LNG-Terminal: Voruntersuchungen für Ultraschall-Verfahren laufen

Hooksiel/Wilhelmshaven (24. 3. 2023) – Mitarbeiter Kieler Firma Hasytec Electronics erkunden derzeit das LNG-Terminalschiff „Höegh Esperanza“. Wie eine Sprecherin des Energiekonzerns Uniper gegenüber „Hooksiel-life“ bestätigte, gehe es dabei darum, Möglichkeiten zu suchen, die Belastung der Jade durch Abwässer der Floating Storage an Regasification Unit (FSRU) zu minimieren.

Hoegh Esperanza am LNG Terminal
Über die FSRU „Höegh Esperanza“ wird am LNG-Terminal Wilhelmshaven seit Wochen Erdgas ins deutsche Netz eingespeist. Foto: Dietmar Bökhaus

Verträge für eine Umrüstung des Schiffes gebe es aber noch nicht. Dafür wäre nach den Worten der Sprecherin auch nicht Terminalbetreiber Uniper zuständig, sondern der Bund, der die Umrüstung bezahlen müsste, und die norwegische Reederei Höegh LNG, der das Schiff gehört. Laut Betriebsgenehmigung für die FSRU sei der Betreiber aber verpflichtet, so die Sprecherin, bis zum August dieses Jahres ein Minimierungskonzept für Umweltbelastungen vorzulegen. „Die Firma Hasytec schaut sich jetzt das Schiff an und wird uns nachher berichten, ob eine Umrüstung für ein Ultraschall-Verfahren überhaupt möglich ist.“ 

Das Regasifiziergunsschiff „Höegh Esperanza“ liegt seit Ende Dezember in Wilhelmshaven. An Bord des Schiffes wird per Schiff importiertes, minus 162 Grad kaltes Flüssigerdgas (LNG) durch den Einsatz von Seewasser erwärmt, damit es wieder gasförmig wird und ins Pipelinenetz eingespeist werden kann. Das Seewasser fließt an Bord durch ein Rohrleitungssystem. 

Hasytec am LNG Terminal Wilhelmshaven
Seit Tagen steht ein Fahrzeug der Firma Hasytec am LNG Terminal. Mitarbeiter der Kieler Firma sollen erkunden, ob die „Höegh Esperanza“ umgerüstet werden kann. Foto: privat

Damit diese Röhren nicht mit Muscheln, Seepocken oder Schnecken zuwachsen, kommt bei der „Höegh Esperanza“ Chlor zum Einsatz. Durch dieses Verfahren werden mit dem erkalteten Abwasser Biozide ins Meer gespült, die nach Ansicht von Umwelt- und Naturschutzverbänden Flora und Fauna im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer belasten

Die vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) genehmigte Dauerchlorierung entspricht nach Ansicht der Verbände nicht mehr dem „Stand der Technik“. Sie fordern seit Monaten eine Nachrüstung des Terminalschiffs. Für den Fall, dass die Genehmigungsbehörde untätig bleiben sollte, hatte etwa die Deutsche Umwelthilfe (DUH) rechtliche Schritte angedroht.

Als umweltschonende Alternative zu der Chlorierung wird ein Ultraschallwellen-Antifouling-Verfahren angesehen, das von Hasytec Electronic entwickelt wurde. Es wird unter anderem bereits eingesetzt, um die Rümpfe von Booten und großen Kreuzfahrtschiffen zu reinigen. 

Die nach Untersuchungen von US-Forschern geäußerte Befürchtung, die Ultraschallwellen könnten die Kommunikation von Schweinswalen in der Jade irritierten, hatte Jan Kelling, Geschäftsführer von Hasytec, bereits vor Wochen als unbegründet zurückgewiesen. Das Ultraschallsystem zur Reinigung der Rohrleitungen der FSRU würde innerhalb des Schiffsrumpfes eingebaut. Dadurch gebe es keinerlei Auswirkungen an der Außenhaut oder gar im Wasser. Zum Stand der aktuellen Untersuchungen an Bord der „Höegh Esperanza“ wollte Kelling sich gegenüber „Hooksiel-life“ nicht äußern. 

Zweites LNG-Verarbeitungsschiff auf Warteposition in der Jade

Hooksiel/Wilhelmshaven (5. 3. 2023) – In der Jade liegt seit diesem Wochenende ein zweites LNG-Terminalschiff. Neben der „Höegh Esperanza“, die seit Ende 2022 am von Energiekonzern Uniper betriebenen Terminal am Voslapper Groden tiefgekühltes Flüssigerdgas (LNG) regasifiziert, hat jetzt die FSRU (Floating Storage and Regasification Unit) „Höegh Gannet“ auf Reede vor Schillig Anker geworfen. 

Die „Höegh Gannet“ soll eigentlich im Auftrag des Energiekonzerns RWE in Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) Import-LNG regasifizierten und ins Netz einspeisen. Das Schiffe hatte, wie der NDR berichtete, auch Mitte Januar in Brunsbüttel festgemacht, habe aber bislang kein Gas abliefern können, da die landseitige Anbindung und die Transport-Pipeline noch nicht fertig sind. Zudem protestierten Anwohnern des dortigen Elbehafens gegen Belästigungen durch Lärm- und Lichtemissionen des hell beleuchteten Industrieschiffes.

Lärm und Licht nerven die Anwohner

Nach den Plänen von RWE soll die „Höegh Gannet“ jetzt zwei Wochen in der Jade in Warteposition liegen. Danach wird sie mit ihrer LNG-Ladung nach Brunsbüttel zurückkehren, um nach einer Probephase den Regelbetrieb aufzunehmen. In Wilhelmshaven soll das Schiff nicht festmachen.

Bei RWE ist man laut NDR zuversichtlich, dass zumindes die Lärmbelästigung durch die FSRU kein Thema mehr sein werden, wenn das Schiff sein LNG erst einmal ins Netz einspeisen kann. Der Lärm sei durch das Verbrennen des so genannten Boil-Off-Gases entstanden. Die Verbrennung von Gas wird notwendig, wenn sich LNG im Schiff erwärmt und sich im gasförmigen Zustand ausdehnt. Dadurch entsteht Druck im Tank, so dass Gas abgeführt werden muss. 

Wird die „Höegh Esperanza“ nachgerüstet?

Die Diskussion um die (genehmigte) Einleitung von Bioziden durch die „Höegh Esperanza“ in die Jade könnte bald beendet sein. Laut einem Bericht der Oldenburger Nordwest-Zeitung hat Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) jetzt erstmals eine Umrüstung der Wilhelmshavener FSRU in Aussicht gestellt. Sollte das Ultraschallverfahren geringere Auswirkungen auf die Umwelt haben, werd vom Betreiber Uniper im Rahmen des vorgeschriebenen Minimierungskonzeptes auch geprüft, ob die „Esperanza“ umgerüstet werden kann, zitierte die Zeitung den Minister. 

Die „Höegh Esperanza“ nutzt Meerwasser, um das tiefgekühlte LNG zu erwärmen und zu regasifizieren. Der Einsatz von Chlor verhindert dabei, dass sich Muscheln, Seepocken und Algen an den Rohrleitungen festsetzen. Umweltschützer sehen in den chlorieren Abwässern eine große Gefahr für Flora und Fauna im Wattenmeer. Die Betriebsgenehmigung für die „Höegh Esperanza“ enthält ein Minimierungsgebot für Umweltbelastungen. Deshalb müsse Alternative zur Chlorierung geprüft werden wie etwa Ultraschallverfahren. 

Nachlese: Seit dem 8. März liegt die „Höegh Espernza“ wieder am Elbhafen in Brunsbüttel. Dort soll jetzt der Probebetrieb für die Regasifizierung von LNG und die Einspeisung des Gases ins landseitige Pipelinenetz starten.

Festes Terminal in Wilhelmshaven für Import von grünen Gasen geplant

Scholz weiht LNG-Termina ein
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (rechts neben Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Einweihung des LNG-Terminals Wilhelmshaven im Dezember 2022) hält den Ausbau einer eigenen Gasimport-Infrastruktur samt Sicherheitspuffer weiter für dringend geboten. Archiv-Foto: Gert Mahlitz

Hooksiel/Wilhelmshaven (3. 3. 2023) – Die Bundesregierung hält an ihren Ausbauplänen für die LNG-Infrastruktur in Deutschland fest. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bekräftige heute das Bekenntnis zum Bau von drei landgestützten Terminals zur Regasifizierung von verflüssigtem Erdgas. Eines dieser Terminals soll auf dem Voslapper Groden in Wilhelmshaven, in Sichtweite von Hooksiel, errichtet werden. Das Terminal, das für die Verarbeitung von „Grüngas“ ausgelegt werden soll, soll 2026/2027 die schwimmenden LNG-Terminals vor Wilhelmshaven ersetzen. Eine erste FSRU (Floating Storage and Regasification Units) ist bereits seit Ende 2022 in Betrieb.

Die Planung, die das Wirtschaftsministerium jetzt dem Haushaltsausschuss des Bundestages vorgelegt hat, sei unmittelbare Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Ziel ist es, über den Aufbau einer eigenen-Infrastruktur eine Energiekrise zu vermeiden. Habeck: „Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat uns spüren lassen, wie gefährlich einseitige Abhängigkeiten sind und dass sie uns etwas kosten. Wir wären mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir nicht daraus lernen würden.“

Habeck rechtfertigt Sicherheitspuffer

Im Zentrum des Handels der Bundesregierung würde der beschleunigte Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Aufbau einer klimaneutralen Energieversorgung stehen – gepaart mit Energieeinsparung, Effizienz und dem schrittweisen Ausstieg aus fossilen Energien. Um aber die Versorgungssicherheit auch in der Übergangszeit sicherzustellen, brauche Deutschland auch eine eigene Infrastruktur für Flüssigerdgas. Die Deutsche Umwelthilfe hatte Habeck vorgeworfen, beim Ausbau der LNG-Infrastruktur Überkapazitäten zu schaffen, die en Ausstieg aus fossilen Energieträgern verlängern würden.

Mit Blick auf die maximalen Verarbeitungs-Kapazitäten auf die Solidarität mit Nachbarstaaten. Deutschland müsse in der Lage sein, auch seine Nachbarn zu unterstützen. Zudem seien „ausreichende Sicherheitspuffer“ notwendig, um auch für kritische Situationen gewappnet zu sein. „In der Planung der Bundesregierung kann ein solcher Puffer ab 2024 gestellt werden“, so Habeck. „Ab 2027 ist er so hoch, dass auch der Wegfall signifikanter Importmengen aus bestehenden Quellen abgefangen werden kann.“

Um schnell Lösungen für den Winter 2022/2023 und für den Winter 2023/24 umsetzen zu können, seien zunächst drei FSRU bereitgestellt worden – vom Bund eines in Wilhelmshaven und Brunsbüttel sowie ein privat finanziertes in Lubmin. Ein weiteres folgt für Stade. Anschließend würden die landseitigen Terminals errichtet, die einer Bauzeit von dreienhalb Jahren hätten. Habeck: „Dabei ist aber zu bedenken, dass für die jeweilig geplanten Projekte auch immer Realisierungsrisiken bestehen.“

Investitionsentscheidungen stehen noch aus


Über die drei ersten FRSU können 2023 zunächst 13,5 Milliarden Kubikmeter Gas in Deutschland angelandet werden. Darüber hinaus sind drei weitere durch den Bund initiierten FSRU-Standorte im Aufbau: Wilhelmshaven II, Stade und Lubmin. In den Jahren 2024 und 2025 sind nach der derzeitigen Planung alle fünf Bundes-FSRU ganzjährig in Betrieb. Sie hätten dann zusammen eine Regasifizierungs-Kapazität von 27 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr. Die Kapazität des privaten Projekts in Lubmin soll von jetzt fünf auf insgesamt zehn Milliarden Kubikmeter ab 2024 ausgeweitet werden.


In 2026 und 2027 sollen laut Wirtschaftsministerium drei landgestützte Terminals in Stade, Brunsbüttel und Wilhelmshaven in Betrieb gehen. Mit den festen Terminals stiege die Importkapazität rechnerisch auf 54 Milliarden Kubikmeter/Jahr. „Allerdings“, so Habeck, „ist hier zu beachten, dass bei keinem der Terminals bisher eine finale Investitionsentscheidung getroffen wurde.“

Brunsbüttel und Stade würden, soweit wie möglich, „green-ready” gebaut, also für einen späteren Betrieb mit Wasserstoffderivaten (etwa Ammoniak) vorgerüstet. Das betreffe unter anderem Fundamente, Beschichtung und Stahl). Habeck: „Das feste Terminal am Standort Wilhelmshaven ist von Beginn an als Grüngas-Terminal für synthetisches, aus grünem Wasserstoff hergestelltes Methan konzipiert.“ Die landseitigen Terminals sollen die bis dahin an diesen Standorten stationierten FSRU ablösen.

Zwischenfall am LNG-Terminal: DUH befürchte Investitionsruinen

Hooksiel/Wilhelmshaven (1. 3. 2023) – Wie heute durch einen Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) bekannt wurde, hat es Anfang Februar beim Betrieb des Terminalschiffes „Höegh Esperanza“ eine Störung gegeben. Am frühen Morgen des 4. Februar musste der Prozess der Regasifizierung des tiefgekühlten LNG nach dem Defekt eines technischen Geräts an für mehrere Stunden unterbrochen werden. Aus dem Schiffsinneren habe ein Wärme-Überschuss abgeführt werden müssen. Die Freisetzung wurde durch eine Wasserdampfwolke sichtbar. Das Wirtschaftsministerium wertet den Vorfall laut NOZ nicht als schwerwiegenden Zwischenfall.

Höegh Esperanza 090223
An Bord der „Höegh Esperanza“ gab es Anfang Februar einen technischen Defekt. Die Erdgas-Rückgewinnung fiel für einige Stunden aus. Foto: Diethelm Roeder

Unterdessen wirft eine jetzt von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) öffentlich gemachte interne Analyse des Energiewirtschaftlichen Institut Köln (EWI), die im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) erstellt wurde, erneut die Frage auf: Wie viele Import-Terminals für Flüssigerdgas braucht Deutschland? Die Analyse legt nahe, dass der Ausfall des russischen Pipeline-Erdgases überkompensiert wird, wenn alle geplanten LNG-Terminals gebaut werden. 

Der DUH fordert unter anderem, auf den Bau von landgestützten LNG-Terminals in Wilhelmshaven und Stade zu verzichten. Sie seien für die Absicherung des deutschen und europäischen Gasbedarfs schlichtweg nicht notwendig. 

Über die „Analyse der globalen Gasmärkte bis 2035“ des EWI hatte Dienstagabend auch das ARD-Magazin „Fakt“ berichtet. Insgesamt gehe das EWI von einer benötigten LNG-Kapazität in Deutschland von 40 Milliarden Kubikmeter in 2030 aus, während das Bundeswirtschaftsministerium bisher eine Kapazität von über 70 Milliarden Kubikmeter plant. 

Die Umweltschützer befürchten, dass eine überdimensionierte LNG-Infrastruktur dazu führt, dass Deutschland länger als notwendig an fossilen Energieträgern festhält und dadurch seine Klimaziele verpasst. Unterstützer der Pläne halten dem entgegen, dass gewisse Überkapazitäten in der Planung sinnvoll sind, da am Ende nicht jedes Projekt umgesetzt werde. Zudem soll die LNG-Infrastruktur Wasserstoff-tauglich und damit zukunftsfähig für CO2-freie Energieträger sein.  

„Die EWI-Analyse zeigt deutlich, dass die Bundesregierung massive LNG-Überkapazitäten plant“, stellt der DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner fest. „Die beiden festen Terminals in Stade und Wilhelmshaven und das Mega-Terminal vor Rügen kommen in den Betrachtungen bereits nicht mehr vor, weil selbst die schon angemieteten Terminalschiffe deutliche Überkapazitäten verursachen. Daraus muss die Bundesregierung nun Konsequenzen ziehen, diese fossilen Megaprojekte absagen und aus dem LNG-Beschleunigungsgesetz streichen.“

Schon die bislang geplanten Kapazitäten der insgesamt sieben staatlichen und privaten Terminal-Schiffe – das erste war die in Wilhelmshaven liegende „Höegh Esperanza“ – schießen nach Ansicht von Müller-Kraenner deutlich über das Ziel einer Energieversorgungssicherung hinaus. „Die Terminals wären laut Analyse überhaupt nur in einem unrealistischen Extremszenario ausgelastet. Damit wird offensichtlich, dass die Planungen auf unnötige, teure und umweltfeindliche Investitionsruinen hinauslaufen.“ 

Die Analyse komme zu dem Ergebnis, dass die deutschen Terminals in 2030 nur zwischen 13 und 18 Prozent ausgelastet wären, wenn sich der Gasverbrauch im Einklang mit den in Paris vereinbarten Klimazielen entwickeln soll. Als LNG-Kapazität wären in diesem Fall nur Importe im Volumen von sieben Milliarden Kubikmeter im Jahr erforderlich. Das schaffe ein einziges voll ausgelastetes LNG-Terminalschiff. Der DUH fordert eine Denkpause, in der vor dem Weiterbau alle Projekte auf den Prüfstand gestellt werden.

Umwelthilfe: LNG-Schiff „Höegh Esperanza“ muss nachgerüstet werden

Hooksiel/Wilhelmshaven (9.2.2023) – Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) mit Sitz in Berlin sieht sich in ihrer Einschätzung bestätigt, dass der Biozid-Einsatz am LNG-Terminal in Wilhelmshaven unvereinbar mit der geltenden Gesetzgebung ist und eine Gefahr für Mensch und Natur darstellt. Ein von dem Umweltschutzverband in Auftrag gegebenes Gutachten kommt zudem zu dem Schluss, dass Dauerchlorierung nicht mehr „Stand der Technik“ ist. Die DUH fordert, die Genehmigung zur Einleitung von Chlor-Biozid zurückzunehmen und eine Nachrüstung des Terminalschiffs anzuordnen

LNG Terminal WHV
Die Deutsche Umwelthilfe sieht im Betrieb des LNG-Regasifizierungsschiffes „Höegh Esperanza“ eine Gefahr für Fischerei, Natur und Gesundheit. Die Technik müsse nachgerüstet werden. Foto: NPorts

In dem seit Ende Dezember in Wilhelmshaven liegenden Regasifiziergunsschiff „Höegh Esperanza“ wird – wie mehrfach berichtet – minus 162 Grad kaltes Flüssigerdgas (LNG) durch den Einsatz von Seewasser erwärmt, damit es wieder gasförmig wird und ins Pipelinenetz eingespeist werden kann. Bei dem Verfahren kommt Chlor zum Einsatz, dass verhindern soll, dass sich Muscheln, Seepocken oder Schnecken in den Rohrleitungen des Schiffes festsetzen. Die Folge: Es werden Biozide ins Meer eingelassen, deren Menge nach Ansicht des Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) als Genehmigungsbehörde allerdings unterhalb der zulässigen Grenzwerte liegt.

Nach Ansicht der DUH gefährdet die Dauerchlorierung dennoch die lokale Fischerei und die Natur im Nationalpark Wattenmeer. Untermauert wird der Vorwurf durch ein Gutachten des Labors für limnische, marine Forschung und vergleichende Pathologie (LimnoMar). Die heute veröffentlichte Analyse lege dar, dass der kontinuierliche Einsatz der Elektrochlorierung zudem in Konflikt mit deutscher und europäischer Gesetzgebung stehe und auf EU-Ebene nicht zugelassen ist, sondern sich lediglich in Prüfung befinde, heißt es in einer heute verbreiteten Erklärung.

Die DUH fordert den NLWKN auf, die die Genehmigung für die Einleitung von Chlor zurückzunehmen und eine Nachrüstung des Terminalschiffs „Höegh Esperanza“ anzuordnen. Sollte der NLWKN untätig bleiben, will der Umwelt- und Verbraucherschutzverband auf Grundlage des Gutachtens rechtliche Schritte in die Wege leiten.

Dr. Burkhard Watermann, Geschäftsführer von LimnoMar und Autor des Gutachtens, hält die Genehmigung der Dauerchlorierung auf Grundlage von Modellrechnungen für fahrlässig. „Ein biologisches Rückstands- und Effektmonitoring sollte unverzüglich im Einflussbereich der Abwässer des LNG-Terminalschiffs begonnen werden“, rät der Wissenschaftler. Auch derartige Beobachtungsstudien war im Vorfeld der Genehmigung verzichtet worden, um mit Blick auf die ausbleibenden Lieferungen von russischem Pipeline-Erdgas möglichst schnell Erdgas per Schiff importieren zu können.

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH, beklagt, dass in Wilhelmshaven weiter Schnelligkeit über Sicherheit und Umweltschutz gestellt werde. Es sei ein großes Versäumnis, dass Alternativen zu der an Bord der „Höegh Esperanza“ eingesetzten umweltschädlichen Elektrochlorierung nicht einmal geprüft worden seien. Eine denkbare Alternative wäre ein Reinigungsverfahren, das auf Ultraschall-Basis arbeitet.

Lichtverschmutzung auf der Jade: LNG-Schiff macht die Nacht zum Tag

Hooksiel (21.1.2023) – Klimaschützer klagen über Energieverschwendung, Umweltschützer über „Lichtverschmutzung“. Jäger sorgen sich um das Wohl der Wildtiere, Touristiker befürchten, dass der Sonnenaufgang über der Jade an Attraktivität verliert. Stein des Anstoßes: Die „Höegh Esperanza“. Das Regasifisierungs-Schiff liegt seit Ende 2022 am LNG-Terminal in Wilhelmshaven – und erstrahlt nachts durch ihren vollem Lichterglanz nicht nur den Hooksieler Außenhafen, sondern weite Teile des Wangerlandes bis hin nach Horumersiel. 

Muss das sein? Der friesische Kreistag befasst sich aktuell mit dem Projekt „Sternenfunkeln über Friesland“. Ziel der Initiative ist es, nachts zwischen 22 und 6 Uhr sämtliche Außenbeleuchtungen auszuschalten, die nicht sicherheitsrelevant sind. Dadurch soll ein Beitrag zum Klimaschutz und für die Artenvielfalt geleistet werden, das „Kulturgut Sternenhimmel“ erlebbar bleiben und der gesunde Schlaf von Bürgerinnen und Bürgern im Umfeld gefördert werden.

Die Verdunkelung des Fabrikschiffes „Höegh Esperanza“ könnte dafür, zumindest theoretisch, einen Beitrag leisten. Ob das auch praktisch funktionieren wird, ist fraglich. Das Gewerbeaufsichtsamt (GAA) in Oldenburg verweist auf Nachfrage von „Hooksiel-life“ auf Sicherheitsaspekte, die sich aus dem Bundeswasserstraßen-Gesetz und dem Arbeitsschutz-Gesetz ergeben. „Bei der FSRU (Floating Storage an Regasification Unit, d. Red.) einschließlich des Anlegers handelt es sich um eine Arbeitsstätte, die an sieben Tagen die Woche 24 Stunden pro Tag betrieben wird“, erläutert Behördenleiter Jerzy Gohlke. „Das Schiff als solches und die Strukturen auf dem Anleger müssen daher beleuchtet sein.“

Die Lichtstärke und der Aufhellungseffekt durch die Beleuchtung der FSRU seien im Rahmen des Immissionsschutz-rechtlichen Genehmigungsverfahrens gutachterlich untersucht worden. Dabei seien – bei unterschiedlichen Tiefgängen des Schiffes – die Auswirkungen auf mehrere Standorte in Hooksiel, Wilhelmshaven und Tossens rechnerisch ermittel worden, so Gohlke. „Im Ergebnis ist festzustellen, dass die berechneten Beleuchtungsstärken sowie die Werte für psychologische Blendung, insbesondere in der Nachtzeit, deutlich unterhalb der Immissionsrichtwerte liegen.“

Das GGA verweist auf die gültigen Immissionsrichtwerte, die im Hinblick auf das „Schutzgut Mensch“ festgesetzt wurden. Danach liegt eine „schädliche Umwelteinwirkung“ dann vor, wenn die Nachbarschaft oder die Allgemeinheit „erheblich belästigt wird“. Für Flora und Fauna existieren keine Grenzwerte. Aber da es an der Jade und im anliegenden Industriegebiet auch bislang schon eine Reihe von nächtlichen Lichtquellen gab, erwartet das GAA durch den Betrieb der FSRU und des Anlegers auch „keine erheblichen Beeinträchtigungen“ für Flora und Fauna. 

Auch für Menschen sieht das GAA keinen Handlungsbedarf. „Für allgemeine Wohngebiete und Dorf- bzw. Mischgebiete beträgt der Grenzwert in der Nachtzeit 1 Lux als mittlere Beleuchtungsstärke“, erläutert Gohlke. Den soll die FSRU nicht überschreiten. Zum Vergleich: Die Leuchtintensität von Straßenbeleuchtungen wird mit 10 Lux (lx) angegeben, eine Vollmondnacht kommt auf bis zu 0,36 Lux. 1 Lux entspricht in etwa dem Licht einer Kerze in einem Meter Entfernung.

Kritiker bezweifeln, ob die rechnerisch ermittelte Beleuchtungsintensität durch die „Höegh Esperanza“ mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmt. Klarheit darüber sollen Lux-Messungen vor Ort ergeben. 

Energy Hub: Folgen fürs Wangerland noch nicht absehbar

Wilhelmshaven/Wangerland (25.10.22) – Die Folgen des Ausbaus von Wilhelmshaven zum „Energy Hub“ für Tourismus und Fischerei im Wangerland sind noch nicht absehbar. Zur Koordination der verschiedenen Bauvorhaben und ihrer Auswirkungen auf Umwelt und Natur, Nachbarkommunen und Wirtschaft soll eine Entwicklungsgesellschaft ins Leben gerufen werden. Wie Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Olaf Lies (SPD) auf einer Informationsversammlung im Wattenmeer Besucherzentrum in Wilhelmshaven vor an die 300 Interessierten sagte, gebe es dazu Gespräche unter anderem mit der Stadt Wilhelmshaven. Bis zum Jahresende wolle man erste Fakten schaffen.

Olaf Lies informiert über LNG-Terminal in Wilhelmshaven
Umweltminister Olaf Lies informiert im Wattenmeer-Besucherzentrum über das LNG-Terminal in Wilhelmshaven. Foto: hol

Vertreter von Industrie- und Behörden informierten über einige der geplanten Investitionen, die zum Teil auf Grundlage des LNG-Beschleunigungsgesetzes des Bundes ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren durchlaufen, für das aber, so betonte Lies, alle rechtlichen Vorgaben wie zum Beispiel Grenzwerte für Einleitungen in Gewässer unverändert gelten. Wichtig ist dies für die Bewertung der Einleitung von Bioziden, die bei der Regasifizierung von tiefgekühltem Flüssigerdgas (LNG) am neuen LNG-Terminal in der Jade in Sichtweite des Hooksieler Badestrandes anfallen.

Das in die Jade zurückgeleitete Kühlwasser ist um sieben Grad kälter als das umliegende Wasser. Das kalte Wasser bilde vor allem in strömungsarmen Zeiten, also bei Hoch- und Niedrigwasser, Meereswolken, warnte der Wangerländer Ratsherr Dieter Schäfermeier. Diese Wolken mit einer erhöhten Biozidkonzentration würden sich am Meeresgrund ausbreiten. Wie eine Sprecherin des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) einräumte, sei die Aussagekraft von Modellen zu derartigen Effekten im Vorfeld begrenzt. 

Die Bundesregierung hat mit Blick auf die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Energiekrise das Terminalschiff „Höegh Esperanza“ , eine so genannte FSRU (Floating Storag and Regasification Unit) für die Dauer von zehn Jahren gechartert. Laut Antragsunterlagen soll von Spezialtankern angeliefertes, bei minus 162 Grad verflüssigtes Erdgas mit Seewasser erwärmt , dadurch regasifiziert und über eine Pipeline ins deutsche Erdgasnetz eingespeist werden. Um zu verhindern, dass sich Muscheln und andere Lebewesen im Aufwärm-Rohrleitungssystem der „Esperanza“ festsetzen, sollen Chlor und bromhaltige Verbindungen als Antifoulingmittel eingesetzt werden. Aus Sicht von Umweltschützern wird dadurch das Ökosystem im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer geschädigt. „Setzen sie Reinigungsverfahren ohne Chemikalien ein“, forderte Imke Zwoch als Sprecherin des BUND Wilhelmshaven. 

Ob die Nachrüstung technisch bei der „Esperanza“ möglich ist, ist fraglich. Der Bund habe das Schiff gechartert, weil es verfügbar war. Eine Auswahl habe es dabei nicht gegeben, sagte Lies.

Die Arbeiten am Anleger am LNG-Terminal stehen nach den Worten von Folker Kielgast, Geschäftsführer und LNG-Projektleiter bei der landeseigenen Hafengesellschaft NPorts, vor dem Abschluss. „Mit dem Bau der Infrastruktur sind wir am 11. November fertig.“ Ende Dezember soll das erste Flüssigerdgas am vom Energiekonzern Uniper betriebenen Terminal angelandet werden, auch wenn ein Teil der parallel zu den Bautätigkeiten laufenden Genehmigungsverfahren noch nicht abgeschlossen sind.

Im Zuge der Prüfung der wasserrechtlichen Genehmigung wird geprüft, ob die beantragten Einleitungen sich im Rahmen der festgelegten Grenzwerte bewegen, versicherte Lies. Nach der Betriebsaufnahme werde dann regelmäßig gemessen, ob die Werte eingehalten werden und ob Beeinträchtigungen festzustellen sind. Falls erforderlich würden die Betreiber Auflagen und Vorgaben erhalten. Aber die Option, kein LNG an der Jade anzulanden, gibt es aus Sicht des Umweltministers nicht. „Wenn die Energieversorgung in Deutschland zusammenbricht, haben wir das Chaos.“

Ziel sei es mit Blick auf die Klimakrise, bis 2035 vom Import fossiler Energieträger, wie auch LNG, wegzukommen, sagte Lies. Hoffnungsträger dabei ist die Herstellung und der Import von Wasserstoff. Wie Dr. Sebastian Scholz von Tree Energy Solutions (TES) ausführte, soll Wilhelmshaven zum Herzstück eines Wasserstoff-Kreislaufes werden. Das Unternehmen, das zunächst ebenfalls mit LNG-Import starten will, plant bis 2027 die Umstellung auf den Import von „grünem Methan“ (CH4), das an der Jade verstromt, ins Gasnetz eingespeist oder zu Wasserstoff umgewandelt werden soll. Jörg Niegsch, Geschäftsführer der Nordwest-Oelleitung GmbH (NWO), hinter der die Energiekonzerne Shell und BP stehen, stellte ebenfalls Pläne für LNG-Import, für die Wasserstoff-Herstellung mittels eines Ammonik-Crackers und dessen Weitertransport per Pipelines vor.

Angesichts der Fülle der laufenden Planungen von Unternehmen rund um den Voslapper Groden müsse unbedingt ein Gesamtkonzept erstellt werden, sagte Lies. Daraus müsse nicht nur das Neben- und Miteinander der Projekte geregelt werden. Zu klären sei unter anderem, wo auf der Jade gesicherte Bereiche für Krabbenfischer und die Muschelkulturen verbleiben. „Wir wollen die Fischerei erhalten“, sagte Lies. „Das ist okay“, sagte Dirk Sander, Sprecher der Küstenfischer. „Aber dann müsst ihr nun in die Gänge kommen.“

Deutlicher werden müsse auch, welche Vorteile die Region Wilhelmshaven/Friesland davon hat, dass sie die Belastungen für die Energiesicherheit Deutschlands trägt. „Die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger ist nicht selbstverständlich“, sagte Lies. Um Vertrauen aufzubauen, soll die Planung der Projekte in Zukunft transparenter werden. Der Minister kündigte weitere Informationsveranstaltungen an. 

Der Wilhelmshavener Ratsherr Andreas Tönjes (Die Partei) warnte unterdessen vor der Vorstellung, dass die verschiedenen Krisen allein durch andere Energiequellen zu meistern seien. „Wir müssen unseren Lebensstil umstellen“, forderte Tönjes. „Und wenn es draußen dunkel wird, dann bleibt man eben mal zu Hause.“