe, vorbei an wunderschönen urbanen Kulissen und getragen vom Applaus des Publikums am Straßenrand.
Anstrengend, ja. Aber auch ein wunderbares Gefühl zwischen Entspannung und Euphorie, wenn die Ziellinie näher rückt. „Aber danach“, so schildert die 52-Jährige, „da können einem die Beine schon mal wegsacken.“ Sie benötige dann schon ein bis zwei Tage Erholung. Aber danach geht es wieder los mit dem Training fürs nächste Rennen.
Langstrecke für Kopf und Körper
Wie schafft man es, eine solch lange Strecke durchzuhalten? „Einfach nicht stehen bleiben“, rät die Hooksielerin. Ebenso wichtig wie die läuferische Vorbereitung sei die gute Verpflegung auf der Strecke. „Ich habe immer etwas zu trinken dabei und mein eigenes Energie-Gel. Aber wenn ich bei einem Marathon-Lauf eine Pause einlegen würde, würde ich gar nicht wieder in Gang kommen.“
Katja Reiners ist Hobbyläuferin. Als Kind gehörte ihr Herz dem Reitsport. Doch der wurde der Mutter von zwei inzwischen erwachsenen Kindern zu zeitaufwendig. Also laufen. Ein bis zwei Mal in der Woche quer durch Hooksiel. Mit einer Beziehungskrise wurde aus dem Hobby eine Leidenschaft. Die junge Frau schloss sich dem Läuferteam „Ge(h)zeiten“ in Jever an. Der erste offizielle Lauf war eine Etappe beim EWE-Lauf in Hooksiel, es folgten Mittelstrecken-Distanzen auf dem Fliegerhorst Upjever, die Teilnahme am „Friesencross“ im Watt vor Schillig („extrem anstrengend“).
Wenn das Wetter mal einen Trainingslauf im Freien gar nicht zulässt, steigt Katja Reiners auch gern einmal auf den Hometrainer. Foto: hol
Die gebürtige Hooksielerin läuft und läuft. Die Zeiten werden immer besser – über 10 Kilometer steht ihre Bestzeit bei 49 Minuten –, die Strecken immer länger. Selbst der Marathon setzt keine Grenzen. Beim Ottermeer-Lauf in Wiesmoor umrunden die Läufer den See so oft sie können. Die Hooksielerin war auf dem 2,3 Kilometer langen Rundkurs sechs Stunden lang unterwegs. Am Ende standen 47 Kilometer auf der Uhr. Beim Werder-See-Lauf, ein Rundkurs von 8,3 Kilometern, schafft sie gar 50 Kilometer.
Inzwischen trainiert sie vier bis fünf Mal in der Woche. Meistens zusammen mit ihrer Freundin Andrea aus Voslapp. Mal 15, mal 20 mal 30 Kilometer. Als Mitarbeiterin der Wangerland Touristik und einer Tierarztpraxis hat die Hooksielerin tagsüber dafür in der Regel keine Zeit. „Ich stehe in der Woche sehr früh auf“, schildert Katja Reiners. „Das ist wunderschön. Morgens um 5 Uhr gehört mir Hooksiel ganz allein.“
Schmerzen einfach weggelaufen
Beim Laufen geht es ihr nicht um Meisterschaften, Rekorde oder Bestzeiten. Es geht um den eigenen Kopf, den Körper, das gute Gefühl … Wenn andere gestehen, dass sie viel laufen, um Gewicht abzunehmen, kann Katja Reiners nur lächeln. „Ich laufe, um das essen zu können, was ich will.“ Der eigene Körper hat ihre bei ihrem Hobby bislang noch keinen Streich gespielt. Schwere Verletzungen sind ausgeblieben. Anfangs leichte Knieschmerzen. Ja. Diagnose: Arthrose. Na und? Später einmal: Fersensporn. Weiter geht’s. Katja Reiners hat die Schmerzen bislang immer weggelaufen. „Mit guten Laufschuhen geht das.“
Die Schmerzen stehen für sie in keinem Verhältnis zu den schönen Momenten, die sie beim Laufen erlebt. Etwa beim Bremen Marathon. Zieleinlauf im Fußballstadion von Werder Bremen. „Da musste ich an meinen verstorbenen Vater denken. Der war Werder-Bremen-Fan durch und durch – und selbst ein ehrgeiziger Sportler“, schildert Katja Reiners. „Da wusste ich, dass er sehr stolz auf mich gewesen wäre.“
Verena Mennen (links) überreichte im Namen der Reiter-Eltern der Führzügel-Kinder des RuF Hooksiel an Reitlehrerin Inge Martens einen Präsentkorb zum Geburtstag. Foto: hol
Hooksiel (2. 2. 2024) – „Auf der ganzen Bahn wechseln“, „Auf dem Zirkel geritten“, „Anna, lass die Zügel länger“, „Setzt euch mal gerade hin!“ – Die Kommandos von Inge Martens sind klar und deutlich zu hören.
Dienstagnachmittags gehört ihr die Reithalle in Oesterdieken. Die ehrenamtliche Reitlehrerin des Reit- und Fahrvereins Hooksiel unterrichtet dann bis zu vier Gruppen mit Reitanfängerinnen. Und es könnten noch deutlich mehr sein. „Wir haben eine lange Warteliste“, sagt die Wangerländerin. „Aber wir müssten dann dafür auch genug Pferde und entsprechend viele Reitlehrer haben.“
Der RuF Hooksiel ist bekannt für seine engagierte Nachwuchsarbeit. In der Führzügelklasse für Kinder bis zehn Jahre, zumeist Mädchen, werden die Grundlagen für die weitere Reiterlaufbahn gelegt. Für Abzeichen und Turnierteilnahmen, aber auch für den richtigen Umgang mit den Pferden.
Wie sitzt man richtig? Wie wirkt der Reiter auf sein Pferd ein? Welche Funktion haben die Zügel? Natürlich haben die Reitanfänger allesamt einen Helm auf. Zur Sicherheit werden Pferd- und Reiter in der Führzügelklasse noch von einem Erwachsenen an einem Tau geführt. Häufig sind es die Mütter der Nachwuchsreiterinnen, die sich im Dauerlauf üben, wenn Inge Martens das Kommando zum Galopp gibt. Aber nicht nur Kondition ist gefragt. Pferde sind starke Tiere. Und wenn ein Schulpferd merkt, dass Reiter und Begleiter noch nicht ganz so sicher sind, kürzt es den Weg auch gern schon mal ab.
Am Ende der Reitstunde überreicht Verena Mennen ein Präsent an Inge Martens. Die Reitlehrerin ist vor wenigen Tagen 80 Jahre alt geworden. Die Kinder applaudieren.
Von kleinauf hatte die Landwirts-Tochter aus Wangerland-Hillershausen mit Tieren zu tun, auch mit Pferden, die sie pflegen oder auch vor den Pflug spannen durfte. Reitunterricht für Mädchen gab es damals nicht. Die Eltern sorgten sich: „Das Kind soll ja später auch mal Kinder bekommen.“ Ein verspannter Beckenboden könnte die Geburt erschweren.
So ist Inge Martens erst als Mutter zum Reiten gekommen. Ihre Kinder erlernten den Sport noch in der alten Halle von Anton Müller (Oesterdieken). Auch mit ihren Enkelkindern fuhr die Oma dann regelmäßig zum Training. Dort unterstützte sie hin und wieder Reitlehrerin Hildburg Reiners. Als 2008 dann unverhofft ein Personalengpass auftrat, übernahm Inge Martens ihre eigenen Gruppe. Seither trainiert sie die Führzügelkinder.
„Der Umgang mit den Pferden und den Kinder hält fit und macht noch großen Spaß“, sagt Inge Martens. Vor allem im Reitlehrerteam des RuF Hooksiel fühle sie sich sehr wohl. Die gemeinsame Arbeit helfe dabei, Tiefpunkte im Leben zu überwinden. Sportlich selbst aktiv ist die agile Seniorin aber auch noch – auf dem Kutschbock. Gelernt ist gelernt. Noch im vergangenen Sommer fuhr die agile Seniorin im Showprogramm eines Renntage des Hooksieler Rennvereins persönlich eine Kutsche.
Renate Janßen-Niemand verantwortet seit zehn Jahren das Kunst- und Kulturangebot im Künstlerhaus Hooksiel. Foto: hol
Hooksiel (31. 1. 2024) – Das Künstlerhaus in Hooksiel ist weit über die Region hinaus bekannt und in der Gemeinde Wangerland wohl gelitten. Bester Beleg dafür: Trotz aller Sparzwänge in der Kommune hat noch niemand die Existenzberechtigung des kulturellen Kleinods in Frage gestellt. Schon das ist ein Erfolg, an dem Renate Janßen-Niemann großen Anteil hat.
Renate Janßen-Niemann leitet das Haus sei nunmehr genau zehn Jahren. Ehrenamtlich, aber mit einer gehörigen Portion Kunstverstand und großer Menschenkenntnis, die die 75-Jährige auch ihrer jahrelangen Tätigkeit als Schulleiterin verdankt. Der Wangerländerin ist es unter anderem gelungen, das Künstlerhaus von elitären Kunst- und Kulturdebatten fern zu halten.
6500 Besucher im Jahr
Bei jeder Gelegenheit betont sie, dass die Einrichtung mit ihren 6500 Besuchern im Jahr (2023) auch wirtschaftliche Bedeutung für den Ort und die Gemeinde habe. Als Anziehungspunkt für Urlauber ebenso wie für kulturell Interessierte aus dem In- und Ausland. Denn dafür, dass das Künstlerhaus einen guten Ruf hat, sorgen schon die zahlreichen Stipendiaten, die in dem Haus gelebt und gearbeitet haben – im vergangenen Jahrzehnt meist betreut von Renate Janßen-Niemann. „Ich habe ganz tolle Menschen kennengelernt“, sagte die Künstlerhaus-Leiterin. „Mit einigen bin ich bis heute befreundet.“
Renate Janßen-Niemann hat ihre Aufgabe am 1. Februar 2014 übernommen. Damals trat sie die Nachfolge von Maria Diedrichs-Bolsenkötter an. Die neue Künstlerhaus-Leiterin wurde vom Gemeinderat gewählt. Einstimmig. Dieser Vertrauensbeweis über die politischen Lager hinweg ist der langjährigen CDU-Kommunalpolitikerin bis heute enorm wichtig. „Sonst hätte ich den Sprung ins kalte Wasser auch nicht gewagt.“
Als Leiterin des Hauses plant und kuratiert Janßen-Niemann seither die Jahresprogramme, sucht mit einem Beirat spannende Stipendiatinnen und Stipendiaten aus, kümmert sich um das Kunstkarussell für Kinder, hat ein Auge auf das Kunstarchiv der Gemeinde sowie das Gebäudemanagement und die Betreuung der Aufsichtskräfte im Künstlerhaus. Hinzu kommen das Marketing für die Kulturangebote, von Einladungen zu Ausstellungen über die Pressearbeit bis zum Aufhängen von Plakaten.
Förderer und Sponsoren
Hilfreich ist, dass die gebürtige Sengwarderin in der ganzen ost-friesischen Halbinsel vernetzt ist. Sie ist in Kunsteinrichtungen in Wilhelmshaven ebenso zu Hause wie in Museen in Aurich oder Emden. Dankbar ist sie für gute Tipps etwa von der Leiterin des Schlossmuseums Jever, Dr. Antje Sander, oder für Förderungen zum Beispiel durch die Oldenburgische Landschaft und den Förderverein Kunst- und Erlebnispfad Hooksiel.
Der Erfolg des Künstlerhauses hat auch etwas mit der richtigen Mischung des Angebotes zu tun, die sich in den Themen und in den ausstellenden Kulturschaffenden widerspiegelt. Regionale, nationale und auch internationale Künstler zeigen ihre Werke, kommen dabei häufig vor Ort mit ihrem Publikum in Kontakt und – besonders wichtig – nehmen für ihre künftige Arbeit Eindrücke von Menschen und Natur an der Küste mit.
Seit 2014 haben 52 Kunstschaffende im Künstlerhaus ausgestellt, darunter 14 Stipendiaten. Die erste Ausstellung unter der Verantwortung von Renate Janßen-Niemann zeigte Ida Oelke aus Esens, erste Stipendiatin war 2014 Felicitas Blech. Ältester Stipendiat war Gero Troike (78), der 2016 in Hooksiel gewirkt hat, jüngster Julian Robin Müller, der 2019 noch nicht einmal volljährig war, als er im Künstlerhaus ausstellte und, als begnadeter Musiker, auch noch ein kleines Konzert gab.
Dankbar ist Renate Janßen-Niemann für die gute Zusammenarbeit mit Bürgermeister Mario Szlezak und dem Gemeinderat, aber auch mit der Dorfgemeinschaft Hooksiel und den engagierten Helfern aus dem Förderverein. Trotz aller Freude an ihrer Tätigkeit hält die Künstlerhaus-Leiterin aber auch schon Ausschau nach einer geeigneten Nachfolge. Die Ankündigung (oder Drohung?) von Renate Janßen-Niemann: „Spätestens mit 80 werde ist den Posten niederlegen.“
Der Untergang der „Tevega“ vor 50 Jahren hat das Leben von Dietrich Gabbey verändert. Der Hooksieler war einer von nur zwei Überlebenden des Unglücks in der Biskaya. Foto: hol
Hooksiel (9. 1. 2023) – Obwohl Dietrich Gabbey in einem März zur Welt kam, hat an diesem Dienstag Geburtstag gefeiert. Im kleinen Rahmen, nur mit seiner Frau Gundula. Ganz in Ruhe mit einem Essen außerhalb. Mit Zeit für Gespräche über Schicksal, Glück und göttliche Fügung. Ohne ganz viel von alledem wäre der Hooksieler heute vor 50 Jahren in der Biskaya gestorben.
Der 9. Januar 1974. Die „Tevega“, ein kleiner, aber äußerst seetüchtiger Stückgutfrachter in Diensten der Bremer Reederei Temaris ist auf dem Weg von Rotterdam nach Afrika. Es herrscht raue See mit Regen, Sturm und bis zu 17 Meter hohen Wellen. „Das war aber eigentlich kein Problem für das Schiff“, erinnert sich Gabbey im Gespräch mit „Hooksiel-Life“. „Solches Wetter hatten wir häufiger.“
Wasser in Laderaum gelaufen
Der heute 82-Jährige, damals 1. Offizier und Nautiker an Bord, wird am frühen Morgen dieses Mittwochs vom 2. Offizier geweckt. Probleme im Bereich des Vorderschiffs. Zusammen rufen beide gegen 4 Uhr den Kapitän auf die Brücke. Gabbey und zwei Matrosen arbeiten sich an Oberdeck bis zum Bug vor. Die Persenning hat sich gelöst. Möglicherweise ist in Luke 1 Wasser eingedrungen.
Der Kapitän lässt eine Lenzpumpe anwerfen. Doch die hat keinen Wasserkontakt. Entwarnung? Keineswegs. Das Schiff vertrimmt mehr und mehr. Offenbar hat die Ladung jede Menge Wasser aufgesogen. „Vermutlich waren wir da schon dem Untergang geweiht“, sagt Gabbey.
Die „Tevega“ funkt SOS. Die 18-köpfige Besatzung bereitet sich darauf vor, das Schiff verlassen zu müssen. Gegen 5 Uhr dann der Befehl vom Kapitän: „Alle Mann von Bord.“ Zwei Rettungsinseln werden ins Wasser geworfen, verwehen aber sofort. Die Besatzung wird geteilt. Gabbey springt mit seiner Gruppe ins elf Grad kalte Meer. Der Überlebenskampf beginnt.
Elf Stunden im Wasser der Biskaya
Die Seeleute versuchen eng beinander zu bleiben. Bei dem Seegang ein aussichtsloses Unterfangen. Die Zeit verrinnt. Die theoretische Überlebenszeit beträgt dreieinhalb Stunden. Kommt rechtzeitig Hilfe? Dietrich Gabbey erinnert sich, das einer nach dem anderen seiner Kameraden einschlief. „Es war völlig klar, dass die nie wieder aufwachen werden.“
Stunden vergehen. Es wird hell. Gabbey treibt allein in der See. Bleibt aber wach. Aus herum schwimmenden Schiffs- und Ladungsteilen hat sich der Hooksieler inzwischen ein provisorisches Floß gebaut. Irgendwann ein Motorengeräusch. Ein Aufklärungsflugzeug sucht das Gebiet der Unglücksstelle ab – und entdeckt den Schiffbrüchigen.
Inzwischen sind elf Stunden seit der Havarie vergangen. Eine „Breguet Atlantic“ wirft eine Rettungsinsel ab. Sie treibt wenige Meter von Gabbey entfernt im Meer. „Soll ich es wagen, mein Floß zu verlassen und zur Rettungsinsel schwimmen? Was passiert, wenn ich sie nicht erreiche?“
DDR-Frachter rettet Hooksieler
Während der Unglückliche noch mit sich hadert, erfasst ihn ein Schatten. Neben ihm wächst eine Bordwand auf. Der Frachter „Brandenburg“ lässt ein Rettungsnetz herunter. Als der völlig entkräfte Mann im Wasser es nicht schafft, selbst die Bordwand zu erklimmen, springt der Bootsmann des DDR-Frachters ins Wasser und gurtet den Seemann an. Dietrich Gabbey wird an Bord gezogen und ist gerettet – unterkühlt, um etliche Kilo leichter und durch teerhaltige Ladungsteile völlig schwarz. „Die Besatzung der Brandenburg dachte zunächst, sie habe einen Afrikaner gerettet.“
Nach nur zwei Stunden Schlaf, so erinnert sich der Schiffbrüchige, sei er aufgestanden und auf die Brücke gegangen. Wie er erfuhr, hatte die „Brandenburg“ bereits zuvor zwei tote Seeleute und einen Hund geborgen. Tatsächlich überlebten nur zwei Seeleute der „Tevega“ das Unglück.
In Rettungsinsel erfroren
Gabbey verdankt seine Rettung möglicherweise ein Stück weit dem 2. Offizier, der es als einzige geschafft hatte, in eine der Rettungsinseln zu klettern – dort ist er dann aber erfroren. Die Insel war als erstes von den Aufklärern aus der Luft gesichtet worden, die dann der Rettungsflotte den richtigen Kurs wiesen. An der Rettungsaktion auf See hätten sich ausnahmslos Schiffe aus sozialistischen Ländern beteiligt, so Gabbey. Möglicherweise, weil Kapitäne westlicher Reedereien sich später hätten erklären müssen, warum sie vom Kurs abgewichen und Zeit vergeudet hätten.
„Wenn man so stundenlang in See treibt, gehen einem alle möglichen Sachen durch den Kopf“, schildert Dietrich Gabbey 50 Jahre später. „Aber ich habe zu keinem Moment daran gezweifelt, dass ich überleben werde.“
Schon als Kind knapp dem Tod entronnen
Möglicherweise spielte für die Zuversicht eine Rolle, dass der Hooksieler bereits als Kind zwei Mal dem Tod quasi von der Schippe gesprungen ist. 1941 in Lauenburg in Pommern geboren, flüchtete der Junge mit Mutter, Großmutter und Schwester (der Vater war im Krieg gefallen) am 9. März vor sowjetischen Truppen. Der Mutter war es gelungen, sich der letzten Gruppe anzuschließen, die noch einen Platz auf dem Handelsschiff „Schaumburg“ ergattern konnte, das Hunderte Menschen gen Westen bringen sollte. Bedroht von Angriffen aus der Luft und von U-Booten setzte der Kapitän das Schiffes nahe Swinemünde auf Grund. Alle Flüchtlinge unter Deck ertranken, Gabbeys wurden vom Oberdeck gerettet und nach Swinemünde gebracht.
Auch dort war der Krieg längst angekommen. Bei schweren Luftangriffen am 12. März 1945 flüchteten viele Menschen in die Kirche von Swinemünde. „Wir haben nur noch einen Platz direkt im Altarraum bekommen“, erinnert sich Gabbey. Und: Die Kirche wurde von Bomben getroffen. Wieder starben Hunderte. Nur die Menschen unmittelbar hinter dem Altar überlebten.
Engagement für die Gemeinschaft
„Als ich aus der Biskaya gerettet wurde, war ich fest davon überzeugt: Das ist kein Zufall. Der Herrgott hat noch etwas mit dir vor“, schildert Gabbey. Für ihn war das eines der Motive für sein kommunalpolitisches Engagement. Gabbey, der seit Anfang der 1970er Jahre mit seiner Frau Gundula in Hooksiel wohnt, ist seit 1968 Sozialdemokrat. Er war über Jahrzehnte bis 2011 im Gemeinderat und von 1986 bis 1996 ehrenamtlicher Bürgermeister des Wangerlandes. In den vergangenen Jahren hat er sich vor allem für den Erhalt des Meerwasser-Hallenwellenbades im Ort eingesetzt.
Die Rücksicht auf seine Ehe und die beiden Kinder seien für ihn der eigentliche Grund gewesen, sein Leben als Seemann zu beendet, in Oldenburg Mathematik und Geografie zu studieren und Lehrer zu werden. Trotz des Traumas vom Schiffbruch am 9. Januar 1974 ist der Nautiker auch danach noch mehrfach zur See gefahren. „Handelsschifffahrt war für mich seit meiner Kinder mein Berufswunsch“, sagt der 82-Jährige.
Als Flüchtlingsjunge zur Marine
Als Flüchtling lebte er mit seiner Familie nach dem Krieg zunächst in Glücksburg (Schleswig-Holstein), später in Rheinland-Pfalz. Flüchtlinge waren schon damals nicht überall gut gelitten. Häufig genug habe man gehungert. Dennoch ging es weiter. Gabbey machte seinen Schulabschluss und verpflichtete sich 1959 auf zwölf Jahre bei der Marine. Nach Marineschule und Zusatzlehrgängen war er einer der wenigen seediensttauglichen Obersteuermänner und damit als Unteroffizier zuständig für die Navigation der von Zerstörern und Fregatten. Eine spannende Aufgabe, aber ihm sei dann irgendwann klar geworden, dass er kein Berufssoldat werden wollte.
Also Abitur nachmachen und studieren. Während seiner Zeit in Oldenburg fuhr der Hooksieler in den Semesterferien immer wieder auf Handelsschiffen zur See. Zunächst als 3. Offizier, dann als 2. und letztlich – nach dem Ende des Studiums 1973 – in Festanstellung als 1. Offizier. Wenige Monate nach dem Unglück in der Biskaya entschied sich Dietrich Gabbey dann endgültig für den Beruf des Pädagogen.
Er wurde Schulleiter der Hauptschule Jever – hielt aber den Kontakt zur Seefahrt. Als der ehemalige Kapitän der Brandenburg kurz nach der Wende mit dem Containerfrachter „Thüringen“ in Bremerhaven festmachte, besuchte er das Schiff mit einer ganzen Schulkasse. „Das war ein beeindruckendes Erlebnis für alle.“
Enge Freundschaft mit einstigem Retter
Mit Peter Jentz, Bordelektriker der „Brandenburg“, verbindet Familie Gabbey seit inzwischen fünf Jahrzehnte eine Freundschaft. Auch vor der Wiedervereinigung besuchten die Hooksieler häufig den Retter in Warnemünde. Gelegenheiten, sich zu treffen, gab es auch, wenn der DDR-Frachter in westlichen Häfen lag. Nach der Wende waren Jentz und seine Familie häufig zu Gast in Hooksiel. „Man kann sagen, wir gehören inzwischen irgendwie schon zur Familie Jentz dazu“, sagt Gabbey, der sich schon auf das nächste Treffen im Sommer freut.
Ein Thema wird dann mit Sicherheit wieder der 9. Januar 1974 sein. Die Rettung eines Westdeutschen und die Bergung zweier toter Seeleute. Die Toten wurden seinerzeit an Bord der „Brandenburg“ übrigens mit größtem Respekt behandelt. Kapitän ließ die Leichen in bundesdeutsche Flaggen einnähen. Weil man an Bord des Frachters nur eine davon hatte, schnitt man kurzerhand Hammer, Zirkel und Ährenkranz aus einer DDR-Flagge heraus, um auch den zweiten Seemann bedenken zu können.
Eine von der Bremer Reederei geplante Dankeschön-Veranstaltung für die Besatzung der „Brandenburg“ fand aber nie statt. Das DDR-Regime habe das stets abgelehnt, so Gabbey.